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28.01.2021 · IWW-Abrufnummer 220153

Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 06.12.2019 – 10 Sa 787/19

1. Bei von den Arbeitnehmern betrieblich erforderlichen Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Dienstkleidung handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611a Abs. 1 BGB (Anschluss an BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - NZA 2018, 1081).

2. Besteht ein Jahresarbeitszeitkonto und ist der das Kalenderjahr umfassende Bezugszeitraum abgelaufen, kann der Arbeitnehmer die Auszahlung des Entgelts für die bislang unberücksichtigt gebliebenen Umkleidezeiten verlangen. Dem steht das Bestehen eines Arbeitszeitkontos nicht grundsätzlich entgegen.

3. Die Arbeitnehmer können verlangen, dass die Umkleidezeiten auch im Falle des Urlaubs nach § 11 Abs. 1 BUrlG zu vergüten sind. Die Regelung in § 11 BUrlG ist einer unionsrechtskonformen Auslegung gemäß Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88 zugänglich, weil und soweit sichergestellt wird, dass sämtliche ausgefallenen Arbeitsstunden dem Arbeitnehmer nach den §§ 1 , 3 , 13 BUrlG - also im Rahmen des Zeitfaktors - garantiert werden.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Mai 2019 ‒ 7 Ca 2226/18 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.510,09 EUR (in Worten: Eintausendfünfhundertzehn und 09/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. April 2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 66 % und die Beklagte 34 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 65 % und die Beklagte 35 % zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte für das Umkleiden aufgewendete Arbeitszeit in den Kalenderjahren 2013 bis 2015 zu vergüten hat bzw. ob hierfür hilfsweise eine Freistellung zu erfolgen hat.



Die Beklagte gehört zu dem Konzern der A und stellt Verpflegung für den Verzehr/Verkauf auf den Flügen der A her.



Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 15. Januar 1985 als „Commis“ beschäftigt. Es gibt einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15. März 1995, der unter Ziff. 3 vorsieht, dass sich die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters aus den gültigen Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen und Regeln der B ergeben. Der Bruttostundenlohn belief sich auf 21,13 Euro.



Seit dem 1. Januar 2013 besteht bei der Beklagten die Pflicht, Arbeitskleidung im Betrieb anzulegen. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass sich die Umkleidezeit auf 8 Minuten je Umkleidevorgang, also 16 Minuten pro Arbeitstag beläuft.



Die Konzernbetriebsparteien haben am 9. September 2013 eine Konzernbetriebsvereinbarung „Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarungen Flex/Glaz der ehem. C“ (im folgenden KonzernBV) abgeschlossen, die zum Regelungsgegenstand hat, die Gesamtbetriebsvereinbarungen für bestimmte, dort näher bezeichnete Gesellschaften des C Konzerns mit Wirkung zum 1. Januar 2014 für anwendbar zu erklären. Davon erfasst war unter anderem die Rahmenbetriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Arbeitszeit (Flex) bei der C vom 13. Juni 2006 (im Folgenden RahmenBV Flex). Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Betriebsvereinbarung schon im Kalenderjahr 2013 im Betrieb Anwendung fand. Darin heißt es auszugsweise wie folgt:



„§ 2 Definitionen



Jahresarbeitszeitkonto:



Für die Mitarbeiter/-innen wird ein Jahresarbeitszeitkonto geführt. Hierauf wird zu Beginn des Bezugszeitraumes die tarifliche oder individuelle Jahresarbeitszeit als Sollarbeitszeit dokumentiert. Jede tatsächlich gearbeitete Stunde bzw. Ersatzzeiten werden gegen diese Sollarbeitszeit gebucht.



Bezugszeitraum:



Die Dauer des Bezugszeitraums ist die Zeit vom 01.01. bis 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres bzw. bei unterjährigem Eintritt des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin der Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Kalenderjahres.



Ausgleichszeitraum:



Der Ausgleichszeitraum ist der Zeitraum vom 01.01. bis 30.06. des auf den Bezugszeitraum folgenden Kalenderjahres, in welchem Überstunden abgebaut und Minusstunden ausgeglichen werden sollen.






§ 3 Jahresarbeitszeit

(1) Für die Mitarbeiter/-innen gilt auf der Basis der tariflich vereinbarten Stundenwoche bzw. bei Teilzeitmitarbeitern/innen auf Basis der vertraglichen Vereinbarung (Berechnungsgrundlage) eine Jahresgesamtarbeitszeit (zwölfmonatiger Bezugszeitraum 01.01. bis 31.12.) als vereinbart. … Der Bezugszeitraum endet stets am 31.12. des Jahres. (2) … (3) Für die Mitarbeiter/innen wird pro Bezugszeitraum ein Jahresarbeitszeitkonto geführt. Innerhalb eines Kontos werden die Zeiten nach oben oder unten durch Auf- oder Abbau des jeweiligen Zeitkontostandes erfasst. (4) Arbeitszeit, welche durch Dienst- oder Schichtpläne festgelegt wird, gilt im Rahmen der Jahresarbeitszeit als Grundarbeitszeit. Geleistete Arbeitszeit, die über die im Dienst- oder Schichtplan festgelegte Arbeitszeit hinausgeht, ist Überarbeit.






Überstunden nach § 9 Abs. 2a MTV Nr. 14 werden im Rahmen der Jahresarbeitszeit als zuschlagsberechtigte Stunden erfasst. Die Auszahlung erfolgt nicht sofort, sondern richtet sich nach den Regelungen des § 3 Abs. 6 dieser Betriebsvereinbarung.




(6) Der Stand des Jahresarbeitszeitkontos soll am Ende des Bezugszeitraums (31.12.) die regelmäßige tarifliche oder individuelle Jahresarbeitszeit zuzüglich 75,00 Stunden (Auslösegrenze) nicht überschreiten. Stunden bis zur Auslösegrenze werden in das Folgejahr übertragen. …“



Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der RahmenBV Flex wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Anl. K2.



Im Betrieb findet der Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 1. Januar 2007 (MTV Boden) Anwendung. Darin heißt es unter anderem wie folgt:



„§ 5 Wöchentliche Arbeitszeit

(1) Die Gesamtarbeitszeit beträgt über einen Bezugszeitraum von 18 Monaten durchschnittlich 37,5 Stunden pro Woche ausschließlich der Pausen. Sie kann - unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen - ungleichmäßig verteilt werden (Grundarbeitszeit).




(2) Im Ausnahmefall kann durch Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass am Ende des Bezugszeitraumes nicht ausgeglichene Stunden in den darauffolgenden Bezugszeitraum übertragen werden können. (3) Nur durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann, im Einvernehmen mit den Tarifpartnern und abweichend von den Umsetzungsvereinbarungen … die Art der betrieblichen Umsetzung der Vorgaben im zweiten und dritten Unterabsatz geregelt werden.






