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  • 23.04.2008 | Gebrauchtwagenkauf

    Weiteres BGH-Urteil zum Thema „Unfallwagen“

    Ist in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen die Rubrik „Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ mit „Nein“ ausgefüllt, treffen die Parteien damit weder eine positive noch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung. Ob der Wagen infolge eines Unfallschadens mangelhaft ist, bestimmt sich nach den objektiven Kriterien des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB (Anschluss an BGH VA 07, 191), (BGH 12.3.08, VIII ZR 253/05, Abruf-Nr. 081110).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Im Kaufvertrag hatte eine Kfz-Händlerin die Rubrik „Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ mit „Nein“ ausgefüllt. Mit dieser Information hatte sie den Pkw von einem Mercedes-Autohaus angekauft. Später ergab sich, dass der Pkw bereits vor dem Weiterverkauf einen Unfallschaden erlitten hatte. Der Käufer trat vom Kauf zurück. In erster Instanz war seine Klage erfolgreich, das OLG wies sie dagegen ab. Die vom BGH zugelassene Revision hatte Erfolg.  

     

    Anders als das OLG bejaht der BGH einen Sachmangel, allerdings nicht nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB (Bruch einer Beschaffenheitsvereinbarung), sondern nach den objektiven Kriterien des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Die Parteien hätten mit der Klausel „Unfallschäden lt. Vorbesitzer: Nein“ weder eine positive noch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Vielmehr sei die Frage eines möglichen Unfallschadens schlicht offen geblieben. Damit komme es für die Mangelhaftigkeit darauf an, ob das Fahrzeug von üblicher Beschaffenheit gewesen sei und was der Kläger habe erwarten können. Im Anschluss an sein Urteil vom 10.10.07, VA 07, 191, stellt der BGH fest, dass ein Gebrauchtwagenkäufer mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ein „unfallfreies“ Fahrzeug erwarten könne, wobei er jedoch „Bagatellschäden“ in Rechnung stellen müsse. Diese (erste) Bagatellgrenze sei hier überschritten, das Fahrzeug also mangelhaft. Ob damit auch ein Recht zum Rücktritt bestehe, hänge von einer weiteren Erheblichkeitsprüfung ab (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Unerheblich wäre der Mangel, wenn nach fachgerechter Reparatur ein merkantiler Minderwert von nur 100 EUR verbliebe. Hier war ein Minderwert von 3.000 EUR behauptet, den nun das OLG klären muss.  

     

    Praxishinweis

    Erneut hat der VIII. ZS die Revision zugelassen, um dem Gebrauchtwagenhandel die erforderliche Rechtssicherheit beim Verkauf von „Unfallfahrzeugen“ zu geben. Während es in BGH VA 07, 191 klar war, dass man keinerlei Beschaffenheitsvereinbarung getroffen hatte, kann man in dem „Nein“ der Beklagten durchaus die – unter einem Vorbehalt stehende – Aussage sehen: Der Wagen ist unfallfrei. Der BGH indes verneint jegliche Beschaffenheitsvereinbarung. Damit ist der Weg frei zur Prüfung nach den Kriterien des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. In Rücktrittsfällen ist für Verkäufer-Anwälte wichtig, dem Gericht die zweifache Bagatellschaden-Prüfung (doppelter Bagatellbegriff) deutlich zu machen (verkäufergünstig OLG Düsseldorf 25.2.08, I-1 U 169/07, Abruf-Nr. 080704). Wer einen Käufer vertritt, kann selbst bei einem objektiv nur geringfügigen Mangel auch über die zweite Bagatell-Hürde kommen, wenn er eine arglistige Täuschung oder eine Garantie nachweist.