06.12.2017 · IWW-Abrufnummer 198128
Finanzgericht Münster: Urteil vom 25.02.1998 – 7 K 5197/96 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 1995
hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 25.02.1998, an der teilgenommen haben:
1. Vizepräsident des Finanzgerichts .
2. Richter am Finanzgericht .
3. Richter am Finanzgericht .
4. Ehrenamtlicher Richter .
5. Ehrenamtlicher Richter .
im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1995 vom 12.08.1996 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung werden nach Maßgabe der Urteilsgründe abgeändert. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
1
Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für den Erwerb eines Führerscheins der Klasse 2 als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
2
Der 1970 geborene Kläger (Kl.) ist bei der Firma . als Möbeltischler beschäftigt. Neben der Arbeit in der Tischlerei gehört es u. a. zu den Aufgaben des Kl., Materialien zum Innenausbau zur Baustelle zu transportieren und an Ort und Stelle zu verarbeiten. Der Kl. transportiert auch hergestellte Möbel sowie Einbaumöbel zum Aufbauort. Der Arbeitgeber verfügt zum Transport der Möbel über einen PKW-Kombi und einen sogenannten Multi-Van vom Typ Chrysler Voyager, der nach Ausbau der Sitzbänke wie ein Kleintransporter benutzt wird. Beide Fahrzeuge haben Anhängerkupplungen für den ebenfalls vorhandenen Zweiachsanhänger mit Plane und Spriegel (Stahlrohrgerüst zur Stabilisierung der Plane).
3
Im Streitjahr 1995 erzielte der Kl. einen Arbeitslohn in Höhe von 49.029,-; DM. U.a. machte er mit der Einkommensteuer (ESt-)Erklärung 1995 Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 (Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t) in Höhe von insgesamt 2.651,-; DM (Fahrschule 2.610,-; DM, Sehtest 11,05 DM, Fahrtkosten 29,12 DM) geltend. Hierzu legte er eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 22.09.1995 vor, die wie folgt lautet:
4
Hiermit bescheinigen wir, daß Herr . den von ihm erworbenen Führerschein Klasse -;2-; in Zukunft beruflich nutzen wird; da wir beabsichtigen, uns in nächster Zeit einen LKW über 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht anzuschaffen. Herr . wäre damit in der Lage, dieses Fahrzeug zu führen und hätte somit zur Sicherung seines Arbeitsplatzes beigetragen.
5
Der Beklagte (das Finanzamt -;FA-;) lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 als, WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ab. Auch der Einspruch blieb im Streitpunkt ohne Erfolg, nachdem das FA festgestellt hatte, daß auf den Arbeitgeber des Kl. am 26.09.1996 noch kein LKW zugelassen worden war.
6
In der Einspruchsentscheidung (EE) vom 27.09.1996 führte das FA u. a. aus, beim Kl. bestehe kein hinreichend konkreter Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins und der Berufsausübung des Kl.. Die allgemeine Fähigkeit, für den Arbeitgeber einen LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t fahren zu können, stelle keine ausreichende Tatsache im Sinne der Tatbestandsmerkmale des § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) dar. Maßgebend für das FA war, daß der Arbeitgeber noch keinen entsprechenden LKW erworben hatte. Im Streitfall müßten daher die Grundsätze für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen zum Erwerb des Führerscheins der Klasse 3 angewendet werden. Danach seien Führerscheinkosten grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung, soweit nicht eine unmittelbare Notwendigkeit für die Berufsausübung bestehe. Entgegen der Auffassung des Kl. sei nämlich eine private Nutzung eines Führerscheins der Klasse 2 denkbar, z. B. im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes oder des Technischen Hilfswerks.
