08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 27.10.1999 – IV 444/98
Ausfuhrerstattung für reinrassige Zuchtrinder aus der ehemaligen DDR, wenn die Angaben in den vorgelegten Dokumenten nicht ausreichen und ungeklärt ist, ob die Rinder aus einem drei Jahre lang leukosefreien Betrieb stammen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Ag von der Astin für die Ausfuhr von 38 Rindern in den Libanon im Monat Juli 1991 zu Recht Ausfuhrerstattung in Höhe von DM 44.390 zurückgefordert hat.
Die Astin führte diesen Export auf der Grundlage einer Ausschreibung der Anstalt für landwirtschaftliche Marktordnung (ALM) der ehemaligen DDR durch. Aufgrund ihres Angebotes vom 7. September 1990 erteilte die ALM der Astin für die 2. Teilausschreibung im Monat September 1990 eine „Zuschlagerklärung” (Bl. 89 FGA). In dieser Zuschlagerklärung heißt es u.a. wie folgt:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
entsprechend Ihrem o.a. Angebot gewähren wir Ihnen einen Ausgleichsbetrag von 2.300,- DM/je Tonne für den Export 250,- Tonnen tragende Zuchtfärsen in einen Nichtmitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft. Zahlung erfolgt nach Eingang der T-5-Exemplare durch das HZA Hamburg .... Die Entscheidung über die Freigabe der Sicherheit ergeht nach Eingang der Fotokopien der Kontrollexemplare bei der ALM.”
Diese Zuschlagerklärung erging auf der Grundlage der 15. Bekanntmachung über die Bedingungen für die Gewährung von Ausgleichsbeträgen für die Ausfuhr von tragenden Zuchtfärsen in Drittländer im Wege der Ausschreibung (Bl. 180 Heft II).
Ziff. 1 der Bekanntmachung lautet wie folgt: „1.1. Die Anstalt für landwirtschaftliche Marktordnung gewährt bis zum 31.12.1990 Ausgleichsbeträge für die Ausfuhr von tragenden Zuchtfärsen in Drittländer, außer Europäischen Gemeinschaften und der Bundesrepublik Deutschland, bei Einhaltung folgender Grundparameter: Abstammungsnachweis: über mindestens 4.000 kg Milch in der 1. Laktation oder 4.500 kg Milch in der 2. Laktation oder 5.000 kg Milch in der 3. Laktation bei mindestens 3,8 % Fettanteil und einer Trächtigkeit im 5.-7. Monat und einem Mindestgewicht von 480 kg/Stück 1.2. Die Ausgleichsbeträge nach Nr. 1.1. schließen die Exporterstattungen ein, die in ihrem Umfang den von Europäischen Gemeinschaften gewährten Erstattungssätzen für die genannten Warenarten entsprechen.”
In Ziff. 4 „Ausschreibungsverfahren” heißt es u. a. wie folgt: „4.1. Die Gewährung von Ausgleichsbeträgen erfolgt im Wege der Teilausschreibung. .... 4.8. der Bieter darf die Gültigkeit des Angebotes nicht von Bedingungen abhängig machen. Mit Einreichung des Angebotes erkennt er die Bedingungen der Ausschreibung als Vertragsgrundlage an.”
In Ziff. 5 heißt es u.a. wie folgt: „5.5. Die zur Gültigkeit des Angebotes gestellte Sicherheit wird vollständig freigegeben, wenn: .... 5.5.2. Die Vertragsabwicklung ordnungsgemäß und fristgerecht durchgeführt wurde, ....” In Ziff. 8 „Zahlung des Ausgleichsbetrages” heißt es u.a.: 8.1. Die Auszahlung des Ausgleichsbetrages erfolgt gegen Vorlage des Nachweises, dass die Zuschlagsmenge in ein Drittland außer Europäischen Gemeinschaften, exportiert worden ist. Als Nachweis gilt das Kontrollexemplar T5 des Hauptzollamtes Hamburg-... . Die Ausgleichsbeträge werden auf Antrag vom Hauptzollamt Hamburg-... ausgezahlt.”
