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  • 01.10.2007 | Autokauf

    Was heißt „Euro 3“?

    In Ermangelung einer ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung kann der Käufer eines Neufahrzeugs einen zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel nicht daraus herleiten, dass ein Fahrzeug der Schadstoffklasse „Euro 3“ steuerlich vom Finanzamt als „Euro 2“ eingestuft worden ist (OLG Hamm 28.6.07, 2 U 28/07, rkr., Abruf-Nr. 072901).

     

    Sachverhalt

    Am 20.2.06 bestellte der Kläger in einem Autohaus der beklagten Vertragshändlerin einen Citroen C 8 HDi 130 FAP Tendance zum Preis von 29.305 EUR. Im Rahmen des Verkaufsgesprächs wies ein Mitarbeiter der Beklagten darauf hin, dass das Fahrzeug ein „EURO 3“-Fahrzeug sei und überdies einen Rußpartikelfilter habe. Dem Kläger wurde ein Verkaufsprospekt vorgelegt, in dem u.a. eine Übersicht über die technischen Daten des C 8 enthalten war. Die ersten beiden Zeilen weisen die Angaben „Abgasnorm EURO 3“ sowie die „Schlüsselnummer 51“ aus. Mit Steuerbescheid vom 27.3.06 wurde das Fahrzeug entsprechend dieser Schlüsselnummer steuerlich als „Euro 2-Fahrzeug“ eingestuft. Als der Hersteller ihm mitteilte, eine Änderung der Einstufung sei nicht möglich, erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kauf. Das LG Münster hat einen Rücktrittsgrund bejaht. Die Berufung der Beklagten und des Herstellers in seiner Eigenschaft als Streithelfer führte zur Klageabweisung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Anders als das LG hat das OLG einen Sachmangel verneint. Von der vereinbarten Beschaffenheit weiche die tatsächliche Beschaffenheit nicht ab. Das Fahrzeug habe der Schadstoffklasse „Euro 3“ angehören sollen. Das sei tatsächlich auch der Fall. Von der Schadstoffeinstufung her gesehen entspreche der Wagen genau der vereinbarten Beschaffenheit. Hinsichtlich der steuerlichen Eingruppierung sei eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht feststellbar. Es fehle aber auch an einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung, der zufolge der Wagen auch steuerlich ein „Euro 3-Fahrzeug“ sei. Die „Euro 3-Norm“ beziehe sich ausschließlich auf die Schadstoffeinstufung und gebe die Schadstoffklasse an. Die Frage, wie ein Fahrzeug besteuert werde, hänge nicht allein von dessen Schadstoffklasse ab. Diese sei lediglich ein Kriterium für die Höhe der Steuer. Bei Dieselfahrzeugen komme es auch auf das Vorhandensein eines Rußpartikelfilters an. Dementsprechend könne aus einer Schadstoffeinstufung nicht zwingend auf die steuerliche Behandlung und Eingruppierung geschlossen werden. Ein Beratungsverschulden hat das OLG verneint. Zu weiteren Informationen habe keine Veranlassung bestanden.  

     

    Praxishinweis

    Eine Vielzahl von Steuersätzen, Dutzende von Schlüsselnummern, mehrere Schadstoffklassen bzw. Abgasnormen, Fußnoten, Sternchen und verwirrende Abkürzungen in den Prospekten – all das ist für den Verbraucher höchst unerfreulich. Betroffen sind vor allem Diesel-Pkw über 2,5 Tonnen wie der Citroen C 8. Leider hat das OLG sich nicht, wie das LG Münster als Vorinstanz, zu einer verbraucherfreundlichen Entscheidung durchringen können. Ansätze dafür waren im Rahmen der Sachmängelhaftung vorhanden, nicht zuletzt in Form des irreführenden Prospekts. Wegen der allgemeinen Bedeutung der Sache hätte man zumindest die Revision zulassen sollen. Ob eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden ist, ist nicht bekannt. Einen Überblick über die aktuelle Autokauf-Rspr. gibt VA 07, 27 ff.  

    (Einsender: RA Derk Röttgering, Gescher)