7
Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kl. geltend, der Arbeitgeber habe ausdrücklich bestätigt, daß der Erwerb des Führerscheins der Sicherung des Arbeitsplatzes diene. Hierzu legte der Kl. eine weitere Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 22.10.1996 vor, in der mitgeteilt wird, ein LKW, für den ein Führerschein der Klasse 2 erforderlich gewesen wäre, sei vorerst nicht angeschafft worden, weil größere Aufträge ausgeblieben seien und die allgemein schlechte konjunkturelle Lage keine Besserung zeige. Der Arbeitgeber stellte eine Lohnerhöhung für den Fall in Aussicht, daß der Kl. tatsächlich den Führerschein der Klasse 2 im Betrieb nutzen könne.
8
Der Kl. beantragt,
bei der ESt 1995 weitere WK in Höhe von 2.651,-; DM zu berücksichtigen.
9
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung führt es an, es könne dahinstehen, ob der Kl. den Führerschein der Klasse 2 privat nutze, da jedenfalls keine berufliche Nutzung des Führerscheins gegeben sei. Dies ergebe sich auch aus der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 22.10.1996.
11
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
12
Die Klage ist begründet.
13
Dem Kl. sind für den Erwerb des LKW-Führerscheins Aufwendungen in Höhe von 2.651,-; DM entstanden, die als WK abzugsfähig sind.
14
WK sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind WK alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlaßt sind. Eine auf die Einnahmeerzielung bezogene Veranlassung von Aufwendungen ist dann zu bejahen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden (vgl. Drenseck in EStG, EStG, Kommentar 16. Aufl. 1997, § 9 Rz. 7 m.w.N.). WK können schon dann anfallen, wenn die mit dem Aufwand erstrebten Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für den Abzug vorab entstandener WK ist, daß ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Führen die Aufwendungen nicht zum beabsichtigten Erfolg, bleibt hiervon ihre Abziehbarkeit als WK unberührt (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 04.07.1990 GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830, 836 unter C III 2. a -; Aufwendungen für ein Bauvorhaben vor Konkurs des Bauunternehmers -;).
15
Ferner sind nach allgemeiner Meinung Fortbildungskosten im ausgeübten Beruf als WK abziehbar. Dies gilt auch dann, wenn den Fortbildungsaufwendungen keine konkrete Erhöhung der Bezüge zugeordnet werden kann. Ein Abzug als WK ist jedoch generell ausgeschlossen, wenn es sich bei den Aufwendungen um Kosten der Lebensführung handelt. Grundsätzlich geht die Rechtsprechung, wie auch der erkennende Senat, davon aus, daß Kosten für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 3 heute zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung gehören (§ 12 Nr. 1 EStG -; vgl. bereits BFH Urteil vom 20.02.1969 IV R 119/66, BStBl. II 1969, 433). Anders ist die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 zu beurteilen. Diese Aufwendungen sind grundsätzlich WK im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn das berufliche Fortkommen in Form der Erlangung einer besser bezahlten Stellung vom Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 abhängig ist (vgl. BFH Urteil vom 29.06.1984 VI R 34/82, BStBl. II 1984, 694). Nicht anders kann der Sachverhalt beurteilt werden, wenn der Steuerpflichtige bereits eine Fahrtätigkeit ausübt und der Arbeitgeber den Wunsch äußert, daß der Steuerpflichtige die Befähigung zum Führen eines LKW erwirbt.
