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· Fachbeitrag · Arbeitsrecht

Vererblichkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs

von RA Dr. Ernst L. Schwarz, FA Erbrecht und Familienrecht, München

| Nach ständiger Rechtsprechung des BAG erlosch der Urlaubsanspruch, wenn das Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers endete. Er wandelte sich nicht in einen Abgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG um. Dieser Rechtsprechung ist der EuGH entgegengetreten ( EuGH 12.6.14, C-118/13, Abruf-Nr. 141844 ). |

 

1. Urlaubsabgeltungsansprüche sind vererblich

Urlaubsabgeltungsansprüche sind als Geldforderungen vererblich und gehören als Vermögensrechte zum Aktivnachlass des Arbeitnehmers (AN) nach § 1922 BGB. Sie unterfallen damit gleichzeitig auch dem pflichtteilsrelevanten Nachlassbestand gem. § 2311 BGB.

 

Nach dem BUrlG muss der AN seinen gesetzlichen Urlaub „in natura“ nehmen, um sich zu erholen. Deswegen sind Urlaubstage nicht „abkaufbar“. Kann er den Urlaub nicht mehr nehmen, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist (regelmäßig wegen Kündigung oder Aufhebung), kann der Urlaub abgegolten werden. Urlaub, den der AN bis zu seinem Tod nicht mehr angetreten hatte, ist dagegen mit dem Erbfall ohne Ausgleichspflicht verfallen (BAG, a.a.O.). Das BAG verwies stets auf die höchstpersönliche Natur des Urlaubsanspruchs. Die Erben konnten vom Arbeitgeber (AG) auch nicht verlangen, dass dieser den Resturlaub des Verstorbenen abgilt.

 

Nach Ansicht des EuGH verstößt diese Entscheidungspraxis gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88 EG. Ein finanzieller Ausgleich ist unerlässlich, um die praktische Wirksamkeit des Anspruchs auf bezahlten Urlaub sicherzustellen. Nach dem EuGH ist der „vierwöchige Mindesturlaubsanspruch“ ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union. Wäre der Abgeltungsanspruch nicht vererblich, würde „ein unwägbares, weder vom AN noch vom AG beherrschbares Vorkommnis rückwirkend zum Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub selbst, wie er in Art. 7 der Richtlinie 2003/88 verankert ist, führen“, so der EuGH (a.a.O.).

 

2. Auswirkungen für die Praxis

AG werden sich vermehrt auch mit erbrechtlichen Ansprüchen auseinandersetzen müssen. Die Rechtsprechung des EuGH bezieht sich aber nur auf den „gesetzlichen Mindesturlaub“. AG werden darauf achten müssen, dass zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und zusätzlichem Urlaub unterschieden wird (sonst unterfällt der gesamte Urlaub den gesetzlichen Regelungen und damit auch der Abgeltungspflicht). Sie sollten regeln, dass der AN zuerst die gesetzlichen Urlaubstage und dann erst die freiwilligen nehmen muss.

 

MERKE | Pflichtteilsberechtigte werden beim Auskunftsanspruch gegen den Erben (§ 2314 BGB) auch diese Vermögensposition im Auge behalten müssen.

 
Quelle: Ausgabe 11 / 2015 | Seite 184 | ID 43658447