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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Merkblatt zum Umsatzsteuer-Missbrauchsverbot - Drehen Sie den Spieß um!

    | Hüten Sie sich vor übereilten Statements! Das empfiehlt Umsatzsteuer-Experte und „ASR“-Autor Rüdiger Weimann aus Dortmund zum Umgang mit dem Merkblatt zum Umsatzsteuer-Missbrauch, über das „ASR“ in der Dezember-Ausgabe 2014 (Seite 1) berichtet hat. Eine weitere Empfehlung ist: Drehen Sie den Spieß um! So pauschal, wie die Finanzverwaltung den guten Glauben durch den Einsatz des Merkblatts zu beseitigen versucht, sollten Unternehmer und Berater versuchen, diesen wieder herzustellen. |

     

    Der Umsatzsteuerbetrug „kostet“ die Bundesrepublik Deutschland jährlich rund 15 Mrd. Euro. Den Betrug zu bekämpfen, ist daher vorrangiges Ziel der Finanzverwaltung. Daran gibt es wenig zu kritisieren. Kritisch ist aber die Art und Weise, wie die Verwaltung das Problem angeht. Da sie der wahren Täter eher selten habhaft wird, geht die Tendenz dahin, deren redliche Geschäftspartner ins Unrecht zu setzen und Einbußen bei der Umsatzsteuer dadurch auszugleichen, dass Letzteren der Vorsteuerabzug versagt wird.

    Ziel des „Merkblatts“

    Dieses Ziel verfolgt auch das „Merkblatt zur Umsatzsteuer - Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots“ (Abruf-Nr. 143272).

     

    Bezeichnung als „Merkblatt“ ist irreführend

    Schon die Bezeichnung „Merkblatt“ ist verharmlosend und damit irreführend. Es geht der Finanzverwaltung nicht darum, Ihnen als Unternehmer ein Hilfsmittel an die Hand zu geben. Vielmehr sollen Sie mit dem Ziel belehrt werden, Ihnen später den guten Glauben abzusprechen und den Vorsteuerabzug und eventuelle Billigkeitsmaßnahmen versagen zu können. Eine treffendere Bezeichnung wäre daher „Belehrung über die Mitwirkungspflichten zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug und die Folgen ihrer Verletzung“ gewesen.

     

    Merkblatt widerspricht der neueren Rechtsprechung

    Was die Finanzverwaltung von Ihnen als Unternehmer im „Merkblatt“ verlangt, widerspricht der neueren Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.6.2012, Rs. C-80/11 u. C-142/11 - Mahagében und Dávid; Abruf-Nr. 122133).

     

    Die Finanzverwaltung kann von einem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, nicht generell die Prüfung folgender Punkte oder die Vorlage entsprechender Unterlagen verlangen, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer einer vorgelagerten Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten und Steuerhinterziehung vorliegen:

     

    • Ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen, für die dieses Recht geltend gemacht wird, Steuerpflichtiger ist.
    • Ob er über die fraglichen Gegenstände verfügte und sie liefern konnte.
    • Ob er seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und der Abführung der Mehrwertsteuer nachgekommen ist.

     

    Es ist vielmehr grundsätzlich Sache der Finanzbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Mehrwertsteuerhinterziehung aufzudecken. Sie darf nicht ihre eigenen Kontrollaufgaben mit der Drohung, ansonsten den Vorsteuerabzug zu versagen, dem Steuerpflichtigen auferlegen.

     

    Das FG Münster hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen: Will das Finanzant den Vorsteuerabzug versagen, dann muss es dem Einkäufer Betrugsabsicht nachweisen! (FG Münster, Beschluss vom 12.12.2013, Az. 5 V 1934/13 U, Abruf-Nr. 140266)

     

    PRAXISHINWEIS | Das FG hat gegen seinen Beschluss die Beschwerde zum BFH zugelassen. Die Finanzverwaltung hat darauf - soweit ersichtlich - verzichtet. Dieser Verzicht hat eine große Aussagekraft! Rechnet die Finanzverwaltung nämlich mit einer für sie negativen Entscheidung des BFH, vermeidet sie gerne, dass ein Streitfall „hochgekocht“ wird, verzichtet auf Rechtsmittel und wendet die - wahrscheinlich falsche, aber profiskalische - Rechtsauffassung weiter an.

     

    Gegenäußerung nach Aushändigung des Merkblatts

    So pauschal, wie die Finanzverwaltung den guten Glauben durch den Einsatz des Merkblatts zu beseitigen versucht, sollten Sie als Unternehmer oder Berater versuchen, diesen wieder herzustellen. Dazu empfiehlt sich in etwa folgende schriftliche Gegenäußerung, die Sie Ihrem Finanzamt möglichst per Einschreiben mit Rückschein zusenden:

     

    Musterschreiben / Bestätigung über den Erhalt des Merkblatts

    „Wir bestätigen, das Merkblatt erhalten zu haben, erkennen jedoch nach nochmaliger sorgfältiger Überprüfung unserer Ein- und Verkaufsbeziehungen keinerlei Auffälligkeiten. Sollten behördlicherseits konkrete andere Erkenntnisse vorliegen, bitten wir Sie, uns diese zeitnah schriftlich mitzuteilen, um uns die Möglichkeit zu geben, Schaden von unserem Unternehmen abzuwenden.“

     

    Wichtig | Der letzte Satz bringt die Finanzverwaltung insoweit in Zugzwang, als bei einem Zurückhalten besserer Erkenntnisse über eine (Staats-)Haftung nachzudenken sein wird.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Das Finanzamt darf Ihnen den Vorsteuerabzug nur bei nachgewiesener Betrugsabsicht versagen“, ASR 8/21014, Seite 4.
    • Beitrag „Merkblatt zum Umsatzsteuer-Missbrauchsverbot macht die Runde“, ASR 12/2014, Seite 1
    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 6 | ID 43198008