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16.05.2019 · IWW-Abrufnummer 208934

Hessisches Landessozialgericht: Urteil vom 29.01.2019 – L 2 R 237/16

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


LSG Hessen

29.01.2019


Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1958 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben eine Ausbildung zur Industriekauffrau erfolgreich abgeschlossen. Ihre letzte Tätigkeit als Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche wurde zum 30. April 2012 beendet. Seitdem ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Nachdem die Klägerin angezeigt hat, dass sie ab dem 1. Mai 2012 als Pflegeperson für ihre Mutter tätig sei, wurden für den Zeitraum ab Mai 2012 zu ihren Gunsten Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeit in ihrem Versicherungskonto vermerkt.

Die Klägerin absolvierte mehrfach stationäre Aufenthalte in der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein. Laut Arztbrief der Klinik vom 18. April 2012 wurden im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 28. März bis 18. April 2012 eine episodische Migräne mit Aura, episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp, Lipödem und Schlafstörung diagnostiziert. Im Laufe der Behandlung sei es zu einer sehr zufriedenstellenden Besserung der Kopfschmerz- und Migränesymptomatik hinsichtlich Frequenz und Intensität gekommen, so dass die Klägerin beschwerdearm habe entlassen werden können. Die Klägerin nahm in der Folge eine psychotherapeutische Behandlung bei der Dipl.-Psychologin C. auf.

Vom 26. März bis 8. Mai 2013 absolvierte die Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme für psychisch Erkrankte in der Berolina Klinik in Löhne. Laut Entlassungsbericht vom 21. Mai 2013 wurden bei der Klägerin eine Anpassungsstörung, Lipödeme im Bereich der Arme und Beine beidseits, eine Migräne mit Aura, eine Cervicocephalgie sowie eine Lumbago festgestellt. Im Rahmen der sozialmedizinischen Epikrise wurde ausgeführt, dass für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Klägerin als Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr bestehe. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei jedoch erheblich gefährdet. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr für körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen und zeitweise im Sitzen. Ebenso zumutbar seien Tagesschicht, Früh- oder Spätschicht. Nachtschichten sollten vermieden werden, ebenso Tätigkeiten mit häufiger Notwendigkeit der Einnahme einer Wirbelsäulenzwangshaltung. Die Klägerin könne darüber hinaus langes Stehen und Sitzen aufgrund des Lipödems nicht leisten, da diese Körperhaltungen die Schmerzsymptomatik erheblich verstärkten.

Am 28. Januar 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie halte sich seit Mai 2012 wegen eines Burnouts und einer Migräne bzw. Lipödemen für erwerbsgemindert.

Im Rahmen der Amtsermittlung beauftragte die Beklagte den Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. med. D. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Laut seines Gutachtens vom 23. April 2014 diagnostizierte der Sachverständige eine leichtgradige depressive Störung, zeitweilig mittelschwer ausgeprägt. Die Klägerin sei jedoch noch in der Lage, mittelschwere körperliche und geistige Tätigkeiten über sechs Stunden arbeitstäglich zu bewältigen. Dabei sollten keine besonders hohen Anforderungen an das Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsvermögen gestellt werden. Überwiegende Tätigkeiten im Außendienst sollten vermieden werden. Die zuletzt ausgebübte Tätigkeit als Verkäuferin im Außendienst mit regelmäßiger Besuchstätigkeit und Publikumskontakt könne sie nur noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung ab, die medizinischen Voraussetzungen für eine volle oder teilweise Erwerbsminderung lägen nicht vor. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie zwar ihren bisherigen Beruf als Kauffrau nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, sie könne jedoch noch als Kassiererin in Bädern, Zoos und Theatern mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Dies sei ihr aufgrund ihres beruflichen Werdegangs auch zumutbar.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 3. Juni 2014 Widerspruch ein, woraufhin die Beklagte von ihr Arztbriefe ihres Hausarztes und des behandelnden Neurologen/Psychiaters samt Informationen über Therapie, Verlauf und Befunde anforderte. Nachdem diese nicht vorgelegt wurden, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2015 zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 20. Februar 2015 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Das Sozialgericht hat im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung Befundberichte der behandelnden Ärzte und der behandelnden Psychotherapeutin eingeholt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. med. E. hat in seinen Stellungnahmen vom 13. April und 6. August 2015 angegeben, die Klägerin leide an chronischen Migräneschmerzen, Depressionen, Beschwerden bei Lipödemen, vor allem im Bereich der Beine, Gelenkschmerzen und Rückenschmerzen. Der Zustand der Klägerin sei in den letzten drei Jahren in etwa gleich geblieben. Hinzugekommen seien rheumaartige Schmerzen, die Rheumalaborwerte seien aber negativ.

Laut Befundbericht der Dipl.-Psychologin C. vom 7. April 2015 besuche die Klägerin seit November 2012 eine Psychotherapie. Sie leide an einer depressiven Episode geprägt von Ängsten, Anspannung, Selbstunsicherheit, Vermeidungsverhalten, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Der Befund sei seit Januar 2012 bis heute weitgehend gleich geblieben. Die Entlastung, nicht mehr berufstätig zu sein, habe zu einer seelischen Entlastung beigetragen, die Fassade sei aber nicht aufrechtzuerhalten, wenn sie sich durch terminliche und komplexere Belastungen unter Druck gesetzt fühle.

Laut Gutachten nach Aktenlage des medizinischen Dienstes der Agentur für Arbeit Frankfurt, Dr. med. F., vom 30. März 2015 weise die Klägerin voraussichtlich länger als sechs Monate keine Belastbarkeit zur Ausübung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf. Sie sei weniger als drei Stunden täglich belastbar. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fachverkäuferin - Kraftfahrzeuge könne nicht weiter verrichtet werden.

Das Sozialgericht hat von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. G. in Auftrag gegeben. Im Gutachten vom 24. August 2015 diagnostizierte der Sachverständige aufgrund einer Untersuchung am 13. August 2015 bei der Klägerin

- rezidivierende Depressionen, leicht- bis mittelgradig mit Schlafstörungen,
- Migräne mit Aura und episodischem Spannungskopfschmerz vom Spannungstyp,
- Lipödem mit Operationen 2007 und 2009,
- Drehschwindel,
- nutrive Allergie,
- Zustand nach Cholecystolithiasis 9/99 und Cholecystektomie 9/99 und
- Zustand nach Ulcus duodeni 9/99 mit vollständiger Abheilung, mit geringer Erosion am Magencorpus 9/99, mit Hämorrhoiden Grad I mit komplikationsloser Koagulotherapie 9/99 bei Sigmoidoskopie.

