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05.02.2019 · IWW-Abrufnummer 206964

Finanzgericht Köln: Urteil vom 13.09.2018 – 15 K 1347/16

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.
 
1

Tatbestand
2

Die Beteiligten streiten (noch) über die Frage der Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten und Aufwendungen für glutenfreie Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG).
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Die Kläger wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
4

Die Kläger haben drei gemeinsame Kinder (W geboren 2004, B geboren 2007 und F geboren 2011). Die Klägerin war im Streitjahr teilweise privat krankenversichert, teilweise „gesetzlich pflichtversichert“; der Kläger sowie die drei Kinder waren durchgehend privat krankenversichert.
5

Bei der 2004 geborenen Tochter war bereits vor dem Streitjahr Zöliakie diagnostiziert worden. Aufgrund der Erkrankung benötigt das Kind lebenslang dauerhaft und ununterbrochen eine vollständig glutenfreie Ernährung. Für die Zöliakie und die dadurch erforderliche glutenfreie Verpflegung des Kindes entstehen den Klägern laufend Mehraufwendungen für glutenfreie Lebensmittel.
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Sowohl für die Kläger, als auch für die Kinder, entstanden im Streitjahr Krankheitskosten, welche nicht vollständig von den Krankenkassen übernommen wurden.
7

Im Streitjahr wurden im Rahmen der Einkommensteuererklärung selbst getragene Arztkosten und Kosten für Arzneimittel i.H.v. 2.480 € als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.
8

Der Beklagte berücksichtigte antragsgemäß 2.480 € als außergewöhnliche Belastungen, brachte jedoch eine zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG i.H.v. 3.726 € (2 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (GdE) von 186.322 €) in Abzug, so dass die Aufwendungen sich steuerlich nicht auswirkten. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer entsprechend mit Einkommensteuerbescheid vom 28. Oktober 2015 fest.
9

Nach Einspruchseinlegung erließ der Beklagte am 14. Dezember 2015 einen Änderungsbescheid in welchem er u.a. einen Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 Abgabenordung (AO)) hinsichtlich der Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 lit. a EStG und der Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) beifügte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Am 23. März 2016 erweiterten die Kläger ihren Einspruch um weiteres, zwischenzeitlich nicht mehr streitiges, Begehren.
10

Der Beklagte verwarf den Einspruch teilweise als unzulässig; im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 21. April 2016 Bezug genommen.
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Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 18. Mai 2016 erhobenen Klage.
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Die Kläger begehren nunmehr (noch) den Abzug von Krankheitskosten und von Aufwendungen für Diätverpflegung.
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Die Kläger sind der Auffassung, die Krankheitskosten seien als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugszugsfähig. Geltend gemacht würden nur die nicht zuzahlungspflichtigen Aufwendungen, also solche, welche bei Steuerpflichtigen, die durch den Staat unterhalten werden, nicht zu einer Belastung führten. Es sei keine zumutbare Belastung in Abzug zu bringen. Die Kläger würden insoweit benachteiligt, weil Sozialleistungsempfänger bei diesen Krankheitskosten keine Zuzahlung zu leisten hätten, die Kläger dagegen Zahlungen leisteten, welche sich anschließend wegen der zumutbaren Eigenbelastung steuerlich nicht auswirkten. Der Gesetzgeber habe insoweit nicht berücksichtigt, dass die Steuerpflichtigen, die durch den Staat unterhalten werden, keine Zahlungen zu leisten hätten.
14

Die Aufwendungen für Diätverpflegung seien zu berücksichtigen. Ein Abzug einer zumutbaren Belastung sei nicht vorzunehmen; hilfsweise sei eine Berücksichtigung unter Abzug einer zumutbaren Belastung vorzunehmen. Dies gelte trotz der Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG wonach Aufwendungen für Diätverpflegung nicht abzugsfähig seien.
15

