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· Fachbeitrag · Familieneinkommen

Elternunterhalt im Spannungsverhältnis zum Ehegattenunterhalt

| Mit der demographischen Entwicklung und dem zunehmenden Alter der Menschen „lauert“ im Hintergrund immer häufiger die „Gefahr“ einer absehbaren Inanspruchnahme auf Elternunterhalt. Daher werden die ehelichen Lebensverhältnisse heute vielfach durch bereits bestehende oder latente Unterhaltsansprüche von Eltern geprägt. Tritt diese Unterhaltspflicht ein, so stellt sich die Frage, wie das vorhandene Familieneinkommen (nach Abzug des bereits behandelten Kindesunterhalts) auf Eltern und Ehegatten zu verteilen ist. |

1. Konkurrenzverhältnis Eltern- und Familienunterhalt

Gemäß § 1609 BGB steht der Anspruch auf Elternunterhalt erst auf der 6. Rangstufe. Er ist also gegenüber fast allen anderen Unterhaltsansprüchen nachrangig. Der Elternunterhalt kommt danach nur zum Tragen, wenn nach Abzug der vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen noch etwas übrig bleibt. Gleichwohl kann der nachrangige Unterhaltsanspruch von Eltern die Unterhaltsansprüche vorrangig Berechtigter beeinflussen. Richtet sich der Elternunterhaltsanspruch gegen ein verheiratetes Kind, das mit einem Ehegatten zusammenlebt, so ergeben sich aus dem gleichzeitig bestehenden Unterhaltsverhältnis der Ehegatten untereinander Reibungspunkte. Die Ansprüche auf Familienunterhalt und Elternunterhalt beeinflussen sich dann wechselseitig. Gleiches kann gelten, wenn ein Ehegatte getrennt lebt oder geschieden ist und ihm gegenüber dem zum Elternunterhalt verpflichteten Kind/Ehepartner ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt zusteht.

 

Sowohl bei der sog. Allein- als auch bei der sog. Doppelverdienerehe haben die beiden zusammenlebenden Ehegatten grundsätzlich nach §§ 1360, 1360a BGB ‒ durch Beteiligung an der Haushaltsführung bzw. durch Geldleistungen ‒ zum vorrangigen Familienunterhalt und damit zur Sicherung des angemessenen Bedarfs der Familie beizutragen.

 

a) Freie Rollenwahl durch die Ehegatten

Nach § 1360 BGB sind beide Ehegatten verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Dabei steht es den Ehegatten frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Partner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet. Ebenso gut können sie sich dafür entscheiden, dass beide Ehegatten einen Beruf ganz oder teilweise ausüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung teilen oder diese durch Dritte ausführen lassen. Die im gegenseitigen Einvernehmen getroffene beiderseitige Arbeits- und Aufgabenzuweisung ist als gleichwertig anzusehen. Vor diesem Hintergrund trifft den pflichtigen Ehegatten, der die Haushaltsführung übernommen hat, im Rahmen des Elternunterhalts auch nicht die Obliegenheit zu einer zusätzlichen Nebentätigkeit, um seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Die sog. Hausmann-Rechtsprechung des BGH, die die Freiheit der Rollenwahl durch die Ehegatten einschränkt, ist auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern beschränkt. Generell ist bei der Frage einer Erwerbsobliegenheit des unterhaltspflichtigen Kindes gegenüber seinen Eltern zugunsten des Unterhaltspflichtigen ein großzügiger Maßstab anzulegen (auch wenn sich daraus im Fall einer Geschwisterhaftung für den Elternunterhalt ggfs. Wertungswidersprüche ergeben können).

 

PRAXISHINWEIS | Erzielt der haushaltsführende und kleine Kinder betreuende Ehegatte im umgekehrten Fall tatsächlich ein Einkommen aus einer zusätzlichen stundenweisen Erwerbstätigkeit, das er zum Familienunterhalt einsetzt, kann dieses im Rahmen des Elternunterhalts nur insoweit herangezogen werden, als es sich nicht um Einkommen aus überobligationsmäßiger Tätigkeit handelt. Das ist aber nur der Fall, wenn zwischen Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit des einen Ehegatten und der Aufgabenzuweisung an den anderen Ehegatten ein erhebliches Missverhältnis im Hinblick auf die beiderseitigen Beiträge zum Familienunterhalt zum Ausdruck kommt.

