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  • 01.01.2005 | Unfertige Leistungen

    So bewerten und bilanzieren Sie richtig

    von Dipl.-Kfm. Lutz Junge, APSIS AnwenderZentrum, Dresden

    Immer mehr (zur Zeit rund 45 Prozent) aller Planungsbüros ermitteln ihre steuerlichen Einkünfte mit Hilfe einer Bilanz. Für alle diese ist das Thema „Bilanzierung unfertiger Leistungen“ ein wichtiges. Weil hier auch bei den Steuerberatern relativ große Unsicherheit herrscht, bringen wir Sie nachfolgend auf den Stand der Dinge.  

    Die Grundlagen im Handelsgesetzbuch

    Die Pflicht zur Bilanzierung unfertiger Leistungen ergibt sich aus §§ 242 ff. Handelsgesetzbuch (HGB). Danach sind Vermögensgegenstände – auch immaterielle – zu aktivieren. Voraussetzung ist, dass die Gegenstände selbstständig bewertbar und veräußerbar sind.  

     

    Unterschied zwischen unfertiger Leistung und Forderung

    Als „unfertig“ gelten Leistungen, die noch nicht als Forderungen „darstellbar“ sind. Das trifft auf die meisten Planungsaufträge von Architekten und Ingenieuren zu. Solange diese nicht abgenommen sind, fehlt ihnen die Verkaufsfertigkeit. Erst wenn Ihr Auftraggeber Ihre Leistung oder Teilleistung abgenommen hat, wird die „unfertige Leistung“ bilanziell zur „Forderung“.  

     

    Unfertige Leistungen werden grundsätzlich einzeln bewertet, und zwar mit ihren Anschaffungs- oder Herstellkosten. Die Bewertung muss verlustfrei erfolgen.  

     

    Abschlags-, Teilschluss- und Schlussrechnungen

    Architekten und Ingenieuren stellen Abschlags-, Teilschluss- oder Schlussrechnungen. Ja nach Rechnungsart ergibt sich in der Bilanz eine unterschiedliche Darstellung.  

     

    Die Schlussrechnung stellen Sie Ihrem Auftraggeber erst, wenn das Projekt abgeschlossen und abgenommen ist. Mit ihr machen Sie Forderungen in der vertraglich vereinbarten Höhe geltend. Erst dieser Rechnungsbetrag wird dann als Umsatzerlös eingebucht.  

     

    Die Teilschlussrechnung folgt der Systematik der Schlussrechnung. Es werden selbstständig verkaufsfähige Leistungen abgerechnet, die Leistungen werden als Umsatz verbucht. Haben Sie Subplaner/ -unternehmer beauftragt, müssen Sie deren Teilschluss- oder Schlussrechnungen in der Bilanz als Fremdleistungskosten ausweisen.  

     

    Abschlagsrechnungen werden anders behandelt. Diese müssen Sie Sie als „erhaltene Anzahlungen“ in der Bilanz unter „Verbindlichkeiten“ ausweisen. Anzahlungen, die Sie Subplanern gewähren, wei-sen Sie als „geleistete Anzahlungen“ in den „Forderungen“ aus.  

     

    „Bilanzverschönerung“ lohnt meist nicht

    Bei der Bewertung des Leistungsstands besteht die Tendenz, das Büro besser darzustellen als die Lage eigentlich ist. Gerade bei der Ermittlung und Bewertung der unfertigen Leistungen bestehen Bewertungsspielräume, um betriebswirtschaftliche Plandaten zum Ende des Geschäftsjahrs zu erreichen.  

     

    Sinnvoll ist diese „Bilanzverschönerung“ nicht. Sie rächt sich früher oder später. Sei es, dass die Liquidität fehlt, weil das gut gerechnete Ergebnis finanziell nicht entsprechend untersetzt ist oder die Verluste kommen in den Folgejahren mit doppelter Wucht.  

     

    Um dies zu vermeiden, stellen wir Ihnen nachfolgend ein objektives Verfahren der Bewertung und Bilanzierung unfertiger Leistungen vor.  

    Schritte zur Ermittlung der unfertigen Leistungen

    Um den Stand der unfertigen Leistungen ermitteln zu können, müssen Sie den Stand der einzelnen Projekte bzw. Leistungsphasen kontinuierlich bewerten. Dies ist Aufgabe des Projektleiters. Wenn Sie Subplaner oder -unternehmer eingeschaltet haben, müssen Sie zweigleisig fahren. Sie müssen für Ihre Eigenleistungen und für die Fremdleistungen den Fertigstellungsgrad ermitteln.  