§ 33 EStG sei insoweit erweiternd auszulegen.
16

Die Kläger sind schließlich der Auffassung die Regelung des § 33 EStG sei, soweit sie nicht ergänzend auslegbar sei, verfassungswidrig.
17

Die Kläger beantragen,
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2) In dem angegriffenen Einkommensteuerbescheid 2014 von den zum Abzug beantragten außergewöhnliche Belastungen von 3.402 € (2.464 € + 938,40 €) statt bisher Null 2.356 € für Krankheitskosten ohne Abzug einer zumutbaren Belastung abzuziehen und die Einkommensteuer herabzusetzen.
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3) In dem angegriffenen Einkommensteuerbescheid 2014 von den zum Abzug beantragten außergewöhnliche Belastungen von 3.402 € (2.464 € + 938,40 €) statt bisher Null zusätzlich zu Antrag 2) 938 € für Mehraufwendungen für die existenziell notwendige Diät zur Herstellung bzw. Aufrechterhaltung der körperlichen Unversehrtheit des 2004 geborenen Zöliakie kranken Kindes ohne Reduzierung um eine zumutbaren Belastung abzuziehen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
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Hilfsweise ist unter Abzug der gesetzlich vorgesehenen zumutbaren Belastung von 3.215 € ein Abzug von außergewöhnlichen Belastungen von 197 € entgegen § 33 Abs. 2 S. 3 EStG zuzulassen.
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4) Dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
22

5) Sofern das Gericht den Anträgen 2) und 3) nicht im Rahmen verfassungskonformer Auslegung folgen kann, dem Bundesverfassungsgericht die mit den Anträgen 2) und 3) angegriffene Anwendung der betroffenen Rechtsnormen für die hier vorliegende Fallgestaltung wegen der ernsthaft anzunehmenden Verfassungswidrigkeit dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art 100 Abs. 1 GG vorzulegen.
23

6) Für den Fall der ganzen oder teilweisen Ablehnung der Klageanträge 2) oder 3) einschließlich der ganzen oder teilweisen Ablehnung der Zulässigkeit der Klage die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
26

Er ist der Auffassung, ein weiterer Abzug außergewöhnlicher Belastungen komme nicht in Betracht.
27

Nach seiner Auffassung sind Aufwendungen für Diäten in keinem Fall abzugsfähig. Der Beklagte verweist insoweit auf die BFH-Urteile vom 21. Juni 2007 III R 48/04, BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880 und vom 9. Oktober 2003, III B 139/02, BFH/NV 2004, 187.
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Hinsichtlich der Frage, ob bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege eine zumutbare Eigenbelastung abzuziehen ist, ist der Beklagte der Auffassung, dem Begehren der Kläger sei durch die Beifügung des Vorläufigkeitsvermerks entsprochen worden.
29

Nach Auffassung des Beklagten ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die im angefochtenen Bescheid berechnete, zumutbare Eigenbelastung um 511 € zu reduzieren. Bei den bisher berücksichtigten Beiträgen ergäbe sich jedoch keine steuerliche Auswirkung.
30

Am 29. Juni 2017 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 29. Juni 2017 (Bl. 164 der Akten) Bezug genommen.
31

Entscheidungsgründe
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I. Die Klage ist unbegründet.
33

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Zu Recht berücksichtigte der Beklagte die Mehraufwendungen für die Ernährung des Kindes W nicht als außergewöhnliche Belastungen und brachte von den als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigten Krankheitskosten eine zumutbare Eigenbelastung in Abzug.
35

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33a Abs. 1 EStG).
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Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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2. Die Nichtberücksichtigung der Mehraufwendungen für die glutenfreie Verpflegung des im Jahr 2004 geborenen Kindes ist rechtmäßig.
38

