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· Fachbeitrag · Arbeitslosengeld

Aufhebungsvertrag ohne Not löst Sperrzeit aus

| Bei Aufhebungsverträgen drohen immer Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld. Ganz besonders, wenn ein arbeitsvertraglicher Kündigungsschutz gilt (LSG Niedersachsen-Bremen 13.5.19, L 7 AL 84/18, Abruf-Nr. 209596 ). |

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit 30 Jahren bei einem Berufsförderungswerk beschäftigt. Die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) sehen vor, dass der Arbeitgeber nicht mehr ordentlich kündigen kann, wenn der Arbeitnehmer 40 Jahre alt und seit 15 Jahren beschäftigt ist. 2012 schloss der Kläger einen Aufhebungsvertrag, das Arbeitsverhältnis sollte aus dringenden betrieblichen Gründen zum 31.7.15 enden. Die Agentur für Arbeit verhängte eine 12-wöchige Sperrzeit. Der Kläger trug vor: Sein Arbeitsplatz sei ab Januar 2013 weggefallen und er sei psychisch unter Druck gesetzt worden. Man habe ihm gedroht, dass er betriebsbedingt gekündigt werde, wenn er den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibe. Das SG wies die Klage ab, da der Kläger die Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt habe. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Ein wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag besteht nur, wenn dem Arbeitnehmer ansonsten rechtmäßig zum selben Zeitpunkt hätte gekündigt werden können (BSG 8.7.09, B 11 AL 17/08 R). Dies war vorliegend wegen der AVR zweifelsohne nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hatte absoluten Bestandsschutz und war bis zum Erreichen der Altersrente im August 2017 nicht mehr kündbar. Gründe für eine Anfechtung des Aufhebungsvertrags wegen Täuschung oder Drohung sahen SG und LSG nicht.

 

Relevanz für die Praxis

Der Fall zeigt einmal mehr, dass man jedem Arbeitnehmer nur raten kann, ohne anwaltliche Beratung keinen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Drängt der Arbeitgeber zur Unterschrift, ist dies immer ein Zeichen dafür, dass der Arbeitnehmer „über den Tisch gezogen“ werden soll. Die Unterschrift unter einem Aufhebungsvertrag anzufechten gelingt nur in den seltensten Fällen ‒ schon allein wegen der Beweisschwierigkeiten.

 

Beachten Sie | Ein Aufhebungsvertrag ist nicht unwirksam, weil der Arbeitnehmer als Schwerbehinderter Sonderkündigungsschutz genießt. Der Schutz greift nur, wenn ein Arbeitgeber kündigt, nicht, wenn der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag schließt (LAG Rheinland-Pfalz 7.3.19, 5 Sa 301/18).

 

Beachten Sie | Da ein Aufhebungsvertrag i. d. R. alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt, muss unbedingt darauf geachtet werden, alle noch offenen Fragen einzubeziehen (z. B. Urlaub, Zeugnis ect.).

 

Weiterführender Hinweis

  • Ausnahmefall: Keine Sperrzeit trotz Aufhebungsvertrag, SR 17, 147
Quelle: Ausgabe 07 / 2019 | Seite 112 | ID 45962041