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· Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

So umschiffen Sie die Klippen bei der Telefon-, E-Mail-, Newsletter- und Briefwerbung

von Rechtsanwalt Dr. Michael Wurdack, Anwaltskanzlei Küstner, v. Manteuffel & Wurdack, Göttingen

| Werbemaßnahmen sind unzulässig, wenn sie einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigen (§ 7 Abs. 1 UWG). Wann eine Ihrer Werbemaßnahmen eine unzumutbare Belästigung darstellt, hängt von der Art der werblichen Aktivität ab. Erfahren Sie nachfolgend, wie Sie bei der Telefon-, E-Mail-, Newsletter- und Briefwerbung sicher navigieren. |

Telefonanrufe

Telefonwerbung dringt in den privaten Lebensbereich des Betroffenen ein, noch dazu oft außerhalb der normalen Arbeits- und Geschäftszeiten. Dem zu entgehen, ist fast unmöglich, will man nicht gänzlich auf das Telefon als Kommunikationsmittel verzichten. Deshalb ist die zulässige Telefonwerbung an eine Einwilligung geknüpft:

 

Vorherige ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers

Die Telefonwerbung bei Verbrauchern ist nur mit einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung erlaubt. Eine konkludente Einwilligung, das heißt eine aus schlüssigem Verhalten abgeleitete Einwilligung genügt nicht, ebensowenig eine mutmaßliche Einwilligung.

 

PRAXISHINWEIS | Nehmen Sie einen entsprechenden Sperrvermerk in Ihre Unterlagen bzw. in Ihr Maklerverwaltungssystem auf, solange der Verbraucher seine vorherige und ausdrückliche Einwilligung noch nicht erteilt hat.

 

  • Schriftform: Die Einwilligung zur Telefonwerbung sollte in Schriftform vorliegen und mit der Unterschrift des Kunden versehen sein. Dafür bieten sich im Maklerunternehmen zum Beispiel an
    • eine gesonderte Einwilligungserklärung,
    • eine Einwilligungserklärung im Beratungsprotokoll, die drucktechnisch hervorgehoben wird,
    • ein anlassbezogenes Rundschreiben an die Kunden zur Einholung der schriftlichen Einwilligung (mit Freiumschlag/Refax) und
    • die Abfrage der Einwilligung, wenn der Kunde selbst anruft, in Kombination mit der Unterzeichnung der Telefonnotiz oder der Einwilligungserklärung beim nächsten persönlichen Termin.

 

  • Die Einwilligung kann zwar derzeit noch mündlich erklärt werden; Schriftform ist nicht vorgeschrieben. Dennoch ist es unerlässlich, die Einwilligung für den Streitfall zu dokumentieren, weil der Vermittler beweispflichtig ist. Außerdem ist aufgrund der Fortentwicklung des Verbraucherschutzes zu erwarten, dass in absehbarer Zeit mündlich erteilte und nur beim Vermittler vermerkte Einwilligungen nicht mehr ausreichen.

 

PRAXISHINWEIS | Sie sollten es sich im Tagesgeschäft zur Gewohnheit machen, stets eine Einwilligungserklärung von Interessenten, Neu- und Bestandskunden einzuholen und durch deren Unterschrift dokumentieren zu lassen.

 

 

  • Transparenz: Regelmäßig wird die Einwilligungserklärung für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sein. Damit ist sie als AGB anzusehen und unterliegt den AGB-Prüfungsmaßstäben. Das heißt, die Einwilligungserklärung muss transparent und bestimmt sein (LG Berlin, Beschluss vom 9.8.2011, Az. 15 O 762/04; Abruf-Nr. 130961). Das ist nicht der Fall,
    • wenn der Verbraucher in die Telefonwerbung für „interessante Angebote“ auch von „Dritten und Partnerunternehmen“ einwilligen soll, weil für ihn nicht mehr erkennbar ist, wer sich ihm gegenüber auf seine erteilte Einwilligung berufen kann (OLG Köln, Urteil vom 29.4.2009, Az. 6 U 218/08; Abruf-Nr. 102021).

 

  • Widerruf: In der Einwilligungserklärung muss auch auf die Möglichkeit des jederzeitigen und formfreien Widerrufs hingewiesen werden. Zudem muss eine Kontaktmöglichkeit für den Widerruf genannt sein.

 

  • Unterschrift: Der Verbraucher muss die Einwilligung mittels aktiver Handlung erklären, das heißt durch Unterschrift nach Markieren und Ausfüllen eines entsprechenden Feldes („Opt-In“).