§ 33 EStG dient insgesamt dazu, sicherzustellen, dass die Besteuerung erst jenseits des Existenzminimums einsetzt. Die Vorschrift will Fällen Rechnung tragen, in denen das Existenzminimum höher als im Normalfall liegt und dient damit im Ergebnis dem Gebot der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.
39

a) Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die nicht nur einer Minderheit entstehen, werden daher von § 33 EStG nicht erfasst (BFH-Urteil vom 3. März 2005 III R 12/04, BFH/NV 2005, 1287). Außerdem fallen nur solche Aufwendungen unter § 33 EStG, die existenziell erforderlich sind und weder vom Grundfreibetrag noch durch den Sonderausgabenabzug oder andere Abzugsbeträge erfasst werden. Dies können grundsätzlich nur solche Aufwendungen sein, die bereits ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen und insofern nur einer Minderheit entstehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. Mai 1990 III R 63/85, BFHE 161, 69, BStBl II 1990, 894). Zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung gehören auch Kosten für die Verpflegung, gleichgültig, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Unterschiede der Lebenshaltungskosten, z.B. in Ballungsgebieten und ländlichen Gemeinden, sind grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Urteil vom 21. Juni 2007 III R 48/04, BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880,m.w.N.).
40

b) In Abgrenzung zu den Lebenshaltungskosten erwachsen Krankheitskosten einem Steuerpflichtigen regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Sie gehören aber nur dann zu den nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen, wenn sie zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen (BFH-Urteil in BFHE 165, 531, BStBl II 1992, 110). Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach noch der Höhe nach geprüft.
41

c) Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Begriff der Krankheit einen anormalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen "in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen" beeinträchtigt, so dass er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf. Zöliakie ist eine Krankheit in diesem Sinne, so dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für Arzneimittel als Krankheitskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, wenn ihre Zwangsläufigkeit oder Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen ist.
42

d) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die geltend gemachten Aufwendungen den (im Einzelfall erhöhten) Lebenshaltungskosten oder den Krankheitskosten zuzurechnen sind. Denn die Kosten, die durch eine Diätverpflegung entstehen, können nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG in keinem Fall als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (vgl. auch Schmidt, Einkommensteuergesetz, 2018, § 33 Rz. 66). Unter Diätverpflegung ist im Anschluss an den üblichen Sprachgebrauch jede Form einer frei erhältlichen, hochwertigen Ernährung zur Gesundheitsförderung oder -erhaltung zu verstehen. Ohne Belang ist demgegenüber im Hinblick auf die dargelegte Geschichte und Reichweite der Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG, ob diese Nahrungsmittel aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen werden und ob sie lediglich zur Unterstützung einer medikamentösen Behandlung in ernährungs-therapeutischer Hinsicht oder selbst unmittelbar als Therapeutikum mit heilender Wirkung, als Medikament im medizinischen Sinne eingesetzt werden (FG Köln, Urteil vom 10. November 1989, 7 K 5015/88, EFG 1990, 356). Die von den Klägern getätigten Aufwendungen stellen unstreitig Diätverpflegung in diesem Sinne dar.
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e) Der Senat sieht angesichts des eindeutigen Wortlauts und dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. BFH-Beschluss vom 3. August 2000 III B 5/00, BFH/NV 2001, 188, BTDrucks 7/1722, S. 11, BTDrucks 7/1470, S. 281) keinen Anlass § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG dahingehend erweiternd auszulegen, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen anerkannt werden können.
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f) An der Regelung hat der Senat auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel.
45

Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG), der die Benachteiligung Behinderter verbietet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Zöliakieerkrankung eine Behinderung darstellt. Denn Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG räumt nach Wortlaut, Systematik und Zweck dem Behinderten nur ein subjektives Abwehrrecht gegen Benachteiligungen, aber grundsätzlich keinen Anspruch auf bestimmte Vergünstigungen im Vergleich zu Nichtbehinderten ein. Benachteiligung bedeutet nachteilige Ungleichbehandlung; Behinderte werden z.B. benachteiligt, wenn ihre Lebenssituation im Vergleich zu derjenigen nichtbehinderter Menschen durch gesetzliche Regelungen verschlechtert wird, die ihnen Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten vorenthalten, welche anderen offen stehen (BVerfG-Beschluss vom 19. Januar 1999 1 BvR 2161/94, BVerfGE 99, 341, BGBl I 1999, 699).
46