16
Im Streitfall besteht ein hinreichend konkreter Zusammenhang zwischen der bisherigen Tätigkeit des Kl. und den streitigen Aufwendungen. Der Kl. arbeitet als Tischler und transportiert die hergestellten Tischlerarbeiten zu den Baustellen bzw. zum Einbauort beim Kunden. Dies ergibt sich aus den Erklärungen des Kl., die mit den Erklärungen des Arbeitgebers übereinstimmen. Das FA ist dem nicht entgegengetreten. Zwar benötigt der Kl. zu dieser Fahrtätigkeit, die mit einem Kombi bzw. Multi-Van jeweils mit Anhänger ausgeführt wird, keinen Führerschein der Klasse 2, es ist jedoch möglich, daß der Arbeitgeber einen LKW erwirbt, für den der Kl. den Führerschein der Klasse 2 benötigt. Da der Arbeitgeber bereits im Jahr 1995 dem Kl. gegenüber die Absicht geäußert hat, einen solchen LKW zu erwerben, besteht ein ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der bisherigen Tätigkeit und dem Führerscheinerwerb für einen LKW. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung ist nicht erst dann gegeben, wenn die Aufwendungen zwingend zum Erhalt des Arbeitsplatzes erforderlich sind, sondern bereits dann, wenn ein konkreter Bezug zwischen Aufwendungen und Tätigkeit hergestellt werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer auf die Entscheidungen des Arbeitgebers im Regelfall keinen Einfluß nehmen kann. Der Senat sieht keine Veranlassung anzuzweifeln, daß die Bestätigung des Arbeitgebers von 1995, er habe die Absicht, einen LKW anzuschaffen, wahrheitsgemäß abgegeben wurde. Die Tatsache, daß der Arbeitgeber bis zur Entscheidung des Gerichts keinen LKW angeschafft hat, fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Kl.
17
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, daß im Streitfall die Lebensführung berührt ist (§ 12 Nr. 1 EStG). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wird ein LKW mit über 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht in aller Regel betrieblich oder beruflich genutzt. Selbst für Wohnmobile dürfte nur im Ausnahmefall ein solcher Führerschein erforderlich sein. Ein Einsatz des Führerscheins im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit des Kl. ist nicht ersichtlich. Der Senat hält die Erklärung des Kl., weder der Freiwilligen Feuerwehr, dem Deutschen Rote Kreuz bzw. dem Technischen Hilfswerk anzugehören, für glaubhaft.
18
Die Neuberechnung der ESt 1995 wird dem FA übertragen. Das FA wird bei der Neuberechnung weitere WK in Höhe von 2.651,-; DM, die der Höhe nach nicht streitig sind, berücksichtigen.
19
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1, §§ 151, 155 Finanzgerichtsordnung, §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.
wegen Einkommensteuer 1995
hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 25.02.1998, an der teilgenommen haben:
1. Vizepräsident des Finanzgerichts .
2. Richter am Finanzgericht .
3. Richter am Finanzgericht .
4. Ehrenamtlicher Richter .
5. Ehrenamtlicher Richter .
im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1995 vom 12.08.1996 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung werden nach Maßgabe der Urteilsgründe abgeändert. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
1
Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für den Erwerb eines Führerscheins der Klasse 2 als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
2
Der 1970 geborene Kläger (Kl.) ist bei der Firma . als Möbeltischler beschäftigt. Neben der Arbeit in der Tischlerei gehört es u. a. zu den Aufgaben des Kl., Materialien zum Innenausbau zur Baustelle zu transportieren und an Ort und Stelle zu verarbeiten. Der Kl. transportiert auch hergestellte Möbel sowie Einbaumöbel zum Aufbauort. Der Arbeitgeber verfügt zum Transport der Möbel über einen PKW-Kombi und einen sogenannten Multi-Van vom Typ Chrysler Voyager, der nach Ausbau der Sitzbänke wie ein Kleintransporter benutzt wird. Beide Fahrzeuge haben Anhängerkupplungen für den ebenfalls vorhandenen Zweiachsanhänger mit Plane und Spriegel (Stahlrohrgerüst zur Stabilisierung der Plane).
3
Im Streitjahr 1995 erzielte der Kl. einen Arbeitslohn in Höhe von 49.029,-; DM. U.a. machte er mit der Einkommensteuer (ESt-)Erklärung 1995 Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 (Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t) in Höhe von insgesamt 2.651,-; DM (Fahrschule 2.610,-; DM, Sehtest 11,05 DM, Fahrtkosten 29,12 DM) geltend. Hierzu legte er eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 22.09.1995 vor, die wie folgt lautet:
4
Hiermit bescheinigen wir, daß Herr . den von ihm erworbenen Führerschein Klasse -;2-; in Zukunft beruflich nutzen wird; da wir beabsichtigen, uns in nächster Zeit einen LKW über 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht anzuschaffen. Herr . wäre damit in der Lage, dieses Fahrzeug zu führen und hätte somit zur Sicherung seines Arbeitsplatzes beigetragen.
