Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Kostenfaktor Heim

Kosten im Pflegeheim: Wofür Eltern und/oder unterhaltspflichtige Kinder zahlen müssen

von RAin Dr. Dagny Liceni-Kierstein, RiOLG a.D., Berlin

| Wer sich für den Umzug in ein Pflegeheim entscheiden muss, sollte bei der Suche nach der passenden Heimeinrichtung nicht nur auf ihre Ausstattung und Lage achten. Auch bei den Kosten können sich von Heim zu Heim erhebliche Unterschiede ergeben. Deshalb lohnt sich für Eltern und/oder Kinder ein Vergleich verschiedener Pflegeheime und Standorte. |

1. Zur Erinnerung die Grundlagen in Kürze:

Die Kosten für einen Pflegeheimplatz ‒ auch Gesamtheimentgelt genannt ‒ setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen. Damit die Gesamtkosten für die pflegebedürftigen Eltern und Kinder transparent bleiben, sind die Heimträger verpflichtet, jede Leistung, für die Kosten erhoben werden, einzeln aufzuführen. In der Regel verlangt der Pflegeheimbetreiber für sich gesehen im Pflegeheim Entgelte für folgende Einzelpositionen, die im Heimvertrag festgeschrieben werden:

 

  • Pflege und Betreuung
  • Unterkunft
  • Verpflegung
  • Investitionskosten
  • Ausbildungsumlage
  • Zusatzleistungen

 

Durch das Pflegestärkungsgesetz II, das zu Beginn des Jahres 2017 in Kraft getreten ist, hat sich etwas Entscheidendes bei den Kosten von Pflegeheimplätzen geändert. Früher stiegen die Beiträge, die man selbst zu den Pflegeleistungen zuzahlen musste (Eigenanteil) mit der Pflegestufe an; das heißt, je pflegebedürftiger man war, desto teurer wurden die Pflegekosten und umso mehr musste man anteilig selbst bezahlen. Denn die Pflegeversicherung übernimmt nur bestimmte, gesetzlich festgelegte Anteile je Pflegestufe. Seit Januar 2017 gibt es dagegen einen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE), der unabhängig vom Pflegegrad ist. Das bedeutet, dass alle Heimbewohner unabhängig von ihren konkreten Pflegegraden den gleichen Anteil zu den Pflegekosten leisten.

2. Wichtig für den Elternunterhalt zu wissen

Da der Eigenanteil nicht mehr an den Pflegegrad gekoppelt ist, müssen Eltern und ihre Kinder keine Mehrkosten für den Heimplatz befürchten, sollte der untergebrachte Elternteil im Laufe der Zeit mehr Pflege und Betreuung benötigen und der bestehende Pflegegrad nicht mehr der tatsächlichen Pflegesituation entsprechen. Der Antrag auf Pflegegradveränderung und Höherstufung kann jederzeit bei der Pflegekasse gestellt werden. Der Gesetzgeber hat durch die Neuregelung im Jahr 2017 darauf reagiert, dass sich bis dahin viele Menschen nicht höher eingruppieren lassen wollten, obwohl es von ihrer Pflegebedürftigkeit her nötig gewesen wäre. Sie befürchteten, einen höheren Eigenanteil zahlen zu müssen.

 

a) Diese Heimkosten werden von der Pflegeversicherung übernommen

Die Pflegekasse übernimmt ausschließlich Kosten, die mit der Pflege zusammenhängen. Sie leistet allerdings ‒ anders als die gesetzliche Krankenversicherung ‒ nur einen monatlichen Zuschuss. Dieser reicht in aller Regel nicht aus, um die gesamten Pflegekosten im Heim abzudecken. Den Rest der Pflegekosten müssen Eltern aus ihren eigenen Einkünften oder aus ihrem Vermögen selbst zahlen. Notfalls müssen sie auf eine Unterstützung ihrer Kinder zurückgreifen. Wie hoch der aufzubringende Eigenanteil (EEE) ist, differiert von Heim zu Heim. Es lohnt sich also, wenn Eltern und Kinder vor der Entscheidung über die Heimunterbringung einen Blick in die Preislisten werfen.

 

PRAXISTIPP | Über die Höhe der Pflegekosten und den Eigenanteil verhandeln die Pflegekassen mit jedem einzelnen Anbieter im jeweiligen Bundesland. Aus diesem Grund kommt es in der Praxis zu großen Unterschieden. So liegt beispielsweise der durchschnittliche Eigenanteil an den Pflegekosten

  • in Thüringen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern am unteren Ende der Skala, nämlich zwischen 200 EUR und 300 EUR.
  • In Sachsen-Anhalt, Sachsen, Niedersachsen, Bremen, Brandenburg, Hessen, Hamburg und Rheinland-Pfalz bewegt er sich zwischen 300 EUR und 600 EUR.
  • Spitzenreiter sind Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Berlin und Saarland mit 600 EUR bis 900 EUR.