Für Tage der Abwesenheit unter Fortzahlung der Vergütung wird eine Zeitgutschrift in Höhe der Stunden gewährt, die über einen Bezugszeitraum nach § 5 Abs. (1) der durchschnittlich auf einen einzelnen Tag entfallenden Grundarbeitszeit in der 5-Tage-Woche entspricht. …“



Bezüglich der weiteren Einzelheiten des MTV Boden wird verwiesen auf die Anl. BB1.



Vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht war zu der Frage der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten bei der Beklagten ein Berufungsverfahren anhängig. Das Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 18. Dezember 2017 - 7 Sa 150/17 - entschieden, dass den Arbeitnehmern dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz nach den §§ 280, 283 BGB gerichtet auf Freizeitausgleich zusteht. Dieses Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.



Seit 2016 stellt die Beklagte freiwillig eine Zeitgutschrift von 16 Minuten pro Arbeitstag in das jeweilige Arbeitskonto ein.



Mit seiner am 27. April 2018 zugestellten Klage hat der Kläger seine Ansprüche bei dem Arbeitsgericht Frankfurt rechtshängig gemacht.



Hinsichtlich der Darstellung der streitigen Behauptungen und der Rechtsansichten der Parteien wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M.



Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.575,85 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. April 2018 zu zahlen; 2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung für 212 Arbeitsstunden von der Arbeitsleistung freizustellen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Das Arbeitsgericht Frankfurt a.M hat mit Urteil vom 29. Mai 2019 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angenommen, die notwendige Zeit für das Umkleiden am Tag von 16 Minuten sei zwar grundsätzlich zu vergüten, der Anspruch sei jedoch aufgrund der KonzernBV und der RahmenBV Flex ausgeschlossen. Danach bestünde nur dann ein Anspruch auf Vergütung, wenn die Stunden auf das Arbeitszeitkonto gebucht worden seien und am Ende des Ausgleichszeitraums ein positiver Arbeitszeitsaldo bestanden habe. Ein Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten folge auch nicht aus den §§ 280 Abs. 1, 3 und 283 BGB. Zwar habe es die Beklagte zu vertreten, dass die Umkleidezeiten nicht in das Arbeitszeitkonto gebucht wurden. Der Grundsatz der Naturalrestitution gebiete es allerdings, dass der Kläger allenfalls nachträgliche Arbeitszeitfreistellung verlangen könne, aber keine Auszahlung einer Vergütung. Schließlich könne der Kläger auf seinen Hilfsantrag hin auch keine Arbeitszeitfreistellung verlangen, denn er habe nicht ausreichend dargetan, in welchem Umfang er in den Kalenderjahren 2013 und 2015 tatsächlich gearbeitet habe. An Tagen, an denen er wegen Urlaubs oder infolge einer Arbeitsunfähigkeit nicht gearbeitet hat, habe er sich nicht umkleiden müssen, so dass insoweit auch kein Schaden entstanden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils der ersten Instanz wird Bezug genommen auf Bl. 51 - 58 der Akte.



Dieses Urteil ist dem Kläger am 18. Juni 2019 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist am 16. Juli 2019 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. September 2019 ist die Berufungsbegründung am 2. September 2019 bei dem Berufungsgericht eingegangen.



Der Kläger meint in der Berufungsinstanz, dass der Klage zu Unrecht nicht stattgegeben worden sei. Nach den Vorgaben der RahmenBV Flex sei es nicht möglich, nach Ablauf des Ausgleichszeitraums noch eine bezahlte Freistellung für den Arbeitnehmer - auch in Form eines Schadensersatzanspruchs - anzunehmen. Der von der Rechtsprechung statuierte Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit verfallenem Urlaub könne nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da Urlaub und bezahlte Freistellung nicht vergleichbar seien. Urlaub sei schon seiner Natur nach stets in Natur zu gewähren. Es sei widersprüchlich, einerseits die RahmenBV Flex anzuwenden, sofern es um das Erfordernis des Einbuchens der Arbeitszeit geht, sodann aber die Betriebsvereinbarung in Bezug auf die finanzielle Abgeltung und den Ausgleichszeitraum für unanwendbar zu erklären. Außerdem müsse der Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung Berücksichtigung finden. Der finanzielle Schaden umfasse auch Zeiten, in denen sich der Arbeitnehmer nicht zur Durchführung der Arbeit umgezogen hat, etwa im Fall von Urlaub oder Krankheit. Die 16 Minuten Umkleidezeit pro Tag würden Teil der Regelarbeitszeit. In Hessen seien im Kalenderjahr 2013 251 Arbeitstage, im Kalenderjahr 2014 gleichfalls 251 Arbeitstage und im Jahr 2015 253 Tage zu leisten gewesen. Der Kläger könne daher für 755 Tage insgesamt 4.254,10 Euro verlangen. Hilfsweise verlange er Entgelt auf der Grundlage der tatsächlich angefallenen Arbeitstage. Im Kalenderjahr 2013 habe er konkret an 123 Arbeitstagen, im Kalenderjahr 2014 an 119 Arbeitstagen und im Kalenderjahr 2015 an 113 Arbeitstagen gearbeitet und sich umgezogen.



Der Kläger stellt den Antrag,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 29. Mai 2019 - 7 Ca 2226/18 - abzuändern und 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.254,10 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Januar 2018 zu zahlen; 2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung für 201,33 Arbeitsstunden von der Arbeitsleistung freizustellen; 3. höchst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung für 94,7 Arbeitsstunden von der Arbeitsleistung freizustellen.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und meint, allenfalls käme nach den zu Grunde liegenden Kollektivvereinbarungen ein Anspruch auf Freizeitausgleich in Betracht. Sie vertritt die Auffassung, dass die zu Grunde liegenden Betriebsvereinbarungen zwar nicht ausdrücklich die Frage regelten, was mit zu Unrecht nicht verbuchten Arbeitszeitstunden zu geschehen habe, eine an Sinn und Zweck der Vereinbarung orientierte Auslegung müsse allerdings ergeben, dass auch in diesem Fall zunächst versucht werden müsse, Freizeitausgleich zu gewähren. Zum gleichen Ergebnis komme man, wenn man mit dem Landesarbeitsgericht bzw. dem Arbeitsgericht dem Grunde nach eine Schadensersatzpflicht der Beklagten bejaht. Auch in diesem Fall sei der Schadensersatz zunächst auf einen tatsächlichen Freizeitausgleich gerichtet. Das Arbeitsgericht habe darüber hinaus zutreffend angenommen, dass dem Kläger dann kein Schaden entstanden sei, sofern er wegen Krankheit oder Urlaub nicht im Betrieb anwesend und sich dann auch nicht umgezogen habe. Die nicht vergütete Zeit für das Umkleiden sei als Mehrarbeit anzusehen, nicht aber als Teil der regelmäßigen Arbeitszeit. Dies gelte im Hinblick auf die §§ 27, 32 Nr. 14 MTV Boden auch im vorliegenden Fall. Sie erhebe ferner die Einrede der Verjährung in Bezug auf vermeintliche Ansprüche auf Zeitgutschrift für das Jahr 2013. Außerdem sei der Anspruch verwirkt. Aus den monatlichen Abrechnungen habe der Kläger ersehen können, dass Umkleidezeiten nicht vergütet würden. Hiergegen habe er sich gegenüber der Beklagten nicht gewandt.



Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend Bezug genommen auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften.



Die Berufung hat teilweise Erfolg. Der Kläger kann verlangen, das Entgelt für die Umkleidezeiten nachgezahlt zu bekommen. Die RahmenBV Flex steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Für Fehlzeiten wegen Krankheit gilt dies aber nicht, da die tarifliche Regelung in § 5 Abs. 3 UAbs. 3 MTV Boden nur eine Zeitgutschrift in Höhe der tariflichen Grundarbeitszeit vorsieht und die Abweichung vom EFZG durch § 4 Abs. 4 EFZG gedeckt ist. Hingegen sind die Umkleidezeiten im Falle von Urlaub entgeltpflichtig, da § 13 Abs. 1 BUrlG eine Abweichung bzgl. des Zeitfaktors nicht gestattet. Ansprüche aus dem Kalenderjahr 2013 hat der Kläger nicht, da diese verjährt sind.



Entscheidungsgründe



A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist vom Wert her unproblematisch statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ArbGG) sowie innerhalb der bis zum 2. September 2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch rechtzeitig begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., Abs. 1 Satz 5 ArbGG).



B. Die Berufung ist teilweise begründet.



I. Der Hauptantrag des Klägers gerichtet auf Zahlung eines Entgelts für die Umkleidezeiten ist teilweise begründet. Der Kläger kann für die für das Umkleiden benötigte Zeit Zahlung von 1.510,09 Euro gemäß § 611a Abs. 2 BGB verlangen. Sofern er in Urlaub war, folgt der Anspruch aus § 1 BUrlG.



1. Bei den von dem Kläger benötigten Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611a Abs. 1 BGB (vgl. BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 21, NZA 2018, 1081; BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 11, NZA 2018, 180).



a) Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611a Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an. Zu der weisungsabhängigen Arbeit im Dienst eines anderen i.S.d. § 611a BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste i.S.d. § 611a Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (vgl. BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 22, NZA 2018, 1081; BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 12 NZA 2018, 180).



Um vergütungspflichtige Arbeit handelt es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung oder wenn es um dem Arbeitsschutz Rechnung tragende Sicherheitskleidung geht, wie das Tragen von Sicherheitsschuhen (BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 28, NZA 2018, 1081). Das Ankleiden mit einer vorgeschriebenen Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. Gleiches gilt, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen (BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 24, NZA 2018, 1081).



b) Im vorliegenden Fall besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass es sich um Dienstkleidung nach den oben dargestellten Grundsätzen handelt, für die grundsätzlich eine Vergütung geschuldet ist. Seit dem Jahr 2016 trägt die Beklagte dem Rechnung durch entsprechende Gutschriften im Arbeitszeitkonto.



2. Mit der Einordnung der Umkleidezeiten als Teil der i.S.v. § 611a Abs. 1 BGB weisungsgebundenen Arbeit ist noch nicht geklärt, wie diese Zeiten zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleidezeiten getroffen werden (vgl. BAG 12. Dezember 2018 - 5 AZR 124/18 - Rn. 19, NZA 2019, 549).



Es erscheint fraglich, ob durch eine Betriebsvereinbarung überhaupt eine Abweichung möglich ist. Nach der ständigen Rspr. des BAG und den dort verwendeten Obersätzen kann von der nach § 611a BGB bestehenden Vergütungspflicht nur aufgrund einer Regelung im Arbeits- oder Tarifvertrag abgewichen werden. Betriebsvereinbarungen erwähnt das BAG hingegen (gerade) nicht (vgl. BAG 12. Dezember 2018 - 5 AZR 124/18 - Rn. 31, NZA 2019, 549). Allerdings ließe sich argumentieren, dass § 5 Abs. 3 MTV Boden die Einführung eines flexiblen Arbeitszeitmodells mit einem Arbeitszeitkonto auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung ermöglicht. Zugunsten der Beklagten wird im Folgenden unterstellt, dass eine wirksame tarifliche Öffnungsklausel zugunsten der Betriebsparteien gegeben ist.



3. Die RahmenBV Flex steht dem Entgeltanspruch des Klägers nicht entgegen.



a) Denn die RahmenBV Flex enthält zu der Frage der Umkleidezeiten keine ausdrückliche Regelung. Damit hat sie den Vergütungsanspruch nach § 611a Abs. 2 BGB auch nicht anderweitig geregelt (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 36, NZA 2014, 787).



b) Für den Kläger wird ein Arbeitszeitkonto geführt. Dies steht dem Anspruch von seinem Sinn und Zweck aus betrachtet nicht entgegen, da die jeweiligen Bezugs- und Ausgleichszeiträume abgelaufen sind. Die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos führt auch nicht zu einer Unmöglichkeit, „erarbeitete“ Stunden nachträglich in Geld auszuzahlen.



aa) Die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos nach §§ 2, 3 RahmenBV Flex steht einem Anspruch auf Auszahlung von Entgelt nicht grundsätzlich entgegen.



(1) Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611a Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands (z.B. § 615 Satz 1 und Satz 3, § 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EFZG, § 37 Abs. 2 BetrVG) nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss (vgl. BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 17, NZA 2016, 1152; BAG 23. September 2015 - 5AZR 767/13 - Rn. 20, NZA 2016, 295). Ein Zeitguthaben drückt nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus (vgl. BAG 23. September 2015 - 5AZR 767/13 - Rn. 20, NZA 2016, 295).