Ziff. 10 „Rechtsordnung” lautet wie folgt: „Die Angebote richten sich nach dem in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden Recht.”
Auf der Grundlage dieser ALM-Ausschreibung und der Zuschlagserklärung beantragte die Astin die für den Export erforderliche Lizenz. Diese Lizenz wurde am 7.11.1990 von der Bundesanstalt für Landwirtschaftliche Marktordnung unter der Nr. ... erteilt (Bl. 7 Heft I). Mit Schreiben vom 5.2.1991 teilte die BALM der Astin im Hinblick auf ihren Lizenzantrag u.a. Folgendes mit:
„Sehr geehrte Damen und Herren, mit Erteilung der Lizenz Nr. ... wird Ihnen auf Antrag ein Ausgleichsbetrag zur Durchführung des Exports gewährt. Sie erhalten gegen Vorlage der Nachweise, dass die tragenden Zuchtfärsen im Gewährungszeitraum 21.9.1990 bis 19.12.1990 in Nichtmitgliedsstaaten der EG verbracht werden, folgende Ausgleichsbeträge ....: - für 250,0 t 2.300,00 DM/t. Zur Erlangung es o.g. Ausgleichsbetrages haben Sie die Erteilung eines Kontrollexemplares T5 bei Ihrer zuständigen Versandzollstelle zu beantragen, sowie einen Erstattungsantrag beim Hauptzollamt Hamburg-..., Abteilung Ausfuhrerstattung, ... zu stellen ...”
Die Gültigkeitsdauer der Lizenz wurde antragsgemäß bis zum 30.12.1991 verlängert (Bl. 7 Heft I, Bl. 193 Heft II).
Im Juli 1991 führte die Astin gemäß ihrer Anmeldung 38 Stück tragende Zuchtfärsen, die sie von dem Gut G im Gebiete der ehemaligen DDR gekauft hatte, in den Libanon aus. In dem T5 Papier ist im Feld E zollamtlich unter dem 11. Juli 1991 u.a. Folgendes bestätigt:
„Tragende Zuchtfärsen, Stückzahl wie angemeldet angenommen, Abstammungsnachweise und Trächtigkeitsnachweise haben vorgelegen (Ohrenmarken identisch mit Veterinärzeugnis), Lizenzantrag mit zugesagter Erstattungsrate von DM 230/t lag vor (ausgestellt von BALM Frankfurt/Main) für 250 t, 38 Stück auf Lizenz-Nr. ... abgeschrieben”.
Am 5.8.1991 beantragte die Astin beim Ag die Zahlung der Ausfuhrerstattung. Sie legte in diesem Zusammenhang vor den CMR-Frachtbrief, Kopie des BL, Duplikat des Gesundheitszeugnisses sowie Original der Verzollungsbescheinigung (Bl 73, Heft II, Bl. 37 Heft I). Der Ag gewährte daraufhin antragsgemäß mit Bescheid vom 14.8.1991 die Ausfuhrerstattung einschließlich des Ausgleichsbetrages in Höhe von insgesamt DM 44.390 (Bl. 1 Heft I).
