08.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213438
Landgericht Stuttgart: Urteil vom 08.11.2019 – 19 O 166/18
1. Allein das Vorliegen einer - möglicherweise - unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG als solches ist allein nicht ausreichend für das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB. Hinzutreten muss vielmehr der weitere Umstand, dass aufgrund dessen der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet und sich das Fahrzeug somit nicht zur gewöhnlichen Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB eignet. Auch hierauf muss sich mithin die Kenntnis des Herstellers bezogen haben, um zur Annahme eines arglistigen Verschweigens eines aufklärungsbedürftigen Sachmangels gelangen zu können.
2. Bei gebrauchten Sachen ist eine Verkürzung der zweijährigen Verjährung (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) bis auf ein Jahr möglich. Dies widerspricht (vgl. hierzu: EuGH, Urteil vom 13. Juli 2017 - C-133/16) zwar der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Text von Bedeutung für den EWR, ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung allerdings ohne Auswirkungen auf die lex lata, wobei eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung nicht in Betracht kommt.
3. Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007 EG bzw. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV fehlt der Schutzgesetzcharakter i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. 4. Die Mangelhaftigkeit eines Fahrzeugs allein rechtfertigt nicht die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung. Hierfür müssten vielmehr weitere, besondere Umstände im Verhalten des Herstellers hinzutreten, die es ausnahmsweise rechtfertigen, die vom Gesetzgeber im Rahmen des Gewährleistungsrechts vorgenommene Risikozuweisung zugunsten eines Käufers zu überschreiben.
4. Ein fahrlässiger Verstoß der Beklagten gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG genügt nicht, um eine Sittenwidrigkeit zu begründen.
5. Die Frage, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht ist, entscheidet über die Frage des Vorliegens von Fahrlässigkeit, nicht aber über das Bestehen von Vorsatz.
6. Sofern ein Hersteller die Rechtslage fahrlässig verkennt, fehlt es an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, wie der Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Tatumstände. Eine (mögliche) rechtsfehlerhafte Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit a) VO 715/2007/EG allein vermag daher die Sittenwidrigkeit einer hierdurch möglicherweise entstandenen Schädigung nicht zu begründen.
7. Das EU-Recht lässt in Art. 5 Abs. 2 VO 2007/715/5 EG zumindest vertretbar das Verständnis zu, dass ein "Thermofenster" aus Motorschutzgründen erlaubt ist, wobei die Gesetzeslage an dieser Stelle nicht unzweifelhaft und eindeutig ist.
8. Der EuGH ist nicht dazu berufen die Anwendung europarechtlicher Vorschriften auf einen konkreten Lebenssachverhalt zu prüfen. Ebenso wenig kommt die Auslegung nationaler Vorschriften durch den EuGH in Betracht und schließlich ist auch eine direkte Prüfung der Vereinbarkeit nationaler Maßnahmen und Vorschriften mit dem europäischen Recht ausgeschlossen.
9. Die Frage, ob im Rahmen der Prüfung von § 826 BGB eine von der "richtigen Auslegung" (möglicherweise) abweichende Auslegung europarechtlicher Normen vertretbar ist oder nicht, stellt allein eine Frage des nationalen Deliktsrecht dar, die allein anhand der nationalen Auslegungsregeln von den ausschließlich hierzu berufenen nationalen Gerichten zu beantworten ist. Eine Vorlage an den EuGH zur Klärung dieser Frage ist daher bereits nicht statthaft.
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: bis 35.000,00 €
Die Klagepartei macht gegenüber der Beklagten Ansprüche wegen des Kaufs eines Diesel-Fahrzeugs im Zusammenhang mit dem sogenannten "Abgasskandal" geltend.
Die Klagepartei schloss am 28.02.2017 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über das gebrauchte Fahrzeug MB, FIN: (im Folgenden: "Fahrzeug"), zu einem Kaufpreis in Höhe von 32.650,00 €, das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt des Verkaufs eine Laufleistung von 22.864 km auf (Anlage K1, Bl. 20 ff. der Akte). Das Fahrzeug wurde an die Klagepartei am 03.03.2017 übergeben. Dem Vertrag lagen die Gebrauchtfahrzeug- Verkaufsbedingungen (Eigengeschäft) der Beklagten (Anlage K2, Bl. 26 ff. der Akte) zugrunde. Dort ist in Ziff. VII geregelt:
"1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes...
...
2. Die Verjährungsverkürzung in Ziffer 1 Satz 1 sowie der Ausschluss der Sachmängelhaftung in Ziffer 1 Satz 2 und 3 gelten nicht für Schäden, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers, seines gesetzlichen Vertreters oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen sowie bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit."
Der Kaufpreis wurde i.H.v. 20.000,00 € von der Klagepartei selbst beglichen; der Restkaufpreis wurde über ein Darlehen der M AG (im Folgenden: "MBB") finanziert (Anlage K6, Bl. 38 ff. der Akte). Die Darlehenssumme beträgt 12.650,00 €. Der Darlehensvertrag vom 28.02.2017 hat eine Laufzeit bis zum 14.03.2021, der effektive Jahreszins beträgt 2,99 %. In den Darlehensbedingungen der MBB ist unter Ziff. II. 3. Folgendes geregelt:
"Abtretung von sonstigen Ansprüchen
Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende - gegenwärtige und zukünftige - Ansprüche an den Darlehensgeber ab, die diese Abtretung annimmt,
...
gegen die ... oder einen Vertreter der D AG, gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die D AG oder einen Vertreter der D AG. Der Darlehensnehmer hat den Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen."
Das Fahrzeug wurde von der Beklagten hergestellt und mit einem von ihr entwickelten Dieselmotor der Baureihe OM 651 der Schadstoffklasse Euro 6 ausgestattet. Die Kontrolle der Stickoxidemissionen erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug mittels zweier Techniken, der sog. "Abgasrückführung" und der "Abgasnachbehandlung". Im Zuge der Abgasrückführung wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Der normalerweise in der Umgebungsluft vorhandene Luftsauerstoff wird zum Teil durch Kohlendioxid ersetzt. Dies verändert die chemischen und physikalischen Eigenschaften des angesaugten Luftgemisches, so dass die für die Entstehung von Stickoxidemissionen erforderliche Verbrennungsspitzentemperatur verringert wird. Durch eine Kühlung der Abgasrückführung wird dieser Effekt verstärkt. Die Rückführung von Abgas in das Ansaugsystem des Motors ist bezüglich seiner Einsatzmöglichkeiten begrenzt. Die Abgasrückführung erfolgt zum Teil vor dem Abgasnachbehandlungssystem, weshalb das rückgeführte Abgas noch Kohlenwasserstoffe und Partikel enthält. Findet die Rückführung bei zu niedrigen Temperaturen statt, kommt es zur Kondensation der Abgasbestandteile im System und damit zur sog. "Versottung". Bei wiederholten Betrieb des Motors in diesem Zustand setzt sich das Abgasrückführungssystem zu und führt zu einer dauerhaften Schädigung bis hin zum totalen Motorausfall.
Bei der Abgasnachbehandlung wird im streitgegenständlichen Fahrzeug ein SCR-Katalysator eingesetzt. Hierbei wird dem Abgas eine wässrige Harnstofflösung (AdBlue) beigemischt, die durch die hohen Temperaturen im Abgassystem in Ammoniak umgewandelt wird. Im SCR Katalysator kommt es zu einer chemischen Reaktion, bei der die Stickoxide im Wesentlichen zu Stickstoff und Wasser umgewandelt werden. Diese Art der Abgasnachbehandlung funktioniert erst bei Temperaturen um die 180°C. Aus diesem Grund wird die innermotorische Abgasrückführung bei einem Kaltstart intensiviert, um die physikalisch bedingt niedrigere Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung zu kompensieren.
Die Abgasrückführungsrate und die Steuerung der Abgasnachbehandlung erfolgt in Abhängigkeit des konkreten Betriebszustandes des Fahrzeugs im Wege einer dynamischen Berechnung, in die eine Vielzahl von Parametern und Sensordaten eingehen. Die Außentemperatur ist hierbei einer der Faktoren, der bei der Steuerung der Abgasreinigung eine Rolle spielt. Die Steuerung der Emissionskontrollsysteme in Abhängigkeit vom jeweiligen Betriebszustand ist Industriestandard. Das Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: "KBA") hat verschiedene von der Beklagten hergestellte Fahrzeuge wegen vermeintlich unzulässiger Abschalteinrichtungen zurückgerufen bzw. beanstandet, wobei hiervon nur bestimmte Baureihen der Fahrzeuge der Beklagten mit bestimmten Motortypen der Schadstoffklasse EURO 6b, nicht hingegen alle mit diesen Motortypen ausgerüsteten Fahrzeuge, betroffen waren. Die Beklagte hat den Bescheid des KBA angefochten, dieser ist nicht bestandskräftig. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist nicht von einem Beschied des KBA betroffen. Das Fahrzeug ist Teil einer freiwilligen Servicemaßnahme der Beklagten.