5
Der Beklagte (das Finanzamt -;FA-;) lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 als, WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ab. Auch der Einspruch blieb im Streitpunkt ohne Erfolg, nachdem das FA festgestellt hatte, daß auf den Arbeitgeber des Kl. am 26.09.1996 noch kein LKW zugelassen worden war.
6
In der Einspruchsentscheidung (EE) vom 27.09.1996 führte das FA u. a. aus, beim Kl. bestehe kein hinreichend konkreter Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins und der Berufsausübung des Kl.. Die allgemeine Fähigkeit, für den Arbeitgeber einen LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t fahren zu können, stelle keine ausreichende Tatsache im Sinne der Tatbestandsmerkmale des § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) dar. Maßgebend für das FA war, daß der Arbeitgeber noch keinen entsprechenden LKW erworben hatte. Im Streitfall müßten daher die Grundsätze für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen zum Erwerb des Führerscheins der Klasse 3 angewendet werden. Danach seien Führerscheinkosten grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung, soweit nicht eine unmittelbare Notwendigkeit für die Berufsausübung bestehe. Entgegen der Auffassung des Kl. sei nämlich eine private Nutzung eines Führerscheins der Klasse 2 denkbar, z. B. im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes oder des Technischen Hilfswerks.
7
Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kl. geltend, der Arbeitgeber habe ausdrücklich bestätigt, daß der Erwerb des Führerscheins der Sicherung des Arbeitsplatzes diene. Hierzu legte der Kl. eine weitere Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 22.10.1996 vor, in der mitgeteilt wird, ein LKW, für den ein Führerschein der Klasse 2 erforderlich gewesen wäre, sei vorerst nicht angeschafft worden, weil größere Aufträge ausgeblieben seien und die allgemein schlechte konjunkturelle Lage keine Besserung zeige. Der Arbeitgeber stellte eine Lohnerhöhung für den Fall in Aussicht, daß der Kl. tatsächlich den Führerschein der Klasse 2 im Betrieb nutzen könne.
8
Der Kl. beantragt,
bei der ESt 1995 weitere WK in Höhe von 2.651,-; DM zu berücksichtigen.
9
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung führt es an, es könne dahinstehen, ob der Kl. den Führerschein der Klasse 2 privat nutze, da jedenfalls keine berufliche Nutzung des Führerscheins gegeben sei. Dies ergebe sich auch aus der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 22.10.1996.
11
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
12
Die Klage ist begründet.
13
Dem Kl. sind für den Erwerb des LKW-Führerscheins Aufwendungen in Höhe von 2.651,-; DM entstanden, die als WK abzugsfähig sind.
14
WK sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind WK alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlaßt sind. Eine auf die Einnahmeerzielung bezogene Veranlassung von Aufwendungen ist dann zu bejahen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden (vgl. Drenseck in EStG, EStG, Kommentar 16. Aufl. 1997, § 9 Rz. 7 m.w.N.). WK können schon dann anfallen, wenn die mit dem Aufwand erstrebten Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für den Abzug vorab entstandener WK ist, daß ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Führen die Aufwendungen nicht zum beabsichtigten Erfolg, bleibt hiervon ihre Abziehbarkeit als WK unberührt (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 04.07.1990 GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830, 836 unter C III 2. a -; Aufwendungen für ein Bauvorhaben vor Konkurs des Bauunternehmers -;).
