· Fachbeitrag · Außergewöhnliche Belastung
BFH mit neuen Regeln zum Abzugsbetrag für die Unterbringung in einem Seniorenwohnstift
| Rentner, die krankheitsbedingt in ein Seniorenwohnstift umgezogen sind, können mehr Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen als bisher. Das ist das erfreuliche Fazit der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der BFH hat nämlich klargestellt, dass bei einem pflegebedürftigen Steuerzahler sämtliche Aufwendungen, die vom Wohnstift in Rechnung gestellt werden, dem Grunde nach zwangsläufig sind und deshalb als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. |
Darum ging es beim BFH
Im konkreten Fall hatte eine behinderte und pflegebedürftige Steuerzahlerin mit ihrem Ehemann (der nicht pflegebedürftig war) ein Dreizimmer-Appartement mit 74,54 qm in einem Seniorenwohnstift bezogen. Dafür wurde den Eheleuten vom Wohnstift ein Pauschalentgelt für Wohnen, Verpflegung und eine Grundbetreuung von 24 Stunden am Tag in Rechnung gestellt. Zusätzlich wurde ein Pflegevertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen geschlossen. Das Ehepaar machte sämtliche Kosten, die nicht von der Pflegekasse erstattet wurden, als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt wollte pauschal nur 50 Euro pro Tag anerkennen.
Die Entscheidung des BFH
Der BFH überstimmte das Finanzamt. Er bestätigte, dass hier die Voraussetzungen für den steuermindernden Ansatz der Kosten als außergewöhnliche Belastung gegeben waren. Abzugsfähig seien nicht nur der Wohnkostenanteil, sondern auch der selbst getragene Kostenbeitrag für eine krankheitsbedingte Grundversorgung. Das gelte selbst dann, wenn diese Zusatzpflegekosten vom Wohnstift pauschal in Rechnung gestellt und neben den gesondert in Rechnung gestellten Pflegekosten bezahlt werden (BFH, Urteil vom 14.11.2013, Az. VI R 20/12; Abruf-Nr. 141043).
Beachten Sie | Der BFH macht beim Abzug der Aufwendungen nur folgende Einschränkungen:
- Abziehbar sind nur solche Aufwendungen, die nicht außerhalb des Rahmens des Üblichen liegen.
- Lebt auch der nicht pflegebedürftige Ehegatte im Appartement im Seniorenwohnstift, sind die auf ihn entfallenden Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
- Von den ermittelten Kosten ist auch dann eine Haushaltsersparnis abzuziehen, selbst wenn die Kosten des nicht pflegebedürftigen Ehegatten steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
Ermittlungsschema bei Unterbringung in Seniorenwohnstift
Nach der BFH-Entscheidung ergibt sich nun folgendes Schema, um die Kosten zu ermitteln, die als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind:
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Sämtliche Zahlungen an den Wohnstift (Unterkunft, Verpflegung, Kosten für Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen, Pauschalen für altengerechte Grundbetreuung, Pflegekosten) | ………. Euro | |
./. | Kosten für nicht pflegebedürftigen Ehegatten | ………. Euro |
./. | Von der Kranken- und Pflegeversicherung erstattete Kosten im Zusammenhang mit der Unterbringung in dem Wohnstift | ………. Euro |
./. | Haushaltsersparnis | ………. Euro |
= | Außergewöhnliche Belastung | ………. Euro |
./. | Zumutbare (Eigen-)Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG | ………. Euro |
= | Tatsächlich abziehbare außergewöhnliche Belastung | ………. Euro |
Aufteilung der Kosten bei Ehegatten
Bei Ehegatten, die beide im Wohnstift leben, sollte die Wohnstiftverwaltung die abgerechneten Kosten auf jeden Ehegatten aufteilen. So ist klar, welche Kosten dem Grund nach abziehbar sind (krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung) und welche nicht (Ehegatte, der nicht krank oder pflegebedürftig ist).
Haushaltsersparnis
Löst ein Steuerzahler wegen des Aufenthalts in einem Seniorenwohnstift seinen bisherigen Haushalt auf, kürzt das Finanzamt den im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen ermittelten Abzugsbetrag um eine Haushaltsersparnis. Diese kann bei unterjähriger Auflösung tagegenau ermittelt werden.
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Jahr | Pro Jahr | Pro Monat | Pro Tag |
2014 | 8.354 Euro | 696,17 Euro | 23,21 Euro |
2013 | 8.130 Euro | 677,50 Euro | 22,58 Euro |
2012 | 8.004 Euro | 667,00 Euro | 22,23 Euro |
Grund für Aufenthalt
Ist ein Ehepartner nicht krank oder pflegebedürftig, sollte er dennoch einen Gesundheits-Check durchführen lassen. Stellt sich dabei eine Behinderung heraus (= Pflegebedürftigkeit), kann diese auch rückwirkend attestiert werden. Dann könnten auch die Kosten für diesen Ehegatten bei der Unterbringung im Wohnstift als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.
PRAXISHINWEIS | Wir empfehlen, die oben gezeigte Ermittlung selbst durchzuführen. Überlassen Sie das dem Finanzamt, dürfte die Kürzung höher ausfallen. Der BFH hat in seinem Urteil ferner darauf hingewiesen, dass bei ihm ein Revisionsverfahren anhängig ist, ob die im Gesetz vorgesehene Kürzung der außergewöhnlichen Belastung um eine zumutbare Belastung verfassungsgemäß ist (Az. VI R 33/13). Deshalb kommt hier eine vorläufige Steuerfestsetzung in Betracht. |