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  • 09.05.2011 | Vermietung und Verpachtung

    Vorbehalts- und Zuwendungsnießbrauch: Die rechtzeitige Gestaltung ist das A & O

    von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Gebäude erfolgt in den meisten Fällen aus familiären Gründen - häufig einhergehend mit einer vorweggenommenen Erbregelung. Neben den familiären und vermögensrechtlichen Überlegungen sollten jedoch bereits im Vorfeld die ertragsteuerlichen Konsequenzen bedacht werden, um unliebsame steuerliche Überraschungen zu vermeiden.  

    1. Vorbehaltsnießbrauch

    Wird ein bebautes Grundstück unter Vorbehalt eines Nießbrauchs auf einen Dritten (z.B. ein Kind) übertragen, geht zwar das Eigentum über, die Nutzungsbefugnis verbleibt jedoch im Rahmen des vorbehaltenen Rechts beim bisherigen Eigentümer.  

     

    Beispiel

    A ist Eigentümer eines vermieteten Zweifamilienhauses, das er auf seinen Sohn B unter Vorbehalt des Nießbrauchs am gesamten Grundstück überträgt. Das Nießbrauchsrecht hat einen Kapitalwert von 100.000 EUR, das Grundstück einen Verkehrswert von 300.000 EUR. B muss seinem Bruder C ein Gleichstellungsgeld in Höhe von 100.000 EUR zahlen.  

     

    Rechtsfolgen für den bisherigen Eigentümer A  

    A nutzt das Grundstück als Nutzungsberechtigter nach der Grundstücksübereignung nicht aufgrund eines vom neuen Eigentümer abgeleiteten, sondern ununterbrochen aufgrund eigenen Rechts. Der Zusammenhang zwischen den auf die Nutzungsdauer des Gebäudes zu verteilenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten einerseits und der Nutzung des Gebäudes zur Erzielung von Einkünften andererseits wird durch die Grundstücksübertragung nicht unterbrochen. Demzufolge ist er auch weiterhin zur Abschreibung der ihm entstandenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten berechtigt (BFH 28.7.81, VIII R 35/79).  

     

    Konsequenz: Beim Vorbehaltsnießbraucher ändert sich einkommensteuerrechtlich im Prinzip nichts, d.h. er setzt weiterhin seine Einkunftserzielung durch Vermietung (nur jetzt als Nutzungsberechtigter und nicht mehr als Eigentümer) fort.  

     

    Rechtsfolgen für den neuen Eigentümer B  

    B wird zwar Eigentümer, hat jedoch keine Nutzungsbefugnis und damit auch keine Möglichkeit, Einkünfte zu erzielen. Entsprechend kann er auch das Gleichstellungsgeld an C in Höhe von 100.000 EUR steuerlich nicht geltend machen. Der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts führt bei ihm auch nicht zu einer Gegenleistung, da er lediglich das mit dem Recht belastete Eigentum erlangt (BFH 28.7.81, VIII R 124/76).  

     

    1.1 Vorsicht Steuerfalle

    Der Vorbehaltsnießbraucher erzielt also weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, d.h., er kann von seinen Einnahmen die Gebäude-AfA sowie sonstige, durch die Vermietung veranlasste Aufwendungen (Schuldzinsen, Erhaltungsaufwendungen etc.) geltend machen.  

     

    Problematisch wird es jedoch dann, wenn der Nießbraucher auch größere Instandsetzungsmaßnahmen trägt. Denn er ist nach § 1041 BGB nur verpflichtet für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen obliegen ihm nur insoweit, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Er ist zwar auch zu außergewöhnlichen Unterhaltungsmaßnahmen berechtigt (§ 1043 BGB), erlangt dadurch jedoch grundsätzlich einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem Eigentümer (§ 1049 BGB i.V. mit §§ 677 ff. BGB).  

     

    Würde der Vorbehaltsnießbraucher beispielsweise eine außergewöhnliche Instandsetzungsmaßnahme (z.B. eine Dachsanierung) durchführen und diesen Aufwand gegenüber dem neuen Eigentümer nicht geltend machen, wäre ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen, da hierin eine nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Zuwendung an den Eigentümer liegen würde (BFH 10.4.91, XI R 13/87). Der getätigte Aufwand wäre damit steuerlich in vollem Umfang verloren.  

     

    Praxishinweis

    Ein Werbungskostenabzug wäre allenfalls dann möglich, wenn der gesetzlich bestehende Ersatzanspruch zwar geltend gemacht, aber nicht realisiert wird (BFH 17.8.05, IX R 27/03).  