15
Ferner sind nach allgemeiner Meinung Fortbildungskosten im ausgeübten Beruf als WK abziehbar. Dies gilt auch dann, wenn den Fortbildungsaufwendungen keine konkrete Erhöhung der Bezüge zugeordnet werden kann. Ein Abzug als WK ist jedoch generell ausgeschlossen, wenn es sich bei den Aufwendungen um Kosten der Lebensführung handelt. Grundsätzlich geht die Rechtsprechung, wie auch der erkennende Senat, davon aus, daß Kosten für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 3 heute zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung gehören (§ 12 Nr. 1 EStG -; vgl. bereits BFH Urteil vom 20.02.1969 IV R 119/66, BStBl. II 1969, 433). Anders ist die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 zu beurteilen. Diese Aufwendungen sind grundsätzlich WK im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn das berufliche Fortkommen in Form der Erlangung einer besser bezahlten Stellung vom Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 abhängig ist (vgl. BFH Urteil vom 29.06.1984 VI R 34/82, BStBl. II 1984, 694). Nicht anders kann der Sachverhalt beurteilt werden, wenn der Steuerpflichtige bereits eine Fahrtätigkeit ausübt und der Arbeitgeber den Wunsch äußert, daß der Steuerpflichtige die Befähigung zum Führen eines LKW erwirbt.
16
Im Streitfall besteht ein hinreichend konkreter Zusammenhang zwischen der bisherigen Tätigkeit des Kl. und den streitigen Aufwendungen. Der Kl. arbeitet als Tischler und transportiert die hergestellten Tischlerarbeiten zu den Baustellen bzw. zum Einbauort beim Kunden. Dies ergibt sich aus den Erklärungen des Kl., die mit den Erklärungen des Arbeitgebers übereinstimmen. Das FA ist dem nicht entgegengetreten. Zwar benötigt der Kl. zu dieser Fahrtätigkeit, die mit einem Kombi bzw. Multi-Van jeweils mit Anhänger ausgeführt wird, keinen Führerschein der Klasse 2, es ist jedoch möglich, daß der Arbeitgeber einen LKW erwirbt, für den der Kl. den Führerschein der Klasse 2 benötigt. Da der Arbeitgeber bereits im Jahr 1995 dem Kl. gegenüber die Absicht geäußert hat, einen solchen LKW zu erwerben, besteht ein ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der bisherigen Tätigkeit und dem Führerscheinerwerb für einen LKW. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung ist nicht erst dann gegeben, wenn die Aufwendungen zwingend zum Erhalt des Arbeitsplatzes erforderlich sind, sondern bereits dann, wenn ein konkreter Bezug zwischen Aufwendungen und Tätigkeit hergestellt werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer auf die Entscheidungen des Arbeitgebers im Regelfall keinen Einfluß nehmen kann. Der Senat sieht keine Veranlassung anzuzweifeln, daß die Bestätigung des Arbeitgebers von 1995, er habe die Absicht, einen LKW anzuschaffen, wahrheitsgemäß abgegeben wurde. Die Tatsache, daß der Arbeitgeber bis zur Entscheidung des Gerichts keinen LKW angeschafft hat, fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Kl.
17
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, daß im Streitfall die Lebensführung berührt ist (§ 12 Nr. 1 EStG). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wird ein LKW mit über 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht in aller Regel betrieblich oder beruflich genutzt. Selbst für Wohnmobile dürfte nur im Ausnahmefall ein solcher Führerschein erforderlich sein. Ein Einsatz des Führerscheins im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit des Kl. ist nicht ersichtlich. Der Senat hält die Erklärung des Kl., weder der Freiwilligen Feuerwehr, dem Deutschen Rote Kreuz bzw. dem Technischen Hilfswerk anzugehören, für glaubhaft.
18
Die Neuberechnung der ESt 1995 wird dem FA übertragen. Das FA wird bei der Neuberechnung weitere WK in Höhe von 2.651,-; DM, die der Höhe nach nicht streitig sind, berücksichtigen.
19
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1, §§ 151, 155 Finanzgerichtsordnung, §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.