Mit Schreiben vom 20.1.1992 (Bl. 91 FGA) gab die BALM der Astin die für die Lizenz geleistete Sicherheit zurück. In diesem Schreiben heißt es u.a.:
”... die Erfüllung der Ausfuhrpflicht aus der nachstehend genannten Lizenz ist durch zollamtliche Bestätigung nachgewiesen worden. Die Kaution wird freigegeben. ... „
Zollamtliche Ermittlungen führten nach Auffassung des Ag zu dem Ergebnis, dass die Ausfuhrerstattung teilweise zu Unrecht gewährt worden war. Mit Bescheid vom 28. Juli 1993 nahm der Ag deshalb die gewährte Vergünstigung hinsichtlich des Ausgleichsbetrages in Höhe von insgesamt DM 771,74 zurück. In dem Bescheid vom 28. Juli 1993 heißt es u.a.:
„Mit dem oben angegebenen Bescheid wurde Ihnen für 38 tragende Zuchtfärsen (= 19300 kg) Ausfuhrerstattung sowie ein Ausgleichsbetrag aufgrund einer ALM-Zuschlagserklärung gewährt. Durch Ermittlung des Zollfahndungsamtes Z wurde festgestellt, dass es sich bei den o.a. Rindern lediglich um Zuchtfärsen handelt. ... „
Die Astin legte dagegen mit Schreiben vom 12.8.1993 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Mit Schreiben vom 18.10.1993 (Bl. 19 Heft II) kündigte der Ag eine verbösernde Entscheidung an mit Hinweis darauf, dass aufgrund von umfangreichen Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Z zweifelsfrei feststehe, dass es sich bei den im Juli 1991 von Gut G gekauften 38 Tieren um leukoseerkrankte Rinder und damit nicht um reinrassige Zuchtrinder gehandelt habe. Der Ag stützte sich dabei auf eine Bescheinigung des Landratsamts L, nach der das Gut G erst seit dem 30.6.1992 als leukoseunverdächtiger Betrieb gilt (Bl. 19, Bl. 200 Heft II). Mit Schreiben vom 12.1.1993 überreichte die Ast dem Ag Gesundheitsbescheinigung über die 38 exportierten lebenden Färsen vom 11. Juli 1991 (Bl. 26, 27 Heft II). Gemäß Punkt D dieser Bescheinigung handelt es sich nicht um Tiere, die im Rahmen eines nationalen Seuchentilgungsverfahrens ausgemerzt werden sollen. Des Weiteren überreichte die Astin mit Schreiben vom 12.11.1993 einen Untersuchungsbericht des Tierarztes T vom 9. Juli 1991 (Bl. 29 Heft II). Aus diesem Bericht ergibt sich, dass den Tieren am 11. Juni 1991 eine Blutprobe entnommen wurde und die Untersuchung in Bezug auf Leukose negativ war. Des Weiteren überreichte die Astin u.a. die amtstierärztliche Bescheinigung vom 11. Juli 1991 Bl. 32 Heft II) mit der bestätigt wird, dass die 38 Exportfärsen am 17.6.1991 auf Trächtigkeit untersucht und für tragend empfunden wurden (Bl. 84 FGA).
Mit Bescheid vom 3. Januar 1994 (Bl. 15 Heft I) nahm der Ag die Ausfuhrerstattungen in Höhe von DM 43.618,26 zurück mit der Begründung, die von der Astin mit Schreiben vom 12.11.1993 vorgelegten Unterlagen sowie die Stellungnahme ließen eine Leukosefreiheit der ausgeführten 38 Rinder nicht erkennen.
Die Astin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 17.1.1994 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung.
Über die eingelegten Einsprüche hat der Ag bis heute nicht entschieden. Die Vollziehung der angefochtenen Bescheide setzte der Ag mit seinem Bescheid vom 22. Juli 1994 in Höhe von insgesamt DM 44.390 aus. Auf die Leistung einer Sicherheit wurde widerruflich verzichtet (Bl. 15 Heft IIa).
Mit Bescheid vom 7.9.1998 widerrief der Ag den Verzicht auf die Sicherheitsleistung für die gewährte Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die von der Astin vorgelegten (unbeglaubigten) Kopien der Leistungskarten weder die Leukosefreiheit noch die Zuchtvieheigenschaft zweifelsfrei belegen könnten. Da in diesem speziellen Fall die Ausfuhrerstattung aufgrund einer ALM-Zuschlagserklärung erfolgt sei, bestünden aber Zweifel, die eine Aussetzung der Vollziehung begründeten. Diese Zweifel seien jedoch nicht so erheblich, dass weiterhin auf die Leistung einer Sicherheit verzichtet werden könne. Die Astin wurde aufgefordert, die Sicherheit in Höhe von DM 44.390 bis zum 18.9.1998 zu erbringen.
