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· Fachbeitrag · DS-GVO

Datenschutz: Betreuung und Vorsorgevollmacht

von RA Thomas Stein, Limburg

| Das AG Altötting (4.6.18, XVII 0266/05, Abruf-Nr. 205686 ) und das AG Gießen (16.7.18, 230 XVII 381/17 G, Abruf-Nr. 205687 ) haben sich mit der Frage beschäftigt, ob der Betreuer, der personenbezogene Daten des Betreuten im Rahmen seiner Amtsführung verarbeitet, hierzu gemäß der (DS-GVO) der Einwilligung des Betreuten oder eines für diesen Zweck bestellten Ergänzungsbetreuers bedarf. Ab sofort sollte man die Problematik bei Vorsorgevollmachten im Blick haben und ausdrücklich mit aufnehmen. |

1. Entscheidungen des AG Altöttingen und des AG Gießen

Beide Gerichte haben die Frage nach der Einwilligung verneint, allerdings mit unterschiedlicher Begründung:

 

  • Das AG Altötting argumentiert in zweifacher Hinsicht, nämlich zum einen handele der Betreuer nur als Vertreter (eigene Daten darf man nach Gutdünken speichern), zum anderen habe er in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gehandelt.

 

  • Das AG Gießen ist der Auffassung, der Betreuer könne die Einwilligung selbst erklären, solange er sich in den Grenzen seines gesetzlichen Auftrags halte. Das grundsätzlich auch für Betreuer geltende Verbot von In-sich-Geschäften (§ 181 BGB) stehe hier nicht entgegen.

 

Schwab hat die Urteile besprochen (FamRZ 18, 1697) und trotz kritischer Töne das jeweils gefundene Ergebnis begrüßt. Er ruft zu vernünftigen Lösungen auf.

2. Bevollmächtigte aufgrund Altersvorsorgevollmacht

Das datenschutzrechtliche Problem nach der DS-GVO tritt aber auch bei Bevollmächtigten auf, die aufgrund Altersvorsorgevollmachten handeln. Ihnen fehlt ein vergleichbarer gesetzlicher Auftrag wie bei einem Betreuer. Ebenso fehlen rechtliche Verpflichtungen. Das sicherlich gut gemeinte Argument des AG Gießen, es werde nur „in Vertretung gehandelt“, erscheint eher schwach. Bei allen im Zusammenhang mit der DS-GVO derzeit herrschenden Unsicherheiten und Unklarheiten erscheint die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass das Bevollmächtigtenhandeln dem Datenschutz unterliegen könnte.

 

Ob die sog. Haushaltsausnahme (Art. 2 (II) c) DS-GVO helfen kann, erscheint sehr fraglich. Sie ist eine eng auszulegende, öffentlichkeitsfeindliche Ausnahmenorm (Paal/Pauly DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. Art. 2 DS-GVO Rn. 21). In der Vorschrift ist vorgesehen, dass Datenverarbeitung nicht der DS-GVO unterfällt, wenn sie durch natürliche Personen ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt. Sobald öffentlich online zugängliche Daten ins Spiel kommen, greift die Privilegierung nicht mehr.

 

Wie die Gerichte dies alles sehen werden, kann nicht annähernd prognostiziert werden. Die DS-GVO hat 88 Artikel, teilweise über zwei und mehr Seiten, die zum Teil völlig unverständlich sind. Selbst Juristen mit jahrzehntelanger Berufserfahrung finden auch unter Zuhilfenahme von Fachbüchern fast nur unverständliches Kauderwelsch, Verwirrungen, fremdsprachliche Begriffe, aber keine hilfreichen Erklärungen und Hinweise für die Praxis.

 

Alles Klagen hilft aber nicht, das Gesetz ist da und seine Anwendung droht. Der denkbaren Lösung, Vorsorgevollmachten dahin auszulegen, dass mit ihrer Erteilung schlüssig in die Datenverarbeitung eingewillt würde, dürfte Art. 7 Abs. 2 DS-GVO entgegenstehen. Hierauf hat Schwab (a. a. O.) zutreffend hingewiesen. Wenn nämlich die Einwilligung des Vollmachtgebers durch eine schriftliche Erklärung erfolgt, die noch andere Sachverhalte betrifft muss das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen, dass es von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist.

3. Hilfe für Betroffene

Wer jetzt eine Vorsorgevollmacht erteilt, sollte ausdrücklich eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten für die bevollmächtigten Personen aufnehmen:

 

Musterformulierung / Für neue Vorsorgevollmachten

Mit Erteilung dieser Vorsorgevollmacht willige ich ausdrücklich in die Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten durch die in dieser Vollmacht bevollmächtigten Personen ein.

 

Bestehende Vorsorgevollmachten werden diese Empfehlung wohl ausnahmslos noch nicht enthalten. Hier empfiehlt sich eine nachträgliche Ergänzung der Vollmacht in gesonderter Urkunde, der Text kann hier lauten:

 

Musterformulierung / Für bestehende Vorsorgevollmachten

Bezüglich der vorstehend erteilten Vorsorgevollmacht erkläre ich hiermit die ausdrückliche Einwilligung, dass die bevollmächtigten Personen meine personenbezogenen Daten verarbeiten dürfen.

 

Ort/Datum/Unterschrift

 

Beachten Sie | Eine Beglaubigung der Unterschrift ist nicht erforderlich.

 

Was aber können Bevollmächtigte tun, deren Vollmachtgeber zwischenzeitlich ihre Geschäftsfähigkeit verloren haben? Schwab hat bereits die Frage der Vernunft angesprochen. Daher sollten betroffene Bevollmächtigte sich auf keinen Fall entmutigen lassen und auf Hilfe von Gerichten vertrauen. Deren Vernunftbegabung scheint diejenige des Gesetzgebers bei weitem zu übertreffen. Die AG in Altötting und Gießen haben es bewiesen.

Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 205 | ID 45597317