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  • · Fachbeitrag · Vertragsrecht

    Inhalt der Ausführungsplanung: OLG Naumburg verunsichert die Branche mit fünf Aussagen

    | Eine Entscheidung des OLG Naumburg zur Detailtiefe der Ausführungsplanung bei der Objektplanung sorgt für Rumoren in der Fachwelt. Das OLG hat nämlich fünf Grundregeln aufgestellt, die man nicht unreflektiert und unkommentiert stehen lassen kann. PBP bringt Sie auf den Stand der Dinge und wappnet Sie für den Fall etwaiger Honorarkürzungen. |

    Das fragwürdige Urteil aus Naumburg

    Im konkreten Fall ging es um die Ausführung von Bauarbeiten für ein Wohngebäude auf der Basis von Ausführungsplänen. Nach einiger Zeit traten Risse im Außenputz auf, die auf Spannungen zurückzuführen waren, die ihre Ursache in fehlenden Dehnungsfugen und der fehlenden Rückverankerung des Mauerwerks hatten. Das OLG musste klären, inwieweit Architekt, Objektüberwacher oder Tragwerksplaner den Mangel zu verantworten hatten.

     

    Das OLG Naumburg hat fünf Aussagen getroffen, die PBP in der rechten Spalte der folgenden Tabelle kommentiert und einordnet (OLG Naumburg, Urteil vom 12.11.2014, Az. 5 U 132/14, Abruf-Nr. 145393; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 21.5.2015, Az. VII ZR 8/15).

     

    Aussage des OLG Naumburg

    Kommentar PBP

    1.

    Aufgabe der Ausführungsplanung ist es, die Bauaufgabe derart zu konkretisieren, dass nach ihren Ergebnissen gebaut werden kann, und zwar so, dass das Werk mangelfrei ist.

    Die Ausführungsplanung muss in bestimmten Fällen (siehe entsprechende Leistungsbilder) durch die Montage- und Werkstattplanung ergänzt werden.

    2.

    Die Ausführungsplanung muss unter Berücksichtigung des beim ausführenden Unternehmer vorauszusetzenden Fachwissens einen nahtlosen Übergang von der Planung in die Ausführung ermöglichen; und zwar so, dass der Unternehmer das jeweils gewollte klar erkennen kann.

    siehe 1).

    3.

    Einem mit der Ausführungsplanung betrauten Architekten müssen die einschlägigen Fachregeln der Technik, insbesondere die DIN-Vorschriften (hier: Richtlinien für die Erstellung eines Brüstungsmauerwerks) bekannt sein.

    Hier stellt sich die Frage, was das Gericht konkret meint. Es kann nämlich nicht sein, dass ein Objektplaner pauschal alle DIN-Normen inhaltlich kennen muss. Es gibt eine Reihe von Leistungsbildern und Planungsinhalten, die unterschiedlichen Planungsdisziplinen zugeordnet werden. Hier liegt auch die „Kenntnisgrenze“ von DIN-Normen. Der Objektplaner muss nicht alles wissen, was zum spezifischen Wissen von Fachplanern gehört. Er hat unberührt davon eine Koordinationsaufgabe. Hat ein beauftragter Planer (Objektplaner oder Fachplaner) von bestimmten technischen Regeln keine hinreichenden Fachkenntnisse, muss er das dem Bauherrn mitteilen und einen entsprechenden Vorschlag zur Vorgehensweise (zum Beispiel Beauftragung eines Fachplaners) unterbreiten

    Aussage des OLG Naumburg

    Kommentar PBP

    4.

    Dass sich verschiedene Baustoffe thermisch bedingt unterschiedlich ausdehnen, stellt eine einfache bauphysikalische Grundregel dar, deren Kenntnis sowohl bei einem Tragwerksplanung als auch bei einem Architekten vorausgesetzt werden kann.

    Auf den ersten Blick erscheint diese Aussage schlüssig. Mit ihr kann aber nicht gemeint sein, dass die Leistungen der Bauphysik (zum Beispiel gemäß Anlage 1 Nr. 1.2 zur HOAI) deshalb auch vom Objektplaner erbracht werden müssen. Liegen bauphysikalisch nicht vom Objektplaner zu bearbeitende oder von ihm fachtechnisch nicht lösbare Sachverhalte vor (PBP 8/2015, Seite 4), ist ein entsprechender Fachplaner (nach beratendem Hinweis durch den Objektplaner) damit zu beauftragen. Sollte das unterschiedliche Dehnungsverhalten von Baustoffen spezielle Planungslösungen erfordern, die vom Objektplaner fachlich nicht verantwortet werden können, ist der Bauherr auch hier entsprechend zu informieren.

    5.

    Die Anlegung von Dehnungsfugen im Baukörper gehört zu den konstruktiven Aufgaben. Für deren Einplanung ist in erster Linie der Tragwerksplaner verantwortlich, daneben der planende und - falls die Dehnungsfugen nicht in den Bauzeichnungen vorgesehen sind - auch der die Bauleitung oder Bauaufsicht führende Architekt.

    Die Bauüberwachung überwacht die Ausführung der Bauarbeiten und legt die Planung zugrunde. Sie erbringt aber nicht die Planung. Insofern wird der Bauüberwacher allenfalls als derjenige gesehen, der im Rahmen seiner Hinweispflichten eine mangelhafte Ausführung vermeiden soll, indem er auf etwaige erkennbare Mängel hinweist. Die Planung von Dehnungsfugen im Baukörper ist also keine Leistung, die in der Lph 8 zu erbringen ist. Wenn das Anlegen von Dehnungsfugen aber eine handwerkliche Selbstverständlichkeit darstellt, erübrigt sich die entsprechende Planungsangabe in den Zeichnungen.

    Konsequenz für die Praxis

    Das vorliegende Urteil kann zu Missverständnissen führen, wenn versucht wird, die Leitsätze unreflektiert zu verallgemeinern. Regeln Sie deshalb in den Ausführungsunterlagen präzise, nach welchen Unterlagen ausgeführt wird. Als Planer haben Sie im Zuge der Vorbereitung der Bauverträge die Möglichkeit, dies festzulegen, weil die Art der Bereitstellung von Ausführungsunterlagen wählbar ist.

     

    • Beispiel

    Sie können im Bauvertrag vereinbaren, dass Tischlerarbeiten für Türen auf Grundlage der zeichnerischen Darstellungen, der Leistungsbeschreibung und den Maßgaben einer speziellen Türenliste auszuführen sind. Liegen dem Tischlerbetrieb diese Kalkulationsgrundlage vor, ist es allein seine Sache, wie er diese drei Unterlagen firmenintern in seiner Arbeitsvorbereitung und Ausführung umzusetzt. Werden im Bauvertrag aber konkrete Bauprodukte vorgegeben, können Details auch anhand von Firmenangaben vereinbart werden. Für deren Mängelfreiheit muss aber in der Regel der Planer einstehen.

    Wichtig ist, dass das Unternehmen klare Ausführungsangaben erhält und im Bauvertrag geregelt wird, wie diese Angaben zur Verfügung gestellt werden.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2015 | Seite 11 | ID 43604415