Mit Schreiben vom 09.08.2018 (Anlage K8, Bl. 51 ff. der Akte) haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klagepartei ggü. der Beklagte den Rücktritt vom Kaufvertrag und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und "sämtlichen sonst infrage kommenden Rechtsgründen" erklärt und der Beklagten zur Rückabwicklung des Vertrages eine Frist bis zum 27.08.2018 gesetzt. Mit Schreiben vom 29.08.2018 hat die Beklagte die Ansprüche zurückgewiesen.
Die Klagepartei trägt vor:
In dem streitgegenständlichen Fahrzeug seien mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems verringern würden.
So sei von der Beklagten in das Fahrzeug ein sogenanntes "Thermofenster" eingebaut worden, das bewirke, dass der Motor die Abgasreinigung und die Harnstoffeinspritzung abhängig von der Außentemperatur steuere, wobei die Abgasreinigung bei einer Außentemperatur von unter 15 °C und über 30 °C abgeschaltet werde. Weiter soll das Fahrzeug über eine Motorsteuerungsfunktion verfügen, die so programmiert sei, dass die Abgase beim Fahren lediglich für eine gewisse Dauer bzw. Distanz gereinigt würden und das System anschließend den sauberen Motor verlasse. Zusätzlich würde das Fahrzeug über eine Softwarefunktion verfügen, die anhand von Geschwindigkeit und Beschleunigungswerten erkennen würde, ob sich das Auto im Straßenverkehr oder auf dem Prüfstand befinde. Eine Software würde dann nur auf dem Prüfstand den Schadstoffausstoß entsprechend der Grenzwerte anpassen. All diese Systeme seien unzulässige Abschalteinrichtungen und insbesondere nicht zum Motor- oder Bauteileschutz notwendig oder gerechtfertigt.
Durch das Vorliegen der unzulässigen Abschalteinrichtungen sei das Fahrzeug mangelhaft im Sinne des Kaufrechts, wobei eine Fristsetzung zur Nachbesserung entbehrlich sei. Aus diesem Grund sei die Klagepartei auch wirksam vom Vertrag zurückgetreten.
Überdies sei die Klagepartei von der Beklagten über die tatsächliche Funktionsweise der Abgasreinigung und der Zulassung des Fahrzeugs in vorsätzlicher und sittenwidriger Weise geschädigt und arglistig getäuscht worden, weshalb der Klagepartei auch deliktische Ansprüche gegen die Beklagte zustünden. Die Beklagte habe hierbei vorsätzlich gehandelt, da ihre Mitarbeiter Verrichtungsgehilfen seien. Weiter hätte auch der Vorstand der Beklagten über die Funktionsweise und den Einbau der Abschalteinrichtungen Bescheid gewusst, zumindest sei aufgrund der Reichweite der Entscheidung davon auszugehen. Insofern würde die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast treffen. Weiter sei die Klagepartei hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auch aktivlegitimiert, da die auf die Abtretung im Darlehensvertrag gestützten Einwände der Beklagten unerheblich seien.
Bei Kenntnis der Betrugssoftware hätte die Klagepartei vom Kauf des Fahrzeugs abgesehen, da die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten würden und somit das Risiko des Entzugs der Betriebserlaubnis bestehen würde. Die Beklagte sei daher zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich der Darlehenskosten verpflichtet. Ebenso zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Weiter würde sich die Beklagte in Annahmeverzug befinden.
Die Klagepartei beantragt zuletzt:
1.1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.958,57 € nebst Zinsen in Höhe von 1.350,14 € und weiteren Zinsen aus einem Betrag von 22.958,57 € i.H.v. 4 % pro Jahr seit dem 09.11.2018 zu bezahlen und den Kläger von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der M AG aus dem Darlehensvertrag vom 28.02.2017 zur Darlehensvertragsnummer in Höhe von 8.111,88 € freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs mit der FIN: und Übertragung des dem Kläger gegenüber der M AG zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeugs.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.643,89 € nebst Zinsen in Höhe von 1.350,14 € und weiteren Zinsen aus einem Betrag von 20.000,00 € i.H.v. 4 % pro Jahr seit dem 08.11.2018 zu zahlen sowie weitere 13.426,56 € an die M AG zur Darlehensvertragsnummer: zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs mit der FIN und der Übertragung des dem Kläger gegenüber der M AG zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeugs.
2.2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu Ziff. 1 bezeichneten Fahrzeugs seit dem 28.08.2018 im Annahmeverzug befindet
3.3.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die A SE Rechtsschutzversicherung zur Schadennummer vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.256,24 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
4.4.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Übrigen alle weiteren Schäden zu ersetzen, die dieser aus der Manipulation des Motors an dem im Antrag zu Ziff. 1 genannten Fahrzeug erleidet.
Die Beklagte beantragt
Klagabweisung.
Die Beklagte trägt vor:
Die Klagepartei sei hinsichtlich deliktischer Ansprüche bereits nicht aktivlegitimiert, da diese an die MBB abgetreten worden seien. Die Klagepartei müsse daher gegen die MBB vorgehen. Die Abtretung sei wirksam und entspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Etwaige gewährleistungsrechtliche Ansprüche seien verjährt, eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung sei überdies notwendig und von der Klagepartei nicht erklärt worden.
Unabhängig davon, habe die Beklagte die Klagepartei nicht getäuscht und sittenwidrig geschädigt. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei mangelfrei, technisch sicher und fahrbereit, und es entspreche insbesondere auch den geltenden Abgasgrenzwerten, insbesondere den Vorgaben der beim streitgegenständlichen Fahrzeug einschlägigen Euro 6 - Norm. Die Klagepartei stütze ihre Ansprüche auf Sachverhalte, die das streitgegenständliche Fahrzeug gar nicht beträfen, die Klage sei deshalb bereits unschlüssig und unsubstantiiert. Der klägerische Vortrag lasse nicht erkennen, welche konkrete Vorrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug vorhanden und unzulässig sein solle. Vielmehr seien Teile des Vortrags der Klagepartei von Sachverhalten betreffend der V AG übernommen worden. Die Rechtsprechung zu verschiedenen Fahrzeugen des V-Konzerns sei jedoch nicht auf die Beklagte übertragbar, nachdem im streitgegenständlichen Fahrzeug schon keine Software enthalten sei, die das Abgasverhalten abhängig davon anpasse, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde oder nicht.
Überdies stelle eine Abweichung der Abgaswerte zwischen dem Prüfstand und dem Straßenbetrieb weder einen Mangel noch eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Die Beklagte habe im Typengenehmigungsverfahren ggü. den Behörden sämtliche Angaben gemacht. Die Typengenehmigung sei daher uneingeschränkt wirksam und erfasse sämtliche Funktionen. Das streitgegenständliche Fahrzeug weise auch Unterschiede zu den Fahrzeugen der Beklagten auf, für die durch das KBA Nebenbestimmungen angeordnet wurden. Das Fahrzeug stimme überdies auch mit der Typengenehmigung überein. Die freiwillige Servicemaßnahme der Beklagten stelle auch kein Rückruf dar oder eine Vorstufe hierzu und sei für die Klagepartei freiwillig, negative Folgen einer Nichtteilnahme seien nicht gegeben. Weiter würden durch die freiwillige Servicemaßnahme auch keine nachteiligen Auswirkungen entstehen.
In dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei bereits keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, wobei der Vortrag der Klagepartei bereits unschlüssig und ins Blaue hinein erfolge. Tatsächlich erfolge eine Abgasrückführung, die u.a. auch von der Außentemperatur abhänge. Die Abgasreinigung sei jedoch nicht derart gesteuert, dass der Ausstoß an Stickoxyden nur beim Durchfahren eines Prüfzyklus optimiert werde. Vielmehr hänge die temperaturabhängige Steuerung der Abgasreinigung von einer Vielzahl von Parametern ab, u.a. vom konkreten Betriebszustand des Fahrzeugs, seiner Einzelteile und der Umgebungsbedingungen. Diese Abhängigkeit sei zum Motorschutz notwendig, denn das System der Abgasrückführung könne ansonsten Schäden durch Ablagerungen (sog. "Versottung") erleiden und zu Motorschäden führen. Die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung sei hierbei schon keine Abschalteinrichtung, sondern gängiger Industriestandard und vorliegend bis zu zweistelligen Minusgraden aktiv. Die in den verschiedenen Fahrzeugen der Beklagten verbauten Emissionsreinigungssysteme ließen sich hierbei nicht einmal dann gleichsetzen, wenn dieselbe Motorenreihe verbaut sei. Bei der dynamischen Abgasrückführungsmethode handele es sich bereits nicht um eine Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG. Jedenfalls sei diese aber gem. Art. 5 Abs. 2 lit. A) VO 715/2007/EG zum Schutz des Motors vor Beschädigungen und zur Gewährleistung des sicheren Betriebs des Fahrzeugs notwendig.