Nach § 2 Abs. 1 RahmenBV Flex wird für jeden Mitarbeiter ein Jahresarbeitszeitkonto geführt. Die tarifliche bzw. individuelle Jahresarbeitszeit wird hierauf als Sollarbeitszeit dokumentiert. Jede tatsächlich geleistete Stunde bzw. Ersatzzeiten werden gegen diese Sollarbeitszeit gebucht. Bezugszeitraum soll die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember, also das jeweilige Kalenderjahr, sein. Bei einem Jahresarbeitszeitkonto erhält der Arbeitnehmer ein verstetigtes Arbeitsentgelt entsprechend der geltenden betrieblichen Arbeitszeit. Da die Arbeitszeit flexibel gestaltet wird, verliert der Arbeitnehmer grundsätzlich seinen Anspruch auf Überstundenzuschläge. Wirtschaftlich gewähren sich die Arbeitsvertragsparteien wechselseitig Darlehen, der Arbeitgeber gewährt ein Entgeltdarlehen bei herabgesetzter Arbeitszeit und der Arbeitnehmer gewährt ein Arbeitszeitdarlehen bei heraufgesetzter Arbeitszeit (vgl. Schaub ArbR HdB/Vogelsang 18. Aufl. § 160 Rn. 53; MHdB ArbR/Schüren 4. Aufl. § 44 Rn. 15).



Besteht bei einem Arbeitszeitkonto Streit darüber, ob sämtliche Stunden vergütet worden sind, kann der Arbeitnehmer nach st. Rspr. des BAG beantragen, die fehlenden Stunden dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist insbesondere hinreichend bestimmt, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können, und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (vgl. BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 14, NZA 2016, 1152; BAG 17. November 2011 - 5 AZR 681/09 - BeckRS 2012, 67540). Soweit ersichtlich, ist aus Sicht des BAG das „Gutschreiben“ von Stunden in ein Arbeitszeitkonto noch so lange möglich, solange das Arbeitszeitkonto existiert und das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist (vgl. BAG 14. August 2002 - 5 AZR 417/01 - AP Nr. 10 zu § 2 EntgeltFG). Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger auch beantragen können, die fehlenden Stunden dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.



Das BAG hat in einer Entscheidung, bei der es um die nachträgliche Vergütung von Umkleidezeiten ging, problematisiert, ob der Kläger anstelle eines Zahlungsanspruches ggf. nur Einstellung der Stunden in das Arbeitszeitkonto verlangen könne (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 40, NZA-RR 2013, 63). In einer anderen Entscheidung hat der Senat klargestellt, dass der Arbeitnehmer jedenfalls dann direkt auf Auszahlung der Stunden klagen könne, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist (vgl. BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 23, NJW 2013, 3806). Demgegenüber ist der gleiche Senat in einer neueren Entscheidung davon ausgegangen, dass für das Abholen von Dienstkleidung Vergütung zu zahlen sei, auch wenn ein Arbeitszeitkonto für den betreffenden Arbeitnehmer geführt worden ist (BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 36, NZA 2014, 787). In diesem Fall wurde für einen Straßenbahnfahrer nach § 10 Abs. 4 TV-Nahverkehr Berlin (ebenfalls) ein auf das Jahr angelegte Arbeitszeitkonto geführt (i.E. ebenso LAG Sachsen 29. November 2016 - 3 Sa 347/16 - Rn. 140 und 149, Juris; LAG Köln 22. August 2018 - 11 Sa 666/17 - Rn. 21 und 28, Juris - dort wurde jeweils einem Antrag auf Auszahlung der Vergütung von Umkleidezeiten trotz Bestehens eines Arbeitszeitkontos stattgegeben).



(2) Aus Sicht der Kammer sprechen die besseren Gründe dafür, im vorliegenden Fall eine Pflicht des Arbeitnehmers, lediglich die Korrektur einer Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto oder eine entsprechende Freistellung - wovon die Beklagte primär ausgehen möchte - zu beantragen, abzulehnen. Er kann (unmittelbar) vielmehr auf Zahlung des Entgelts klagen.



Der Kläger macht Ansprüche für den Zeitraum 2013 bis 2015 geltend. Für diesen Zeitraum ist sowohl der jeweilige auf das Kalenderjahr bezogene sog. Bezugszeitraum als auch der sich dann für ein halbes Jahr anschließende sog. Ausgleichszeitraum gemäß § 2 Abs. 2 und 3 RahmenBV Flex abgelaufen. Sinn und Zweck des bei der Beklagten zum Einsatz kommenden Arbeitszeitmodells ist es, eine Flexibilisierung der Arbeitszeit bezogen auf das jeweilige Kalenderjahr zu gewährleisten. Für die Zeiten in dem jeweiligen Kalenderjahr werden Minusstunden gegen die Sollarbeitszeit verrechnet. Für Plusstunden gilt, dass nach § 3 Abs. 6 Satz 1 RahmenBV Flex der Stand des Jahresarbeitszeitkontos am Ende des Bezugszeitraums die regelmäßige tarifliche oder individuelle Jahresarbeitszeit zzgl. der Auslösegrenze von 75 Stunden nicht überschreiten soll. Stunden bis zur Auslösegrenze werden in das Folgejahr übertragen, während darüber hinausgehende Stunden vergütet werden und gegebenenfalls mit einem Zuschlag ausgezahlt werden. Werden Stunden in das folgende Kalenderjahr übertragen, sollen diese bis zum 30. Juni des Folgejahres abgebaut werden. Nach Ende des sechsmonatigen Ausgleichszeitraums entfallen die Minusstunden, die verbleibenden Überstunden werden entsprechend ihrer Wertigkeit allerdings gemäß § 3 Abs. 8 Satz 3 RahmenBV Flex ausgezahlt.



Einem Entgeltanspruch könnte ein Arbeitszeitkonto somit nach dessen Sinn und Zweck nur dann entgegenstehen, wenn der maßgebliche Bezugs- und Ausgleichszeitraum noch nicht abgelaufen ist. Klagt der Arbeitnehmer z.B. am Anfang des Jahres 2018 auf die Auszahlung von „Überstunden“, die er in 2018 erarbeitet hat, so kann einem solchen Anspruch solange nicht stattgegeben werden, wie das Kalenderjahr 2018 noch nicht abgelaufen ist und - ggf. unter Berücksichtigung eines sich anschließenden Ausgleichszeitraums - deshalb noch nicht feststeht, ob die „Überstunden“ nicht gebraucht werden, um auf die geschuldete Solljahresarbeitszeit des Arbeitnehmers zu kommen. Solange der Bezugszeitraum noch nicht abgelaufen ist, sind die geleisteten Stunden und das ausgezahlte verstetigte Monatsentgelt nur „Rechengrößen“, die am Ende des Bezugszeitraums gegeneinander verrechnet werden müssen.



Die Situation ist aber eine andere, wenn der jeweilige Bezugs- und Ausgleichszeitraum abgelaufen ist. Ob ein Arbeitszeitguthaben, welches z.B. aus dem Jahr 2014 stammt, stellte man dieses zu einem Zeitpunkt nach der gerichtlichen Entscheidung in das Arbeitszeitkonto - hier also etwa 2019 oder 2020 - ein, zu einem Freizeitanspruch, zu einem Anspruch auf eine zuschlagspflichtige Überstunde oder dazu verwendet wird, Minusstunden abzubauen, ist eine rein hypothetische und spekulative Frage. Nach der hier vertretenen Ansicht kann daher der Arbeitgeber deshalb nicht verlangen, dass die Überstunden nur in einer bestimmten Weise, nämlich durch Freizeitausgleich, abgegolten werden.