     

    Unser Tipp: Nehmen Sie die Bewertung mit Hilfe eines professionellen Systems für Projektcontrolling und Wirtschaftlichkeitskontrolle (wie zum Beispiel APSIS) vor. Ohne Software-Unterstützung ist die Sache schwer beherrschbar.  

     

    Bewertung der Eigenleistung mit dem Leistungsstand

    Am besten ist es, wenn Sie den Leistungsstand regelmäßig ermitteln (zum Beispiel monatlich). Daraus können Sie auch den Projektfortschritt erkennen. So ist es zum Beispiel möglich, mit Hilfe der Software den Leistungsstand (in Prozent) mit Blick auf die geplanten Stunden und die verbrauchten Stunden durchzuführen.  

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Wichtig: Wenn Sie den Leistungsstand so ermitteln, stellt sich natürlich immer die Frage: „Entspricht die Einschätzung des Projektleiters auch den tatsächlichen Gegebenheiten“. Bei ungeübten Mitarbeitern ist häufig das „Fast schon fertig Syndrom“ zu erkennen. Zu Beginn wird der Leistungsstand forsch eingeschätzt und zum Ende fällt auf, dass noch eine ganze Menge an Arbeit zu tun ist.  

     

    Unser Tipp: Diesen Bewertungsfehler müssen Sie vermeiden bzw. so gering wie möglich halten. Zwei Verfahren erleichtern die Plausibilitätsprüfung:  

     

    1. Vergleich des Leistungsstands mit dem Budget: Das Budget enthält die für die einzelnen Phasen vorgegebenen Kosten (Teilkosten) und Stunden. Vergleicht der Projektleiter diese mit den tatsächlich angefallenen Kosten und Stunden, bekommt er Informationen zum derzeitigen Stand des Budgetverbrauchs. Dieser Vergleich der angefallenen Kosten und Stunden kann einen wichtigen Hinweis für den einzuschätzenden Leistungsstand geben. Er kann aber nicht als Leistungsstand ausgewiesen werden, da damit keine verlustfreie Bewertung umgesetzt werden kann. Die angefallenen Kosten oder Stunden können durchaus höher oder niedriger als der geschätzte Leistungsstand am Projekt sein. Sie geben aber einen wichtigen Anhalts- und Vergleichswert.  

     

    In der Abbildung wird der Budgetverbrauch durch Gegenüberstellung von angefallenen und Soll-Stunden dargestellt. Diese werden als Prozentwert mit dem eingeschätzten Leistungsstand verglichen und zeigen die Abweichungen.  

    Vergleich mit gestellten Rechnungen: Um das Büro am Leben zu halten, ist es unumgänglich, bis zur Erstellung der Schluss- (oder Teilschlussrechnung) die Liquidität durch Abschlagsrechnungen zu sichern. Optimal wäre es, wenn Sie die jeweils als erbracht eingeschätzten Leistungen auch abrechnen könnten. Das ist aber in der Praxis selten der Fall. Meist können nur 85 bis 95 Prozent der erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt werden, oft noch weniger. Diese Erfahrungen können Sie bei der Plausibilität der unfertigen Leistungen heranziehen. Sie vergleichen den eingeschätzten Leistungsstand mit den gestellten Rechnungen in Form von Abschlags- und Teilschlussrechnungen (bezogen auf die Eigenleistung) der Leistungsphasen. Der Vergleich gibt Ihnen einen Anhaltspunkt, ob die Leistungsstandeinschätzung belastbar ist oder nicht.  

     

    Unser Tipp: Dieser Vergleich hat für Sie noch einen weiteren Nutzen. Er hilft Ihnen, Möglichkeiten zur Verbesserung der Finanzierung Ihres Büros aufzuspüren. Wird der Leistungsstand als den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend eingeschätzt, können Sie nämlich so die Projekte und Leistungsphasen identifizieren, an denen weniger als der sonst übliche Anteil in Rechnung gestellt wurde.  

     

    2. Bewertung der Fremdlei stung mit den Anschaffungskosten

    Neben Ihrem eigenen Leistungsstand müssen Sie auch den etwaiger Subplaner ermitteln. Für diese Fremdleistungen, die Ihr Honorar schmälern, erhalten Sie vom Subplaner Rechnungen. Handelt es sich um Abschlagsrechnungen, tauchen diese – wie oben beschrieben – in der Bilanz als geleistete Anzahlungen unter den Forderungen auf.  