Darüber hinaus sei die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der entsprechenden europarechtlichen Normen vertretbar und bereits deshalb nicht sittenwidrig. Ungeachtet der bestehenden Rechtskonformität des Fahrzeugs fehle es jedenfalls an einem sittenwidrigen Verhalten und einer vorsätzlichen Täuschungshandlung der Beklagten. Die Beklagte habe auch nicht vorsätzlich gehandelt, wobei der Vortrag der Klagepartei wiederum unschlüssig sei. So würde die Klagepartei bereits nicht darlegen, welches konkrete Verhalten sie welchem verfassungsmäßig berufenen Organ der Beklagten vorwerfe. Auf der Grundlage des ins Blaue hinein erfolgenden Vortrags der Klägerseite treffe die Beklagte - auch hierzu - keine sekundäre Darlegungslast. Überdies befinde sich die Beklagte auch nicht in Annahmeverzug und der Feststellungsantrag unzulässig, da ein Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Mangels Ansprüchen der Klagepartei könne diese auch nicht die Erstattung vorgerichtliche Anwaltskosten verlangen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie den Hinweis des Gerichts vom 12.06.2019 (Bl. 198 f. der Akte) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2019 (Bl. 189 ff. der Akte) und vom 18.10.2019 (Bl. 261 ff. der Akte).
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist nicht nichtig, von der Klagepartei nicht wirksam angefochten und etwaige Gewährleistungsrechte sind verjährt. Weiter stehen der Klagepartei deliktische Ansprüche nicht zu, auch aus anderen Normen ergeben sich die geltend gemachten Ansprüche nicht. Aus diesem Grund war die Klage auch hinsichtlich der weitergehenden (Neben-)Forderungen - Zinsen, Annahmeverzug und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten - unbegründet.
Die Kammer schließt sich bei ihrer Entscheidung u.a. den Erwägungen des OLG Stuttgart im Urteil vom 30.07.2019 - 10 U 134/19 und der 30. Zivilkammer des Landgericht Stuttgart (Urteil vom 25.07.2019 - 30 O 34/19),sowie der 6. Zivilkammer des Landgericht Stuttgart (Urteil vom 19.09.2019 - 6 O 89/19)an.
1.
Der Vortrag der Klägerseite, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine Motorsteuerungsfunktion verbaut, die die Beklagte so programmiert haben soll, dass die Abgase beim Fahren lediglich für eine gewisse Dauer bzw. Distanz gereinigt werden und eine weitere Softwarefunktion eingesetzt werden soll, die anhand von Geschwindigkeit und Beschleunigungswerten einen Prüfstand erkennen würde und den Schadstoffausstoß nur dann entsprechend der Grenzwerte anpasse, mithin, dass im gekauften Fahrzeug - ähnlich wie in den Fahrzeugen der V AG - eine "Prüfstandserkennung" verbaut sei, die den Ausstoß von Stickoxid unter den Bedingungen des Prüfstandsbetriebes optimiere bzw. die nur unter den Bedingungen des Prüfstandes die Abgasreinigung vollständig aktiviere, ist als pauschale Behauptung "ins Blaue hinein" nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu u.a. OLG Stuttgart, Urteil vom 30. Juli 2019 - 10 U 134/19; Beschluss vom 04. Juli 2019 - 14 U 95/19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. September 2018 - 20 U 95/18; OLG Köln, Beschluss, vom 07. März 2019 - 3 U 148/18; OLG Oldenburg, Urteil vom 15. Februar 2019 - 2 U 156/18; OLG Celle, Beschluss vom 07. Februar 2019 - 7 U 263/18; LG Stuttgart, Urteil vom 25. Juli 2019 - 30 O 34/19; Urteil vom 06. August 2019 - 19 O 198/19; Urteil vom 13. August 2019 - 19 O 30/19; Urteil vom 17. Mai 2019 - 3 O 348/18; Urteil vom 09. Mai 2019 - 3 O 356/18; Urteil vom 16. Mai 2019 - 6 O 203/18; Urteil vom 23. Mai 2019 - 9 O 341/18; Urteil vom 28. März 2019 - 22 O 238/18; Urteil vom 25. Juli 2019 - 30 O 34/19).
a)
Einer Partei darf zwar nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Sie kann deshalb genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen (BGH, Urt. vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 m.w.N.). Unzulässig wird ein solches Vorgehen allerdings dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, mithin aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte vorliegen (u.a. BGH, Urteile vom 17. September 1998 - III ZR 174/97; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13; vom 09. Dezember 2015 - IV ZR 272/15; vom 26. April 2018 - VII ZR 139/17).
b)
So liegt es jedoch hier. Die Ausführungen der Klagepartei lassen jeden greifbaren Anhaltspunkt dafür vermissen, dass sich die - mehrfach vorgetragenen - Abschalteinrichtungen in Form einer Prüfstanderkennung überhaupt im streitgegenständlichen Fahrzeug befinden könnten (vgl. hierzu für den Fall der anlasslosen Behauptung, ein Fahrzeug sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. September 2018 - 20 U 95/18; OLG Oldenburg, Urteil vom 15. Februar 2019 - 2 U 156/18; OLG Celle, Beschluss vom 07. Februar 2019 - 7 U 263/18; OLG Köln, Beschluss, vom 07. März 2019 - 3 U 148/18). Die Klägerseite bringt bereits keine tatsächlichen Anhaltspunkte vor, die dafür sprechen, dass gerade im streitgegenständlichen Fahrzeug Abschalteinrichtungen in der von der Klagepartei skizzierten Art verbaut worden sind, die gezielt den NEFZ-Zyklus erkennen würden, sondern behauptet Solche bloß. (so auch: LG Stuttgart, Urteil vom 11. April 2019 - 3 O 371/18; Urteil vom 26. April 2019 - 3 O 372/18; Urteil v. 03. Mai 2019 - 22 O 238/18).
aa)
Das Fahrzeug ist unstreitig nicht von einem der vom KBA gegenüber der Beklagten ergangenen Rückrufbescheide betroffen. Feststellungen des KBA zu dem hier streitgegenständlichen Fahrzeug gibt es daher nicht.
bb)
Vorliegend legt die Klagepartei bereits nicht dar, welche Umstände Grundlage ihrer pauschalen Behauptungen sind bzw. sein sollen, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug könnten sich die von ihr beschriebenen - siehe oben - Funktionalitäten der Motorsteuerung befinden.
Auch der teils umfangreiche und technisch in Teilen durchaus detaillierte Vortrag vermag nichts daran zu ändern, dass auch ein solcher Vortrag rechtlich nur dann erheblich ist, wenn er in Bezug zum konkreten Streitgegenstand erfolgt. Dies ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil lässt die Klagepartei in weiten Teilen erkennen, dass sie ihre Erkenntnisse aus der Presseberichterstattung und anderen Verfahren zu anderen Dieselfahrzeugen anderer Hersteller bezogen hat. Dies ist aber nicht ausreichend.
Der notwendige Konnex zum streitgegenständlichen Fahrzeug ergibt sich nicht allein daraus, dass dieses über einen Dieselmotor verfügt oder dass dieses von der Beklagten hergestellt wurde oder einer Kombination aus beidem. Auch der Umstand, dass sich Motoren des Typs OM 651, welche die Beklagte bereits seit über zehn Jahren herstellt und verbaut, in einigen der vom Rückruf des KBA betroffenen Fahrzeugen befanden, stellt für sich genommen keinen Anhaltspunkt dafür dar, dass sich im streitgegenständlichen Fahrzeug - welches unstreitig ebenfalls über einen Motor dieses Typs verfügt - ebenfalls eine oder mehrere der oben aufgezählten Abschalteinrichtungen befinden könnte. Weitere Anhaltspunkte diesbezüglich vermag die Klagepartei nicht aufzuzeigen (vgl. hierzu zutreffend: OLG Köln, Beschluss vom 30. Juli 2019 - 3 U 43/19). Vielmehr beschränkt sich die Klagepartei darauf in - im Verhältnis zum übrigen Vorbringen - wenigen Absätzen bloße Behauptungen aufzustellen, ohne jedweden Vortrag dazu zu halten, worauf sich diese Behauptungen stützen sollen, woher diese Erkenntnisse kommen und welchen Bezug sie zum streitgegenständlichen Fahrzeug haben sollen.
Anders als beim Dieselmotor EA189, bei dem aufgrund eines entsprechenden Bescheids des KBA und den Einlassungen der dortigen Herstellerin hierzu möglicherweise angenommen werden könnte, dass alle Motoren dieses Typs über eine Prüfstanderkennung und Abschalteinrichtung verfügen, gibt es hierauf vorliegend keine sachlichen Hinweise oder tragfähigen Vortrag der Klagepartei. Dass dieser in weiten Teilen Erkenntnisse im Zusammenhang mit der sogenannten "Abgasaffäre" bei einem anderen Konzern auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen möchte, vermag wiederum einen auf den konkreten Sachverhalt bezogenen Vortrag nicht zu ersetzen.