Da die Astin die angeforderte Sicherheit nicht leistete, rechnete der Ag mit Schreiben vom 1.10.1998 (Bl. 34 Heft IIa) die von ihm behauptete Rückforderung in Höhe von DM 44.390 gegen unstreitige Ausfuhrerstattungsansprüche der Astin auf.
Mit Schriftsatz vom 5.10.1998 hat die Astin deshalb bei Gericht die Vollziehungsaussetzung ohne Sicherheitsleistung beantragt. Zur Begründung trägt sie u.a. Folgendes vor:
Die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung seien erfüllt. Es sei unstreitig, dass der Export auf einer ALM-Ausschreibung beruhe. Nach den Ausschreibungsbedingungen erfolge die Zahlung gegen Vorlage des Nachweises, dass die Zuschlagsmenge in ein Drittland außerhalb der Europäischen Gemeinschaft exportiert worden sei, was durch das Kontrollexemplar T5 nachzuweisen sei. Das sei unstreitig geschehen.
Es bestünden auch keine Zweifel an der Zuchtrindeigenschaft der ausgeführten Tiere. Nach Ziff. 10 der Ausschreibungsbedingungen (15. Bekanntmachung) sei das Recht der DDR anwendbar. Danach sei die Zuchtrindeigenschaft durch die vorgelegten Leistungskarten TZ 62 nachgewiesen. Im Übrigen stehe aufgrund der vorgelegten Gesundheitszeugnisse fest, dass die Exporttiere nicht an Leukose erkrankt gewesen sein. Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte das nach dem Recht der DDR der Anerkennung als Zuchttiere nicht entgegengestanden.
Unter anderem aufgrund der amtstierärztlichen Bescheinigung vom 11. Juli 1991 sei auch nachgewiesen, dass die exportierten Zuchtfärsen trächtig gewesen seien.
Da der Ag die eingereichten Dokumente, die nach seiner geänderten Rechtsauffassung nunmehr nicht mehr als Nachweis ausreichen sollen, zunächst vollen Umfangs anerkannt und aufgrund dieser Unterlagen die Ausfuhrerstattung gezahlt habe, trage er die Beweislast dafür, dass die exportierten Rinder tatsächlich keine Zuchtrinder gewesen seien. Dieser Nachweis sei von ihm nicht geführt, weshalb auch aus diesem Grunde die Rückforderung der Ausfuhrerstattung unberechtigt sei.
In jedem Falle müsse hier Vertrauensschutz gewährt werden. Der Astin hätten bereits im Zeitpunkt der Beantragung der Ausfuhrerstattung sowie deren Festsetzung und Ausbezahlung alle für die Entscheidung maßgeblichen Erkenntnisse und insbesondere Unterlagen für die Frage der Zuchtfärseneigenschaft vorgelegen. Dass der Ag im Nachhinein bezüglich der Qualifizierung der von ihm zunächst anerkannten Unterlagen eine andere Rechtsauffassung vertrete, könne nicht zu ihren Lasten gehen.
Außerdem sei sie aufgrund der Weitergabe der Ausfuhrerstattung an den Lieferanten nicht bereichert. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 16. Juli 1998 C 298/96) sei klargestellt, dass sich der Exporteur auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen könne.
Hilfsweise müsse ihr jedenfalls die Ausfuhrerstattung für Schlachtrinder gewährt werden. Dies gelte selbst dann, wenn man der rechtlichen Beurteilung die von dem Ag für einschlägig gehaltenen EG-Vorschriften zugrunde lege. Entscheidend sei, dass der Ag selber zugestanden habe, dass die von ihr in dem Parallelverfahren zu dem Bescheid 1991-... eingereichten Unterlagen, die exakt denjenigen des streitgegenständlichen Exportes entsprächen, als taugliche Unterlagen für eine Schlachtrindererstattung anzusehen seien.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung des Erstattungsbescheides vom 28. Juli 1993 - M 3500 B -..., ergänzt durch den Bescheid vom 3.1.1994 (gleiches Aktenzeichen) über insgesamt DM 44.390 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Nach seiner Auffassung ist der Antrag bereits als unzulässig zu beurteilen. Er habe mit dem strittigen Rückforderungsanspruch aufgerechnet. Damit sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass eine weitere Durchsetzung dieses Anspruches nicht stattfinde. Nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 27.9.1994 VII B 103, 105/94, BFH/NV 3/95, S. 244) liege deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht vor.
