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  • 01.08.2006 | Mord

    Pkw als gemeingefährliches Mittel

    Das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln kann auch dann erfüllt sein, wenn ein Tötungsmittel eingesetzt wird, das seiner Natur nach nicht gemeingefährlich ist, sofern das Mittel in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat (BGH 16.3.06, 4 StR 594/05, Abruf-Nr. 061623).

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte war darüber verärgert, dass man ihm, als er auf der Abschlussfeier seines Fußballvereins am Tisch eingeschlafen war, ein Büschel Haare abgeschnitten hatte. Um seine Wut abzureagieren, fuhr er, ohne die Scheinwerfer einzuschalten, in Gegenrichtung auf eine Autobahn. Dabei handelte er in der Absicht, einen Unfall zu verursachen, um Selbstmord zu begehen und nahm billigend in Kauf, dass durch einen Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden Pkw andere Verkehrsteilnehmer getötet oder schwer verletzt werden. Beim Zusammenstoß mit einem Pkw wurden drei der sechs Insassen getötet. Das LG hat den Angeklagten wegen Mordes verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Anforderungen an das Mordmerkmal „Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln“ sind erfüllt. Mit seiner Fahrweise hat der Angeklagte die Insassen der entgegenkommenden Kfz gefährdet. Welche und wie viele Personen durch das vom Angeklagten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 117 km/h in den Gegenverkehr gelenkte Fahrzeug gefährdet, verletzt und getötet werden konnten, war für den Angeklagten nicht beherrschbar. Dieser hatte durch die für die entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer unberechenbare Fahrt „in besonderer Rücksichtslosigkeit“ eine Gefahr für eine unbestimmte Vielzahl von Personen geschaffen. Er hatte es nicht in der Hand, wie viele Menschen in den von ihm geschaffenen Gefahrenbereich geraten und durch sein Verhalten gefährdet werden konnten.  

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat erst vor kurzem zur Frage der „Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln“ durch Einsatz eines Kfz Stellung genommen (vgl. BGH NStZ 06, 167, Abruf-Nr. 052709). In dem Fall war der alkoholisierte Angeklagte mit seinem Pkw über die Außenterrassen zweier Eiscafes gerast und hatte dabei mehrere Personen schwer verletzt. Auch in dem Fall hat der BGH das Merkmal „Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln“ bejaht. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters. Die Mordqualifikation kann nach der BGH-Rspr. deshalb auch erfüllt sein, wenn ein Tötungsmittel eingesetzt wird, das seiner Natur nach nicht gemeingefährlich ist. Maßgeblich ist dann die Eignung des Mittels zur Gefährdung Dritter in der konkreten Situation. Das kann z.B. auch bei einem Steinwurf in dichtem Verkehr der Fall sein (BGH VRS 63, 119 = DAR 82, 297 = zfs 82, 381).