Ein allgemeines Primat, dass Plusstunden durch Freizeit abzubauen sind, lässt sich der RahmenBV Flex entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entnehmen. Für Stunden oberhalb der Auslösegrenze von 75 Stunden gilt, dass diese grds. mit Zuschlägen abzugelten sind. Sind am Ende des Übertragungszeitraums noch Überstunden vorhanden, werden diese nicht etwa fortlaufend im Arbeitszeitkonto fortgeführt und später in Freizeit abgegolten, sondern sie werden ebenfalls in Geld abgegolten. Es begegnet vor diesem Hintergrund Bedenken, zugunsten des Arbeitgebers allgemein eine Ersetzungsbefugnis anzunehmen i.S.e. Wahlrecht, ob ein Ausgleich in Freizeit oder in Entgelt vorzunehmen ist. Eine solche Ersetzungsbefugnis besteht allenfalls bis zum Ablauf des Ausgleichszeitraums. Wie die Regelung in § 3 Abs. 9 RahmenBV Flex zeigt, steht ein Wahlrecht im begrenzten Umfang auch den Beschäftigten zu. Die Betriebsvereinbarung dient auch nicht vorrangig den Interessen des Arbeitgebers, sondern vielmehr allgemein dem Interesse an Flexibilisierung der Arbeitszeit. Dies bringt für beide Seiten sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er die Arbeitnehmer gemäß der anfallenden Arbeit flexibel einsetzen kann. Die Arbeitnehmer haben den Vorteil, dass sie ein monatlich verstetigtes Gehalt erhalten, auch wenn sie weniger als die monatliche Sollarbeitszeit gearbeitet haben. Sinn und Zweck der RahmenBV Flex ist es aber nicht, einen Anspruch des Arbeitgebers dahingehend abzusichern, dass er - ggf. zur Vermeidung zuschlagspflichtiger Überstunden - in jedem Fall ein Wahlrecht zugunsten von Freitzeitausgleich ausüben darf.



Geht man mit dem BAG davon aus, dass eine Gutschrift in einem Arbeitszeitkonto nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrückt (vgl. BAG 23. September 2015 - 5AZR 767/13 - Rn. 20, NZA 2016, 295), so spricht vieles dafür, dem Arbeitnehmer im Grundsatz eine Wahlmöglichkeit zuzubilligen, ob er für die geleisteten Stunden Entgelt oder „nur“ eine Zeitgutschrift oder ggf. auch Freitzeitausgleich geltend macht. Geht man davon aus, dass die Arbeitnehmer für die Zeiten, die für das An- und Umkleiden aufgewandt worden sind, Arbeitsentgelt i.S.d. § 611a Abs. 2 BGB „erdient“ haben, so bedürfte es einer klaren anderslautenden Regelung bzw. eines zwingenden übergeordneten Prinzips, um dem Arbeitnehmer diesen Vergütungsanspruch zu verweigern. Beides ist hier nicht erkennbar. Vielmehr ist nicht einzusehen, weshalb der Arbeitnehmer gehalten sein soll, dem Arbeitgeber weiterhin ein Arbeitszeitdarlehen zu gewähren.



bb) Der Arbeitgeberin ist es auch nicht unmöglich, den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen, § 275 Abs. 1 BGB (a.A. Hess. LAG 18. Dezember 2017 - 7 Sa 150/17 - n.v.). Der Ansicht, dass eine Arbeitsstunde bei Bestehen eines Arbeitszeitkontos nur dann ausgezahlt werden kann, wenn sie zuvor in das Konto eingebucht worden ist, kann nicht gefolgt werden. Die Abrechnung und Auszahlung mag faktisch für den Arbeitgeber beschwerlicher sein, wenn dies „außerhalb des Arbeitszeitkontos“ verbucht werden muss, sie ist aber nicht unmöglich. Da die RahmenBV Flex auch Fälle kennt, in denen Arbeitzeitguthaben ausgezahlt wird, verbietet sich die Annahme einer Unmöglichkeit schon aus diesem Grund. Ferner hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch den formalen Akt der Einstellung oder Nichteinstellung in das Arbeitszeitkonto über seine nach dem Arbeitsvertrag bestehende Hauptleistungspflicht aus § 611a Abs. 2 BGB zu disponieren.



Zieht man einen Vergleich zum Urlaubsrecht, so hat die Rspr. eine Unmöglichkeit der Nachgewährung von Urlaub angenommen, wenn das Kalenderjahr abgelaufen war und kein Übertragungstatbestand vorlag. Dies beruhte aber auf einer klaren gesetzlichen Regelung, nämlich auf § 7 Abs. 3 BUrlG. An einer entsprechenden Regelung fehlt es in der RahmenBV. Es gibt dort keine Regelung, die anordnet, dass der Vergütungsanspruch für „erdiente“ Arbeitsstunden untergehen soll (i.E. ebenso LAG Sachsen 29. November 2016 - 3 Sa 347/16 - Rn. 140 und 149, Juris; LAG Köln 22. August 2018 - 11 Sa 666/17 - Rn. 21 und 28, Juris).



4. Der Kläger kann nicht Vergütung für Umkleidezeiten für Tage verlangen, an denen er im Betrieb wegen Krankheit gefehlt hat und deshalb keine Umkleidezeiten angefallen sind. Dies ist durch § 4 RahmenBV Flex sowie § 5 Abs. 3 MTV Boden ausgeschlossen.



a) Im vorliegenden Fall wurde auf Grundlage der RahmenBV Flex für den Kläger ein Arbeitszeitkonto geführt. Die Betriebspartner haben in § 4 RahmenBV Flex geregelt, wie die Arbeitszeit im Falle von Krankheit zu verbuchen ist. Nach § 4 Abs. 1 RahmenBV Flex erfolgt die Zuschreibung im Falle von Krankheit auf das Zeitkonto auf Basis der geplanten Arbeitszeit. In den streitgegenständlichen Kalenderjahren hat die Arbeitgeberin in die Arbeitszeitpläne Zeiten für das Umkleiden nicht mit aufgenommen. Damit ist ausgeschlossen, eine „fiktive“ Zeit für das Umkleiden anzusetzen.



b) Dieses Ergebnis steht auch mit höherrangigen Recht im Einklang. Der Klägerseite ist zwar darin Recht zugeben, dass es sich bei den ständig abgeleisteten Umkleidezeiten um keine - nicht entgeltpflichtige - Überstunden i.S.d. § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG handelt. Allerdings durften die Tarifpartner hiervon nach § 4 Abs. 4 EFZG zulasten der Arbeitnehmer abweichen.



aa) Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gilt nach § 4 Abs. 1 EFZG ein modifiziertes Entgeltausfallprinzip. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich diejenige Vergütung erhalten, die er nach der für ihn maßgeblichen Arbeitszeit erzielt hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig krank geworden wäre, sondern gearbeitet hätte (vgl. BAG 20. Juni 2018 - 5 AZR 377/17 - Rn. 11, NZA 2018, 1494 [BAG 16.05.2018 - 4 AZR 209/15]).



