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· Fachbeitrag · Hospiz- und Palliativversorgung

Kehrtwende im Umgang mit dem Tod

von RA Karl-Heinz Steffens, Berlin

| Tod und Sterben waren vor 30 Jahren noch Tabuthemen. Das hat sich langsam geändert. Dann kamen Hospize, Palliativmedizin, Patientenverfügung und Organtransplantation auf die Tagesordnung und damit auch die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Tod. Nun rückt das Thema noch mehr in den Fokus. Der Beitrag beantwortet weitere Fragen zum Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung, das am 8.12.15 in Kraft getreten ist. |

1. Welche Maßnahmen gelten für die stationäre Versorgung?

Sterbebegleitung wird ausdrücklicher Bestandteil des Versorgungsauftrags der sozialen Pflegeversicherung. Im Internet ist über die Kooperationen der Pflegeheime mit Hospiz- und Palliativnetzen öffentlich zu informieren. Kooperationsverträge der Pflegeheime mit Haus- und Fachärzten zur medizinischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht mehr nur freiwillig, sondern „sollen“ von den Vertragspartnern abgeschlossen werden. Ärztinnen und Ärzte, die sich daran beteiligen, erhalten eine zusätzliche Vergütung.

 

Zudem wird die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass Pflegeheime ihren Bewohnerinnen und Bewohnern eine Versorgungsplanung zur individuellen und umfassenden medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und seelsorgerischen Betreuung in der letzten Lebensphase organisieren und anbieten können. Viele Menschen haben Angst vor der letzten Lebensphase. Wichtig ist daher, diese Ängste aufzugreifen, frühzeitig über Hilfsangebote zu informieren und die Versorgung vorauszuplanen. Dieses besondere Beratungsangebot der Pflegeheime wird von den Krankenkassen finanziert.

 

Zur Stärkung der Hospizkultur und Palliativversorgung in Krankenhäusern ist vorgesehen, dass für Palliativstationen krankenhausindividuelle Entgelte mit den Kostenträgern vereinbart werden, wenn das Krankenhaus dies wünscht.

2. Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen wichtig

Da der Hilfebedarf schwerstkranker Menschen von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich auch im Verlauf der letzten Lebensphase verändern kann, ist eine vernetzte Versorgung wichtig, die ein reibungsloses Ineinandergreifen verschiedener palliativ-medizinischer, palliativ-pflegerischer und hospizlicher Hilfsangebote gewährleistet. Neue und bereits bestehende Angebote sollen deshalb stärker ineinandergreifen, damit Schwerkranke und sterbende Menschen entsprechend ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen versorgt und betreut werden. Das betrifft insbesondere das Zusammenwirken von professioneller und ehrenamtlicher Betreuung und Versorgung durch Hospiz- und Palliativteams und die Kooperation zwischen Haus- und Fachärzten mit diesen Diensten und stationären Pflegeeinrichtungen.

3. Wie wichtig ist das Ehrenamt in der Hospizversorgung?

Die Hospizbewegung in Deutschland gründet auf bürgerschaftlichem und ehrenamtlichem Engagement. Nach Angaben des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes (DHPV) engagieren sich derzeit bundesweit rund 80.000 Ehrenamtliche in der Hospizbewegung. Mit der Entscheidung, dass Krankenkassen die ambulanten Hospizdienste und die stationären Hospize stärker fördern, wird ein ausdrücklicher Wunsch der Hospiz- und Palliativverbände aufgegriffen. Dabei ist jedoch keine Vollfinanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung gewollt. Ein Teil der Aufwendungen wird weiterhin durch Spenden getragen. So bleibt sichergestellt, dass die hospizliche Betreuung auch zukünftig vom Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement geprägt bleibt.

4. Wo erhält man Informationen?

Vielerorts existieren bereits Informations- und Beratungsangebote, z. B. durch Hospizvereine, kommunale Beratungsstellen, Palliativärzte oder Pflegeeinrichtungen. Nicht immer ist dies hinreichend bekannt. Um Menschen in ihrer letzten Lebensphase besser zu unterstützen und den Zugang zu Hilfsangeboten zu verbessern, haben Versicherte künftig einen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkassen bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Leistungen der Palliativ- und Hospizversorgung. Dies schließt konkret die schriftliche Information über die lokal vorhandenen Angebote und die Hilfestellung bei der Kontaktaufnahme mit ein. Die Krankenkassen arbeiten dabei mit der Pflegeberatung, kommunalen Servicestellen oder vorhandenen Versorgungsnetzwerken zusammen.

5. Wie wird die Forschung unterstützt?

Das Bundesministerium für Gesundheit wird ein Forschungsprojekt iniziieren und finanziell fördern, das sich mit dem Thema „Sterben in der stationären Langzeitpflege“ befasst. Damit soll untersucht werden, wie stationäre Pflegeeinrichtungen Konzepte zur Sterbebegleitung umsetzen, inwiefern sie mit umliegenden Versorgern kooperieren oder eigene Personalstrukturen vorhalten.

6. In welcher Höhe entstehen Mehrkosten?

Die beschriebenen Maßnahmen werden - abhängig von der konkreten Ausgestaltung durch die Selbstverwaltung - insgesamt in den verschiedenen Leistungsbereichen der Gesetzlichen Krankenversicherung zu Mehrausgaben in Höhe eines dreistelligen Millionen-EUR-Betrages pro Jahr führen. Dieser Betrag kommt zu den Ausgaben hinzu, die in der gesetzlichen Krankenversicherung derzeit für die Hospiz- und Palliativversorgung aufgewendet werden.

 

Weiterführender Hinweis

  • Teil 1 des Beitrags über die Änderungen und Absichten des Gesetzes in SB 16, 49
Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 70 | ID 43911388