 

Es kann daher für Eltern und Kinder sehr lohnend sein, genau zu vergleichen und ggf. ein anderes Bundesland für die Heimunterbringung in den Blick zu nehmen.

 

MERKE | Es gilt die Formel: Zuschuss der Pflegekasse + Eigenanteil (EEE) = tatsächliche Pflegekosten.

 

Der Zuschuss der Pflegekassen richtet sich allein nach dem Pflegegrad des Elternteils und wird unabhängig von seinem Vermögen gewährt. Je höher der Pflegegrad, umso höher sind die Leistungen der Pflegekasse. Sie liegen monatlich aktuell zwischen 125 EUR (Pflegegrad 1) und 2.005 EUR (Pflegegrad 5). Dagegen bleibt der Eigenanteil, den alle Bewohner eines Pflegeheims oder ihre Kinder bezahlen müssen, gleich. Dieser lag im Jahr 2017 e‒ laut Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage ‒ im Bundesdurchschnitt bei 581 EUR.

 

b) Diese Kosten müssen von vornherein selbst getragen werden

Für alle Positionen, die nicht zu den eigentlichen Pflegekosten gehören, müssen die Pflegeheimbewohner oder ihre Kinder in jedem Fall selbst aufkommen. Das ist in der Sache auch nachvollziehbar: Wohnen Eltern in einer eigenen Wohnung oder in einem eigenen Haus, müssen sie die Kosten für Miete, Reparaturen und die tägliche Verpflegung ebenfalls bezahlen. Diese allgemeinen Kosten setzen sich im Pflegeheim aus den Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung zusammen; hinzu kommen die Investitionskosten.

 

c) Zusatzleistungen

Die sogenannten Zusatzleistungen müssen Eltern ebenfalls aus eigenen Mitteln finanzieren. Unter diesem Begriff werden alle Leistungen zusammengefasst, die über die notwendige Pflege und Betreuung hinausgehen. Damit sind vor allen Dingen besondere Leistungen für Unterkunft und Verpflegung sowie besondere pflegerische oder betreuende Leistungen gemeint. Beispielsweise kommen als zusätzliche Komfortleistungen in Betracht: Ein besonders großes oder im Vergleich zu den übrigen Zimmern der Einrichtung besonders luxuriös ausgestattetes Zimmer oder eine „Gourmetkost“; weiter können die Reparatur von Kleidung oder die Nutzung der Gemeinschaftsräume für private (Familien-)Feiern, ein individueller „Vorleseservice“ oder ein persönlicher Fahr- und Begleitdienst darunter fallen.

 

d) Wichtig zu wissen

Die Abgrenzung zwischen notwendigen Pflegeleistungen und zusätzlichen „Wahlleistungen“ kann im Einzelfall Probleme bereiten. Zu den nicht gesondert in Rechnung zu stellenden Zusatzleistungen gehören z. B. eine besondere Diätkost oder ein technisch besonders aufwendiges Pflegebett, soweit sie nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit des Elternteils erforderlich sind. Ziel muss sein, allen Pflegebedürftigen mit Hilfe der Regelleistungen eine menschenwürdige Lebensführung zu ermöglichen, ohne dass sie dafür Zusatzleistungen hinzukaufen müssen. Das Pflegeheim ist auf der einen Seite nicht verpflichtet, Zusatzleistungen anzubieten. Auf der anderen Seite steht es jedem Heimbewohner frei, von dem Angebot einer Zusatzleistung zunächst Gebrauch zu machen; er kann sie aber auch jederzeit wieder abwählen.

 

MERKE | Vereinbarungen über Zusatzleistungen müssen im Heimvertrag festgehalten werden. Sie zu gewähren und gesondert zu berechnen, ist nur zulässig, wenn vorher Art, Umfang, Dauer und Zeitabfolge der Leistungen sowie die Höhe der Zuschläge und die Zahlungsbedingungen mit dem pflegebedürftigen Elternteil schriftlich vereinbart wurden. Eltern, die kein ausreichendes finanzielles Polster haben, dürfen diese Kosten nicht verursachen und anschließend ihren Kindern aufbürden. Kinder müssen nur im Rahmen von Elternunterhalt einspringen, wenn die Heimkosten angemessen sind.

 

Ist der Elternteil im Alter hilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine ‒ dem Unterhaltsberechtigten zumutbare ‒ einfache und kostengünstige Heimunterbringung. Kostenpflichtige Zusatzleistungen, die über die üblichen Kosten hinausgehen, zählen nicht dazu.

