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· Fachbeitrag · Berufsunfähigkeit

So genau muss der Versicherte seinen Beruf und die dabei ausgeübte Tätigkeit beschreiben

| Wird eine Berufsunfähigkeitsrente verlangt, darf der Versicherer verlangen, dass der Versicherte umfassende Angaben zu seinem Beruf macht. Zu weit gehen darf das aber nicht. Und auch Zeugen für den jeweiligen Arbeitsumfang sind nicht weniger glaubhaft, nur weil sie den Kläger nicht jederzeit bei der Arbeit sehen, so das OLG Dresden (27.3.18, 4 U 1519/17, Abruf-Nr. 201385 ). |

 

1. Das darf vom Versicherten verlangt werden

Grundsätzlich ist die letzte konkrete Berufsausübung maßgebend, wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war (hier: Koch in einem Eiscafé), als der Versicherten noch nicht eingeschränkt war (BGH 14.12.16, IV ZR 527/15). Bekannt sein müssen das Arbeitsumfeld und welche Anforderungen es an den Versicherten stellt. Es genügt nicht, nur Berufsbild und Arbeitszeit anzugeben. Der Versicherer darf eine substanziierte, ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangen, mit der die Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfanges und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden (BGH 22.9.04, IV ZR 200/03). Die Anforderungen dürften aber auch nicht überspannt werden. Es genügt, dies mit Stichpunkten oder Schlagworten zu beschreiben, mit denen sich auch jeder Dritte die ausgeübte Tätigkeit unschwer vorstellen kann (OLG Dresden 27.3.18, 4 U 1519/17; vgl. auch 27.6.17, 4 U 1772/16).

 

2. Berufsbild ist in erster Linie für Gutachter zu klären

Der Zweck ist, dass der Sachverständige alle notwendigen tatsächlichen Tätigkeitsinhalte kennt, damit er die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit medizinisch beurteilen kann. Er muss daher die vereinbarte BU-Versicherung bzw. -klausel sowie die prägenden Tätigkeiten kennen. Wenn feststeht, dass der Versicherte überhaupt einer Berufstätigkeit nachgegangen ist, darf ihm der Zugang zu den versicherten Leistungen nicht durch übersteigerte Anforderungen an seine Darlegungspflicht unzumutbar erschwert werden.

 

Der Kläger hatte hier substanziiert, seinen Arbeitstag an seinem letzten Arbeitsplatz (Eiscafé) und die dazugehörigen Beschwerden dargelegt. Er gliederte seine Arbeiten nach Art eines Stundenplans (Warenannahme, Speisen- und Saucenzubereitung, Obst schneiden, Reinigung bei Arbeitsende), schilderte seine Körperhaltung (Stehen) sowie Zeitdruck und Arbeitszeiten.

 

MERKE | Werden ‒ wie hier ‒ die Angaben des Klägers durch eine Zeugin bestätigt, ist diese nicht weniger glaubhaft, weil sie nur als Teilzeitkraft tätig war. Da sie angab, nicht nur an Wochenenden, sondern auch ein- bis zweimal werktäglich gearbeitet zu haben, war nach Meinung des OLG ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sie die Arbeitsabläufe des Klägers vollständig wahrgenommen hat.

 

Weiterführender Hinweis

  • Auch Reha-Ärzte können Arbeitsunfähigkeit ihrer Patienten feststellen, SR 18, 20
Quelle: Ausgabe 06 / 2018 | Seite 94 | ID 45303539