Im Rahmen der sozialmedizinischen Beurteilung kam der Sachverständige zu der Einschätzung, die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten, insbesondere solche Arbeiten, die in etwa im Hinblick auf körperliche Belastungen und auf psychische Belastungen ihrem bisherigen Berufstätigkeitsfeld entsprächen. Weder der leichten Depression noch der Migräne komme ein erwerbsmindernder Einfluss zu. Die Arbeiten sollten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen bei normalen wechselnden Körperhaltungen, ohne Zwangshaltung und ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne Schichtarbeit, ohne Zeitdruck und nicht auf Leitern und Gerüsten sowie in geschlossenen, warmen, staubfreien Räumen stattfinden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Das beschriebene Leistungsvermögen habe bereits vor dem 28. Januar 2014 vorgelegen.

In einem Arztbrief vom 22. Dezember 2015 hat die Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein nach einem stationären Aufenthalt vom 2. bis 22. Dezember 2015 folgende Diagnosen gestellt

- hochfrequente Migräne ohne Aura,
- Kopfschmerz bei Schmerzmittel- und Triptanübergebrauch,
- chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren,
- Lipödem und
- rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode.

Laut Arztbrief des Radiologischen Zentrums Offenbach/Dietzenbach vom 15. Februar 2016 konnten bei der Klägerin dezente mediane Protrusio LWK 3/4 sowie eine geringe Spondylarthrose LWK 3-5 und Chondrosis bzw. Osteochondrosis intervertebralis in sämtlichen LWS Etagen festgestellt werden. Es liege kein Nachweis eines Prolaps, einer Spinatkanalstenose oder einer neuroloraminalen Einengung vor.

Mit Urteil vom 27. Juni 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Nachweis, dass ihr Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter sechs Stunden arbeitstäglich gesunken sei, sei durch das im Gerichtsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. G. und das Gutachten des Dr. D. aus dem Verwaltungsverfahren nicht erbracht. Das Gutachten der Agentur für Arbeit vom März 2015 stehe dem nicht entgegen, da die Leistungsbeurteilung der Agentur für Arbeit überwiegend auf veralteten Arztbriefen beruht habe. Auch fehle es an einer Begründung für die Leistungseinschätzung der Agentur für Arbeit. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit stehe der Klägerin nicht zu, da sie unabhängig davon, ob sie wegen der tariflichen Eingruppierung/Vergütung ihrer letzten Tätigkeit als Facharbeiterin einzustufen sei, sozial zumutbar auf leichte körperliche Tätigkeiten als Telefonistin oder Poststellenmitarbeiterin sowie auf die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid benannten Tätigkeiten verweisbar sei. Die Klägerin könne die Verweisungstätigkeiten als Poststellenmitarbeiterin und Telefonistin aus gesundheitlicher Sicht unter Berücksichtigung der von Dr. G. formulierten qualitativen Leistungseinschränkungen ausführen. Die Klägerin könne körperlich leichte Tätigkeiten mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel und ohne Überkopfarbeiten ausüben. Diesen Anforderungen entsprächen die Tätigkeiten als Telefonistin und als Poststellenmitarbeiterin.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 2. August 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. August 2016 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr arbeitsfähig. Dies ergebe sich aus dem Gutachten der Agentur für Arbeit aus dem Jahr 2015 sowie aus den Befundberichten der Dipl.-Psychologin C. Sie sei auch nicht lediglich als Facharbeiterin einzustufen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Januar 2014 eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und sieht ihre Ablehnung auch durch das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestätigt. Das entgegenstehende Gutachten nach § 109 SGG weise erhebliche Mängel auf, u.a. sei die Beurteilung überwiegend ohne entsprechende Untersuchungsbefunde, ohne eine Umfangmessung der Extremitäten, ohne eine Funktionsprüfung nach der Neutral-Null-Methode und ohne Angaben zum Tagesablauf erfolgt. Der Sachverständige habe zudem fachfremd psychische Beschwerden beurteilt. Die Klägerin verfüge nach ihren eigenen Angaben über eine abgeschlossene Ausbildung zur Industriekauffrau.

Somit sei die Tätigkeit als Verkaufsberaterin in dem von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Mehrstufenschema der 3. Stufe für Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren zuzuordnen. Die Tätigkeit einer Verkaufsberaterin könne die Klägerin jedoch noch ohne zeitliche Einschränkungen ausüben, so dass eine Berufsunfähigkeit dem Grunde nach bereits nicht vorliege, ohne dass es auf eine Erwerbsfähigkeit in Verweisungstätigkeiten ankomme (unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 13. Dezember 1984, 11 RA 72/83, juris Rn. 12). Die Beklagte verkenne in diesem Zusammenhang nicht, dass die Klägerin in ihrer bisherigen Tätigkeit Arbeitszeiten weit über das tarifliche Maß einer 40- bzw. 39-Stunden-Woche erbracht habe. Dies sei jedoch nicht maßgebend für die Beurteilung einer Erwerbsminderung im rentenrechtlichen Sinne, für welche die üblichen Bedingungen einer beruflichen Tätigkeit maßgebend seien. Unter den üblichen Bedingungen sei die Berufungsklägerin in der Lage, die bisherige Tätigkeit als Verkaufsberaterin weiterhin auszuüben. Die Benennung von Verweisungstätigkeiten sei somit nicht erforderlich.

Der Senat hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlung aktuelle Befundberichte von Dr. E. nebst Krankenunterlagen und der Dipl.-Psychologin C. eingeholt sowie die Akte der Klägerin beim Hessischen Amt für Versorgung und Soziales Frankfurt am Main beigezogen. Die Dipl.-Psychologin C. diagnostizierte in ihrer Stellungnahme vom 15. Oktober 2016 eine anhaltende mittelgradige depressive Episode. Der Befund sei weitgehend gleichgeblieben. Nicht mehr berufstätig zu sein habe zu einer seelischen Entlastung geführt. Diese Fassade sei aber nicht aufrechtzuerhalten, wenn die Klägerin sich durch terminliche und komplexere Belastungen unter Druck gesetzt fühle.

Der Senat hat zudem von Amts wegen die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. H. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. In ihrem Gutachten vom 17. Juni 2017 diagnostizierte die Sachverständige aufgrund einer Untersuchung am 13. Juni 2017

- Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik, gegenwärtig leichte Ausprägung und
- Migräne ohne Aura
sowie auf fachfremden Gebieten
- Lipödem,
- Gastritis und
- gelegentlich Lumbalgien bei altersgemäßen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne radikuläre Symptomatik.

