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· Fachbeitrag · Altersteilzeit

Keine Sperrzeit trotz Aufhebungsvertrags: Arbeitsagentur muss Arbeitslosengeld zahlen

| Nach Ende der vereinbarten Altersteilzeit will der Arbeitnehmer in Rente gehen. Statt jedoch einen Rentenantrag zu stellen, beantragt er nun Arbeitslosengeld. Ist dann eine Sperrzeit von der Arbeitsagentur rechtens? Die LSG-Rechtsprechung ist uneinheitlich, das SG Karlsruhe entschied aktuell jedoch klägerfreundlich ( 3.7.17, S 5 AL 894/17, Abruf-Nr. 196230 ). |

 

Sachverhalt

Der Kläger schloss mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag. Vereinbart wurde ein Blockmodell mit einer „Arbeitsphase“ vom 1.6.11 bis 31.3.14 und eine „Freistellungsphase“ ab dem 1.4.14. Am 31.1.17 sollte das Arbeitsverhältnis enden. Ab dem Folgetag sollte der Kläger dann Altersrente beziehen. Der Kläger meldete sich jedoch am 1.12.16 arbeitslos. Die Arbeitsagentur sprach eine Sperrzeit vom 1.2. bis 25.4.17 aus und gewährte erst ab dem 26.4.17 Arbeitslosengeld. Der Kläger habe voraussehen müssen, dass er durch den Aufhebungsvertrag arbeitslos wird.

 

Dieser trug vor, er habe damals noch geplant, nahtlos zum 1.2.17 in Altersrente zu gehen, mit einem Abschlag auf die Rente von 9,3 Prozent. Die Gesetzes-änderung im Jahr 2014 habe aber eine völlig neue Situation geschaffen. Jetzt war eine abschlagsfreie Rente möglich ‒ allerdings erst ab dem 1.6.17. Am Ende seines Arbeitsverhältnisses zum 31.1.17 habe er nichts mehr ändern können und sich arbeitslos gemeldet, um die Lücke vom 1.2. bis zum 31.5.17 zu überbrücken. Das SG Karlsruhe gab ihm recht.

 

Entscheidungsgründe

Eine Sperrzeit ist möglich, wenn der Arbeitnehmer sich ohne wichtige Gründe versicherungswidrig verhält (§ 159 Abs. 1 S. 1 u. 2 Nr. 1 SGB III). Dies war hier nicht der Fall. Zwar hatte der Kläger sein vormals unbefristetes Arbeitsverhältnis durch den Teilzeitarbeitsvertrag gelöst, was ursächlich für seine Arbeitslosigkeit war. Eine Sperrzeit kann jedoch nicht daran anknüpfen, dass der Kläger sich nach der Rentengesetzänderung in der „Freistellungsphase“ seiner Altersteilzeit nicht bemüht hat, sein Arbeitsverhältnis zu verlängern. Der Kläger blieb damit rein passiv. Eine Sperrzeit setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer aktiv mit rechtsgeschäftlicher Erklärung mitwirkt, sein Arbeitsverhältnis aufzulösen. Das Arbeitsverhältnis war jedoch durch den Altersteilzeitvertrag bereits gelöst, konnte also nicht noch einmal gelöst werden.

 

Der Altersteilzeitvertrag verbunden mit der anschließenden Rente stellte einen wichtigen Grund dar. Es kommt nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer nach der Altersteilzeit seine ursprüngliche Absicht auch umsetzt und nahtlos in Altersrente geht. Angesichts des neuen Rentenrechts (Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab einem Alter von 63 Jahren und 4 Monaten) war nachvollziehbar, dass der Kläger hiervon profitieren und daher erst vier Monate später die Altersrente beantragen wollte.

 

 

Relevanz für die Praxis

Ob eine Sperrzeit eintritt, wenn sich ein Arbeitnehmer nach dem Ende der Altersteilzeit arbeitslos meldet, ist umstritten (SR 17, 128). Die Frage ist jetzt vom BSG abschließend zu klären. Das SG ist von der Rechtsprechung anderer LSG abgewichen: Es sei eben nicht notwendig, dass ein wichtiger Grund, der bei Abschluss des Altersteilzeitvertrags vorliegt, bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bestehen bleiben müsse (LSG Baden-Württemberg 24.2.17, L 8 AL 3805/16; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen 27.4.17, L 9 AL 54/15). Lag seinerzeit ein wichtiger Grund vor (Altersteilzeit und nahtloser Übergang in Rente), wird dieser nicht kraftlos, nur weil der Mandant, z.B. aufgrund einer neuen Rechtslage, seine Pläne ändert.

 

Ob grundsätzlich ein wichtiger Grund des Arbeitnehmers vorliegt, muss mittels aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Es kommt darauf an, ob dem Arbeitnehmer bei Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden konnte.

 

Weiterführende Hinweise

  • Tritt bei Arbeitslosmeldung nach Altersteilzeit eine Sperrzeit ein?, SR 17, 128
  • Was kurz vor der Rente zu tun ist, SR 16, 57
Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 147 | ID 44831467