     

    1.2 Gestaltungshinweise

    Da die in § 1041 BGB geregelte Lastenverteilung vertraglich abdingbar ist, sollte der Übertragungsvertrag die Vereinbarung vorsehen, dass der Nießbraucher abweichend von der Grundregel des § 1041 BGB auch außergewöhnliche Ausbesserungen oder Erneuerungen auf eigene Kosten zu tragen hat. Diese Nebenabrede muss, wenn sie zwischen nahen Angehörigen erfolgt, klar und eindeutig getroffen und tatsächlich durchgeführt werden (BFH 9.3.93, IX R 96/89). Ist dies der Fall, sind die größeren Instandsetzungsaufwendungen beim Nießbraucher steuerlich berücksichtigungsfähig (BFH 24.6.09, IV R 20/07).  

     

    Belassen es die Vertragsparteien bei der zivilrechtlichen Regelung des § 1041 BGB, kann der Eigentümer die von ihm getragenen größeren Instandsetzungsaufwendungen im Regelfall nicht als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Der BFH lehnt einen Abzug nämlich ab, weil ein Ende der Nutzung durch den Vorbehaltsnießbraucher noch nicht absehbar ist (BFH 10.6.98, IX B 47/98).  

     

    Ein Werbungskostenabzug kommt dagegen in Betracht, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen Interesse als zukünftiger Nutzer des Hauses tätigt, d.h. wenn die zukünftige Nutzung zeitlich konkret ansteht (BFH 31.5.00, IX R 6/96). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Nutzungsbefugnis nur noch bis zum Ende des Übertragungsjahrs beim Übertragenden verbleibt. Entsprechend hat der BFH den Abzug vorweggenommener Werbungskosten durch den Eigentümer gebilligt, wenn der Nießbrauch nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen zeitnah aufgehoben werden soll (BFH 25.2.09, IX R 3/07).  

    2. Zuwendungsnießbrauch

    2.1 Unentgeltlich eingeräumter Zuwendungsnießbrauch

    Der unentgeltliche Zuwendungsnießbrauch bringt auf den ersten Blick steuerliche Nachteile, denn der Eigentümer räumt einem Dritten ein Nutzungsrecht ein mit der Folge, dass sich die Gebäudeabschreibung mangels Einkunftserzielung nicht mehr auswirken kann.  

     

    Beispiel

    F ist Eigentümer eines vermieteten Zweifamilienhauses, dessen Einkunftsermittlung sich wie folgt darstellt:  

     

    Mieteinnahmen  

    16.000 EUR  

    Abschreibung  

    ./. 4.000 EUR  

    Laufende Kosten  

    ./. 5.000 EUR  

    Erhaltungsaufwendungen  

    ./. 1.000 EUR  

    Einkünfte  

    6.000 EUR  

     

     

    Räumt F nun seiner Tochter G an dem Objekt ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht ein, führt dies zwar zum Übergang der Einkunftserzielung auf G, nicht jedoch zum Übergang des bürgerlich-rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums. Dies hat zur Folge, dass G die Einnahmen versteuern muss und die von ihr getragenen Aufwendungen als Werbungskosten abziehen kann. Da sie jedoch nicht zur Abschreibung des Gebäudes berechtigt ist, muss G Einkünfte in Höhe von 10.000 EUR versteuern.  

     

    Fazit: Die Gebäude-AfA in Höhe von 4.000 EUR geht steuerlich endgültig verloren, da F zwar weiterhin Gebäudeeigentümer ist, gleichwohl mangels Einkunftserzielung keine Möglichkeit hat, die Gebäudeabschreibung steuerlich geltend zu machen.  

     

    Hinsichtlich der größeren Instandhaltungskosten gelten die Ausführungen zum Vorbehaltsnießbrauch entsprechend, d.h., der Nießbraucher kann größeren Instandsetzungsaufwand als Werbungskosten abziehen, wenn die Vertragsparteien dies ausdrücklich vereinbaren.  

     

    Gestaltungshinweise

    Auch ein Zuwendungsnießbrauch kann im Einzelfall durchaus Steuervorteile bieten. Dies betrifft insbesondere Objekte, die bereits abgeschrieben sind, sodass die Gebäudeabschreibung nicht mehr verloren gehen kann. Hier kann die Nießbrauchseinräumung z.B. zur legalen Verlagerung von positiven Einkünften auf ein Kind genutzt werden.  

     

    Beispiel

    H ist ein gut verdienender Unternehmer mit einer Einkommensteuerbelastung von 40 %. Zu seinem Vermögen gehört u.a. ein vermietetes Mehrfamilienhaus, das er bereits vollständig abgeschrieben hat. H erzielt mit der Mietimmobilie einen jährlichen (durchschnittlichen) Überschuss von 8.000 EUR und räumt seinem minderjährigen Sohn K ein bis zum Eintritt der Volljährigkeit befristetes unentgeltliches Nießbrauchsrecht ein. K verfügt über keine weiteren Einkünfte.  

     

    Mit dieser Gestaltung verlagert H die Vermietungseinkünfte auf seinen Sohn K. Aufgrund des Grundfreibetrags von 8.004 EUR fällt bei K keine Einkommensteuer an.  

     

    Merke!

    Die steuerrechtliche Anerkennung einer derartigen Gestaltung setzt jedoch insbesondere voraus, dass beim Vertragsabschluss ein Ergänzungspfleger mitwirkt (BFH 13.5.80, VIII R 75/79). Außerdem müssen die Beteiligten die Nutzungsrechtsvereinbarung auch tatsächlich durchführen. Den Mietern ist die Vermieterstellung des Nießbrauchers anzuzeigen und Mietzahlungen sind an den Nießbraucher zu leisten. Vertreten Eltern ihre minderjährigen Kinder, müssen die Willenserklärungen im Namen der Kinder abgegeben werden (BFH 13.5.80, VIII R 63/79).  

     

    2.2 Entgeltlich eingeräumter Zuwendungsnießbrauch

    Ein entgeltlich eingeräumter Zuwendungsnießbrauch wird wie eine Grundstücksvermietung des Eigentümers an den Nießbraucher behandelt.  

     

    Der Eigentümer erzielt in Form des für die Nießbrauchsbestellung gezahlten Entgelts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dabei kann das Entgelt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilt werden, für den die Zahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 1 S. 3 EStG). Aufgrund der Einkunftserzielung kann der Eigentümer nun auch die Gebäudeabschreibung sowie die von ihm kraft vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtung übernommenen Aufwendungen als Werbungskosten absetzen.  

     

    Der Nießbraucher ist zum Abzug der von ihm (kraft vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtung) getragenen Aufwendungen berechtigt, ferner jedoch auch zur Vornahme von Abschreibungen auf das entgeltlich erworbene Nießbrauchsrecht. Die Abschreibung erfolgt nach § 7 Abs. 1 EStG auf die Laufzeit des Nießbrauchs. Bei Einräumung des Nießbrauchs für die Lebenszeit des Berechtigten oder einer anderen Person erfolgt die Verteilung der Aufwendungen auf die mutmaßliche Lebenszeit der betreffenden Person. Werden als Gegenleistung für die Einräumung des Nießbrauchs ausschließlich gleichmäßige laufende Zahlungen geleistet, lässt es die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen zu, dass nur die laufend gezahlten Beträge als Werbungskosten abgesetzt werden (vgl. BMF 24.7.98, IV B 3 - S 2253 - 59/98, Rz. 26).  

     

    Beispiel

    M ist Eigentümer einer Mietimmobilie mit der er im Durchschnitt jährlich folgende Einkünfte erzielt:  

     

    Mieteinnahmen  

    15.000 EUR  

    Abschreibung  

    ./. 4.000 EUR  

    Weitere Hauskosten incl. Instandsetzung  

    ./. 6.000 EUR  

    Einkünfte  

    5.000 EUR  

     

    M räumt seinem Sohn O auf Lebenszeit das Nießbrauchsrecht an dem Objekt ein. Nach den vertraglichen Vereinbarungen ist O zur Tragung sämtlicher das Objekt betreffender Kosten verpflichtet. Die Rechtsbestellung erfolgt entgeltlich, denn O zahlt seinem Vater den Kapitalwert des Nießbrauchs in Höhe von 50.000 EUR in Form eines Einmalbetrags. Die durchschnittliche Lebenserwartung des M beträgt noch 10 Jahre.  

     

    Lösung  

    Die entgeltliche Rechtsbestellung hat für M zur Folge, dass er das Entgelt für die Bestellung des Nießbrauchs als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen hat und daher auch weiterhin zum Werbungskostenabzug berechtigt ist. M kann somit weiterhin eine Gebäudeabschreibung in Höhe von 4.000 EUR geltend machen.  

     

    Hinsichtlich der Versteuerung der Einnahmen hat er die Möglichkeit - statt der Sofortversteuerung - die Einnahmen auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den der Betrag gezahlt worden ist (§ 11 Abs. 1 S. 3 EStG). Dies ist der Zeitraum der mutmaßlichen Lebenserwartung des M und damit der Zeitraum, auf den O die Aufwendungen für den Rechtserwerb nach § 7 Abs. 1 EStG zu verteilen hat (§ 11 Abs. 2 S. 3 EStG).  

     

    M hat daher zu versteuern:  

     

    50.000 EUR x 1/10  

    5.000 EUR  

    AfA  

    ./. 4.000 EUR  

    Einkünfte  

    1.000 EUR  

     

    Bei O ergibt sich folgende Besteuerungssituation:  

     

    Mieteinnahmen  

    15.000 EUR  

    Sonstige Hauskosten  

    ./. 6.000 EUR  

    AfA Nutzungsrecht  

    ./. 5.000 EUR  

    Einkünfte  

    4.000 EUR  

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2011 | Seite 86 | ID 144798

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