Aufgrund der Anpassungsstörung, der Migräneattacken sowie dem Lipödem bestehe ein erwerbsmindernder Dauereinfluss mit qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit. In quantitativer Hinsicht könne die Klägerin noch regelmäßig zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und leichte bis mittelschwere Arbeiten ausführen. Tätigkeiten sollten überwiegend in sitzender Position mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung ausgeführt werden, um einer Wassereinlagerung bei bekanntem Lipödem vorzubeugen. Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht, Arbeiten im Akkord oder Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit seien aufgrund der Migräne und der noch vorhandenen depressiven Symptomatik zu vermeiden. Die Klägerin könne Tätigkeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Arbeitsbedingungen verrichten, betriebsunübliche Einsatzbeschränkungen wie z.B. betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die für die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit notwendige Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sei bei der Klägerin gegeben. Prinzipiell könne die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkaufsberaterin weiterhin ausführen, allerdings nicht mehr in so exponierter Stellung, wie sie sie früher innegehabt habe. Einem immensen Leistungsdruck durch Erwartung an hohe Umsatzzahlen und überlange Arbeitszeiten von 12-16 h/Tag könne die Klägerin nicht mehr ohne die Gefahr der erneuten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes standhalten. Normale Arbeitszeiten von sechs bis acht Stunden täglich als Verkaufsberaterin seien jedoch leistbar. Einschränkungen für die Tätigkeit als Warensortiererin, Mitarbeiterin auf der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde, Pförtnerin, Telefonistin oder Büro- oder Verwaltungshilfskraft bestünden nicht. Für die Tätigkeit als Warenaufmacherin/Versandfertigmacherin bestünden keine Einschränkungen, wenn die Tätigkeit nicht überwiegend in stehender oder gehender Körperhaltung erledigt werden müsse. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt. Das festgestellte Leistungsvermögen bestehe bereits ab Rentenantragstellung am 28. Januar 2014. Sowohl nach Aktenlage als auch nach den anamnestischen Angaben der Klägerin selber sei seit diesem Zeitraum keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten. Aufgrund der positiven Entwicklung im privaten Leben der Klägerin durch die Eheschließung sei es zu einer weiteren Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes gekommen. Mit den beiden neurologisch/psychiatrischen Gutachten von Dr. D. von April 2015 sowie von Dr. G. von August 2015 bestehe sowohl in der Beschreibung der aktuell feststellbaren Krankheitssymptomatik als auch in der Leistungsbeurteilung weitgehende Übereinstimmung. Die vom behandelnden Hausarzt Dr. E. als auch von der behandelnden Psychotherapeutin C. festgestellte absolute Arbeitsunfähigkeit könne nicht nachvollzogen werden, insbesondere nicht, wenn man den arbeitsreichen Tagesablauf der Klägerin berücksichtige, die in der Lage sei, ihren eigenen Haushalt, ihren Garten, z.T. ihren Stiefsohn und zusätzlich in weiten Teilen den Haushalt der Eltern zu versorgen, daneben noch regelmäßig Sport treibe und regelmäßig zwei Mal im Jahr mehrere Wochen bei ihrem Ehemann in J. verbringe. Auch die nicht sehr intensiv zu bezeichnenden therapeutischen Anstrengungen zur Milderung der Krankheitssymptomatik wiesen nicht auf einen übermäßigen Leidensdruck mit daraus resultierenden wesentlichen Funktionseinschränkungen hin.

Laut von der Klägerin vorgelegter ärztlicher Bescheinigung der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein vom 21. Juli 2017 wurden bei ihr eine chronische Migräne, Migräne mit Aura, Kopfschmerz vom Spannungstyp, Schmerzmittelübergebrauch und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren festgestellt. Aufgrund der gravierenden Verschlechterung der Migränesymptomatik sei die ambulante Behandlung ausgeschöpft. Es sei mittlerweile zu einem massiven Verlust der Lebensqualität gekommen. Es werde eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Migräneklinik Königstein als Spezialklinik für Kopfschmerzen und Migräne empfohlen.

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat daraufhin den behandelnden Hausarzt Dr. E. mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem Gutachten vom 6. Dezember 2017 kam der Sachverständige aufgrund einer nicht datierten ambulanten Untersuchung zu den Diagnosen

- schwere, chronische Depression mit Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen,
- schweres Migränesyndrom,
- ausgeprägtes Lipödem im Bereich aller 4 Extremitäten,
- chronische Gastritis,
- chronische Schilddrüsenerkrankung und
- fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und der Schultergelenke.

Die genannten Krankheiten hätten einen erwerbsmindernden Dauereinfluss von 100%. Es bestehe 100%ige Erwerbsminderung auf Dauer. Das Leistungsvermögen sei zum Teil mental und zum Teil körperlich funktionell beeinträchtigt. Jedenfalls ergäben sich dadurch Einschränkungen, die zusammen genommen zu einer 100%igen Erwerbsminderung führten. Tätigkeiten könnten weder unter betriebsüblichen, noch unter betriebsunüblichen Bedingungen verrichtet werden. Eine Anpassung oder Umstellung an die Erfordernisse im Erwerbsleben sei bei der Klägerin nicht mehr möglich. Die Klägerin könne weder jetzt noch in Zukunft ihre letzte berufliche Tätigkeit verrichten, noch könne sie Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Bei der Klägerin bestehe keine uneingeschränkte Wegefähigkeit, aufgrund der Lipödeme beider Beine sowie der fortgeschrittenen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien Gehstrecken von 4 x 500 m täglich in jeweils weniger als 20 Min. nicht mehr möglich. Da mit plötzlich auftretenden Migräneattacken zu rechnen sei, bestehe eine Einschränkung für das Führen eines Kraftfahrzeugs.

Hierbei könne es zu einer akuten Gefährdung des Straßenverkehrs kommen. Aufgrund der körperlichen Einschränkungen sei die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar. Das festgestellte Leistungsvermögen bestehe seit Rentenantragstellung. Die Abweichungen hinsichtlich des Schweregrades der Erkrankungen im Vergleich zu den Vorgutachten resultierten aus der genaueren Kenntnis des Krankheitsbildes im Vergleich zu anderen Gutachtern, die ihre Beurteilung innerhalb sehr kurzer Zeit abschließen müssten.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 9. April 2018 blieb Dr. H. bei ihrer Einschätzung und führte aus, Dr. E. führe in seinem Gutachten fast ausschließlich die subjektiven Beschwerden der Klägerin an und nenne so gut wie keine objektiven und fundierten Untersuchungsbefunde. Selbst im psychischen Untersuchungsbefund werde lediglich beschrieben, dass es zu raschen Ermüdungserscheinungen gekommen sei und eine Unruhe und Unbehaglichkeit aufgefallen sei. Daraus schließe er eine stark reduzierte psychische Belastbarkeit. Konkrete psychiatrische Krankheitssymptome, insbesondere Symptome, welche die Diagnose "schwere chronische Depression" begründen würden, nenne er nicht.