§ 4 Abs. 1a EFZG schränkt dies hinsichtlich des Entgelts für Überstunden und für Aufwendungsersatzleistungen ein (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 495/14 - Rn. 31, AP EntgeltFG § 4 Nr. 74; MHdB ArbR/Greiner 4. Aufl. § 81 Rn. 6). Es soll damit eine Überkompensation verhindert werden. Nach § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG gehört nicht zum Arbeitsentgelt nach Abs. 1 das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt. Dieses ist im Krankheitsfall nicht fortzuzahlen. Das Gesetz klammert sowohl die Grundvergütung als auch die Zuschläge für die Überstunden aus. Maßgeblich für das Vorliegen von Überstunden ist die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers (vgl. BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - Rn. 22, NZA 2004, 1042). § 4 Abs. 1a EFZG erfasst nach seinem Wortlaut sowie Sinn und Zweck auch wiederholt geleistete Überstunden. Überstunden i.S.v. § 4 Abs. 1a EFZG liegen vor, wenn die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschritten wird. Leistet der Arbeitnehmer ständig eine bestimmte Arbeitszeit, die mit der betriebsüblichen oder tariflichen Arbeitszeit nicht übereinstimmt, kann von Überstunden i.S.d. Gesetzes nicht gesprochen werden. Überstunden werden wegen bestimmter besonderer Umstände zusätzlich geleistet (vgl. BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - Rn. 22, NZA 2004, 1042).



Damit sind Überstunden nach der Ansicht des BAG nur dann im Rahmen der Entgeltfortzahlung vergütungspflichtig, wenn sie vorübergehend und wegen eines besonderen Ereignisses anfallen. So liegt der Fall hier nicht. Die Umkleidezeiten fielen vielmehr jeden Arbeitstag an und hingen untrennbar mit der zu verrichteten Arbeit zusammen. In einem solchen Fall verbleibt es grds. bei der Vergütungspflicht. Werden dauerhaft Überstunden abgefordert, ist das auch im Rahmen der Entgeltfortzahlung relevant (vgl. BAG 8. November 2017 - 5 AZR 11/17 - Rn. 45, NZA 2018, 528; LAG Sachsen 31. Juli 2014 - 8 Sa 137/14 - BeckRS 2014, 19061; ErfK/Reinhard 19. Aufl. § 4 EFZG Rn. 7; AR/Vossen 9. Aufl. § 4 EFZG Rn. 29 Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt EFZG 8. Aufl. § 4 Rn. 132; implizit für nach dem Dienstplan vorgesehene Überstunden auch BAG 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 16. NZA 2015, 499). Ob eine konkludente Änderung der vertraglichen oder tariflichen Arbeitszeit angenommen werden kann, ist nicht entscheidend. Vielmehr kommt es auf die gelebte Vertragspraxis an.



bb) Durch Tarifvertrag kann allerdings nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG eine von den Abs. 1, 1a und 3 des § 4 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. „Bemessungsgrundlage“ im Sinne dieser Vorschrift ist die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Entgeltfortzahlung. Hierzu gehören sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage. Die Berechnungsgrundlage setzt sich aus Geld- und Zeitfaktor zusammen. Sie betrifft Umfang und Bestandteile des der Entgeltfortzahlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts sowie die Arbeitszeit des Arbeitnehmers. Arbeitszeit i.S.d. § 4 Abs. 4 EFZG meint dabei diejenige Arbeitszeit, für die der Arbeitnehmer in dem Zeitraum nach § 3 Abs. 1 EFZG Arbeitsentgelt bekommen hätte, wenn er nicht an der Arbeitsleistung verhindert gewesen wäre, sondern gearbeitet hätte (vgl. BAG 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 17, NZA 2015, 499).



In diesem Rahmen sind Abweichungen auch zulasten des Arbeitnehmers zulässig. Bei der Gestaltung der Bemessungsgrundlage müssen die Tarifvertragsparteien aber darauf achten, dass sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen die anderen, nach § 12 EFZG zwingenden und nicht tarifdispositiven Bestimmungen des EFZG verstoßen. Die Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien findet dort ihre Grenze, wo der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in seiner Substanz angetastet wird. Insbesondere sind die Tarifvertragsparteien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden (vgl. BAG 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 18, NZA 2015, 499).



Nach § 5 Abs. 3 UAbs. 3 MTV Boden ist es zulässig, dass für Tage der Abwesenheit unter Fortzahlung der Vergütung eine Zeitgutschrift in Höhe der durchschnittlichen tariflichen Grundarbeitszeit in das Arbeitszeitkonto eingestellt wird. Damit wird nicht in die Substanz des Entgeltfortzahlungsanspruchs eingegriffen. Obwohl der Arbeitnehmer an sich Überstunden geleistet hätte, ist es hinzunehmen, dass zum Zwecke der Berechnung lediglich die tarifübliche Arbeitszeit zugrunde gelegt wird (vgl. BAG 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - NZA 2015, 499). Aus § 27 Abs. 2 MTV Boden kann der Kläger nichts Weitergehendes herleiten. Dort wird auf die Grundvergütung und die Zulagen bzw. auf einen Pauschalbetrag zur Abgeltung von Zeitzuschlägen abgestellt. Eine Grundlage für eine entsprechende Berechnung hat der Kläger nicht im Prozess unterbreitet.



cc) Dies entspricht auch der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BAG. Das BAG hat in einem Fall, in dem es ebenfalls um die nachträgliche Vergütung von Umkleidezeiten ging und in dem ebenfalls ein Arbeitszeitkonto - dort auf tariflicher Grundlage - geführt worden ist, angenommen, dass die Krankheitstage unberücksichtigt bleiben müssten (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 42, NZA-RR 2013, 63). Diese Zeiten seien in der Vergangenheit vom Arbeitgeber bei der Zahlung der verstetigen Grundvergütung nicht berücksichtigt worden, weshalb sie nunmehr als Überstunden zu vergüten seien. Die damalige einschlägige tarifliche Regelung in § 21 Satz 3 TV-L sah vor, dass zusätzlich zu zahlendes Entgelt nicht in die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle einfließt (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 42, NZA-RR 2013, 63).