 

Musterschreiben / Einwilligungserklärung für Verbraucher

Ich ... (Name des Kunden, Anschrift) willige ausdrücklich ein, durch das Versicherungsmaklerunternehmen ... (Name des Versicherungsmaklerunternehmens, Anschrift) künftig zu Versicherungs- sowie Finanzdienstleistungsprodukten kontaktiert zu werden, und zwar:

 per E-Mail unter der E-Mail-Adresse: ...

 per Telefon unter der Telefon-Nummer: ...

 per Fax unter der Fax-Nummer: ...

 

Ich wurde darauf hingewiesen, dass ich dieser Einwilligung ohne Angabe von Gründen jederzeit widersprechen kann. Der Widerspruch kann formlos erfolgen,

  • per E-Mail unter der E-Mail-Adresse ...
  • per Telefon unter der Telefon-Nummer ...
  • per Fax unter der Fax-Nummer ...

 

Hierfür entstehen keine anderen als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen.

 

 

Ort, Datum ... ...

(Unterschrift Kunde/-in)

 

PRAXISHINWEISE |  

  • Sie sollten die Einwilligungserklärungen sorgfältig archivieren. Denn der werbende Vermittler muss im Streitfall beweisen, dass eine Einwilligungserklärung vorlag.
  • Bei gekauften Adressen genügt es nicht, sich auf Zusicherungen des Verkäufers zur Einwilligungserklärung zu verlassen (KG Berlin, Urteil vom 28.10.2012, Az. 5 W 107/12; Abruf-Nr. 130962). Sie müssen die Einwilligung nachweisen.
  • Sind unter einem Telefonanschluss mehrere Personen - zum Beispiel Ehepartner und Kinder - erreichbar, genügt es, dass lediglich der Anschlussinhaber seine Einwilligung erteilt hat. Werbende Maßnahmen dürfen dann allerdings nur gegenüber dem Anschlussinhaber erfolgen (OLG Köln, Urteil vom 5.6.2009, Az. 6 U 1/09; Abruf-Nr. 130963).
 

Mutmaßliche Einwilligung bei „sonstigen Marktteilnehmern“

Bei „sonstigen Marktteilnehmern“ - das sind in der Regel Unternehmen - reicht die mutmaßliche Einwilligung für eine Werbung per Telefon innerhalb folgender Grenzen aus (§ 7 Abs. 2 UWG)!

 

  • Nur ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund kann eine mutmaßliche Einwilligung begründen (BGH, Urteil vom 11.3.2010, Az. I ZR 27/08; Abruf-Nr. 102873). Davon profitieren Werbetreibende vor allem bei bereits laufenden Geschäftsbeziehungen.

 

 

  • Erforderlich ist es auch, dass sich die mutmaßliche Einwilligung auf die Art und Weise der Werbung erstreckt, das heißt mit welchem Mittel - Telefon oder E-Mail - geworben werden darf (BGH, Urteil vom 5.2.2004, Az. I ZR 87/02; Abruf-Nr. 040982).

 

PRAXISHINWEIS | Holen Sie auch gegenüber „sonstigen Marktteilnehmern“ eine schriftliche Einwilligung ein. Denn die Gerichte lehnen die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung regelmäßig ab.

 

E-Mail und Newsletter des Maklers

Die Werbung per E-Mail oder Newsletter bedarf grundsätzlich ebenfalls der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Insofern gilt das zur Telefonwerbung Gesagte entsprechend.

 

Bestehende Kundenbeziehung

Allerdings privilegiert § 7 Abs. 3 UWG eine bestehende Kundenbeziehung: Der Unternehmer, der die E-Mail-Adresse des Betroffenen im Zusammenhang mit einem Warenverkauf oder einer Dienstleistung selbst erhoben hat, darf diese Adresse zur Werbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwenden, solange der Kunde dieser Werbung nicht widerspricht und er auf die Möglichkeit des Widerspruchs klar und deutlich hingewiesen wurde.

 

Sonstige Fälle

In den sonstigen Fällen wurde bislang häufig standardisiert das Double-Opt-in-Verfahren genutzt, um die Einwilligung für die E-Mail-Werbung einzuholen. Dabei trägt der Kunde seine E-Mail-Adresse in ein Online-Formular des Unternehmens ein und erhält dann eine „Check-Mail“ mit einem Bestätigungs-Link. Durch Anklicken dieses Links bestätigt der Kunde die Aufnahme in den Verteiler des Newsletters. Der Kunde erteilt damit - theoretisch - zwei Mal durch aktives Handeln seine Einwilligung. Daher wurde das Double-Opt-in-Verfahren bisher als akzeptables Verfahren angesehen.