Depressive Symptome würden im gesamten Gutachten nicht angeführt, auch nicht bei Schilderung der subjektiven Beschwerden. Aus einer "Unruhe und Unbehaglichkeit" könne sicher nicht die Diagnose einer schweren Depression abgeleitet werden. Der Verweis auf Tests der Konzentrationsfähigkeit und Merkfähigkeit, in denen die Klägerin unterdurchschnittlich abgeschnitten habe, lasse nicht erkennen, welche Tests er durchgeführt habe, geschweige denn, zu welchen konkreten Testergebnissen es dabei gekommen sein soll. Es dränge sich der Verdacht auf, dass es sich bei diesen Angaben eher um eine allgemeine Beschreibung als um wirkliche Ergebnisse von neuropsychologischen Tests zur Konzentrations- und Merkfähigkeit handele. Es wäre auch recht ungewöhnlich, wenn ein Allgemeinmediziner solche fundierten spezifischen Tests durchführen würde. Dr. E. habe zudem ausgeführt, aufgrund der Ödeme seien weder ein längeres Sitzen, noch ein längeres Stehen oder längere Autofahrten möglich. Wie er zu dieser verallgemeinernden Aussage komme, warum z.B. Sitzen bei Ödemen nicht möglich sein solle, sei völlig unklar und nicht nachvollziehbar. Bei der eigenen körperlichen Untersuchung seien nicht einmal Ödeme an den Beinen festzustellen gewesen und die Klägerin sei alleine mit dem PKW angereist. Bei der eigenen Untersuchung habe die Klägerin noch geäußert, dass sie eine Gehstrecke von 5 km etwa in einem Zeitraum von 1 Stunde zurücklegen könne und dass sie jeden zweiten Tag schwimmen gehe, d.h. sich durchaus sportlich betätige.

Eine ausgeprägte depressive Symptomatik oder eine wesentliche Einschränkung der Konzentrations- oder Merkfähigkeit habe bei der eigenen Untersuchung nicht objektiviert werden können. Fundierte Untersuchungsbefunde, eine kritische Auseinandersetzung mit der Aktenlage oder eine fundierte Begründung der Leistungsbeurteilung fehlten in dem Gutachten.

Der Senat hat im Hinblick auf einen etwaigen Berufsschutz der Klägerin ein Auskunftsschreiben des Verbandes KX. e.V.- K. - vom 25. Januar 2011 sowie den Gehalts- und Lohntarifvertag für den Verband KX. Hessen e.V. - K. - vom 23. Oktober 2009 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Es wird zum weiteren Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2016 ist nicht zu beanstanden, denn der Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2015 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu.

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch

1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und
2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der für den Nachweis der sog. Vorversicherungszeit im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI maßgebliche Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 und § 241 Abs. 1 SGB VI um die im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sog. Aufschubzeiten (insbesondere Anrechnungs- und Ersatzzeiten). Gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren dann nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestands eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit der Vorschrift des § 53 SGB VI zufolge (z. B. wegen eines Arbeitsunfalls) vorzeitig erfüllt ist. Nach der Sonderregelung des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufungsfähigkeit außerdem nicht erforderlich für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit den im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sog. Anwartschaftserhaltungszeiten (insbesondere Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten, Berücksichtigungszeiten oder Rentenbezugszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, bedarf es gemäß § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI keiner Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten.

Die für eine Rente wegen Erwerbsminderung erforderliche allgemeine Wartezeit im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB VI ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt, wenn vor Eintritt der Erwerbsminderung eine Versicherungszeit von fünf Jahren zurückgelegt ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Nach den vorliegenden Befundberichten sowie den eingeholten Gutachten steht fest, dass die Klägerin an einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik, gegenwärtig leichte Ausprägung, einer Migräne ohne Aura, Lipödem an Armen und Beinen, einer Gastritis sowie gelegentlichen Lumbalgien bei altersgemäßen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne radikuläre Symptomatik leidet. Hiervon ausgehend ist die Fähigkeit der Klägerin, durch erlaubte Erwerbstätigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen (Erwerbsfähigkeit), zwar durch verschiedene Gesundheitsstörungen beeinträchtigt. Zur Überzeugung des Senats steht jedoch nicht fest, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der bei ihr bestehenden Erkrankungen nur noch regelmäßig weniger als sechs Stunden täglich Tätigkeiten verrichten kann. Sie kann vielmehr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Arbeiten mit folgenden qualitativen Einschränkungen ausüben: Arbeiten überwiegend in sitzender Position mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung, keine Nacht- oder Wechselschicht, keine Arbeiten im Akkord oder Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand der Klägerin vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten im Sinne einer Längsschnittbetrachtung. Demgegenüber ergibt sich für den Senat aus den vorliegenden Gutachten ein eingeschränktes Leistungsvermögen in quantitativer Hinsicht nicht. Zwar sieht das Gutachten des behandelnden Arztes Dr. E. bei der Klägerin eine 100%ige Erwerbsminderung, d.h. ein Leistungsvermögen von jedenfalls unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser Einschätzung kann der Senat jedoch nicht folgen. Die vorgetragenen Argumente zur Begründung des Vorliegens solch erheblicher Einschränkungen aufgrund der organischen wie psychischen Leiden der Klägerin vermochten den Senat nicht vom Vorliegen einer Erwerbsminderung zu überzeugen. Der Senat ist nicht im erforderlichen Beweisgrad der mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass das Erwerbsvermögen der Klägerin unter sechs Stunden arbeitstäglich gesunken ist. Letztlich trifft für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 5 RJ 48/03 R).