Überdies besteht der klägerische Vortrag zu weiten Teilen aus allgemeinen und nicht auf den konkreten Fall zugeschnittenen Absätzen. So trägt die Klagepartei hinsichtlich der oben genannten - vermeintlichen - Abschalteinrichtungen selbst vor, dass diese "vorliegen sollen" und in der entsprechenden Funktionsweise "von der Beklagten konfiguriert worden sein sollen". Selbst wenn man dies - zugunsten der Klagepartei - als konkreten Sachvortrag und nicht lediglich als offene Vermutung wertet, zeigt sich auch hierdurch, dass ein konkreter Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug fehlt. An dieser Bewertung ändert es auch nichts, dass die pauschalen und aufs Geratewohl erfolgten Behauptungen der Klagepartei jeweils mit einem Beweisangebot - der Einholung eines Sachverständigengutachtens - verbunden sind. Denn es gilt auch hier, dass wenn es bereits an zu berücksichtigenden Tatsachenvortrag fehlt, dieser nicht durch eine Beweisaufnahme ersetzt werden kann, da es sich andernfalls um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handeln würde und der auch in sog. "Dieselverfahren" vorgeschriebene Beibringungsgrundsatz zu Gunsten einer Art von Amtsermittlung aufgegeben würde.
cc)
Willkürlich aufs Geratewohl erfolgt die - zumindest inzidente - Behauptung der Klagepartei, dass sämtliche verkaufte Dieselfahrzeuge der Beklagten mit dem im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzten Motor OM 651 die Grenzwerte nach Euro 6 (b) nicht einhalten würden. Soweit sich die Klagepartei dafür auf Feststellungen des KBA bezieht, zeigt sie an keiner Stelle auf, inwieweit der von ihr erworbene Fahrzeugtyp überhaupt Gegenstand dieser Untersuchungen gewesen sei. So ist das Fahrzeug unstreitig nicht von einem solchen Bescheid betroffen, sondern lediglich Teil der freiwilligen Servicemaßnahme der Beklagten.
Hierbei gilt überdies, dass höhere Abgaswerte im Realbetrieb im Vergleich zu den Werten im Rahmen des NEFZ nicht per se für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung sprechen. Es ist allgemein bekannt - und in der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171/1 vom 29. Juni 2007) (im Folgenden: "VO 715/2007/EG") auch ersichtlich -, dass die auf dem Rollenprüfstand bei genau spezifizierten Bedingungen ermittelten Werte für Kraftstoffverbrauch und Emissionen nicht immer und bedingungslos auch denjenigen entsprechen - und auch bis jetzt nicht entsprechen mussten (entgegen: LG Stuttgart, Urteil vom 26. September 2019 - 20 O 39/19) -, die im realen Betrieb in verschiedenen Verkehrssituationen und bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen und Fahrweisen anfallen. Deshalb sprechen die von der Klagepartei vorgetragenen überhöhten Abgaswerte im Realbetrieb einiger Fahrzeuge der Beklagten - selbst wenn man diese zugunsten der Klagepartei als wahr unterstellt - nicht per se für das Vorliegen einer oder gar mehrerer Abschalteinrichtungen in der oben bezeichneten Art und Weise (so auch zutreffend: OLG Köln, Beschluss vom 30. Juli 2019 - 3 U 43/19). Weiter behauptet auch die Klagepartei nicht, dass die im Rahmen des Testverfahren NEFZ zugrunde gelegten Bedingungen denen des realen Betriebs - welcher dies im Einzelnen auch sein mag - entsprechen.
Mithin geben die von der Klagepartei behaupteten "schlechteren" Abgaswerte keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen der behaupteten Abschalteinrichtungen und Prüfstanderkennungen.
dd)
Soweit die Klagepartei das Vorhandensein von Abschalteinrichtungen möglicherweise aus einem von der Beklagten angebotenen Update im Rahmen einer "freiwilligen Kundenmaßnahme" ableiten möchte, handelt es sich ebenfalls um eine aus der Luft gegriffene Vermutung. Die Behauptung, die Beklagte habe insoweit nur einer zwingenden Anordnung des KBA zuvorkommen wollen, erweist sich ebenfalls als bloße Spekulation (so bereits in einem vgl. Verfahren: OLG Koblenz, Urteil 18. Juni 2019 - 3 U 416/19), zumal es - wie oben bereits ausgeführt - einen bestandskräftigen Bescheid bzgl. der Beklagten nicht gibt und das streitgegenständliche Fahrzeug zusätzlich von keinem Bescheid des KBA erfasst wird. Feststellungen zur tatsächlichen technischen Funktionsweise können diesem Vorgehen daher nicht entnommen werden. Die übrigen Ausführungen des Klägervertreters zum Verhalten der Autoindustrie an sich, stellen persönliche Meinungen und Überzeugungen dar, weisen jedoch keinerlei erkennbaren Zusammenhang zum hiesigen Verfahren auf.
2.
Die Klagepartei hat keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, da der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag - selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen § 27 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (ABl. L 263 vom 9. Oktober 2007, S. 1 - Rahmenrichtlinie) oder den Bestimmungen der diese Richtlinie in nationales Recht umsetzenden EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 126) (im Folgenden: "EG-FGV") - nicht gemäß § 134 BGB nichtig ist.
a)
Nach § 27 Abs. 1 EG-FGV dürfen Neufahrzeuge im Inland nur feilgeboten, veräußert oder in Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Erfordernis der Gültigkeit im Sinne des § 27 EG-FGV in einem materiellen oder aber in einem formellen Sinn zu verstehen ist, ob es also darauf ankommt, ob die Übereinstimmungsbescheinigung wirksam ist oder nicht.
Für die nach § 134 BGB gebotene Abwägung ist wesentlich, ob sich das betreffende Verbot an alle Beteiligten des Geschäfts richtet, das verhindert werden soll, oder ob es nur eine Partei bindet. Sind beide Teile Adressaten des Verbots, kann regelmäßig angenommen werden, das verbotswidrige Geschäft solle keine Wirkungen entfalten. Richtet sich das Verbot dagegen nur gegen eine Partei, ist regelmäßig der gegenteilige Schluss gerechtfertigt (st. Rspr., vgl. nur: BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98 m.w.N.). Diese Unterscheidung führt dazu, dass in den Fällen, in denen das betreffende Verbot allein den einen Teil trifft, die in § 134 BGB vorgesehene Rechtsfolge nur in Betracht kommt, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2019 - 17 U 204/18).
b)
Nach diesen Maßstäben ist der hier in Streit stehende Kaufvertrag selbst bei einem unterstellten Verstoß der Beklagten gegen § 27 EG-FGV nicht gemäß § 134 BGB nichtig (so auch: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 21. Dezember 2018 - 11 U 55/18; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2019 - 17 U 204/18; OLG Köln, Beschluss vom 16. Juli 2018 - 5 U 82/17 OLG Stuttgart, Beschluss vom 01. August 2018 - 12 U 179/17).
Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 EG-FGV, die den Zweck verfolgt, dass nur vorschriftsgemäße Fahrzeuge in den Verkehr gelangen, richtet sich nämlich in allen Handlungsalternativen des Feilbietens, Veräußerns und Inverkehrbringens einseitig an den Verkäufer. Zugleich liegt dem Verbot kein Zweck zugrunde, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert. Zum einen hat der Verordnungsgeber einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 27 Abs. 1 EG-FGV nämlich bereits als Ordnungswidrigkeit sanktioniert (vgl. § 37 Abs. 1 EG-FGV). Dies erfolgte ausweislich der Verordnungsbegründung (BR-DrS. 190/09, S. 57 f.) ausdrücklich dazu, um "die in § 27 (EG-FGV) enthaltenen Anforderungen besser durchsetzen zu können". Zum anderen hat der Verordnungsgeber dem KBA zur Sicherung der Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Fahrzeugtyp in § 25 EG-FGV diverse Möglichkeiten zur Hand gegeben (u.a. auch den Widerruf der Typengenehmigung), um die Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typ sicherzustellen. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner zusätzlichen zivilrechtlichen Sanktionswirkung in Form der Nichtigkeit des Kaufvertrags, um den Zweck des § 27 EG-FGV zu erreichen.
Im Übrigen würde eine Nichtigkeit des Kaufvertrages wegen Verstoßes gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV zu nachteiligen Folgen für den Käufer des Kraftfahrzeugs führen, die mit der Zielsetzung des § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht in Einklang zu bringen sind. Im Fall der Nichtigkeit des Kaufvertrags würden dem Käufer nämlich nicht nur dessen kaufvertragliche Gewährleistungsrechte genommen werden, vielmehr käme in einem solchen Fall zu seinem Nachteil auch die verschärfte Haftung des § 819 BGB zum Tragen. Eine solche Schlechterstellung eines Fahrzeugkäufers ist vom Schutzzweck des § 27 EG-FGV jedoch nicht umfasst (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2019 - 17 U 204/18).