5. Für die Zeiten des Urlaubs hingegen kann der Kläger i.E. die Berücksichtigung der Umkleidezeiten verlangen. Dies folgt aus einer unionsrechtlich gebotenen Auslegung von § 13 Abs. 1 sowie § 11 Abs. 1 BUrlG. Für Bestandteile des Entgelts, die im synallagmatischen Verhältnis mit der Arbeitspflicht stehen, kann der Arbeitnehmer auch Entgeltfortzahlung verlangen, wenn er Urlaub nimmt. Davon kann auch durch Tarifvertrag nicht abgewichen werden.



a) Zieht man nur die RahmenBV Flex heran, würde sich wie beim Anspruch nach dem EFZG an sich kein Zahlungsanspruch ergeben. Für den Urlaub ist in § 4 Abs. 2 RahmenBV Flex geregelt, dass die vertraglich vereinbarte durchschnittliche tägliche Arbeitszeit auf Basis des Urlaubswochenfaktors, der sich aus den Dienst- und Schichtplänen ergibt, zugeschrieben wird. Auch insoweit hat die Arbeitgeberin die Umkleidezeiten in der Vergangenheit nicht berücksichtigt.



b) Die Nichtberücksichtigung von den Umkleidezeiten bei der Berechnung des Urlaubsentgelts für den gesetzlichen Mindesturlaub verstößt aber gegen § 11 Abs. 1 BUrlG.



Dauerhaft anfallende Mehrarbeit muss auch im Falle des Urlaubs weitergezahlt werden. Dies ergibt sich auch aufgrund einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 11 BUrlG. Die Regelung ist einer unionsrechtskonformen Auslegung zugänglich, weil und soweit durch die Anwendung des § 11 BUrlG sichergestellt wird, dass sämtliche ausgefallene Arbeitsstunden dem Arbeitnehmer nach den §§ 1, 3, 13 BUrlG - also im Rahmen des Zeitfaktors - garantiert werden (vgl. EuArbR/Gallner 3. Aufl. RL 2003/88/EG Art. 7 Rn. 28; wohl ebenso Franzen NZA 2014, 647, 648; MHdB ArbR/Klose 4. Aufl. § 87 Rn. 26; Preis/Sagan/Mehrens/Witschen 2. Aufl. § 8 Rn. 8.41).



aa) § 1 BUrlG erhält für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs den Anspruch auf Vergütung der infolge des Urlaubs ausfallenden Arbeitszeit aufrecht, sog. Zeitfaktor (BAG 8. November 2017 - 5 AZR 11/17 - Rn. 18, NZA 2018, 528). Wie die infolge Urlaubs ausfallenden Arbeitsstunden zu vergüten sind (sog. Geldfaktor), bestimmt sich nach dem in § 11 Abs. 1 BUrlG geregelten Referenzprinzip.



Der Zeitfaktor bestimmt die am jeweiligen Urlaubstag infolge der Freistellung ausfallende Arbeitszeit, für die das Urlaubsentgelt fortzuzahlen ist. Maßgeblich hierfür sind nicht Daten aus der Vergangenheit, sondern die durch die Befreiung von der Arbeitspflicht ausgefallene Arbeitszeit. Der Arbeitgeber hat die Arbeitsstunden zu vergüten, die der Arbeitnehmer während des Urlaubs gearbeitet hätte, wäre er an diesen Tagen nicht von seiner Arbeitspflicht befreit worden (vgl. BAG 8. November 2017 - 5 AZR 11/17 - Rn. 19, NZA 2018, 528). Auf die Arbeitszeit im Bezugszeitraum kommt es nicht an. Die in § 1 BUrlG begründete Verpflichtung des Arbeitgebers, grundsätzlich alle infolge der Arbeitsbefreiung ausfallenden Arbeitsstunden zu vergüten, hat weder in § 11 Abs. 1 BUrlG noch an anderer Stelle im BUrlG eine einschränkende Regelung erfahren. Zu der infolge des Urlaubs ausfallenden und demzufolge zu vergütenden Arbeitszeit gehören deshalb auch die im Freistellungszeitraum anfallenden Überstunden (ebenso Franzen NZA 2014, 647, 648). Die Novellierung urlaubsrechtlicher Vorschriften durch das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 hat hieran nichts geändert. Betroffen war hiervon ausschließlich die aus der durchschnittlichen Vergütung im Bezugszeitraum zu errechnende Bemessungsgrundlage für die Bestimmung des Geldwerts der Ausfallstunden (vgl. BAG 8. November 2017 - 5 AZR 11/17 - Rn. 19, NZA 2018, 528). Angeordnete Überstunden werden demnach bei dem Zeitfaktor, nicht aber bei dem Entgeltfaktor, berücksichtigt.



bb) Auch eine unionrechtskonforme Auslegung von § 11 BUrlG erfordert es, die Umkleidezeiten bei der Vergütung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen.



Die Regelung in Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88 behandelt den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 17 NZA 2014, 593). Dabei muss jede Unannehmlichkeit, die untrennbar mit der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden ist und durch einen in die Berechnung des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers eingehenden Geldbetrag abgegolten wird, zwingend Teil des Betrags sein, auf den der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 29, NZA 2014, 593). Demgegenüber können Entgeltbestandteile, die ausschließlich gelegentlich anfallende Kosten oder Nebenkosten decken sollen, die bei der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben entstehen, unberücksichtigt bleiben (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 31, NZA 2014, 593).



Die Umkleidezeiten fallen notwendig mit der täglichen Verrichtung der Arbeit an und stellen eine Unannehmlichkeit dar, die mit der Erfüllung der Arbeitsaufgaben untrennbar verbunden ist. Für diese Arbeitszeit ist auch nach § 611a Abs. 1 BGB das Entgelt fortzuzahlen (vgl. BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 21, NZA 2018, 1081). Dies muss dann auch für die Entgeltfortzahlung während des Urlaubs gelten.



Dies gilt jedoch freilich nur, sofern die unionsrechtlich gebotene Mindestdauer des Urlaubs von vier Wochen betroffen ist (vgl. EuGH 19. November 2019 - C.609/17 u.a. - Rn. 33 ff., NZA 2019, 1631). In Bezug auf den übergesetzlichen Urlaub sind die nationalen Staaten bzw. die Tarifvertragsparteien frei, abweichende Regelungen vorzusehen.



c) Hiervon kann auch nicht nach § 13 Abs. 1 BUrlG durch Tarifvertrag zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden. Die Tarifvertragsparteien könnten z.B. anstelle des Referenzprinzips das Entgeltausfallprinzip normieren oder auch Modifikationen bei dem Entgeltfaktor vornehmen. Sie können aber nicht den Zeitfaktor in der Weise ändern, dass der Arbeitnehmer im Ergebnis weniger Stunden für jeden Urlaubstag erhält, als er bei Fortsetzung seiner Tätigkeit gearbeitet hätte (vgl. BAG 5. September 2002 - 9 AZR 244/01 - NZA 2003, 726; ErfK/Gallner 19. Aufl. § 13 BUrlG Rn. 19; NK-ArbR/Düwell § 13 BUrlG Rn. 10). Das hier vorgenommene Auslegungsergebnis von § 11 BUrlG ist nach oben Gesagten auch unionsrechtlich geboten.