Der Senat ist zunächst der Überzeugung, dass die Klägerin unter einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik leidet, was sich nachvollziehbar aus den insoweit konsistenten Begutachtungen durch Dr. D. im Verwaltungsverfahren, Dr. G. im erstinstanzlichen Verfahren sowie Dr. H. und Dr. E. im Berufungsverfahren ergibt. Der Schweregrad der depressiven Symptomatik ist aus Sicht des Senats zutreffend mit lediglich leichtgradig zu charakterisieren. So kam Dr. D. zu der Einschätzung einer momentan leichtgradigen, zeitweilig mittelschwer ausgeprägten depressiven Störung, Dr. G. zu der Einschätzung eine rezidivierenden Depression leicht- bis mittelgradig und Dr. H. zur Diagnose einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik in gegenwärtig leichter Ausprägung. Für den Senat stehen diese Einschätzungen im Einklang mit den von der Klägerin selbst geschilderten Tagesabläufen. So gab die Klägerin gegenüber Dr. D. u.a. an, sie versorge ihre betagten Eltern, insbesondere ihre pflegebedürftige Mutter. Sie verfüge über ausreichend soziale Kontakte und sei zuletzt einem Schwimmclub beigetreten.

Dreimal pro Woche gehe sie schwimmen, mache regelmäßig Nordic Walking und fahre Fahrrad. Anlässlich der Untersuchung bei Dr. G. gab die Klägerin u.a. an, als Hobby gehe sie in Frei- und Hallenbädern schwimmen. Sie gärtnere gerne und fahre mit dem Fahrrad. Schließlich gab die Klägerin gegenüber Dr. H. an, mit ihrem jüngsten Stiefsohn in einem 123 qm großen Eigenheim zu wohnen, ihn dort zu versorgen und auch seine Wäsche zu waschen. Sie kümmere sich intensiv um ihren ca. 600 qm großen Garten und gehe täglich etwa eine Stunde im Wald spazieren.

Außerdem mache sie viel Sport, gehe jeden zweiten Tag Schwimmen, besuche regelmäßig ein Sportstudio und gehe Fahrradfahren. Darüber hinaus sehe sie ihre Eltern täglich und kümmere sich intensiv um sie. So putze sie bei den Eltern, koche für sie, wasche die Wäsche und gehe mit ihnen Einkaufen. Sie sei auch regelmäßig in J. und besuche ihren Ehemann. Sie lese gerne und könne, wenn es besonders spannend sei, auch einmal mehrere Stunden am Stück lesen. Aus dieser Schilderung ergeben sich für den Senat keinerlei Anhaltspunkte für eine leistungsmindernde Antriebslosigkeit oder Rückzugstendenzen der Klägerin, wie sie typischerweise mit schwerwiegenderen depressiven Episoden einhergehen. Soweit Dr. E., langjähriger Hausarzt der Klägerin, die Diagnose einer schweren, chronischen Depression mit Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen trifft, ist dies für den Senat dagegen weder mit den geschilderten Tagesabläufen vereinbar noch nachvollziehbar. Die Begutachtung durch Dr. E. leidet an erheblichen Defiziten, welche die Überzeugungskraft der gewonnenen Erkenntnisse deutlich beeinträchtigt. So hat Dr. E. u.a. keinerlei Angaben zum Tagesablauf der Klägerin erhoben, anhand dessen er die Symptome der von ihm diagnostizierten schweren Depression hätte validieren können. Die Beschreibung der eigenen psychischen ärztlichen Untersuchung des Sachverständigen fällt trotz der Erwähnung eines ausführlichen, mehrstündigen Explorationsgesprächs mit einer halben Seite äußerst knapp aus. Der Sachverständige nimmt dabei Bezug auf Tests zu Konzentrations- und Merkfähigkeit, ohne diese konkret zu benennen, vorzulegen oder im Einzelnen auszuwerten. Der als Leistungsfähigkeit aus Sicht der zu Begutachtenden beschriebene Vortrag der Klägerin wird unkritisch wiedergegeben und weder einer Konsistenzprüfung noch einer objektiven Validierung zugeführt. Die auf dieser Grundlage gewonnene medizinische Beurteilung durch Dr. E. ist für den Senat nicht nachvollziehbar und für die sozialmedizinische Beurteilung des Restleistungsvermögens der Klägerin unverwertbar.

Die Klägerin leidet daneben an einer Migräne. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin wie von Dr. H. angenommen unter einer Migräne ohne Aura oder wie von Dr. G. angenommen unter einer Migräne mit Aura, d.h. mit einer dem Kopfschmerz vorausgehenden neurologischen Symptomatik, leidet. Denn maßgeblich für die rentenrechtlich relevante Einschätzung des Restleistungsvermögens der Klägerin ist nicht die konkrete Diagnose ihrer Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern die sich daraus konkret ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen. Danach gehen sämtliche genannte Sachverständige mit Ausnahme von Dr. E. von einem verbliebenen zeitlichen Leistungsvermögen der Klägerin von sechs Stunden und mehr aus. Dies ist für den Senat nachvollziehbar, da die beschriebenen Kopfschmerzattacken lediglich vorübergehend auftreten und durch medikamentöse Behandlung zumindest teilweise kompensiert werden. Daneben zeugen auch die noch ausbaufähige Behandlung, die lediglich einmal jährlich stattfindende Botox-Therapie sowie die nur unregelmäßigen stationären Aufenthalte der Klägerin in der Migräne- und Schmerzklinik Königstein nicht von einem übermäßigen Leidensdruck der Klägerin, der ggf. als Indiz für eine dauerhafte Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin herangezogen werden könnte.

Die Klägerin leidet zudem an Lipödemen an Armen und Beinen, die nachvollziehbar zu qualitativen Einschränkungen der Klägerin in Form der Notwendigkeit wechselnder Körperhaltungen führen, um Wassereinlagerungen vorzubeugen. Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin ergeben sich nach Ansicht des Senats hieraus indes nicht. So sind die Lipödeme durch manuelle Lymphdrainage behandelbar.

Zugleich können bestehende Funktionseinschränkungen der Klägerin durch Inanspruchnahme zumutbarer Hilfsmittel, insbesondere von Kompressionsstrümpfen, ausreichend kompensiert werden.

Auch aus den weiteren Leiden ergibt sich kein in zeitlicher Hinsicht eingeschränktes Leistungsvermögen. So kommt der Gastritis und den gelegentlichen Lumbalgien bei altersgemäßen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne radikuläre Symptomatik jeweils kein erwerbsmindernder Dauereinfluss zu, der geeignet wäre, das zeitliche Leistungsvermögen unter sechs Stunden arbeitstäglich zu senken.