3.
Die Klagepartei hat den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 09.08.2018 (Anlage K8) nicht wirksam angefochten. Aus diesem Grund besteht auch insoweit kein Anspruch der Klagepartei aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB infolge der Anfechtung.
Soweit die Klagepartei vorträgt, im Fahrzeug sei eine Einrichtung verbaut, die die Außentemperatur erkenne und die Abgasbehandlung abhängig von der Außentemperatur regle - ein sog. "Thermofenster" -, kann vorliegend dahinstehen, ob ein Solches in der von der Klagepartei beschriebenen Art, dass die Abgasreinigung nur zwischen 15° C und 30° C vollständig erfolge und ansonsten reduziert oder gar abgeschaltet werde, überhaupt eine Abschaltvorrichtung und eine solche nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist, da es insofern bereits an berücksichtigungsfähigen Vortrages der Klagepartei zum Vorliegen einer arglistigen Täuschung durch die Beklagte fehlt.
a)
Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus, wobei leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt (BGH, Urteil vom 19. Mai 1999 - XII ZR 210/97). Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 20. November 1990 - IV ZR 113/89; Urteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 80/14).
Dagegen genügt es nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde. Hierbei gilt, dass selbst ein bewusstes Sichverschließen nicht den Anforderungen genügt, die an die Arglist zu stellen sind (BGH, Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 23/15; Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11; Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01). Erforderlich ist vielmehr die Kenntnis der tatsächlichen Unrichtigkeit und der hieraus resultierenden "Mangel" begründenden Umstände zumindest in der Form des Eventualvorsatzes. Diese Kenntnis muss vom Gericht festgestellt werden und kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Liegt eine solche Kenntnis vor, ist es allerdings unerheblich, ob der Käufer daraus den Schluss auf einen Mangel im Rechtssinne (§ 434 Abs. 1 BGB) bzw. eine rechtswidrige Abweichung zieht (BGH, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11; Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 23/15).
b)
Gemessen daran kann der Beklagten ggü. der Klagepartei kein arglistiges Verschwiegen nachgewiesen werden. Die Klagepartei hat keinerlei Umstände dargetan, die darauf schließen ließen, dass die Beklagte es bei Produktion des Fahrzeuges und beim Verkauf an die Klagepartei für möglich hielt, dass die (auch temperaturgesteuerte) Abgasreinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007 EG darstellt, weshalb der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs der Klagepartei im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet und sich das Fahrzeug somit nicht zur gewöhnlichen Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB eignen könnte. Zwar wird ohne weiteres davon auszugehen sein, dass die Beklagte um das Vorliegen der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Steuerung der Abgasrückführung und derer tatsächlicher Funktionsweise wusste. Allein das Vorliegen einer - möglicherweise - unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG als solches ist jedoch allein nicht ausreichend für das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB (BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17). Hinzutreten muss vielmehr der weitere Umstand, dass aufgrund dessen der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet und sich das Fahrzeug somit nicht zur gewöhnlichen Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB eignet. Auch hierauf muss sich mithin die Kenntnis der Beklagten bezogen haben, um zur Annahme eines arglistigen Verschweigens eines aufklärungsbedürftigen Sachmangels gelangen zu können.
aa)
Die - zumindest inzident vorgebrachte - Behauptung der Klagepartei, die Beklagte habe ihr beim Kauf nicht mitgeteilt, dass im Fahrzeug illegale Abschalteinrichtungen verbaut seien, obwohl ihr alle Umstände betreffend das Fahrzeug bekannt gewesen waren, ist bereits zu pauschal, um berücksichtigt zu werden. Die Klagepartei differenziert hierbei nicht nach den von ihr - mannigfaltig - behaupteten Abschalteinrichtungen. Sie stellt ohne jeglichen Nachweis eine pauschale Aussage in den Raum, die in der vorliegenden Pauschalität nicht näher prüfbar ist, wobei die Klagepartei wiederum keinerlei Umstände nennt, auf denen ihre Aussage beruht. Hierbei ist unerheblich - wie oben bereits ausgeführt -, dass der Beklagten die Funktionsweise der Abgasreinigung bekannt war; immerhin ist die Beklagte Herstellerin und Entwicklerin des Fahrzeugs. Für ein arglistiges Verhalten hätte sich die Beklagte - nach obigen Grundsätzen - jedoch vielmehr der Unzulässigkeit im Sinne eines Eventualvorsatzes bewusst sein müssen. Das behauptet die Klagepartei in Bezug auf die temperaturabhängige Steuerung jedoch nicht; wobei ausgehend vom Vortrag der Klagepartei im gerichtlichen Verfahren bereits nicht klar ist, ob die im oben genannten Schreiben erklärten Anfechtungen "wegen arglistiger Täuschung und sämtlichen sonst infrage kommenden Rechtsgründen" (Anl. K8) überhaupt weiterverfolgt wird.
bb)
Sofern der Vortrag der Klagepartei darauf abzielt, dass die Beklagte die temperaturabhängige Steuerung auch im Rahmen des Typengenehmigungsverfahrens verschwiegen habe, ist dies als eine Behauptung ins Blaue hinein zu qualifizieren, für die es - erneut - keinerlei objektive Anhaltspunkte im Vortrag der Klagepartei gibt.
Die Beklagte hat - letztlich unwidersprochen - erklärt, dass die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung bei kalter Umgebungstemperatur "Industriestandard" sei, um den von ihr beschriebenen Gefahren zu begegnen. Dafür, dass das KBA nach Bekanntwerden dieser Steuerung in der allgemeinen Öffentlichkeit im vergangenen Jahr irgendwelche Untersuchungen vorgenommen oder gar Rückrufe wegen dieser temperaturabhängigen Steuerung angeordnet hätte, gibt es weder Vortrag der Klagepartei noch sonstige Anhaltspunkte. Hätte die Beklagte diese aber tatsächlich verheimlicht, wäre dies in der aktuellen politischen Stimmung wohl zu erwarten gewesen.
Wie aus dem Untersuchungsbericht zum Abgasskandal bei Volkswagen allgemein bekannt, hat das KBA und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (im Folgenden: "BMVI") die Zulässigkeit solcher temperaturabhängigen Steuerungen der Abgasreinigungsanlage in der Vergangenheit bejaht. Ob dieses Entscheidung politisch motiviert gewesen oder gar rechtsfehlerhaft war, ist hierbei unerheblich, wobei auch die - teils polemisch - in den Raum geworfenen Behauptungen der Klagepartei hierzu am Ergebnis nichts zu ändern vermögen, da es sich auch insoweit lediglich um die subjektive Meinung des Klägervertreters handelt. Das KBA ist insoweit die aus Sicht der Beklagten maßgebliche Instanz. Ein Grund, diese Steuerung ausgerechnet (und ausschließlich) beim streitgegenständlichen Fahrzeug zu verheimlichen, ist daher weder ersichtlich noch plausibel.
Weiter hat die Beklagte - im Ergebnis ebenfalls unwidersprochen - vorgetragen, dass sie auch in den EG-Typgenehmigungsunterlagen regelmäßig Angaben zur temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung gemacht habe, ohne dass das KBA Veranlassung gesehen hätte, deswegen die Typgenehmigung zu verweigern.
Unterstellt ein Sachmangel läge vor, so bleibt vorliegend die subjektive Seite des Verhaltens der Beklagten von wesentlicher Bedeutung. Denn ausgehend hiervon kann nicht zu Lasten der Beklagten angenommen werden, dass sie billigend in Kauf genommen habe, den Käufern könne aus diesem Grunde eine Betriebsuntersagung drohen.
cc)
Das Vorbringen der Klagepartei enthält demgegenüber keine belastbaren Anhaltspunkte für ein sittenwidriges oder arglistiges Verhalten der Beklagten. Es beschränkt sich vielmehr auch insoweit auf pauschale und nicht belegte Behauptungen. Gerade weil das Vorliegen der Arglist gravierende Folgen hat, ist den materiellrechtlichen wie zivilprozessualen Darlegungs- und Beweislastregeln hierbei aber besondere Beachtung zu schenken. Folgerichtig hebt auch der Bundesgerichtshof immer wieder hervor, dass die die Arglist begründenden Umstände die sich hierauf berufende Partei zu beweisen hat und diese nicht von der Gegenseite auszuräumen sind (BGH, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01 m.w.N.). Dies ist der Klagepartei vorliegend aber nicht gelungen.
c)
Aus diesem Grund geht die von der Klagepartei durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 09.08.2018 erklärte Anfechtung nach § 123 BGB fehl - wobei es auf eine mögliche Fristversäumnis der Klagepartei nach § 124 BGB nicht ankommt -, weshalb sich hieraus kein Anspruch der Klagepartei aus § 812 BGB ergibt.