Im Übrigen sei der Antrag auf Gewährung von Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung auch unbegründet. Voraussetzung für die Gewährung des Zusatzbetrages sei gemäß Art. 1 Verordnung (EWG) Nr. 2762/90, dass die Behörden der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik dem Ausführer vor dem 3.10.1990 schriftlich eine besondere Erstattung garantiert hätten. Aus der vorliegenden Zuschlagerklärung und der Lizenz sei nicht ersichtlich, dass Zuchtrinder i.S. des DDR-Rechts vor dem 3.10.1990 hätten ausgeführt werden sollen.
Voraussetzung für die Gewährung der Ausfuhrerstattung sei u.a., dass die ausgeführten Tiere von gesunder und handelsüblicher Qualität seien. Entscheidend dafür seien die in der Gemeinschaft bestehenden Qualitätsregelungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass deren Anforderungen erfüllt seien. Insbesondere enthielten die vorgelegten Leistungskarten TZ 62 nicht die Angaben, um die ausgeführten Rinder als reinrassige Zuchttiere i.S. der Definition des Art. 1 VO (EWG) Nr. 1544/79 anzusehen.
Nach dem vor dem 3.10.1990 geltenden DDR-Recht könnten die Rinder außerdem nicht bewertet werden, weil der Einigungsvertrag keine Bestimmung hinsichtlich der weiteren Anwendbarkeit der entsprechenden DDR-Regelung enthalte und somit unmittelbar nach der Wiedervereinigung die Gemeinschaftsregelungen anwendbar gewesen seien (vgl. BFH vom 4.7.1996, ZfZ 1997, S. 384).
Unabhängig davon datiere der Lizenzantrag der Astin vom 6.11.1990, einem Zeitpunkt, in dem in jedem Fall die Zuchttiereigenschaft anhand des geltenden EU-Rechtes nachzuweisen gewesen sei.
Selbst wenn man zugunsten der Astin davon ausginge, sie habe lediglich Tiere gemäß den Bedingungen der ALM-Ausschreibung ausführen müssen, so sei sie dieser Voraussetzung ebenfalls nicht nachgekommen, weil die vorgelegten Kopien der Leistungskarten auch nicht die gemäß der 15. Bekanntmachung über die Bedingung für die Gewährung von Ausgleichsbeträgen für die Ausfuhr von tragenden Zuchtfärsen in Drittländer im Wege der Ausschreibung geforderten Angaben über die Milchleistung der Tiere enthalten hätten.
Auch seien nicht die erforderlichen Gesundheitsnachweise vorgelegt worden. Um die Zuchteigenschaft in gesundheitlicher Hinsicht zu besitzen, müssten Rinder u.a. aus einem Bestand stammen, der frei sei von enzootischer Rinderleukose (Art. 3 Abs. 3 d Richtlinie64/432 EWG). Nach Angabe des Veterinäramtes L sei der Betrieb, von dem die Astin die Tiere am 11. Juli 1991 bezogen habe, jedoch erst seit dem 30.6.1992 leukoseunverdächtig. Es fehle deshalb der Nachweis, dass die Exporttiere aus einem 3 Jahre lang leukosefreien Bestand stammten.