Für den Senat sind Anhaltspunkte dahingehend, dass das Gutachten der Sachverständigen Dr. H. entscheidungserhebliche schwere Mängel aufweist, in sich widersprüchlich ist, von unzulässigen Voraussetzungen ausgeht oder Zweifel an der Sachkunde oder Sachdienlichkeit des Gutachtens erwecken, nicht erkennbar. Darüber hinaus sind Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer, in den vorliegenden Gutachten oder im sonstigen medizinischen Berichtswesen bislang nicht berücksichtigter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit ernsthaft ins Gewicht fallendem erwerbsmindernden Dauereinfluss, aufgrund derer eine andere Sicht der Dinge geboten erscheinen könnte, nicht ersichtlich. Der Senat hält deshalb das Leistungsvermögen der Klägerin mit den von medizinischer Seite insgesamt getroffenen Feststellungen für ausreichend aufgeklärt und weitere Begutachtungen von Amts wegen für nicht geboten. Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche leichte Arbeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen zu verrichten.

In Anbetracht des ausgeführten Restleistungsvermögens kann die Klägerin auch im Übrigen nicht damit gehört werden, dass ihre Resterwerbsfähigkeit im Arbeitsleben wegen der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr verwertbar ist. Denn es gab seit Rentenantragstellung und gibt zur Überzeugung des Senats auf dem für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsmarkt noch eine nennenswerte Zahl von Tätigkeiten, die sie trotz ihres eingeschränkten Leistungsvermögens ausüben kann. Unter Berücksichtigung des festgestellten Leistungsvermögens liegen bei der Klägerin insbesondere auch keine ins Gewicht fallenden besonderen Umstände vor, welche die Ausübung einer leichten körperlichen Tätigkeit in ungewöhnlicher Weise erschweren. Insoweit bedarf es im Rahmen der - bezüglich des hier streitigen Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung allein maßgeblichen - Frage nach dem Bestehen realer Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsfeld einer besonders eingehenden Prüfung lediglich dann, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung festgestellt ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. März 1984, 4 RJ 43/83 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. November 1982, 4 RJ 1/82) oder wenn der Rentenbewerber wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis vergleichbarer Versicherter heraus fällt (vgl. BSG, Urteile vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80; vom 18. Februar 1981, 1 RJ 124/79). Derart gravierende Einschränkungen liegen bei der Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor.

Ob im Übrigen die in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei sind oder besetzt, ist für die Entscheidung unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, der wie die Klägerin noch zumindest sechs Stunden pro Arbeitstag einsatzfähig ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für sie offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht.

Der im Sinne der sog. konkreten Betrachtungsweise auf die tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 1976, GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 u. GS 3/76) kann bei diesem Personenkreis grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ausnahmen können allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Versicherter nach seinem Gesundheitszustand nicht dazu in der Lage ist, die an sich zumutbaren Arbeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten, oder wenn er außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, B 13 R 79/11 R). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Bei der Klägerin besteht weder das Erfordernis von zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen noch liegt eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit vor.

Die Wegefähigkeit der Klägerin ist insbesondere nicht durch ihre Lipödeme in maßgeblichem Umfang eingeschränkt. Hierbei stützt sich der Senat auf die übereinstimmenden Beurteilungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. und Dr. H., welche die Wegefähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt sahen. Sowohl die erforderliche Gehstrecke als auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel seien nicht beeinträchtigt. Zwar sieht Dr. E. die Klägerin in ihrer Wegefähigkeit aufgrund der Lipödeme eingeschränkt, da weder längeres Sitzen, noch längeres Stehen oder längere Autofahrten möglich seien. Der Senat vermag sich Dr. E. jedoch auch an dieser Stelle nicht anzuschließen. Die Klägerin war zur Untersuchung bei Dr. E. wie auch bereits zuvor bei Dr. H. selbst mit dem PKW angereist, ohne dass entsprechende Beschwerden dokumentiert wurden. Zudem stimmt der von der Klägerin zuvor geschilderte Tagesablauf mit sportlichen Aktivitäten, einem täglichen Spaziergang im Wald, Fahrradfahren und regelmäßigem Schwimmen nicht mit dem vom Sachverständigen konstatierten Verlust der Wegefähigkeit überein. Die von Dr. E. getroffene Einschätzung vermag daher die zuvor gewonnen Einschätzungen, insbesondere die von Dr. H., nicht zu widerlegen.

Für die Klägerin ergibt sich im Übrigen auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB

VI.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die

1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2. berufsunfähig
sind.

Die 1958 geborene Klägerin gehört nach ihrem Geburtsjahrgang zwar zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfassten Personenkreis, weil sie vor dem 2. Januar 1961 geboren ist. Sie ist aber nicht berufsunfähig.

Berufsunfähig sind der Vorschrift des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zufolge Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst gemäß § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs. 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist der Vorschrift des § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI zufolge nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist bereits nicht berufsunfähig, weil sie zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen hat, dass sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes nur noch weniger als sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann.

Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der bisherige Beruf oder Hauptberuf, den der Versicherte ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 20. Juli 2005, B 13 RJ 29/04 R; BSG, Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 27/04 R).

Eine Tätigkeit, die von Beginn an auf Kosten der Gesundheit ausgeübt wird, kann vom Grundsatz her jedoch keinen Berufsschutz begründen (Nazarek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 240 SGB VI, Rn. 44). Nach dieser Maßgabe ist die letzte berufliche Tätigkeit der Klägerin im Beruf der Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche zu sehen. Diese Tätigkeit entspricht zur Überzeugung des Senats den typisierten Tätigkeiten einer Key-Account-Managerin bzw. einer Verkaufsberaterin (vgl. zum Folgenden https://berufenet.arbeitsagentur.de). Key-Account Manager/innen akquirieren und betreuen wichtige oder umsatzstarke Kunden und Vertriebspartner, die sog. Key-Accounts bzw. Schlüsselkunden. Key-Account-Manager/innen arbeiten in erster Linie in Büroräumen oder Besprechungsräumen, an Bildschirmarbeitsplätzen und mit Kundenkontakt. Ggf. ist eine Abwesenheit vom Wohnort (bei Messe- oder bei Kundenbesuchen ggf. Übernachtung auswärts) mit dann unregelmäßigen Arbeitszeiten (Kunden- oder Messebesuche teilweise am Wochenende oder außerhalb der üblichen Arbeitszeiten) notwendig.

Verkaufsberater/innen betreuen Bestands- sowie Neukunden. Sie beraten diese über Waren und Dienstleistungen, führen Verkaufsgespräche und bieten individuelle Lösungen sowie Serviceleistungen an. Verkaufsberater/innen sind in Verkaufsräumen und Büros tätig, aber auch vor Ort bei ihren Kunden, mit denen sie Beratungsgespräche führen. Wenn sie z.B. Messen oder Ausstellungen betreuen, können Arbeitszeiten am Wochenende anfallen. Die Tätigkeit umfasst u.a. Bildschirmarbeit sowie Kundenkontakt.