 

e) Ausbildungsumlage

Je nach Pflegeheim und Bundesland kann der Heimträger einen Beitrag zur Ausbildungsvergütung in seine monatliche Abrechnung der Heimkosten mit aufnehmen. Dieser pauschale Beitrag stellt eine Art „Zwangsumlage“ dar. Damit sollen die Kosten finanziert werden, die bei der Vergütung von Auszubildenden in der Altenpflege oder Altenpflegehilfe entstehen. Die Kosten belaufen sich je nach Bundesland auf 2 bis 4 EUR pro Tag. Die Altenpflegeumlage wird als wichtiges Instrument zur Schaffung neuer Ausbildungsplätze im Gesundheits- und Pflegebereich verstanden. Ziel dieser Umlage soll es sein, dem real drohenden Mangel an Altenpflegekräften vorzubeugen und vielen Interessenten eine Ausbildung zu ermöglichen. Pflegeeinrichtungen, die keine Ausbildungsplätze anbieten, sollen durch das Ausgleichsverfahren an den Mehrkosten der Ausbildungseinrichtungen beteiligt und so Wettbewerbsnachteile ausbildender Einrichtungen gegenüber nicht ausbildenden Pflegeeinrichtungen vermieden werden. In Nordrhein-Westfalen wurden den Heimbewohnern im vollstationären Bereich im Jahr 2018 berechnungstäglich 3,69 EUR als Ausbildungsumlage zusätzlich zum Pflegesatz in Rechnung gestellt.

 

e) Gut zu wissen

Das BVerfG hat bereits 2003 die in verschiedenen Bundesländern erhobene Altenpflegeumlage dem Grunde und der Höhe nach für verfassungsgemäß erklärt. Hierbei handele es sich um zulässige Sonderabgaben; die Umlage sei von den Pflegeeinrichtungen zu zahlen, unabhängig davon, ob das Pflegeheim ausbildet oder überhaupt Altenpflegekräfte beschäftigt oder nicht. Schuldner der Altenpflegeumlage sei die Pflegeeinrichtung. Diese soll sich die Kosten von dem pflegebedürftigen Heimbewohner bzw. den Sozialversicherungen oder Sozialhilfeträgern erstatten lassen (Refinanzierung). Mit dem Ausgleichsverfahren werden nun alle Pflegeeinrichtungen an den Kosten der Ausbildung anteilmäßig beteiligt. Für die tatsächlich ausbildenden Einrichtungen wird hierdurch eine Refinanzierungsmöglichkeit für die Kosten der Ausbildung von Altenpflegekräften geschaffen.

 

f) Darauf ist von Eltern und Kindern bei der Heimauswahl zu achten

Um nicht mehr zu zahlen als notwendig, lohnt es sich, die individuellen Kosten für einen Pflegeheimplatz im Einzelnen zu überprüfen. Der pflegebedürftige Elternteil und/oder die Kinder sollten den ins Auge gefassten Vertrag mit dem Pflegeheim sorgfältig lesen und einen genauen Kostenvergleich vornehmen. Weil der Träger des Pflegeheims verpflichtet ist, sämtliche Kosten einzeln aufzulisten, lässt sich schnell ermitteln, wo die Kosten besonders hoch sind und von anderen Pflegeeinrichtungen abweichen. Im Internet sind mehrere Datenbanken zu finden, die eine gute Übersicht (geordnet nach Kreisen oder Postleitzahlen) über Leistungen und Kosten der Pflegeeinrichtungen geben.

3. Fazit

Ein Pflegeheimplatz in Deutschland kostet im Monat durchschnittlich 3.000 EUR ‒ bei großen regionalen Unterschieden. Die Tendenz ist steigend. Anfang 2018 mussten Pflegebedürftige für ihre Unterbringung in Pflegeheimen im Monatsdurchschnitt selbst rund 1.750 EUR zahlen. Die Höhe der Pflegeheimkosten ist daher ein wichtiges Thema im Rahmen des Elternunterhalts.

 

Für die Verteidigungsstrategie beim Elternunterhalt ist zu beachten, dass die Auswahl des Pflegeheims auf der einen Seite grundsätzlich Sache des pflegebedürftigen Elternteils bzw. seines Betreuers ist. Auf der anderen Seite muss in jedem Einzelfall die Angemessenheit der Unterbringungskosten eines pflegebedürftigen Elternteils in einer Pflegeeinrichtung in den Blick genommen werden. Dies lässt sich nur dann sachgerecht durchführen, wenn das unterhaltspflichtige Kind die Grundzüge der Pflegeheimkosten beherrscht. Nur so kann es überprüfen, was hinter der Abrechnung einer Heimeinrichtung und der darauf aufbauenden Forderung des Sozialamts steckt.

Quelle: Ausgabe 07 / 2019 | Seite 118 | ID 45979697