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  • · Fachbeitrag · HOAI 2013

    BGH: Mindestsatz-Aufstockungsklagen sind auch gegen öffentliche Auftraggeber noch zulässig

    | Die Mindestsätze der HOAI 2013 können auch in laufenden Gerichtsverfahren gegen öffentliche Auftraggeber weiterhin als verbindliches Preisrecht Anwendung finden ‒ und Aufstockungsklagen damit Erfolg haben. Das hat der BGH jetzt entschieden ‒ und öffentliche und private Auftraggeber gleichbehandelt. |

     

    Der honorarrechtliche Hintergrund

    Mit dem hinlänglich bekannten Urteil vom 04.07.2019 (Rs. C-377/17, Abruf-Nr. 209725) hatte der EuGH entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI europarechtswidrig sind. Damit stand seit Juli 2019 fest, dass die HOAI maßgeblich überarbeitet werden muss. Das war mit Wirkung zum 01.01.2021 auch passiert. Unklar blieb aber, was mit Verträgen (und daraus folgenden unwirksamen Vergütungsvereinbarungen) ist, die vor dem Inkrafttreten der HOAI 2021 abgeschlossen wurden. Mit zwei Entscheidungen hat der BGH jetzt klargestellt, dass die Gerichte die verbindlichen Mindestsätze weiter anwenden dürfen, solange der Vertrag vor 2021 abgeschlossen worden ist. Und zwar egal, ob der Auftraggeber als „Privater“ (BGH, Urteil vom 02.06.2022, Az. VII ZR 174/19, Abruf-Nr. 229499) oder „Öffentlicher“ einzustufen ist.

     

    Die aktuelle BGH-Entscheidung

    Die Anwendbarkeit auf öffentliche Auftraggeber begründet der BGH in seiner neuen Entscheidung u. a. wie folgt: „Zwar verstößt das verbindliche Mindestsatzrecht der HOAI 2013 nach der Rechtsprechung des EuGG gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g, Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Daraus folgt ... jedoch nicht, dass eine gegen die öffentliche Hand gerichtete Honorarklage eines Architekten auf Basis der Mindestsätze im Falle einer mindestsatzunterschreitenden Honorarvereinbarung an einer unmittelbaren Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie scheitert. Der Staat darf sich nicht zu seinen Gunsten gegenüber dem Einzelnen ‒ hier gegenüber dem Architekten ‒ auf eine nicht oder unzutreffend umgesetzte Richtlinie berufen und für sich keine Vorteile aus der nicht oder unzutreffend umgesetzten Richtlinie ziehen. Er kann ‒ und muss ‒ die Richtlinie umsetzen, wenn er sich zu seinen Gunsten auf sie berufen will ... Das richtlinienwidrige zwingende Preisrecht der HOAI 2013 ist daher auch bei sogenannten Aufstockungsklagen in Höhe der HOAI-Mindestsätze gegenüber öffentlichen Auftraggebern weiterhin anwendbar“ (BGH, Beschluss vom 14.02.2024, Az. VII ZR 221/22, Abruf-Nr. 240629).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Mindestsatz einklagen: HOAI 2013 war trotz Widerspruch zu EU-Recht wirksames Preisrecht“, PBP 6/2022, Seite 3 → Abruf-Nr. 48301613
    Quelle: ID 49982237