4.
Die Klagepartei hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach § 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 346, 323 BGB aufgrund der - behaupteten - temperaturabhängigen Steuerung des Abgasreinigungssystems (im Folgenden: "Thermofenster"). Der mit Schreiben vom 09.08.2018 erklärte Rücktritt ist jedenfalls nach § 218 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da der Anspruch der Klagepartei auf Nacherfüllung zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt war.
a)
Der Nacherfüllungsanspruch der Klagepartei verjährt - abweichend von § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB - aufgrund der Gebrauchtfahrzeug- Verkaufsbedingungen (Eigengeschäft) der Beklagten (im Folgenden: "Verkaufsbedingungen") in einem Jahr ab Ablieferung der Sache.
aa)
Die in den Verkaufsbedingungen getroffene Regelung ist aufgrund Europarechtswidrigkeitnicht unwirksam.
Gem. § 476 Abs. 2 BGB kann (selbst) bei einem Verbrauchsgüterkauf - wie vorliegend - die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche bei gebrauchten Sachen auf ein Jahr verkürzt werden. Die Vorschrift gilt wegen § 476 Abs. 3 BGB unmittelbar nur für den Nacherfüllungsanspruch, betrifft jedoch über § 218 BGB auch die Frist für die Ausübung des Minderungs- und des Rücktrittsrechts (vgl. auch FraktionsE, BT-Drs. 14/6040, 245).
Bei gebrauchten Sachen - wie vorliegend - ist eine Verkürzung der zweijährigen Verjährung § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) bis auf ein Jahr möglich. Diese Regelung widerspricht (vgl. hierzu: EuGH, Urteil vom 13. Juli 2017 - C-133/16) zwar der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Text von Bedeutung für den EWR (im Folgenden: "Verbrauchsgüterkauf-RL"). Dies ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung allerdings ohne Auswirkungen auf die lex lata, wobei auch eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu umfassend und zutreffend: MüKoBGB/S. Lorenz, 8. Aufl. 2019, BGB § 476 Rn. 225 ff. m.w.N.).
bb)
Es ist vorliegend auch kein Fall des § 438 Abs. 3 BGB gegeben.
Hierbei gilt, dass bei Arglist des Verkäufers gilt auch im Rahmen einer vertraglichen Regelung i.S.d. § 476 Abs. 2 BGB mindestens die regelmäßige Verjährungsfrist. Die Unabdingbarkeit ergibt sich aus §§ 202 Abs. 1, 444 BGB. Ein solches Verhalten der Beklagten ist aber - wie oben bereits ausgeführt - betreffend das von der Klagepartei im streitgegenständlichen Fahrzeug behauptete Thermofenster nicht feststellbar.
Hierbei besteht auch kein Grund, die Klagepartei von den grundsätzlich geltenden Regeln der Darlegungs- und Beweislast mit der Folge zu befreien, dass die Beklagte entgegen den oben dargelegten Grundsätzen die fehlende Arglist darlegen und beweisen müsste - was hinsichtlich einer negativen Tatsache ohnehin nicht möglich ist. Der Umstand, dass die Klagepartei aktuell (noch) keine entsprechenden und ausreichenden Erkenntnisse erlangt hat oder solche - wie möglicherweise in Bezug auf die Verfahren gegen die Volkswagen AG geschehen - allgemein zugänglich sind, ändert hieran nichts. Die Verjährungsfrist des § 438 Abs. 3 BGB beginnt ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände, mithin auch der die Arglist begründenden Umstände, inklusive des subjektiven Tatbestands. Die absolute Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre.
Die Klagepartei hätte daher noch Jahre Zeit gehabt, die Entwicklung abzuwarten und dann in tatsächlicher Kenntnis der Ergebnisse der laufenden Untersuchungen eine fundierte Entscheidung bzgl. einer Klage zu treffen. Dass die Klagepartei ihre Klage bereits jetzt erhoben hat und diese - im Ergebnis - ohne Not auf Vermutungen, Halberkenntnisse und bloße Spekulationen stützt, kann weder zu Lasten der Beklagten gereichen noch zur Negierung und Umkehr fundamentaler Grundsätze des Zivilprozesses führen, die auch im vorliegenden Verfahren gelten.
cc)
Die Klausel ist auch nicht nach den §§ 307 ff. BGB unwirksam.
§ 309 Nr. 8 lit. b ff BGB ist lediglich für neu hergestellte Sachen einschlägig, nicht jedoch - wie vorliegend - für den Kauf gebrauchter Gegenstände. Dies folgt darauf, dass gebrauchte Sachen ein höheres Sachmängelrisiko aufweisen und dieser Umstand einem Erwerber bekannt ist und durch Preisabschläge ausgeglichen wird (BGH, Urteil vom 03. Juli 1985 - VII ZR 152/84).
Ausgehend hiervon, sind vorliegend die allgemeinen Regelungen zur Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen heranzuziehen. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind solche unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Gebotenvon Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, woran es vorliegend bereits fehlt.
Die Haftung der Beklagten ist in Ziff. VII Nr. 1 Verkaufsbedingungen auf ein Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes begrenzt, wobei diese Verkürzung für Schäden, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers, seines gesetzlichen Vertreters oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen sowie bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit in Ziff. VII Nr. 2 Verkaufsbedingungen revidiert wird. Wie oben bereits ausgeführt entspricht die Verjährungsverkürzung auf ein Jahr bei gebrauchten Sachen der gesetzlich möglichen Regelung, weshalb vorliegend bereits keine Benachteiligung eines Käufers gegeben ist. Darüber hinaus entspricht die Einschränkung der Verjährungsverkürzung in Ziff. VII Nr. 2 Verkaufsbedingungen der ständigen Rechtsprechung und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
b)
Der Klagepartei wurde das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig am 03.03.2017 übergeben, so dass der Nacherfüllungsanspruch - s.o. - mit Ablauf des 03.03.2018 verjährt war. Da die Beklagte sich auf Verjährung berufen hat, erfolgte der mit Schreiben vom 09.08.2018 erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag in bereits verjährter Zeit und war daher unwirksam.
Insofern kann vorliegend - da nicht entscheidungserheblich - dahinstehen, ob es sich bei einer temperaturabhängigen Abgassteuerung in Form eines so genannten Thermofensters um einen Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts handelt und ob es zur Geltendmachung der gewährleistungsrechtlichen Sekundärrechte - vorliegend des Rücktritts - einer vorherigen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung bedurfte.
5.
Ein Anspruch der Klagepartei nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007 EG, bzw. i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV ist nicht gegeben, denn all den genannten Vorschriften fehlt bereits der Schutzgesetzcharakter, der notwendige Voraussetzung der Vermögensschadenshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB ist (LG Stuttgart, Urteil vom 16. Mai 2019 - 6 O 203/18; Urteil vom 25. Juli 2019 - 30 O 34/19).
a)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB nur eine solche Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben.
Andererseits soll - was der Bundesgerichtshof stets betont - der Anwendungsbereichvon Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es gerade nicht aus, dass der Individualschutzdurch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann. Er muss vielmehrim Aufgabenbereich der Norm liegen (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 255/11; Urteil vom 13. März 2018 - VI ZR 143/17 jeweils m.w.N.).
Die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs muss dabei nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, geprüft werden muss, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit gegebenenfalls zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09; Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10).
b)
Auf einen solchen Individualschutz sind die genannten Vorschriften indes nicht ausgerichtet.
Die Rahmenrichtlinie 2007/46/EG bezweckt ausweislich der ihr vorangestellten Erwägungsgründe außer der Klarstellung des geltenden Regelwerkes die vollständige Harmonisierung der Zulassungsvorschriften für hohe Verkehrssicherheit, allgemein hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung in der Europäische Union. In den Erwägungsgründen der Verordnung 715/2007/EG werden als Ziel unter anderem ein hohes Umweltschutzniveau, die Verbesserung der Luftqualität sowie Anregung von Innovation, Verbesserung der Luftqualität, Senkung der Gesundheitskosten und Gewinn zusätzlicher Lebensjahre genannt. Der Schutz des einzelnen EU-Bürgers und seines Vermögens vor Verstößen des Kraftfahrzeugherstellers gegen die Vorgaben dieser unionsrechtlichen Vorschriften liegt dabei gerade nicht im eigentlich Aufgabenbereich derselben, auch wenn durch die Befolgung der Normen teilweise auch Individualschutz als Reflex entstehen mag (zum Ganzen ausführlich: OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17; Urteil vom 13. Juni 2019 - 7 U 289/18).