 

In der Praxis ist hier große Zurückhaltung geboten, denn der Ehegatte, der im Rahmen einer intakten Ehe die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen hat, befindet sich gerade nicht in der Situation eines alleinerziehenden Elternteils. Er kann vielmehr von dem anderen Ehegatten unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Rücksichtnahme (§ 1356 Abs. 2 BGB) Hilfe und Unterstützung bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben erwarten. Eine Erwerbstätigkeit ist deshalb in weitergehendem Maße als zumutbar zu beurteilen als bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten.

 

Die Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehegatten, der über kein oder ein geringeres eigenes Einkommen als der andere Ehegatte verfügt, ist nicht auf die Gewährung einer frei verfügbaren laufenden Geldrente gerichtet, sondern darauf, dass jeder Ehegatte seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend der von beiden Partnern konkret vereinbarten Aufgabenverteilung leistet. Wie auch beim vorrangigen Kindesunterhalt muss der Anspruch auf Ehegattenunterhalt in Geld veranschlagt ‒ also „monetarisiert“ ‒ werden, wenn er in Konkurrenz mit dem Anspruch auf Elternunterhalt tritt. Hierfür kann § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden und der anzusetzende Geldbetrag insoweit in ähnlicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden. Die Berechnung darf sich dabei nicht auf einen bestimmten Mindestbetrag beschränken. Sie hat vielmehr von den individuellen Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen, die den konkreten ehelichen Lebensstandard bestimmen.

 

Familienunterhalt steht dem anderen Ehegatten grundsätzlich in Höhe der Hälfte des beiderseitigen tatsächlichen Einkommens der zusammenlebenden Ehegatten zu, soweit dieses die ehelichen Lebensverhältnisse prägt und nicht zur Vermögensbildung verwandt wird. Im Rahmen des Elternunterhalts ist regelmäßig weder ein fiktives Einkommen anzusetzen noch der Erwerbstätigenbonus (wie bei getrennt lebenden und geschiedenen Ehegatten) in Abzug zu bringen.

 

b) Rechenmodell des BGH bei gemeinsamer Haushaltsführung

Für die sog. Doppelverdienerehe hat der BGH eine Rechenmethode entwickelt, bei der der individuelle Familienselbstbehalt ermittelt wird. Die Rechenmethode soll dem Anspruch des Ehegatten mit dem geringeren Einkommen auf Familienunterhalt nach den konkreten ehelichen Lebensverhältnissen in Konkurrenz zum Elternunterhalt gerecht werden. Gleichzeitig soll die Ersparnis berücksichtigt werden, die durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten eintritt. Diese Haushaltsersparnis wird in Anlehnung an die verminderten Regelsätze bei Bedarfsgemeinschaften im Sozialrecht in der Regel mit 10 Prozent bemessen (§ 287 ZPO).

 

Im Ausgangspunkt wird für den Familienunterhalt wie folgt gerechnet: Doppelter Selbstbehalt für das pflichtige Kind und seinen Ehegatten von (derzeit 2 × 1.800 EUR =) 3.600 EUR; abzüglich einer Haushaltsersparnis von 10 Prozent (= 360 EUR) ergibt sich einen Sockelselbstbehalt für die zusammenlebenden Ehegatten von gegenwärtig 3.240 EUR. Wie der BGH unter Heranziehung des individuellen Familienselbstbehalts die wechselseitige Abhängigkeit von Familien- und Elternunterhalt auflöst, soll an einem Zahlenbeispiel verdeutlicht werden:

 

Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten

4.500 EUR

zuzüglich Einkommen des unterhaltsberechtigten anderen Ehegatten

1.500 EUR

ergibt ein Familieneinkommen von

6.000 EUR

abzüglich Familiensockelselbstbehalt

3.240 EUR

es verbleiben

2.760 EUR

davon 1/2

1.242 EUR

zuzüglich Sockelselbstbehalt von 3.240 EUR ergibt einen

individuellen Familienselbstbehalt von

4.482 EUR

Anteil des unterhaltspflichtigen Ehegatten am individuellen Familienselbstbehalt (4.500 EUR : 6.000 EUR =) 75 %

3.361,50 EUR

für den Elternunterhalt einsetzbar (4.500 EUR - 3.361,50 EUR =)

1.138,50 EUR

Bestimmung des Familienunterhalts

anrechenbares Familieneinkommen

6.000 EUR

abzüglich Elternunterhalt

1.138,50 EUR

es verbleiben für beide Ehegatten

4.861,50 EUR

 

Die Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt ist ‒ als latent vorhandene Unterhaltslast ‒ regelmäßig als eheprägend zu beurteilen, auch wenn häufig der (nachrangige) Elternunterhaltsanspruch erst nach der Eheschließung tatsächlich entsteht. Im Beispielsfall würde sich der Anspruch des Ehegatten mit dem geringeren Einkommen auf Familienunterhalt dann auf 4.861,50 EUR x 1/2 = rund 2.431 EUR abzüglich des eigenen Einkommens von 1.500 EUR belaufen. Sein Familienunterhaltsanspruch gegenüber dem zum Elternunterhalt verpflichteten Ehepartner wäre also rechnerisch mit einem Geldbetrag von (2.431 EUR - 1.500 EUR =) 931 EUR zu veranschlagen.

 

PRAXISHINWEIS | Die dargestellte Berechnungsmethode des BGH ist auch auf die sog. Alleinverdienerehe anwendbar, wenn das zum Elternunterhalt verpflichtete Kind in der Ehe der Alleinverdiener ist. Sie greift zudem ein, wenn das pflichtige Kind kein eigenes Einkommen hat und sein Taschengeldanspruch errechnet werden muss.

 

Würde man den Elternunterhalt ‒ weil plötzlich und unvorhergesehen eingetreten ‒ ausnahmsweise als nicht eheprägend beurteilen, könnte dem zum Elternunterhalt verpflichteten Kind trotz seines höheren Einkommens im Ergebnis rechnerisch unter Umständen sogar ein geringerer Anteil am Familieneinkommen zur Verfügung stehen als dem anderen Ehegatten, der wegen seines geringeren Einkommens Anspruch auf Familienunterhalt hat. In der Praxis liegt darin aber kein echtes Problem. Denn in der Lebenswirklichkeit bestreiten Ehegatten die gemeinsame Lebensführung regelmäßig „aus einem Topf“, der sich um den geschuldeten Elternunterhalt geleert hat.

2. Konkurrenzverhältnis Eltern- und Ehegattenunterhalt

Zu den vorab zu berücksichtigen Verpflichtungen des zum (nachrangigen) Elternunterhalt verpflichteten Kindes gehört die Unterhaltspflicht gegenüber seinem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten. In diesen Fällen kommt die „klassische Rechenmethode“ zur Anwendung, bei der eine Quotierung des Unterhaltsanspruchs erfolgt.

 

a) Unterhaltsberechnung nach Ehegattenquoten

Der Halbteilungsgrundsatz ist nur anwendbar, wenn es um das Verhältnis zwischen Familienunterhalt und Elternunterhalt geht. Er gilt in diesen Fällen uneingeschränkt und auch bei Erwerbstätigkeit nur eines der zusammenlebenden Ehegatten.

 

Konkurriert dagegen der Elternunterhalt mit Unterhaltsansprüchen von getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, so steht diesen nicht mehr die Hälfte des Familieneinkommens zu sondern ein geringerer Quotenunterhalt. Hierfür wird ein Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen abgezogen. Das gilt auch bei fiktiven Erwerbseinkünften. Der Bonus dient als Ausgleich für den mit einer Erwerbstätigkeit verbundenen besonderen Aufwand und als Arbeitsanreiz. Bei Mischeinkünften darf der Erwerbstätigenbonus nur von den bedarfsbestimmenden Erwerbseinkünften, nicht von den sonstigen Einkünften (z. B. Wohnvorteil, Arbeitslosen- und Krankengeld) in Abzug gebracht werden.

