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· Fachbeitrag · Betreuung

Bevor es einen neuen Betreuer bestellt, muss das Gericht umfassend prüfen

| Besteht der Verdacht, dass ein Betreuer mit dem Konto des Betreuten nicht korrekt umgeht, kann das Gericht vom Betreuer verlangen, dass er Geldflüsse genauer erklärt. Der BGH sagt aber auch: Reicht der Betreuer verspätet, aber noch vor Beschlussfassung, erklärende Unterlagen ein, darf das Gericht nicht feststellen, dass er die Auskunft weiter verweigert wird. |

Sachverhalt

Das AG hatte für den demenzkranken Betroffenen B dessen Tochter T als Betreuerin bestellt. Ihr war der Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Behörden, Sozialversicherungsträgern und anderen Institutionen, Gesundheitssorge, Postverkehr sowie Vermögensangelegenheiten und Widerruf einer Kontovollmacht übertragen worden. Dies hatte sich der B auch so gewünscht. Gegen die gerichtliche Bestellung hatte der Sohn S des B Beschwerde eingelegt, da sich T bisher geweigert habe, von ihm aufgelistete Verfügungen zu erklären, die das Konto des B betrafen. Das LG Hagen änderte daraufhin den amtsgerichtlichen Beschluss ab und setzte eine Berufsbetreuerin ein. Hiergegen legte T erfolgreich Rechtsbeschwerde ein (26.6.19, XII ZB 373/18, Abruf-Nr. 210567).

Entscheidungsgründe

Zu Recht hatte T gerügt, dass das LG seine Pflicht zur Amtsaufklärung nach § 26 FamFG verletzt hat. Denn das Gericht stützt seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass ihre Bestellung dem Wohl des Betreuten zuwiderlaufe (§ 1897 Abs. 4 S. 1 BGB). Mit ihrer Rechtsbeschwerde trug sie vor, bezüglich der fraglichen Kontobewegungen einen Hefter mit Unterlagen und Erläuterungen beim AG eingereicht zu haben. Dieser ging am 22.6.18 dort ein, also einen Monat bevor das LG den Beschluss vom 23.7.18 erließ.

 

Zwar wurde der Hefter ersichtlich nicht vom AG an das LG weitergeleitet. Die T hatte aber ausweislich des angefochtenen Beschlusses vor dem LG auch nur angegeben, die Rechnungslegung beim AG vorgenommen zu haben. Daher konnte im Beschluss nicht festgestellt werden, sie habe sich bisher „geweigert“, sich insoweit zu erklären und Belege vorzulegen. Es kommt auf den Zeitpunkt an, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen worden ist. Daher spielt es keine Rolle, dass T die Unterlagen erst später als von ihr angegeben einreichte. Der angefochtene Beschluss enthielt somit eine fehlerhaft getroffene Tatsachenfeststellung, denn bei seinem Erlass lag keine „Weigerung“ der T vor, sich zu erklären oder Belege vorzulegen.

Relevanz für die Praxis

Erst jüngst entschied der BGH in einem Betreuungsverfahren, in dem ein Gericht wiederholt verfahrensfehlerhaft arbeitete (SR 19, 57).

 

 

Gerichte können auch auf Basis mangelhafter Gutachten entscheiden. Dabei gilt hier bezüglich der Amtsermittlung nach § 26 FamFG nichts anderes: Das Beschwerdegericht muss gem. § 280 Abs. 1 FamFG als besondere Ausprägung der Amtsermittlung ein weiteres oder ergänzendes Gutachten einholen, wenn erstinstanzliche Gutachten unverwertbar sind oder auf ihrer Grundlage keine Entscheidung getroffen werden kann (BGH 3.7.19, XII ZB 62/19, Abruf-Nr. 210385).

 

PRAXISTIPP | Verdächtige Kontobewegungen bzw. Überweisungen kommen in Betreuungssachen immer wieder vor. Gerichte müssen schnell aufklären, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegt.

 

Betreut Ihr Mandant eine Person auch in Vermögensangelegenheiten, sollten Sie ihn darauf aufmerksam machen, dass er umgehend auf gerichtliche Aufforderungen reagieren muss, wenn er Gründe und Umstände für Geldflüsse bzw. Überweisungen vortragen soll. Hakt das Gericht nach, ist auch Auskunft zu erteilen (z. B. bei Schenkungen, BGH 13.2.19, XII ZB 276/18, Abruf-Nr. 207621).

 

Weiterführende Hinweise

  • Berufsbetreuer muss prüfen, ob für betreute Person Rente beantragt werden muss, SR 19, 131
  • Gericht muss Vorwürfen gegen potenziellen Betreuer nachgehen, SR 19, 57
  • Gericht darf Betreuer bestellen, aber…, SR 18, 77
Quelle: Ausgabe 09 / 2019 | Seite 150 | ID 46094583