Eben diese Abgrenzung ist aber entscheidend, um - wie der Bundesgerichtshof betont - den Anwendungsbereich von Schutzgesetzen und damit den deliktischen Vermögensschutz nicht ausufern zu lassen und eine vom (europäischen) Gesetzgeber gerade nicht vorgesehene Haftung für in diesem Zusammenhang entstehende Vermögensschäden zu schaffen. Bei der Bestimmung der Reichweite der deliktischen Haftung für Vermögensschäden nach den § 823 ff. BGB ist es deshalb von besonderer Wichtigkeit, das Verhältnis zu den für den betroffenen Bereich primär geschaffenen Regelungen zu beachten, um die gesetzgeberischen Wertungen nicht auf diesem Wege "auszuhebeln" (vgl. hierzu insbesondere auch noch nachfolgend zur Haftung nach § 826 BGB).
Dementsprechend kommt auch den Bestimmungen in § 6 Abs. 1 und § 27 EG-FGV ein Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB nicht zu, da sie auf den Regelungen der vorgenannten unionsrechtlichen Vorschriftenaufbauen beziehungsweise diese umsetzen.
6.
Die Klagepartei hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über den von der Beklagten produzierten und in Verkehr gebrachten Pkw aus § 826 BGB. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Klagepartei durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung oder sonst "in einer gegen die Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt" haben könnte.
Soweit der Vortrag der Klagepartei - wie oben dargelegt - ins Blaue hinein ohne jedwede Tatsachengrundlage erfolgte, kann ein deliktischer Anspruch der Klagepartei hierauf nicht gestützt werden. Soweit die Klagepartei vorträgt, im Fahrzeug sei eine Einrichtung verbaut, die die Außentemperatur erkenne und die Abgasbehandlung abhängig von der Außentemperatur regle - ein sog. "Thermofenster" -, rechtfertigt auch dies (allein) keinen deliktischen Schadensersatzanspruch. So kann der Vortrag der Klagepartei insoweit als wahr unterstellt werden, da es jedenfalls an der Sittenwidrigkeit einer möglichen Schädigung der Klagepartei mangelt.
a)
Ein Verhalten ist (nur) dann sittenwidrig, wenn es nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Auch hier müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 526/15; Urteil vom 07. Mai 2019 - VI ZR 512/17 jeweils m.w.N.).
Diese Grundsätze gelten auch für Ansprüche, die im Zusammenhang mit dem sog. "Abgasskandal" geltend gemacht werden. Der Bundesgerichtshof betont mit gutem Grund in besonderem Maße das Verhältnis zwischen der vertraglichen und der deliktischen Haftung. Denn eine unbeschränkte und vorschnell bejahte Deliktshaftung für Vermögensschäden birgt die Gefahr, die Risikozuweisungen des jeweils einschlägigen Vertragsrechts zu unterlaufen (zutreffend: MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 16 f.; vgl. auch LG Ellwangen, Urteil vom 10. Juni 2016 - 5 O 385/15). Allein die Verletzung vertraglicher Leistungspflichten stellt deshalb grundsätzlich keine sittenwidrige Schädigung dar, selbst wenn sie im Einzelfall vorsätzlich erfolgen sollte (OLG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2019 - 3 U 416/19). Überdies ist zu bedenken, dass es sich - wie gezeigt - bei den Vorschriften der Richtlinie 2007/46/EG, der Verordnung 715/2007/EG und der EG-FGV gerade nicht um Schutzgesetze im Sinne von § 823 BGB handelt. Eine vorschnell - also ohne das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - bejahte Haftung nach § 826 BGB liefe daher Gefahr, den betreffenden Normen letztlich eben doch die Wirkung von individualschützenden Normen im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommen zu lassen (wohl OLG München, Beschluss vom 09. Mai 2019 - 32 U 1304/19).
b)
Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt vorliegend ein Schadensersatzanspruch der Klagepartei nach § 826 BGB nicht in Betracht.
Selbst wenn man unterstellt, dass es sich bei der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung um eine nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG unzulässige Abschalteinrichtung und im Zusammenhang mit der daraus resultierenden Gefahr der Betriebsuntersagung außerdem um einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB handeln würde, für den der Gesetzgeber grundsätzlich die gewährleistungsrechtliche Haftung nach den §§ 434 ff. BGB vorgesehen hat, scheidet ein Anspruch nach § 826 BGB aus.
aa)
Die Mangelhaftigkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs - sofern gegeben - allein rechtfertigt aus den genannten Gründen nicht die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung (OLG Köln, Beschluss vom 4. Juli 2019 - 3 U 148/18). Hierfür müssten vielmehr weitere, besondere Umstände im Verhalten der Beklagten hinzutreten, die es ausnahmsweise rechtfertigen, die vom Gesetzgeber im Rahmen des Gewährleistungsrechts vorgenommene Risikozuweisung zugunsten des Klägers zu überschreiben. Solche Umstände sind vorliegend jedoch nicht erkennbar. Vielmehr hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung werde in Dieselmotoren industrieweit als Standard eingesetzt, um unter anderem eine "Versottung" der Motoren zu verhindern. Selbst wenn dies das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB begründete, spricht es deutlich dagegen, dass die Beklagte mit dem Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs in verwerflicher Weise gegen Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verstoßen haben könnte. Insofern wird auf die obigen Ausführungen zur Arglist erneut Bezug genommen.
bb)
Auf der anderen Seite beschränkt sich die - für das Vorliegen der besonderen Anspruchsvoraussetzungen nach § 826 BGB vollständig darlegungs- und beweispflichtige - Klagepartei in ihren diesbezüglichen Ausführungen zum Vorliegen einer sittenwidrigen Schädigung auf allgemeine Spekulationen und Mutmaßungen, die ohne erkennbaren Bezug auf die im streitgegenständlichen Fahrzeug konkret verbaute temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung erfolgten, sowie der rechtlichen Einschätzung, dass das Inverkehrbringen eines Motors oder Fahrzeuges mit einer illegalen Abschalteinrichtung ein sittenwidriges Verhalten darstelle. Hierbei sei überdies ausgeführt, dass wirtschaftliches Handeln eines Unternehmens - beispielsweise eine kostengünstige Produktionsweise oder angestrebte Effizienzgewinne - nicht per se sittenwidrig ist, sondern vielmehr (notwendiges) Ziel eines jedweden privatwirtschaftlich organisierten Unternehmens.
(1)
Auch der Verweis der Klagepartei auf Entscheidungen der 23. Zivilkammer des LG Stuttgart (etwa Urteil vom 17. Januar 2019 - 23 O 172/18; hierzu ablehnend: OLG Köln, Beschluss vom 04. Juli 2019 - 3 U 148/18), in denen betreffend für andere von der Beklagten hergestellte Fahrzeuge eine Haftung nach § 826 BGB bejaht wurde, vermag nicht einen eigenen, zum konkreten Sachverhalt gehaltenen Vortragzu ersetzen.
Weiter geht die Bezugnahme der Klagepartei auf die oben genannten Urteile der 23. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgarts und deren Zitierung allein deshalb fehl, weil die dort entscheidende Kammer - ausweislich der Entscheidungsgründe der zitierten Urteile - in den dortigen Verfahren offensichtlich zahlreiche Feststellungen zu den Beweggründen und der Vorgehensweise der Beklagten zu treffen vermochte, wozu die Kammer im vorliegenden Verfahren - mangels substantiiertem oder unstreitigem Vortrag - nicht in der Lage war.
(2)
Sofern die Klagepartei - so im Schriftsatz vom 03.09.2019 (Bl. 224 ff. der Akte) - aus dem Hinweisbeschluss des BGH vom 08.01.2019 - VII ZR 225/17 den Schluss zieht, dass die dortigen Ausführungen zum Gewährleistungsrecht, dass es zur Begründung eines Mangels im Sinne des kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht genügt, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist und es auf einen amtlichen Rückruf durch das KBA nicht ankommt, auch auf deliktische Ansprüche uneingeschränkt übertragbar sei, geht dies rechtlich fehl.
Wie oben bereits ausführlich dargelegt, unterscheiden sich die Voraussetzungen der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung von deliktischen Ansprüchen, insbesondere einer Sittenwidrigkeitshaftung nach § 826 BGB, erheblich. Allein das Vorliegen eines Mangels im kaufrechtlichen Sinn genügt hierbei - wie oben bereits dargestellt - nicht um quasi automatisch eine Haftung nach § 826 BGB - und damit eine Sittenwidrigkeit - zu bejahen.
