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· Fachbeitrag · Grundsicherung

Härteregelung: Sterbegeldversicherung muss nicht verwertet werden

von RA Holger Glaser, Nordkirchen

| Eine angemessenen finanziellen Vorsorge für den Todesfall einzusetzen, ist für den Leistungsberechtigten eine Härte i. S. d. § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII, wenn die Zweckbindung verbindlich festgelegt ist, so jetzt das SG Gießen. |

 

Sachverhalt

Die 68 Jahre alte Klägerin beantragte aufgrund ihrer geringen Altersrente ergänzend Grundsicherungsleistungen. Sie hatte den beklagten Landkreis auf eine Sterbegeldversicherung hingewiesen. Dieser vertrat die Auffassung, die reine Bezeichnung als Sterbegeldversicherung reiche nicht aus, um die Versicherung von einem Einsatz als verwertbares Vermögen auszunehmen und lehnte die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen ab. Die Klage gegen die Versagung der Leistungen hatte Erfolg (SG Gießen 7.6.16, S 18 SO 108/14, Abruf-Nr. 187685, nicht rechtskräftig).

 

Entscheidungsgründe

Nach § 90 Abs. 2 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen mit Ausnahme des in § 90 Abs. 3 SGB XII einzeln aufgeführten Schonvermögens einzusetzen. Vorausgesetzt, es liegt keine Härte vor (§ 90 Abs. 3 SGB XII).

 

Nach Auffassung des SG Gießen sind Vermögenswerte, die zur Absicherung der Kosten einer angemessenen Bestattung angespart worden sind, durch die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII geschützt. Diese Privilegierung ist gerechtfertigt, wenn sicher ist, dass der angesparte Vermögenswert tatsächlich für die Bestattungskosten verwendet wird. Dies ist bei einer zweckgebundenen Sterbegeldversicherung der Fall. Die bloße Absicht des Betroffenen, ein angespartes Guthaben im Fall des Todes für die Bestattungskosten zu verwenden, ohne einen entsprechenden Teil seines Vermögens aus dem übrigen Vermögen auszugliedern, genügt dagegen nicht.

 

Bedeutung für die Praxis

Unabhängig davon war es im vorliegenden Fall offensichtlich unwirtschaftlich, die Sterbeversicherung zu verwerten. Es wäre ein Gegenwert von 2.980,34 EUR zu erzielen gewesen. Dieser steht in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert der Sterbeversicherung von 4.203,20 EUR. Das BSG hat eine derartig hohe Verlustquote, in dem ohne Ermittlung weiterer Umstände von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen ist, bei einer Verlustquote von 26,9 Prozent und höher anerkannt. Hier betrug die Verlustquote sogar 29,1 Prozent, sodass nach der Rechtsprechung des BSG ohne Weiteres eine Verwertung offensichtliche unwirtschaftlich war.

 

Weiterführender Hinweis

  • Zur Geschwisterhaftung bei Grundsicherung, SR 15, 171
Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 132 | ID 44154535