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  • 01.09.2006 | Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

    Stoß eines Menschen auf die Autobahn

    Der Stoß eines Menschen auf die rechte Fahrspur einer Autobahn und das anschließende Sich-Draufsetzen ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (BGH 13.6.06, 4 StR 123/06, Abruf-Nr. 062282).

     

    Sachverhalt

    Der Beschuldigte bestieg ein Taxi, um sich zum Flughafen München fahren zu lassen. Auf der A 92 hielt der Taxifahrer wegen einer Auseinandersetzung auf dem Seitenstreifen an, er stieg aus und entfernte sich einige Meter. Der Beschuldigte nahm die Verfolgung auf und warf ihn zu Boden. Der Taxifahrer fiel dabei seitlich auf die rechte Fahrspur der viel befahrenen A 92. Sein Kopf kam in Richtung Mittelleitplanke ungefähr auf der Höhe des Mittelstreifens zu liegen. Sodann setzte sich der Beschuldigte auf den Taxifahrer und forderte ihn auf weiterzufahren. Während der Taxifahrer dergestalt fixiert auf der Fahrbahn lag, fuhren mehrere nachfolgende Pkw mit hoher Geschwindigkeit dicht an seinem Kopf vorbei. Andere Fahrzeuge mussten ausweichen und auf die linke Fahrspur wechseln, um ihn und den Beschuldigten nicht zu überfahren. Das LG hat den Beschuldigten gem. § 315b Abs.1 Nr. 2 StGB verurteilt, die Revision hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Beschuldigte hat die Sicherheit des Straßenverkehrs durch das Bereiten eines Hindernisses beeinträchtigt, indem er den Taxifahrer dergestalt zu Boden stieß, dass er quer auf der rechten Fahrspur einer Bundesautobahn zu liegen kam, und sich anschließend auf ihn setzte. Dieses Verhalten hat auch zu einer konkreten Gefährdung eines der in § 315b Abs. 1 StGB bezeichneten Rechtsgüter geführt. Eine solche kann allerdings nicht bereits daraus hergeleitet werden, dass der Taxifahrer durch den Sturz auf die Fahrbahn verletzt worden ist. § 315b Abs. 1 StGB setzt in allen Tatbestandsvarianten eine besondere kausale Verknüpfung zwischen Gefährdungshandlung und Gefährdungserfolg voraus. Erforderlich ist, dass die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich zu einer konkreten Gefahr für das Schutzobjekt verdichtet (BGHSt 48, 119, 122 = VA 03, 40, Abruf-Nr. 030100). Der Sturz des Taxifahrers, der zu Verletzungen führte, war indes nicht die Folge einer abstrakten Verkehrsgefahr, sondern umgekehrt die Ursache dafür, dass eine solche Gefahr überhaupt erst entstand. Das LG hat jedoch angesichts der hier gegebenen besonderen Umstände – vollständige Blockade der Fahrspur einer viel befahrenen BAB durch ein schlecht wahrnehmbares Hindernis etc. – rechtsfehlerfrei eine konkrete Gefährdung der herannahenden nachfolgenden Fahrzeuge und deren Insassen bejaht.  

     

    Praxishinweis

    Da die vom LG festgestellte Tathandlung nicht im Rahmen der Teilnahme am Straßenverkehr erfolgte, es sich also um einen „Außeneingriff“ gehandelt hat, war für die Tatbestandserfüllung eine besondere verkehrsfeindliche Einstellung des Täters nicht erforderlich (hierzu BGHSt 48, 233, 236 f. = NJW 03, 1613 = NZV 03, 488; zuletzt siehe BGH VA 05, 216, Abruf-Nr. 053134).