 

Das OLG München hat diese Ansicht allerdings ins Wanken gebracht. Es sieht schon die Check-Mail als unzulässige Werbung an, weil es auch bei diesem Verfahren möglich ist, dass der Empfänger nicht vorher in die Übersendung der Check-Mail mit dem Bestätigungs-Link eingewilligt hat (OLG München, Urteil vom 27.9.2012, Az. 29 U 1682/12; Abruf-Nr. 130964).

 

PRAXISHINWEIS | Stellen Sie bei den Werbe-E-Mails und Newslettern die vorherige Einwilligung der Adressaten durch eine Einwilligungserklärung sicher. Eine Möglichkeit besteht darin, dass Sie im Anmeldebereich des Newsletters ein Faxformular mit der Einwilligungserklärung zum Download bereitstellen, das Ihnen der Kunde faxen kann.

 

Maklerbesuch

Der persönliche - auch der unangekündigte - Besuch beim Kunden ist weiter zulässig, es sei denn, dass ein entgegenstehender Wille erkennbar ist. Hier genügt schon das Schild am Gartenzaun „Keine Vertreter-/Maklerbesuche erwünscht“ als Hinweis auf den entgegenstehenden Willen.

 

Anders sieht es das LG Rostock. Es hat schon die schriftliche Ankündigung eines Hausbesuches als unzulässige geschäftliche Handlung einstuft (LG Rostock, Urteil vom 12.11.2011, Az. 3 O 227/10; Abruf-Nr. 130965; rechtskräftig).

Briefwerbung

Auch die Briefwerbung ist weiter zulässig, wenn der Werbecharakter des Briefes nach dem Öffnen auf Anhieb erkennbar ist.

 

Diese Form der Werbung ist allerdings dann als unzumutbare Belästigung einzustufen und unzulässig, wenn erkennbar ist, dass der Betroffene keine Werbung wünscht. Das bedeutet, dass Briefkastenwerbung, also Prospekt-, Katalog- und Handzettelwerbung im Falle eines Sperrvermerks am Briefkasten (zum Beispiel der Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen!“) unzulässig ist. Aber auch wenn ein Hinweis am Briefkasten fehlt, kann sich der Werbende nicht darauf berufen, wenn er wusste, dass der Betroffene keine Werbung wünscht (LG Lüneburg, Urteil vom 30.9.2011, Az. 4 S 44/11; Abruf-Nr. 130966).

 

PRAXISHINWEIS | Bei Werbung per Briefpost empfiehlt sich der Abgleich mit der Robinsonliste (www.robinsonliste.de). Dort lassen sich die Personen eintragen, die keine unangeforderten Werbesendungen und Telefonanrufe wünschen.

 

Die Einwilligung in die Datenspeicherung und -nutzung zu Werbezwecken bei Briefwerbung richtet sich nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Es reicht somit für diese Einwilligungserklärung eine drucktechnisch hervorgehobene Klausel mit Streichmöglichkeit („opt-out“) aus.

Bußgeld und Haftung

Ein Anruf beim Verbraucher ohne die vorherige ausdrückliche Einwilligung kann mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden (§ 20 Abs. 2 UWG). Und es soll noch teurer werden, geplant ist ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro.

 

Der werbetreibende Makler haftet nicht nur für eigene Wettbewerbsverstöße, sondern auch für die seiner Angestellten und selbstständigen Untervermittler, und zwar kenntnisunabhängig (§ 8 Abs. 2 UWG).

 

Als Rechtsfolgen eines Wettbewerbsverstoßes können neben dem Bußgeld unter anderem Ansprüche auf Unterlassung oder Beseitigung (§ 8 Abs. 1 UWG), auf Auskunft, Schadenersatz oder Gewinnabschöpfung (§ 10 UWG) sowie strafrechtliche Sanktionen (§ 16 UWG, zum Beispiel bei einem Schneeballsystem) in Frage kommen. Hinzu kommen Kosten für das Verfahren (Abmahn-, Anwalts- und Gerichtskosten).

 

Weiterführender Hinweis

  • Das Musterschreiben „Einwilligungserklärung für Verbraucher in die Telefon-, E-Mail und Fax-Werbung“ finden Sie auf wvm.iww.de unter Downloads → Musterschreiben → Wettbewerbsrecht
Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 6 | ID 38863730