Ausgehend von diesen Voraussetzungen ist die Klägerin noch in der Lage, ihre letzte berufliche Tätigkeit noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Insbesondere stehen nicht bereits die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Einschränkungen der Fortsetzung ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche entgegen. Die Klägerin soll nur noch Arbeiten überwiegend in sitzender Position mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung ausüben, was bei ihrer letzten beruflichen Tätigkeit gewährleistet ist. Sie sollte darüber hinaus keine Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht, keine Arbeiten im Akkord oder Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit ausüben. Entsprechende Arbeitsbedingungen sind bei ihrer letzten Tätigkeit als Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche gewährleistet, sofern die Klägerin sie unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausübt.

Denn besonders hohe Anforderungen an die psychische Belastbarkeit treten bei dieser Tätigkeit grundsätzlich nicht auf. Auch im Sinne der Gleichbehandlung der Versicherten ist dabei die letzte berufliche Tätigkeit der Klägerin nur abstrakt im Rahmen der üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes berücksichtigungsfähig. Unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R) das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, das heißt, unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Hierzu gehören insbesondere auch die rechtliche Bedingungen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche und tarifvertragliche Vorschriften.

Unter Berücksichtigung der für die Klägerin geltenden Arbeitszeitvorschriften, die einer täglichen Arbeitszeit von - wie zuletzt von ihr angegeben - 12 bis 14 Stunden täglich an 6 bis 7 Tagen die Woche entgegen stehen, treten bei Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Ruhe- und Erholungszeiten bei der Tätigkeit als Großkundenbetreuerin/Key-Account-Managerin/Verkaufsberaterin zur Überzeugung des Senats keine hohen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit auf, die der Klägerin nicht mehr zugemutet werden könnten.

Der Senat stützt seine Überzeugung zur zeitlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin darüber hinaus auf das auch insoweit nachvollziehbare und schlüssige Gutachten von Dr. H. Diese kommt zu der Einschätzung, dass die Klägerin prinzipiell eine Tätigkeit als Verkaufsberaterin noch ausführen könne, allerdings nicht mehr in so exponierter Stellung, wie sie die Klägerin früher inne gehabt habe. Einem immensen Leistungsdruck durch Erwartung an hohe Umsatzzahlen und überlange Arbeitszeiten von 12 bis 16 Stunden pro Tag könne die Klägerin ohne die Gefahr der erneuten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht standhalten. Normale Arbeitszeiten von 6 bis 8 Stunden täglich als Verkaufsberaterin seien dagegen leistbar. Das so eingeschätzte zeitliche Restleistungsvermögen ist für den Senat insbesondere unter Berücksichtigung der geschilderten Tagesabläufe sowie der diversen sozialen und sportlichen Aktivitäten der Klägerin vollauf nachvollziehbar. Zwar kam Dr. D. anlässlich seiner Untersuchung zu der Einschätzung, die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als "Verkäuferin im Außendienst" nicht mehr vollschichtig, sondern nur noch drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich erbringen. Eine konkrete Herleitung dieser Leistungseinschränkung bezogen auf ihre letzte berufliche Tätigkeit wird jedoch nicht vorgenommen. Für den Senat ergibt sich auch aus den von Dr. D. getroffenen Diagnosen keine konkrete Ableitung einer diesbezüglichen Leistungsminderung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin zuvor aus der bis zum 8. Mai 2013 besuchten stationären psychosomatischen Rehabilitationseinrichtung für ihre letzte berufliche Tätigkeit als vollschichtig leistungsfähig entlassen worden war. Zudem kam Dr. D. für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu der Einschätzung, dass der Klägerin sogar mittelschwere körperliche und geistige Tätigkeiten vollschichtig zumutbar seien. Die zeitliche Leistungsminderung für die letzte berufliche Tätigkeit der Klägerin ist vor diesem Hintergrund für den Senat nicht hinreichend nachvollziehbar. Schließlich kam der Sachverständige Dr. E. zu der Annahme eines aufgehobenen Leistungsvermögens nicht nur für die letzte Tätigkeit der Klägerin, sondern sogar für alle leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Wie zuvor mangelt es dem Gutachten jedoch auch an dieser Stelle an einer nachvollziehbaren und schlüssigen Herleitung dieses Ergebnisses, so dass allein seine entgegenstehende Feststellung aus Sicht des Senats nicht geeignet ist, die fundierte Einschätzung von Dr. H. zu wiederlegen.
Die Klägerin ist hinsichtlich der Feststellung von Berufsunfähigkeit auch nicht deshalb privilegiert, weil sie ihre berufliche Tätigkeit zuvor auf Kosten ihrer Gesundheit in einem Umfang von deutlich mehr als sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche ausgeübt hat. Soweit die Klägerin gegenüber Dr. H. angibt, dass sie immer viel und lange, bis zu 16 Stunden am Tag, gearbeitet habe und weniger für sie eigentlich nicht in Frage käme, wenn sie wieder eine neue Arbeit anfangen würde, vermag dies das Vorliegen von Berufsunfähigkeit nicht zu begründen. Wenn die Klägerin vielmehr noch in der Lage ist, den Beruf der Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche bzw. die Tätigkeit als Verkäuferin im Außendienst in einem Umfang von sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, liegt keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI vor.

Doch selbst wenn die Klägerin ihre Tätigkeit als Großkundenbetreuerin in der Automobilbranche aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr vollschichtig ausüben könnte, wäre sie nicht berufsunfähig, weil sie sich zumindest auf die Tätigkeit als Telefonistin verweisen lassen muss und einen solchen Beruf auch noch sechs Stunden täglich ausüben könnte.

Allein der Umstand, dass die Klägerin ihre zuletzt verrichtete Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, führt noch nicht zum Vorliegen von Berufsunfähigkeit. Denn das Gesetz räumt den Versicherten einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann ein, wenn sie ihren - versicherungspflichtig ausgeübten - "bisherigen Beruf" bzw. ihre "bisherige Berufstätigkeit" nicht mehr ausüben können. Vielmehr wird von den Versicherten verlangt, dass sie - bezogen auf ihren bisherigen Beruf - auch einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf nehmen und sich vor Inanspruchnahme der Rente mit einer gegebenenfalls auch geringer wertigen Erwerbsfähigkeit zufrieden geben (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 1976, 5/12 RJ 132/75). Der bisherige Beruf ist dabei nicht schematisch mit der vom Versicherten zuletzt bekleideten Position gleichzusetzen, sondern muss aus dem Gesamtbild seines beruflichen Werdegangs ermittelt werden. Insofern gilt eine werdende Betrachtungsweise; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles (BSG, Urteil vom 27. April 1989, 5/5b RJ 78/87). Nur wer sich nicht auf einen anderen, ihm subjektiv zumutbaren Beruf verweisen lassen muss, ist berufsunfähig. Zugemutet werden können im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI den Versicherten alle von ihnen nach ihren gesundheitlichen Kräften und ihrer beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausführbaren, auch berufsfremden Tätigkeiten, die nach der im Gesetz ausgeführten positiven Kennzeichnung - Ausbildung und deren Dauer, besondere Anforderungen, Bedeutung des Berufes im Betrieb, d.h. auch ihrer Qualität - den bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (ständige Rechtsprechung vgl. BSG, Urteil vom 15. März 1978, 1/5 RJ 128/76).

