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· Fachbeitrag · Leistungen

Pflegepflichtversicherung

| Der folgende Beitrag stellt die Leistungen aus der Pflegeversicherung und deren Anspruchsvoraussetzungen vor. | * Pflegestufe 0: Vorliegen einer dauerhaften erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz und eines Bedarfs an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung, der noch nicht das Ausmaß der Pflegestufe 1 erreicht** Vorliegen einer dauerhaften erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz 

1. Leistungen

Folgende Leistungen können u.a. in Anspruch genommen werden:

  • häusliche Pflegehilfe durch Pflegekräfte (§§ 36, 123, 124 SGB XI, § 4 A MB/PPV)
  • Pflegegeld (§§ 37, 123 SGB XI; § 4 A II MB/PPV )
  • teilstationäre Pflege in Einrichtungen oder Tages- oder Nachtpflege (§ 41 SGB XI, § 4 B MB/PPV)
  • häusliche Pflege bei Verhinderung von Pflegepersonen/Kurzzeitpflege (§ 39 SGB XI, § 4 C MB/PPV)
  • vollstationäre Pflege (§ 43 SGB XI, § 4 B-D MB/PPV).

 

  • Pflegeleistungen 2014 (in EUR/Monat)

Pflegegeld ( §§ 37, 123 SGB XI; § 4 A MB/PPV)

Stufe 0 (mit *)

120 EUR

Stufe I

235 EUR

Stufe I (mit **)

305 EUR

Stufe II

440 EUR

Stufe II (mit **)

525 EUR

Stufe III

700 EUR

Ambulante Pflegesachleistungen ( §§ 36, 123, 124 SGB XI, § 4 MB/PPV)

Stufe 0 (mit *)

225 EUR

Stufe I

450 EUR

Stufe I (mit **)

665 EUR

Stufe II

1.100 EUR

Stufe II (mit **)

1.250 EUR

Stufe III

1.550 EUR

Vollstationäre Pflege (§§ 41 ff SGB XI, § 4 MB/PPV )

Stufe I

1.023 EUR

Stufe II

1.279 EUR

Stufe III

1.550 EUR

Härtefall

1.918 EUR

Zusätzliche Betreuungsleistungen

Grundbetrag

100 EUR

erhöhter Betrag

200 EUR

 

 

* Pflegestufe 0: Vorliegen einer dauerhaften erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz und eines Bedarfs an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung, der noch nicht das Ausmaß der Pflegestufe 1 erreicht

** Vorliegen einer dauerhaften erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz

 

Pflegegeld und Pflegesachleistungen können auch kombiniert werden. An diese Entscheidung ist man dann 6 Monate gebunden.

 

  • Beispiel: Kombination von Pflegegeld und Pflegesachleistungen

Pflegesachleistungen Pflegestufe 2

1.100 EUR

in Anspruch genommen

770 EUR

Prozentualer Anteil

70 Prozent

Pflegegeld Pflegestufe 2

440 EUR

Prozentuale Rest-Inanspruchnahme 30 Prozent

132 EUR

 

2. Anspruchsvoraussetzungen

Ob und wenn ja, welche Leistungen in Anspruch genommen werden können, richtet sich nach §§ 14, 15 SGB XI. Pflegebedürftig sind Personen, die

  • wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder
  • Behinderung
  • für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen
  • im Ablauf des täglichen Lebens
  • auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate,
  • in erheblichem oder höherem Maße (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen.

 

Die rechtserheblichen und damit auch im Streitfall beweiserheblichen Tatbestandsmerkmale (hierzu mit Beweisfragen Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, III: Kapitel, Rn. 118a) werden dann in den nachfolgenden Absätzen genau beschrieben:

 

  • Krankheit/Behinderung (§ 14 Abs. 2 SGB XI),
  • Hilfebedarf (§ 14 Abs. 3 SGB XI) und
  • gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des tägliche Lebens (§ 14 Abs. 4 SGB XI).

 

Die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens sind Verrichtungen bei der

  • Körperpflege (Waschen, Duschen/Baden, Haare-Waschen (BSG NZS 01, 265 ff.), Kämmen, Rasieren und Darm- und Blasenentleerung,
  • Ernährung (mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung, aber nicht deren Zubereitung, auch nicht von Diätkost oder Diätgetränken,
  • Mobilität (selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Sitzen und Liegen (BSG SozR 3-3000 § 14 Nr. 14),Treppensteigen oder Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung) und
  • hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkaufen, Kochen, Spülen, Reinigen der Wohnung, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung, Beheizen).

 

Als Hilfebedarf werden anerkannt

  • Unterstützung,
  • Übernahme und
  • Beaufsichtigung/Anleitung.

 

PRAXISHINWEIS | Der Hilfebedarf in der Form der Beaufsichtigung/Anleitung suggeriert, hier könne umfassend zeitintensiver Hilfebedarf, z.B. ständige Begleitung und Beaufsichtigung untergebracht werden. Das ist aber nicht so. Stets orientiert sich der Hilfebedarf streng an den notwendigen Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI, also Körperpflege, Ernährung und Mobilität. Der Katalog der Verrichtungen ist abschließend (BSGE 82, 27) und orientiert sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen (BSG SozR 3-300 § 14 Nr. 3).

