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  • · Fachbeitrag · Architektenrecht

    Baukostengrenze: Musterprozess zielt auf faire Regeln in Verträgen der öffentlichen Hand

    | Am 2. August 2016 findet am Landgericht Berlin eine mündliche Verhandlung zu einem brisanten Thema statt: Ist es zulässig, dass sich die öffentliche Hand in Architekten- und Ingenieurverträgen formularmäßig Baukostenobergrenzen als werkvertragliche Eigenschaften zusichern lässt? |

     

    Der architekten- und ingenieurrechtliche Hintergrund

    Es hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren weitgehend durchgesetzt, dass in Architekten- und Ingenieurverträgen Baukostenobergrenzen vorgegeben werden. Bei einer Vorgabe sind Sie als Planer verpflichtet, die Planung auf das Budget bestmöglich auszurichten. Wenn andere Planungsvorgaben damit in Konflikt stehen, kann das Budget auch überschritten werden. Außerdem haften Sie bei einer Vorgabe nur dann (auf Schadenersatz oder Honorarrückzahlung), wenn Sie eine Überschreitung zu vertreten haben.

     

    Ganz anders ist es, wenn als zugesicherte Eigenschaft der Planung eine Kostenobergrenze für das Bauwerk vereinbart wird. Überschreiten die Kosten diese Obergrenze dann doch - egal aus welchem Grund -, ist Ihre Planung rechtlich betrachtet mangelhaft. Sie müssen kostenlos umplanen, bis das Budget eigenhalten ist. Gelingt dies nicht, kann das bis zur Rückforderung geleisteter Abschlagszahlungen führen, auch wenn Sie an der Budgetüberschreitung keine Schuld trifft. Der BGH hält solche Beschaffenheitsvereinbarungen nach derzeitigem Stand für zulässig und wirksam.

     

    Die Zielsetzung des Musterprozesses

    Weil solche Vertragsklauseln im Streitfall existenzgefährdend sein können, hat sich unter dem Namen fairtrag - Initiative für faire Verträge mit der Öffentlichen Hand - ein rechtsfähiger Verein gegründet. Ziel des Vereins ist es, eine Verbandsklage - ähnlich den Verbraucherzentralen - zu führen, mit der öffentlichen Auftraggebern allgemein verboten werden soll, solche Baukostenobergrenzen in Verträge aufzunehmen. Die Rechtsanwälte Dr. Carl-Stephan Schweer & Dr. Valentin Todorow aus der Kanzlei Raue LLP sind mit der Vertretung des Vereins in dem Klageverfahren beauftragt.

     

    Was für Sie als Planer jetzt veranlasst ist

    Achten Sie auf vertragliche Baukostenregelungen! Es gibt einen himmelweiten Unterschied in den rechtlichen Konsequenzen von einseitigen Vorgaben des Bauherrn und vereinbarten Eigenschaften des Planerwerks. Im zweiten Fall versprechen Sie verbindlich, dass Sie die Eigenschaft herbeiführen.

     

    PRAXISHINWEIS | Ein professioneller Vertrag enthält entweder genaue Ziel-/Vorgabenregelungen mit einer Lösung für den Fall, dass Zielkonflikte auftreten. Oder er enthält eine Art der Baukostenobergrenze, die mindestens dafür sorgt, dass Sie nur für diejenigen Leistungen verschuldensunabhängig einstehen, die Sie auch verantworten können - und nach einer passenden Kostenermittlung.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2016 | Seite 20 | ID 44114532