Nach dem zur Ausführung dieser Grundsätze von der Rechtsprechung entwickelten sogenannten Mehrstufenschema (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82; BSG, Urteil vom 13. Dezember 1984, 11 RA 72/83; BSG, Urteil vom 2. Dezember 1987, 1 RA 11/86; BSG, Urteil vom 9. Juni 1988, 4/1 RA 67/87), das im Bereich der Angestellten zwischen dem Leitberuf der Angestellten mit hoher beruflicher Qualität, regelmäßig Studium, der Angestellten mit längerer Ausbildung, regelmäßig von 3 Jahren (Ausgebildete), der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren (Angelernte) und Angestellten ohne Ausbildung (Ungelernte) unterscheidet, ist die Klägerin der Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung von drei Jahren zuzuordnen.

Welcher konkreten Gruppe des Mehrstufenschemas eine bestimmte Tätigkeit zuzuordnen ist, richtet sich nach der Qualität der verrichteten Arbeit. Kriterien hierfür sind neben der Ausbildung auch die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausübung, die Höhe der Entlohnung und die Anforderungen des Berufes. Die Klägerin hat eine nur aufgrund guter Leistungen auf unter zwei Jahre verkürzte Berufsausbildung zur Industriekauffrau, d.h. einem in der Regel dreijährigen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, absolviert. Zur Überzeugung des Senates handelte es sich bei der letzten versicherungspflichtigen beruflichen Tätigkeit der Klägerin jedoch nicht um eine noch höher einzustufende Tätigkeit, etwa der einer Akademikerin, d.h. einer Tätigkeit, die ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule bzw. einer wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen würde. Die Anforderungen ihrer Berufstätigkeit entsprachen zur Überzeugung des Senates grundsätzlich dem Niveau einer Angestellten mit einer Ausbildung von drei Jahren. Auch aus der Stellenbeschreibung in der Arbeitgeberbescheinigung vom 17. April 2014, in der lediglich eine Tätigkeit als "Verkäuferin Großkunden" angegeben wurde, ergeben sich insoweit keine weitergehenden Besonderheiten. Die Klägerin kann sich zur Begründung einer höheren Einordnung auch nicht auf die Höhe ihrer provisionsabhängigen monatlichen Bruttoeinkünfte oder die besondere persönliche Beanspruchung aufgrund ihres enormen Arbeitspensums berufen. Denn die überdurchschnittliche monatliche Entlohnung der Klägerin über die vom Arbeitgeber gewährte Grundvergütung (zuletzt 1.150,00 € monatlich) hinaus sowie ihre besondere organisatorische Beanspruchung folgte zur Überzeugung des Senats nicht aus den besonders hohen qualitativen Anforderungen an ihre berufliche Tätigkeit, sondern maßgeblich aus dem auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit geleisteten Arbeitspensum der Klägerin mit Arbeitszeiten von 12 bis 14 Stunden täglich an 6 bis 7 Tagen die Woche.

Der Beruf der Telefonistin entspricht objektiv den Kräften und Fähigkeiten der Klägerin. Die Tätigkeit eines Telefonisten umfasst die Bedienung von Telefon- bzw. Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen sowie die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, Emails und ähnlichem. Die Anforderungen an Telefonisten sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse (vgl. Hessisches LSG, Urteile vom 30. November 2015, L 5 R 26/14 sowie L 5 R 43/14). Bei dem Beruf der Telefonistin handelt es sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden, wobei eine wechselnde Arbeitshaltung durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich ist. Erforderlich sind eine gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist auch Zeitdruck nicht auszuschließen (Hessisches LSG, Urteil vom 30. November 2015, L 5 R 26/14). Nach dem Ergebnis der Sachverhaltsaufklärung können der Klägerin wie ausgeführt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich mit Einschränkungen (Arbeiten überwiegend in sitzender Position mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Körperhaltung, keine Nacht- oder Wechselschicht, keine Arbeiten im Akkord oder Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit) abverlangt werden. Die qualitativen Einschränkungen der Klägerin, insbesondere die aufgrund der psychischen Einschränkungen zu vermeidenden Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit, stehen der Tätigkeit als Telefonistin damit nicht entgegen. Denn bei der Tätigkeit als Telefonistin kann allenfalls gelegentlich Zeitdruck ohne besondere Anforderungen an die psychische Belastbarkeit auftreten, was der Klägerin aber durchaus noch abverlangt werden kann. Darüber hinaus kann der Klägerin die Tätigkeit als Telefonistin auch subjektiv unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden. Denn für sie als Angestellte mit einer Ausbildung von drei Jahren bedeutet die Aufnahme einer Tätigkeit als Telefonistin keinen sozialen Abstieg um mehr als eine Stufe, weil es sich hierbei um eine herausgehobene ungelernte Tätigkeit handelt, auf die Fachangestellte (bzw. Facharbeiter) verwiesen werden können. Die soziale Zumutbarkeit dieser Tätigkeiten ergibt sich aus ihrer tariflichen Einstufung durch die Tarifvertragsparteien (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 15. April 2011, L 5 R 331/09; Urteil vom 14. Dezember 2012, L 5 R 361/10 sowie das Auskunftsschreiben des Verbandes KX. e.V.- K. - vom 25. Januar 2011 sowie den Gehalts- und Lohntarifvertag für den Verband KX. Hessen e.V. - K. - vom 23. Oktober 2009, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden). Tätigkeiten als Telefonist sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebiets auch in nennenswertem Umfang - mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze - auch für Betriebsfremde verfügbar (vgl. auch Urteil des Senates vom 21. November 2017, L 2 R 356/14), d.h. diese Tätigkeit steht der Klägerin auch konkret zur Verfügung. Weitergehende Anforderungen an eine Verweisungstätigkeit zur Abwendung von Berufsunfähigkeit bestehen nicht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.