     

    Stellt der Subplaner dagegen Teilschluss- oder Schlussrechnungen, stellen diese bei Ihnen Aufwand dar. Diesen müssen Sie nach HGB mit den Anschaffungskosten bewerten. Das sind hier die Rechnungsbeträge. Damit ist sichergestellt, dass die Fremdleistungen genau so hoch sind wie die Kosten dieser Fremdleistungen. Es darf hier zu keiner Verschiebung zwischen den Perioden kommen.  

    Vom Leistungsstand zu den unfertigen Leistungen

    Die alles entscheidende Frage ist nun, wie Sie vom Leistungsstand der Eigen- und Fremdleistungen zur Verbuchung von unfertigen Leistungen kommen. Für den Umsatz gilt als Beleg die Teilschluss- oder Schlussrechnung.  

     

    Bewertung der unfertigen Eigenleistung

    Zur unfertigen Eigenleistung kommen Sie, indem Sie vom eingeschätzten Leistungsstand die Beträge der Teilschlussrechnungen abziehen.  

     

    Das Ergebnis stellt die Basis für die unfertigen Eigenleistungen dar. Diese „Basisgröße“ müssen Sie nach den Bewertungsvorschriften des HGB mit den Herstellkosten bewerten. Sie müssen also Abschläge für Vertriebs- und bestimmte Gemeinkosten vornehmen. Die genaue Ermittlung der Herstellkosten kann hier nicht weiter beschrieben werden. Nach der Verrechnung mit dem Herstellkostensatz erhalten Sie den Betrag der unfertigen Eigenleistung, der in die Bilanz eingestellt werden kann.  

     

    Die unfertigen Fremdleistungen

    Die unfertigen Fremdleistungen werden nach dem gleichem System ermittelt. Vom Leistungsstand der Fremdleistungen werden die Beträge abgezogen, die dem Kunden in Form von Teilschlussrechnungen bereits in Rechnung gestellt worden sind. Das Ergebnis sind die unfertigen Fremdleistungen. Diese liegen bereits in Höhe der Anschaffungskosten vor und können somit auch in die Bilanz eingestellt werden.  

     

    Summe aus unfertigen Eigen- und Fremdleistungen

    Die Summe aus unfertigen Eigenleistungen und unfertigen Fremdleistungen wird in der Bilanz im Umlaufvermögen als unfertige Leistungen ausgewiesen. Um einer Bilanzverlängerung entgegen zu treten, erlauben die Bilanzierungsvorschriften, dass die unfertigen Leistungen mit den erhaltenen Anzahlungen saldiert werden. Je nach Höhe der verbuchten Abschlagsrechnungen bleibt auf einer Seite der Bilanz ein Saldo stehen.  

    Vorteile der Bilanzierung unfertiger Leistungen

    Die – richtige – Bilanzierung unfertiger Leistungen bringt Ihnen folgende Vorteile:  

     

    • Die Arbeit mit unfertigen Leistungen sichert einen Ausweis der Leistungen, der den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.

     

    • Die Bewertung der unfertigen Leistungen muss verlustfrei erfolgen. Zeichnet sich also zum Bilanzstichtag ab, dass die Aufwendungen die Erlöse übersteigen, hat das unmittelbaren Einfluss auf den auszuweisenden Leistungsstand. Da steuerrechtlich keine Rückstellungen für drohende Verluste zugelassen sind, finden Sie in der Bewertung der unfertigen Leistung den notwendigen Ansatz, Folgeperioden vor Verlusten zu schützen.

     

    • Arbeiten Sie mit Abschlagszahlungen, müssen Sie laut Umsatzsteuergesetz die Umsatzsteuer erst abführen, wenn Sie diese eingenommen haben. Das verbessert oft die Liquiditätssituation, weil Sie bei Schlussrechnungen die Steuer sofort im Folgemonat abführen müssen.

     

    • Der Gewinn ermittelt sich nicht aus der Summe der Rechnungen abzüglich aller Kosten, sondern aus den Umsatzrechnungen und den Bestandsveränderungen aus unfertigen Leistungen abzüglich der Kosten. Sind die erhaltenen Abschläge höher als die bewerteten unfertigen Leistungen, ist das für Ihr Büro vorteilhaft.

     

    • Die solide Bewertung des Leistungsstands reduziert Einzelwertberichtigungen oder Forderungsausfälle in der Zukunft.

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2005 | Seite 18 | ID 95430