§ 33 Abs. 2 Satz 3 EStG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da die Ungleichbehandlung zwischen Diätaufwendungen und unmittelbaren Krankheitskosten sachlich gerechtfertigt ist und auch nicht gegen den Grundsatz der Leistungsfähigkeit verstößt.
47

Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung von Kranken, die durch eine Diät und Kranken, die durch Arznei- und Hilfsmittel therapiert werden, ist sachlich gerechtfertigt. Nach Art. 3 Abs. 1 GG ist der Gesetzgeber gehalten, wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich zu behandeln. Dabei kommt dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu (vgl. Urteil des FG Köln in EFG 1990, 356). Für die Ungleichbehandlung bestehen im Streitfall sachlich einleuchtende Gründe. So sind insbesondere die häufige ungerechtfertigte Inanspruchnahme und Praktikabilitätsgesichtspunkte sachliche Gründe für die getroffene Regelung (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O., m.w.N.)
48

3. Der Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig als die Krankheitskosten, die „zuzahlungsfrei“ sind, sich steuerlich nicht auswirken.
49

Die Kläger begehren ausweislich der im Schriftsatz vom 2. September 2018 vorgenommenen Berechnungen, die Anerkennung eines Betrages i.H.v. 2.356 € ohne Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung.
50

a) Unstreitig sind die Aufwendungen dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG anzuerkennen. Von den anzuerkennenden Krankheitskosten ist jedoch eine zumutbare Eigenbelastung in Abzug zu bringen.
51

b) Der Abzug verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Der Ansatz der zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten ist hinzunehmen, denn es ist nicht verfassungsrechtlich geboten, die Krankheitskosten steuerlich vollständig freizustellen.
52

Dabei ist insbesondere darin kein Verstoß zu sehen, dass vom Staat unterhaltene Personen die von den Klägern getragenen Aufwendungen nicht zu tragen hätten und die Kläger durch die Zahlungen endgültig belastet bleiben.
53

Bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Existenzminimums muss nicht jede sozialrechtliche Zusatzleistung mitberücksichtigt werden und umgekehrt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juni 2016 X R 43/14 BStBl II 2017, 55). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174) ist das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs an öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt, auch dem Einkommensbezieher von dessen Erwerbsbezügen zu belassen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall offensichtlich erfüllt.
54

Eine Tragung von Krankheitskosten aufgrund des Selbstbehalts kann nur ausnahmsweise dann nicht mehr zumutbar sein, wenn dadurch in das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum eingegriffen werden sollte. Solange allerdings der tatsächliche Umfang der von den Steuerpflichtigen erbrachten Aufwendungen der Höhe nach nicht geeignet ist, dieses Existenzminimum zu tangieren, hält der erkennende Senat eine Einschränkung der zumutbaren Belastung von Verfassungswegen nicht für geboten (BFH-Urteil vom 01. Juni 2016 X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55 , m.w.N.)
55

Im Streitfall hatten die Kläger Aufwendungen in Höhe von 2.356 € zu tragen. Angesichts der Gesamtumstände und des Gesamtbetrags ihrer Einkünfte in Höhe von gerundet 186.000 € ist ihr einkommensteuerrechtliches Existenzminimum aber offensichtlich nicht betroffen.
56

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Der Abzug der zumutbaren Eigenbelastung stellt gerade eine Ausprägung der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dar.
57

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die Kläger den Belastungs- bzw. Erstattungsumfang durch die Auswahl des Tarifs und den Abschluss eventueller Zusatzversicherungen selbst beeinflussen können.
58

c) Auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 19. Januar 2017, VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684) ergibt sich eine die geltend gemachten Aufwendungen übersteigende zumutbare Eigenbelastung.
59

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
60

III. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen.