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  • · Fachbeitrag · Büroverkauf

    Aufnahme eines Juniorpartners: BFH präzisiert das interessante „Gewinnvorabmodell“

    | Die Aufnahme eines Partners scheitert oft weniger am Preis als an den Zahlungsmodalitäten. Kaum ein „Juniorpartner“ hat so viel Geld auf der hohen Kante, dass er den Kaufpreis auf einmal stemmen kann. Eine Alternative, die den Juniorpartner liquiditätsmäßig weniger belastet, ist das Gewinnvorabmodell. Auch deswegen, weil der Bundesfinanzhof (BFH) dazu wichtige Gestaltungshinweise veröffentlicht hat. |

    So funktioniert das Gewinnvorabmodell

    Das Gewinnvorabmodell bietet sich an, wenn ein Juniorpartner in ein inhabergeführtes oder ein Gemeinschaftsbüro einsteigen will. Die Interessen sind hier immer gegensätzlich. Der Seniorpartner erwartet für seine Anteile Geld, der Juniorpartner möchte sich möglichst gering verschulden. Im Gewinnvorabmodell kommt der Seniorpartner dem Junior entgegen. Denn er erhält seinen Kaufpreis in Form zukünftiger höherer Gewinnanteile im Laufe der kommenden Jahre. Bei gleicher Arbeit erhält der Senior mehr Gewinn und wird so für seine Anteilsminderung sukzessive entschädigt.

     

    Das Risiko besteht darin, dass das Finanzamt die künftigen Mehrgewinnanteile so nicht anerkennt, sondern wie Darlehensraten behandelt. Dann wird der aufsummierte Gewinn aus den Kaufpreisraten sofort versteuert, die künftigen Gewinnanteile sind nur noch Tilgungsbeiträge des Juniorpartners. Das Problem ist, dass der Seniorpartner heute Steuern für Gelder zahlen muss, die er erst künftig über die Gewinnverteilung beanspruchen kann. Für eine erfolgreiche Steuerverschiebung kommt es auf die richtige Gestaltung an.

    Der Fall beim Bundesfinanzhof

    Im Fall vor dem BFH ging es um ein Gemeinschaftsbüro, aus dem sich der Seniorpartner Stück für Stück zurückgezogen hatte. Kurz nacheinander hatte er drei neue Juniorpartner beteiligt. Für die Anteile hatten diese dem Senior nicht sofort eine Summe X gezahlt; vielmehr verzichteten sie in den Folgejahren auf einen Teil ihres Gewinns. Der Verzichtsbetrag wurde dem Senior zugesprochen. Die Höhe des Verzichts konnten die Juniorpartner innerhalb einer gewissen Spanne frei wählen. Sie konnten also selbst entscheiden, ob sie ihre Schulden aus dem Büroeinstieg schnell oder langsam abzahlten.

     

    Das Besondere an der Gestaltung war, dass

    • der Gewinnverzicht auf eine Summe x begrenzt war und
    • der Senior den ausstehenden Rest auch nach seinem Austritt fordern konnte.

     

    Der BFH entschied, dass bei der konkreten Gestaltung kein echtes Gewinnvorabmodell vorliegt. Er arbeitete folgende Grundsätze heraus (BFH, Urteil vom 27.10.2015, Az. VIII R 47/12, Abruf-Nr. 183679):

    • 1. Auch wenn gar nicht feststeht, in welcher Höhe ein Abgeber vom Juniorpartner einen Kaufpreis erhält, bleibt es eine Veräußerung, die an einem Stichtag stattfindet.
    • 2. In einem zweiten Schritt ist nur noch zu hinterfragen, wann der Seniorpartner seinen Veräußerungsgewinn erzielt.
      • Steht der Kaufpreis der Höhe nach fest, muss der Senior ihn auch gleich versteuern.
      • Ist der Kaufpreis keinesfalls vorab festzulegen, ist der Verkaufserlös erst bei Zufluss steuerbar.

    Konsequenzen aus dem Urteil für das Gewinnvorabmodell

    Im vorliegenden Fall war der Gewinnverzicht auf einen Betrag X gedeckelt und er konnte auf jeden Fall eingefordert werden. Der Vertrag regelte also einen klassischen Verkauf mit Ratenzahlung. Nur die Höhe der Raten war variabel.

     

    PRAXISHINWEIS | Beim echten Gewinnvorabmodell ist entscheidend, dass der Kaufpreis vorher nicht feststeht. Hätten die Gesellschafter geregelt, dass der Junior beispielsweise fünf Jahre lang jährlich auf zehn Prozent seines Gewinnanteils verzichtet, hätte der Kaufpreis vorab nicht festgestanden. Denn niemand kann vorher wissen, wie der Gewinn der kommenden Jahre ausfallen wird. Eine Ober- oder Untergrenze wäre schon wieder problematisch. Das Problem an der Regelung ist, dass weder der Juniorpartner noch der Senior vorab Sicherheit darüber haben, wie viel der Büroeinstieg kostet bzw. bringt. Das Modell erfordert daher eine gewisse Großzügigkeit aller Beteiligten.

     

    Auf der Seite des Juniorpartners ergeben sich je nach Fallgestaltung unterschiedliche Folgen. Liegt ein (versteckter) Kauf gegen Ratenzahlung vor, muss er seinen Kaufpreis in der Regel im Rahmen einer sogenannten Ergänzungsrechnung erfassen und über sechs bis zehn Jahre abschreiben. Beim echten Gewinnvorabmodell hingegen erhält er einfach jährlich weniger laufenden Gewinn und es gibt keinen abzuschreibenden Aktivposten.

     

    PRAXISHINWEIS | Stellt das Finanzamt erst im Rahmen einer Betriebsprüfung fest, dass das vermeintliche Gewinnvorabmodell keines ist, muss für den Juniorpartner die Ergänzungsabschreibung nachträglich geltend gemacht werden. Sein Gewinnverzicht wird dann nicht anerkannt und er erhält steuerlich jährlich mehr Gewinn aus dem Gemeinschaftsbüro zugerechnet als bisher gedacht. Dem muss die zusätzliche Abschreibung gegenüberstehen. Für den Seniorpartner kann es bei einer Betriebsprüfung zu einer vorverlagerten Besteuerung kommen - mit entsprechend hohen Nachzahlungszinsen (sechs Prozent pro Jahr)!

     

    Beim Gewinnvorabmodell war bisher übrigens herrschende Meinung, dass es sich beim Mehrgewinn des Seniorpartners um laufenden Gewinn handelt, der regulär besteuert wird. Dr BFH hat sich dagegen eindeutig darauf festgelegt, dass auch beim Gewinnvorabmodell ein Veräußerungsgewinn vorliegt. Er wird nur sukzessive realisiert. Eine ermäßigte Besteuerung gibt es dafür leider trotzdem nicht. Bei Freiberuflern gibt es die Steuerbegünstigung für Veräußerungsgewinne nämlich nur, wenn sie die Tätigkeit im bisherigen räumlichen Wirkungskreis einstellen.

    Quelle: ID 44212957