Die übrigen Ausführungen der Klagepartei stellen wiederum lediglich persönliche Meinungen und Mutmaßungen zum Verhalten von DAX-Konzernen im Allgemeinen und der Automobilindustrie im Besonderen dar und lassen - erneut - den Bezug zum verfahrensgegenständlichen Fahrzeug, dem hiesigen Sachverhalt und eine angemessene Sachlichkeit vermissen.
cc)
Vorliegend kann auch nicht von einem planmäßigen Täuschen der Kunden ausgegangen werden. Wie bereits ausgeführt, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die mögliche Unzulässigkeit der temperaturabhängigen Steuerung erkannt, dies gegenüber dem KBA verschwiegen und hierbei bewusst rechtswidrig zum Nachteil ihrer Kunden gehandelt hat. Hierbei kommt es auch nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum an. Die Frage, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar oder nicht ist, entscheidet über die Frage des Vorliegens von Fahrlässigkeit, nicht aber über das Bestehen von Vorsatz (BGH, Urteil vom 24.09.2013 - I ZR 187/12 m.w.N.). Ein fahrlässiger Verstoß der Beklagten gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG genügt jedoch nicht, um eine Sittenwidrigkeit zu begründen.
dd)
Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand - siehe oben - kann der Beklagten hinsichtlich der temperaturabhängigen Steuerung der Abgasreinigungsanlage höchstens eine rechtsfehlerhafte Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit a) VO 715/2007/EG vorgeworfen werden, was allein die Sittenwidrigkeit einer hierdurch möglicherweise entstandenen Schädigung nicht zu begründen vermag. Schon für einen bewussten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG, der ebenfalls allein keine Sittenwidrigkeit nach sich ziehen würde, gibt es - wie bereits ausgeführt - keine Anhaltspunkte.
(1)
Sofern ein Hersteller die Rechtslage fahrlässig verkennt, fehlt es an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, wie der Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Tatumstände (OLG Stuttgart, Urteil vom 30. Juli 2019 - 10 U 134/19). Dass auf Seiten der Beklagten das Bewusstsein eines möglichen Gesetzesverstoßes verbunden mit einer zumindest billigenden Inkaufnahme desselben vorhanden war, ist bereits weder ausreichend dargetan noch ersichtlich.
(2)
Hinzu kommt, dass das EU-Recht in Art. 5 Abs. 2 VO 2007/715/5 EG zumindest vertretbar das Verständnis zulässt, dass im vorliegenden Fall ein "Thermofenster" aus Motorschutzgründen erlaubt ist (so bspw. LG Stuttgart, Urteil vom 11. April 2019 - 3 O 371/18; Urteil vom 26. April 2019 - 3 O 372/18; Urteil vom 03. Mai 2019 - 22 O 238/18); dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung der Kammer in diversen "Parallelverfahren".
Dass die Gesetzeslage an dieser Stelle nicht unzweifelhaft und eindeutig ist, zeigt neben der kontrovers geführten Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 a) VO 2007/715/EG auch der Umstand, dass sich das KBA wie auch das BMVI bislang nicht von der Unzulässigkeit des behaupteten sog. "Thermofensters" im streitgegenständlichen Fahrzeug haben überzeugen können und ein Rückruf sämtlicher betroffener Fahrzeuge behördlich bis heute - unstreitig - gerade nicht angeordnet worden ist. Insbesondere ist das streitgegenständliche Fahrzeuges - ebenfalls unstreitig - bis heute überhaupt nicht von einem Bescheid des KBA erfasst.
Nach der Einschätzung der vom BMVI eingesetzten "Untersuchungskommission Volkswagen" liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vor. So heißt es im Bericht der Kommission zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 a) VO 715/2007/EG ausdrücklich:
"Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmung, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein." (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016, S. 123).
Aus Sicht der Untersuchungskommission bedarf es der weiteren Untersuchung durch die Aufsichtsbehörden im Einzelfall.
Hierbei schließt sich die Kammer - entgegen der Auffassung vereinzelter Kammern des Landgerichts Stuttgart - der Auffassung an, dass die Auslegung der VO 2007/715/EG, wonach ein "Thermofenster" eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, jedenfalls nicht unvertretbar ist (so auch: OLG Stuttgart, Urteil vom 30. Juli 2019 - 10 U 134/19; LG Stuttgart, Urteil vom 03.05.2019 - 22 O 238/18; LG Limburg, Urteil vom 24.05.2019 - 2 O 50/19; LG Bonn, Urteil vom 17.05.2019 - 15 O 132/18; LG Heidelberg, Urteil vom 17.05.2019 - 4 O 60/19; LG Amberg, Urteil vom 02.05.2019 - 21 O 849/18). Wenn ein solches Verständnis aber (zumindest) vertretbar ist, liegt bereits kein sittenwidriges und vorsätzliches Verhalten der Beklagten vor (so ebenfalls: OLG Stuttgart, Urteil vom 30. Juli 2019 - 10 U 134/19; LG Stuttgart, Urteil vom 03. Mai 2019 - 22 O 238/18; LG Bonn, Urteil vom 17. Mai 2019 - 15 O 132/18).
Darauf, ob das von der Klagepartei behauptete sog. "Thermofenster" tatsächlich eine (objektiv) unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, kommt es - wie oben bereits ausgeführt - letztlich nicht an, da es auf Seiten der Beklagten insoweit jedenfalls an einem sittenwidrigen Verhalten fehlt.
(3)
Die Frage, ob die oben ausgeführte Auslegung von Art. 5 Abs. 2 VO 2007/715/5 EG vertretbar ist, stellt keine nach Art 267 AEUV zulässige Vorlagefrage dar.
Der EuGH ist nicht dazu berufen die Anwendung europarechtlicher Vorschriften auf einen konkreten Lebenssachverhalt zu prüfen (EuGH, C-67/91, Slg. 1992, I-4785 - AEB). Ebenso wenig kommt die Auslegung nationaler Vorschriften durch den EuGH in Betracht und schließlich ist auch eine direkte Prüfung der Vereinbarkeit nationaler Maßnahmen und Vorschriften mit dem europäischen Recht ausgeschlossen (st. Rspr.: EuGH, 100/63, Slg. 1964, 1215, 1230 - Van der Veen; EuGH, 14/86, Slg. 1987, 2545, Rn. 15 - Pretore di Salo'; EuGH, C-167/94, Slg. 1995, I-1023, Rn. 4 - Grau Comis; EuGH, C-17/00, Slg. 2001, I-9445, Rn. 23 - De Coster). Keine Kompetenz des EuGHs besteht daher für ein Urteil, das bestimmte Vorschriften des nationalen Rechts direkt unter das europäische Recht subsumiert, da nur das nationale Gericht die im Vorabentscheidungsverfahren "abstrakt" ermittelten Erkenntnisse auf den Einzelfall anzuwenden hat (EuGH, C-61/98, Slg. 1999, I-5003, Rn. 29 - De Haan).
Vorliegend geht es nicht um die "richtige Auslegung" europarechtlicher Normen - wozuder EuGH nach Art 267 Abs. 1 lit. a) AEUV zweifelsohne berufen wäre -, sondern um die Frage, ob im Rahmen der Prüfung einer (Anspruchs-)Norm des nationalen Rechts - vorliegend § 826 BGB - eine von der "richtigen Auslegung" (möglicherweise) abweichende Auslegung europarechtlicher Normen vertretbar ist oder nicht. Mithin um eine Frage des nationalen Deliktsrecht, die allein anhand der nationalen Auslegungsregeln von den ausschließlich hierzu berufenen nationalen Gerichten zu beantworten ist.
c)
Nach alledem kommt eine Haftung der Beklagten nach § 826 BGB vorliegend nicht in Betracht.
7.
Des Weiteren ist auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB nicht schlüssig vorgetragen.
An die obigen Ausführungen anknüpfend fehlt es bereits an hinreichendem Vorbringen zu einer bewussten Täuschung der Beklagten gegenüber dem Kläger und zu einem zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit einer hieraus resultierenden Bereicherung. Auch insoweit ist es aus den oben ausgeführten Gründen nicht ausreichend, dass die Beklagte wusste, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung versehen war und es sich dabei möglicherweise um eine nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG unzulässige Abschalteinrichtung handelte.
8.
Nachdem eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB oder § 826 BGB aus genannten Gründen ausscheidet, steht dem Kläger auch der geltend gemachte Anspruch nach § 831 BGB nicht zu, da hierfür der Verrichtungsgehilfe den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung rechtswidrig erfüllt haben müsste (so auch: OLG Stuttgart, Urteil vom 21. Juni 2011 - 12 U 26/11).
9.
Da deliktische und andere nichtgewährleistungsrechtliche Ansprüche der Klagepartei nicht gegeben sind, kann vorliegend dahinstehen, ob die Abtretung in Ziff. II der Darlehensbedingungen der MBB wirksam ist und welche Folge eine mögliche Abtretung im konkreten Verfahren - lediglich ein Teil des Kaufpreises wurde über ein Darlehen finanziert - hat.
10.
Mangels Bestehen von Ansprüchen in der Hauptsache ist die Klage auch bezüglich dem von der Klagepartei geltend gemachten Feststellungsantrag abzuweisen. Aus dem gleichen Grund schuldet die Beklagte weder Zinsen noch ist sie in Verzug der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeuges oder schuldet die Erstattung vorgerichtlicher RVG-Gebühren.
Die Klage war vorliegend vollumfänglich abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Bei der Festsetzung des Streitwerts ist vom eingeklagten Zahlbetrag auszugehen. Die Zug-um-Zug-Leistung bleibt im Fall einer damit verbundenen Aufrechnung außer Betracht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.07.2017 - 6 U 154/17).