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  • 24.01.2008 | Blutentnahme

    Kein Beweisverwertungsverbot bei Anordnung der Blutentnahme durch Polizeibeamten

    Die Anordnung einer Blutentnahme durch einen Polizeibeamten im Wege der Eilkompetenz ist bei irriger Annahme drohenden Beweismittelverlustes durch raschen Abbau von Betäubungsmitteln im Körper nicht willkürlich und führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot (OLG Stuttgart 26.11.07, 1 Ss 532/07, Abruf-Nr. 080054).

     

    Sachverhalt

    Der Betroffene befuhr mit seinem Pkw öffentliche Straßen. Bei einer polizeilichen Kontrolle ergab ein Drogenvortest Hinweise auf BtM-Konsum. Der kontrollierende Polizeibeamte ordnete daher eine Blutentnahme an. Diese wurde um 19.01 Uhr durch einen Arzt durchgeführt. Der Polizeibeamte hatte zuvor weder den Bereitschafts-StA noch den Bereitschaftsrichter zu erreichen versucht, um eine richterliche Anordnung der Blutentnahme herbeizuführen. Das AG hat den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG verurteilt. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG hat zunächst ein Beweiserhebungsverbot bejaht. Zwar hätten die materiellen Voraussetzungen des § 81a StPO vorgelegen, die formellen Voraussetzungen für die Anordnung einer Blutentnahme durch den Polizeibeamten seien aber nicht beachtet worden. Der Polizeibeamte hätte nämlich auch in seiner Eigenschaft als Ermittlungsperson der StA die Anordnung nicht erteilen dürfen, da eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung nach den vom AG getroffenen Feststellungen nicht vorlag. Er hätte nämlich – im Idealfall binnen 15 Minuten, was das AG ausdrücklich festgestellt hatte – die richterliche Anordnung telefonisch herbeiführen können. Da sich die Notwendigkeit der Entnahme einer Blutprobe nach dem Drogenvortest gegen 18.30 Uhr erwiesen habe und die Entnahme um 19.01 Uhr erfolgte, habe sogar eine halbe Stunde zur Verfügung gestanden.  

     

    Ein auf diesem Beweiserhebungsverbot beruhendes Beweisverwertungsverbot hat das OLG dann allerdings verneint. Bei der insoweit erforderlichen Abwägung überwiege das schwerwiegende staatliche Interesse an der Ahndung einer OWi nach § 24a Abs. 2 StVG den relativ geringfügigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch die Blutentnahme, weil der Rechtsverstoß des Betroffenen die Verkehrssicherheit, insbesondere auch Leib und Leben Dritter erheblich gefährden konnte. Dass der Polizeibeamte seine Einschätzung, die Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung, die auf der Befürchtung des Beweismittelverlustes durch sehr raschen Abbau der Drogen im Blut beruhte, nicht aktenmäßig dokumentiert habe, widerspreche zwar der ständigen höchstrichterlichen Rspr., führe aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot (BGH NJW 07, 2567 = StRR 07, 162). Ein Beweisverwertungsverbot wäre nur anzunehmen, wenn die Durchführung der Maßnahme auf einer bewusst fehlerhaften bzw. objektiv willkürlichen Annahme der Eingriffsbefugnis durch den Polizeibeamten beruht hätte (BVerfG VA 07, 109, Abruf-Nr. 071267). Das sei nach den Feststellungen aber nicht der Fall gewesen. Die Anordnung der Blutentnahme habe auf einer irrtümlichen Fehleinschätzung der für die Einholung einer richterlichen Anordnung erforderlichen Zeit und auf einer Fehlinterpretation des Begriffs „Gefahr im Verzug“ bzw. Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung beruht. Der Polizeibeamte sei nach den Feststellungen der Auffassung gewesen, der rasche Abbau insbesondere von Kokain im Körper dulde keine Verzögerung der Blutentnahme. Danach irrte er über die Voraussetzungen seiner Anordnungskompetenz; sein Handeln sei nicht darauf ausgerichtet gewesen, eine Beweiserhebung objektiv entgegen dem Gesetz oder subjektiv unter Ausschaltung des Bereitschaftsrichters anzuordnen. Ein solcher irrtümlicher Verstoß gegen die gesetzliche Zuständigkeitsregelung führe – jedenfalls, wenn ein hypothetischer Ersatzeingriff rechtmäßig wäre – nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.