 
  • Beispiele: Mobilität
  • Es ist nur die Hilfe zu berücksichtigen, die beim Gehen im Zusammenhang mit der Erledigung der anderen in § 14 IV SGB XI genannten häuslichen Verrichtungen erforderlich ist, nicht auch die Hilfe bei sonstigen, nicht verrichtungsbezogenen Standortwechseln in der Wohnung. (BSG 29.4.99, B 3 P 7/98 R).
  • Außerhalb der Wohnung ist die Hilfe nur zu berücksichtigen, wenn die außerhalb der Wohnung zu erledigende Verrichtung für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unerlässlich ist, z.B.: Arztbesuche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, soweit sie der Behandlung einer Krankheit dienen und regelmäßig anfallen (BSG SozR 4- 3300 § 15 Nr. 1 unter Hinweis auf BSG SozR 3 § 14 Nrn. 5, 6, 8). Warte- und Behandlungszeiten können Berücksichtigung finden.
  • Verrichtungen, die seltener als einmal pro Woche anfallen, sind nicht berücksichtigungsfähig. § 15 Abs. 3 SGB XI stellt klar, dass für die Bemessung des für die Pflege erforderlichen Zeitaufwands auf die Woche abzustellen ist. Aus dem gesamten in einer Woche anfallenden Pflegeaufwand ist der Tagesdurchschnitt zu ermitteln. Damit wird ausgeschlossen, dass bei Ermittlung des zeitlichen Pflegebedarfs auch Verrichtungen einbezogen werden, die seltener als einmal wöchentlich anfallen (BSG 29.4.99, B 3 P 12/98 R und B 3 P 7/98 R).
 

Der Dreh- und Angelpunkt bei Ermittlung der Pflegestufe ist deshalb stets der Umfang der notwendigen Grundpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI), die abzugrenzen ist von einem Bedarf an Behandlungspflege. Das gelingt nicht immer sauber. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 3 S. 2 den Versuch einer Abgrenzungsregelung gemacht. Beim Zeitaufwand ist danach auch ein Zeitaufwand für verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen zu berücksichtigen. Das gilt auch, wenn der Hilfebedarf tatsächlich zu Leistungen nach dem Recht der Krankenversicherung führt (§ 37 SGB V).

 

Denn: grundsätzlich ist die häusliche Krankenpflege des SGB V neben der Pflege nach dem SGB XI nach § 13 Abs. 2 SGB XI möglich. Bei Überschneidungen geht der Anspruch gegen die Krankenkasse nach § 34 Abs. 2 SGB XI vor. Anders ist es bei der Sicherungspflege i.S. von § 37 Abs. 2 SGB XII, wenn Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung zusätzlich zur Behandlungspflege als Satzungsleistung bestimmt sind. Dann gilt umgekehrt ein Verbot der Gewährung von Leistungsansprüchen nach SGB XII. Als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen werden Maßnahmen der Behandlungspflege definiert, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung nach § 14 Abs. 4 SGB XI ist oder mit einer solchen Verrichtung notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

 

  • Beispiele
  • Die Behandlung der Kopfhaut mit einem Pflegemittel wegen Schuppenflechte wird in den Pflegebedarf einbezogen.
  • Das Einreiben der Gelenke mit Salbe zur Verringerung von Schmerzen und zur Reduzierung des Gebrauchs von nebenwirkungsreichen Schmerzmitteln wird bei der Ermittlung des Pflegebedarfs nicht berücksichtigt (BSG NZS 01, 265)
 

3. Pflegestufe

Die Höhe der Leistungen richtet sich nach der Pflegestufe. In welche Pflegestufe jemand eingruppiert wird, richtet sich nach § 15 SGB XI:

 

Übersicht / Pflegestufen

Die Pflegestufen sind:

  • Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
  • Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
  • Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung, müssen wöchentlich im Tagesdurchschnitt

  • in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten festgestellt werden; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,
  • in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden festgestellt werden; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen,
  • in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden festgestellt werden; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen.
 

Der Zeitaufwand richtet sich danach, mit welchem Aufwand ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung leisten kann. Dabei ist § 2 Abs. 1 S. 2 SGB XI zu berücksichtigen. Danach sind die Hilfen so auszurichten, dass die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte des Pflegebedürftigen möglichst erhalten werden, bevor apparative Unterstützung notwendig wird.

 

  • Beispiele
  • Pflegebedürftige, die nicht unter Harninkontinenz leiden und sich bei Harndrang selbst melden und auf Hilfestellung der Pflegeperson warten können, ist eine Versorgung mit Windeln oder Blasenkathetern unzumutbar (BSG NZS 01, 265).
  • Die Versorgung mit Windeln bei Inkontinenz ist dagegen zumutbar wie im Schwerbehindertenrecht (BSG 318.00, B 3 P 16/99 R; 9.8.95, 9 RVs 3/95).
Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 138 | ID 42854653