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  • · Fachbeitrag · Management

    Rezension: „New Work in der Architektur“ von Vera Stalker und Jette Hopp

    von Dipl.-Vw. Günter Göbel, Würzburg, ChR Planungsbüro professionell

    | Buchrezensionen sind bisher eine Seltenheit in PBP. Aus aktuellem Anlass machen wir eine Ausnahme. Vera Stalker, Wirtschaftspsychologin und Organisationsexpertin, und Jette Hopp, Architektin, haben nämlich in „New Work in der Architektur“ versucht, zwei Themen zu verschmelzen, die vielen Büros unter den Nägeln brennen. Nämlich, wie sich ein Büro strategisch auf die neue gesellschafts- und marktpolitischen Herausforderungen einstellt und zweitens, wie die planenden Berufe ihre Rolle bei der Transformation der Gesellschaft finden und entscheidende Impulse setzen. |

    Darum geht es in dem 289-seitigen Werk

    „Wir legen diesem Buch einen spezifischen New-Work-Ansatz für die Architektur vor, um den Diskurs für eine Transformation anzuregen und einen nachhaltigen und erfolgreichen Wandel der Arbeit in der Architektur zu unterstützen.“ So schreiben es die Autorinnen auf Seite 13 ihres 289-seitigen Werks. Beide wollen an Architekten und andere Berufsgruppen, die in und mit Architektur arbeiten, appellieren, „unsere herausfordernde Zukunft aufgrund der multiplen Krisen holistisch und im transdisziplinären Diskurs zu antizipieren und in einer treibenden Rolle die sozioökologische Transformation zu gestalten.“

     

     

    Was heißt „New Work in der Architektur“?

    Dabei beantwortet New Work für die Autorinnen „die elementare Frage, wie

    • im digitalen Wissenszeitalter unter veränderten Umgebungsbedingungen produktiv, leistungsorientiert und mit energetisch positiver Bilanz gearbeitet werden kann und
    • wie sich Architekturbüros in agile, adaptive Organisationen mit hoher Transformationskompetenz entwickeln können“.

     

    Im Kern geht es den Autorinnen um die Frage, wie Architektur-Organisationen und angrenzende Berufe durch New Work zu resilienten, dynamischen und krisentauglichen Strukturen für die Zukunft werden können und sich dann in einer transformatorischen Treiberrolle zum Wohle der Gesellschaft einsetzen können.

     

    Wovon haben sich die Autorinnen leiten lassen?

    Starker und Hopp haben sich vor allem von Habitus, Selbstverständnis und Arbeitsorganisation des Architekturbüros Snohetta Oslo inspirieren lassen, das „seit vielen Jahren auf Basis ihrer humanistischen Haltung Arbeitsproduktivität, Selbstorganisation, interdisziplinäre Teamarbeit etc. weiterentwickeln, dazu forschen und als lernende Organisation in einem kontinuierlichen Evaluierungsprozess agieren“. Außerdem haben sie Beispiele anderer Büros eingeflochten, „die sich auf dem Weg der Weiterentwicklung ihrer Arbeitsorganisation gemacht haben, um die Wirksamkeit und den Erfolg dieser Ansätze durch Proof of Beliefs zu illustrieren“.

     

    Die fünf Buchkapitel

    Es ist also gut, dass es in den fünf Kapiteln

    • Architekturunternehmen und Arbeitsplatz der Zukunft,
    • Organisationsaufbau von resilienten, agilen Strukturen,
    • das New-Work-Modell selbst,
    • Transformationsprinzipien für eine erfolgreiche Veränderung und
    • der Sammlung von Interviews zur Transformation in Architekturbüros hin zu wertschöpfungsnahen Organisationsstrukturen

    nicht nur um abstrakte Wirtschaftspsychologie und systemische Organisationsentwicklung in Reinform geht, sondern auch um die Praxis.

    Was dem Rezensenten gefallen hat und was weniger

    Wie oben erwähnt, wendet sich das Buch „an Architekten und andere Berufsgruppen, die in und mit Architektur arbeiten“. Benannt und zitiert werden aber fast nur Architekten und deren tradierte Lebens- und Arbeitswelten. Es hätte dem Buch gut getan, auch die Ingenieurbüros in ihrer ganzen Vielfalt einzubeziehen. Nicht nur, weil sie für die Transformation genauso wichtig sind wie (Entwurfs-)Architekten und mit Architekten bei jedem Projekt interagieren. Sondern auch, weil die Lebens- und Arbeitswelten der Ingenieurbüros schon längst andere sind als die der Architekten, sodass man auch da voneinander lernen könnte.

     

    Aber das Werk eröffnet dem Leser natürlich neue Einsichten. Und es wird auch mit Selbstkritik nicht gespart. So unter anderem in dem Eingeständnis, dass das Knowhow zum ressourcenschonenden Bauen schon lange existiert, aber es die wenigen Vorzeigebauten, die es gibt, nie in die Breite geschafft haben. „Offensichtlich wurde viel reflektiert und wenig gelernt, sonst hätte sich das Vordenker einzelner Architekten systemisch manifestiert“.

     

    Für Thomas Auer behindert auch das Urheberrecht den Transformationsprozess: „Große architektonische Gesten werden häufig mit einem unnötigen Ressourcenverbrauch erkauft. Wenn wir es schaffen wollen, eine Ästhetik zu genreiren, die ohne große Gesten, ohne unverhältnismäßigen Ressourcenverbrauch auskommt, bin ich sicher, dass das Ende der Urheberschaft ein Baustein sein kann. Die Betonung des Individuellen ist da eher kontraproduktiv, weil sie häufig dazu führt, dass etwas Signalhaftes entsteht“. Nicht nur er redet also einem Paradigmenwechsel in der Architektur das Wort.

    Bibliographische Daten

    „New Work in der Architektur“ von Vera Starker und Jette Hopp, 1. Auflage 2024, mit Gastbeiträgen von Eva Schad & Harald Müller, David Chipperfield Architects Berlin; Jan Knikker, MVRDV; Olaf Grawert, b+ und Lehrbeauftragter ETH Zürich; Axel Nething, Nething Architekten, Prof. Dipl.-Ing. Thomas Auer, Transsolar KlimaEngineering; RBV Verlag GmbH, Berlin, 288 Seiten inkl. 11 Seiten Quellenverweise, ISBN: 978-3-948612-20-7, Preis 36 Euro.

    Quelle: ID 49913937