Ein Belassen der Ausfuhrerstattung in Höhe der Ausfuhrerstattung für Schlachtrinder komme ebenfalls nicht in Betracht, weil die von der Astin zum Antrag Nr. ... vom 13.9.1991 vorgelegten Dokumente, die gemäß einer von der Astin vorgelegten Aufstellung auch für die streitgegenständliche Ausfuhr gelten sollen, nicht als Nachweis gemäß Art. 18 VO (EWG) Nr. 3665/87 anerkannt werden könnten. Die von der Astin vorgelegte Verzollungsbescheinigung der libanesischen Zollbehörde sei als Nachweis nicht geeignet, weil sie der Form nach den Dokumenten gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe c der VO (EWG) Nr. 3665/87 in der ursprünglichen Fassung entsprochen habe, die durch VO (EWG) Nr. 354/90 für ungültig erklärt worden sei. Dabei handele es sich um eine klare gemeinschaftsrechtliche Regelung.
3 Sachvorgänge des Ag (Heft I und Heft II und IIa haben vorgelegen.
II.
1. Der Senat sieht in der vom Ag erklärten Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen in Höhe von DM 44.390 den Vollzug seiner Rückforderungsbescheide vom 28. Juli 1993 und vom 3. Januar 1994. Der von der Astin gestellte Aussetzungsantrag wird vom Senat deshalb als Aufhebungsantrag ausgelegt.
2. Der nach Auffassung des Senats zulässige Aufhebungsantrag ist unbegründet. Der Ag hat mit Bescheid vom 7.9.1998 die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Da die Astin die angeforderte Sicherheit nicht erbracht hat, hat der Ag die angefochtenen Rückforderungsbescheide zu Recht durch Aufrechnung vollzogen.
a) Die Anforderung einer Sicherheitsleistung durch den Ag ist nicht zu beanstanden. Die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung kann nach § 69 Abs. 3 FGO von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Durch die Anforderung der Sicherheitsleistung soll für den Fall eines für den Abgabenpflichtigen ungünstigen Prozessausgangs der Ausfall der streitigen Abgaben vermieden werden (Tipke/Kruse, § 69 FGO, Rz. 108 ff mit RsprN). Dabei kann die Erfolgsaussicht das Bedürfnis nach Sicherheitsleistung beeinflussen. Je größer die Erfolgsaussicht der Klage ist, desto geringer stellt sich die wirkliche Gefahr eines Ausfalls dar; wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Abgabenpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, kann das öffentliche Interesse an einer Sicherheitsleistung entfallen (Tipke/Kruse, aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen konnte bzw. kann im Streitfall nicht von einer Sicherheitsleistung abgesehen werden, da nicht gewiss ist oder eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Astin im Hauptsacheverfahren obsiegen wird.
Es ist u.a. im Hinblick auf den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBL II 1990, 885) nicht zweifelsfrei, dass sich die Zuchtrindeigenschaft der exportierten Rinder nach dem Recht der früheren DDR beurteilt (vgl. auch BFH, Urt. v. 4. Juli 1996, VII R 32/95, ZfZ 1997, 384). Nach gemeinschaftsrechtlicher Beurteilung dürfte die Zuchtrindeigenschaft nicht gegeben sein, weil die in den vorgelegten Leistungskarten enthaltenen Angaben nicht ausreichen, um die ausgeführten Rinder als reinrassige Zuchttiere im Sinne der Definition des Art. 1 VO (EWG) Nr. 1544/79 (ABlEG 1979 Nr. L 187/8) anzusehen, und ungeklärt ist, ob die Rinder aus einem drei Jahre lang leukosefreien Betrieb stammen (vgl. zu diesen Gemeinschaftskriterien Senatsbeschluss vom 7.10.1999, IV 73/98).
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Astin angeführten Vertrauensschutzgesichtspunkte ihr im Hauptsacheverfahren mit Sicherheit zum Erfolg verhelfen werden. Es ist - entgegen der Ansicht der Astin - dem Ag nicht schlechthin verwehrt, im Nachhinein bezüglich der Qualifizierung von zunächst anerkannten Unterlagen einen anderen Rechtsstandpunkt einzunehmen. Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Ausfuhrerstattung für Schlachtrinder ist nicht gewiss, dass die Astin insoweit den erforderlichen Nachweis wird führen können.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde ist nicht zugelassen worden, weil dafür die nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Entscheidung beruht auf den Umständen des Einzelfalls.