6. Die Ansprüche sind teilweise, nämlich für das Jahr 2013, gemäß § 214 Abs. 1 BGB verjährt.



Bei dem zugrunde liegenden Arbeitszeitkonto kann sich erst mit Ablauf des Kalenderjahres entscheiden, ob ein positiver Saldo zugunsten des Arbeitnehmers besteht oder nicht. Der Bezugszeitraum endet nach § 2 Abs. 2 RahmenBV Flex am 31. 12. des jeweiligen Jahres. Danach war der Anspruch auf Entgelt für die Umkleidezeiten im Jahr 2013 nicht vor dem 1. Januar 2014 fällig (vgl. LAG Sachsen 29. November 2016 - 3 Sa 347/16 - Rn. 149, Juris). Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB begann nach § 199 Abs. 1 BGB somit am 1. Januar 2015 und endete am 31. Dezember 2017. Dies gölte auch dann, wenn man auf den Ablauf des sechsmonatigen Ausgleichszeitraums abstellen würde. Die Klageschrift ist erst im laufenden Kalenderjahr 2018 und damit insoweit nicht rechtzeitig erhoben worden, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.



7. Der Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten für die Kalenderjahre 2014 und 2015 nicht verwirkt. Es fehlt bereits am Umstandsmoment. Bei einer Verwirkung unterhalb der Schwelle der kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren bedürfte es deutlicher Anhaltspunkte, dass der Kläger sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Das bloße Untätigbleiben reicht nicht aus.



8. Der Höhe nach kann der Kläger Nachzahlung der Umkleidezeiten von 16 Minuten pro Arbeitstag in den Kalenderjahren 2014 bis 2015 verlangen.



In Bezug auf den Urlaub dürfen die Tarifvertragsparteien eine ungünstigere Regelung wählen, soweit der übergesetzliche Urlaub betroffen ist. Bei einer 5-Tage-Woche (vgl. § 5 Abs. 3 UAbs. 3 und § 32 Abs. 3 MTV Boden) beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 20 Tage, der sich auch mit dem vierwöchigen Mindesturlaub nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG deckt. Zugunsten des Klägers müssen demnach die Umkleidezeiten für bis zu 20 Urlaubstage pro Jahr in Ansatz gebracht werden.



Der Kläger hat gemäß Schriftsatz vom 18. März 2019 nebst der Anlage angegeben, an welchen Tagen er gearbeitet hat und mit welchem Grund er wann gefehlt hat. Die Zeiten des Urlaubs sind im Fehltagekalender der Beklagten mit „U“ gekennzeichnet.



Sonstige Zeiten der Abwesenheit des Klägers sind nicht bei den Umkleidezeiten zu vergüten. Dies gilt insbesondere auch dann nicht, wenn der Kläger Freizeitausgleich genommen hat, um Überstunden abzubauen.



Es ergibt sich die folgende Berechnung:



Der Kläger kann somit Zahlung von 1.510,09 Euro verlangen.



9. Einen weitergehenden Zahlungsanspruch hat der Kläger nicht. Soweit er sich zuletzt hilfsweise auf Überstundenzuschläge nach dem MTV Boden beruft, kann dem nicht gefolgt werden. Hierzu hätte es eines konkreten Vortrags bedurft, dass in jedem der Kalenderjahre unter Hinzurechnung der vergütungspflichtigen Stunden für das Umkleiden die Auslösegrenze von 75 Stunden nach § 3 Abs. 6 RahmenBV Flex überschritten worden wäre. Dies lässt sich dem Sachvortrag des Klägers nicht entnehmen.



II. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Kläger kann nicht Zahlung von Zinsen seit dem 19. Januar 2018 verlangen. Die Rechtshängigkeit ist erst ab 28. April 2018 eingetreten.



III. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Es besteht für den Freistellungsanspruch nach dem oben Gesagten kein Raum für eine über die bei der Berechnung des Entgeltanspruchs zugrunde gelegte Anzahl der Stunden. Soweit der Kläger das Entgelt erhält, kann er nicht zusätzlich Freistellung verlangen.



C. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ZPO.



Die Revision ist für die Beklagte zuzulassen. Es besteht eine Divergenz zu der Entscheidung des Hess. LAG vom 18. Dezember 2017 - 7 Sa 150/17 - n.v. Außerdem ist die unionsrechtlich zulässige Abweichungsmöglichkeit durch die §§ 13 Abs. 1, 11 Abs. 1 BUrlG bei Umkleidezeiten nicht hinreichend geklärt.



Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen. Dem Kläger steht die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG zu. Da es sich nicht um ein Rechtsmittel handelt, ist eine eingehende Rechtsmittelbelehrung insoweit nicht erforderlich (vgl. BAG 22. Juli 2008 - 3 AZN 584/08 (F) - Rn. 17, NJW 2009, 541).

Führendes Verfahren zu folgenden Parallelsachen:

10 Sa 786/19, 10 Sa 788/19, 10 Sa 895/19, 10 Sa 897/19, 10 Sa 899/19, 10 Sa 922/19, 10 Sa 837/19, 10 Sa 850/19, 10 Sa 860/19, 10 Sa 870/19.

Vorschriften§ 9 Abs. 2a MTV, §§ 280, 283 BGB, §§ 280 Abs. 1, 3, §§ 27, 32 Nr. 14 MTV, § 4 Abs. 4 EFZG, § 13 Abs. 1 BUrlG, § 611a Abs. 2 BGB, § 1 BUrlG, § 611a Abs. 1 BGB, § 611a BGB, § 5 Abs. 3 MTV, § 275 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 3 BUrlG, § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG, § 4 Abs. 1 EFZG, § 4 Abs. 1a EFZG, § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG, § 4 EFZG, § 3 Abs. 1 EFZG, § 12 EFZG, § 27 Abs. 2 MTV, § 21 Satz 3 TV-L, § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 BUrlG, § 11 BUrlG, §§ 1, 13 BUrlG, Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88, § 214 Abs. 1 BGB, § 195 BGB, § 199 Abs. 1 BGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG, §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ZPO, §§ 13 Abs. 1, 11 Abs. 1 BUrlG, § 72a ArbGG