 

PRAXISHINWEIS | Die Wahl der Berechnungsmethode ‒ also die Berechnung z. B. nach der Differenz-, Additions- oder Mischmethode ‒ obliegt nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich dem Tatrichter. Das gilt auch für die unterschiedlichen Quoten (2/5, 3/7 oder 45 Prozent), die in der Praxis Verwendung finden. Das Ergebnis muss in allen Fällen auf seine Angemessenheit überprüft werden. Anders als die Unterhaltsquoten führen die verschiedenen Berechnungsmethoden in der Regel zu identischen Lösungen.

 

Verfügen beide Ehegatten über bedarfsbestimmendes Erwerbseinkommen, so ist auf einer ersten Stufe der Bedarf und vorrangige Unterhaltsanspruch des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten zu errechnen, und zwar üblicherweise nach der Differenzmethode unter Heranziehung der in den Leitlinien zur Düsseldorfer Tabelle verwendeten 3/7-Quote zuzüglich 1/2 der sonstigen beiderseitigen Einkünfte. Auf einer zweiten Stufe ist der Elternunterhalt zu bestimmen. Anschließend ist eine Angemessenheitskontrolle durchzuführen. Auch hier soll ein Zahlenbeispiel die Konkurrenzberechnung Ehegattenunterhalt/Elternunterhalt verdeutlichen:

 

1. Stufe

Erwerbseinkommen des zum Elternunterhalt verpflichteten Ehegatten M

4.500 EUR

Erwerbseinkommen der geschiedenen Ehefrau F

1.500 EUR

Erwerbstätigenbonus 1/7

Ehegattenunterhalt für F (4.500 EUR - 1.500 EUR) x 3/7 =

1.285,71 EUR

2. Stufe

Anrechenbares Einkommen des unterhaltspflichtigen M

(4.500 EUR - 1.285,71 EUR = )

3.214,29 EUR

abzüglich Sockelselbstbehalt

1.800 EUR

es verbleiben

1.414,29 EUR

davon 1/2

707,15 EUR

zuzüglich Sockelselbstbehalt von 1.800 EUR ergibt einen individuellen Selbstbehalt des M von

2.507,15 EUR

für den Elternunterhalt einsetzbar

(3.214,29 EUR - 2.507,15 EUR =)

707,15 EUR

 

Durch diese zweistufige Berechnung wird einerseits der Vorrang des Ehegattenunterhalts sichergestellt und andererseits dem Umstand Rechnung getragen, dass der (latente) Elternunterhalt bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der geschiedenen Eheleute geprägt hat.

 

Die Angemessenheitskontrolle führt zu folgendem Ergebnis:

 

dem unterhaltspflichtigen M verbleiben:

4.500,00 EUR

- 1.285,71 EUR

- 707,15 EUR

= rund 2.507 EUR

die geschiedene Ehefrau verfügt über:

1.500,00 EUR

+ 1.285,71 EUR

= rund 2.786 EUR

geschuldeter Elternunterhalt:

rund 707 EUR

 

Auch wenn dem gegenüber zwei Personen unterhaltspflichtigen M im Ergebnis weniger Barmittel zur Verfügung stehen als seiner geschiedenen Ehefrau, so bedarf es unter Angemessenheitsgesichtspunkten keiner Korrektur. Die Verpflichtung zum Elternunterhalt trifft allein das unterhaltspflichtige Kind M. Eine Schwiegerkindhaftung für die unterhaltsrechtlich vorrangige F besteht weder mittelbar noch unmittelbar. Auch nach Zahlung der geschuldeten Unterhaltsbeträge von seinem anrechenbaren Einkommen verbleiben dem unterhaltspflichtigen M mit 2.507 EUR ausreichende Mittel zur Deckung seines eigenen angemessenen Unterhalts. Der rechnerische Unterhaltsanspruch seiner geschiedenen Ehefrau zusammen mit ihren eigenen Einkünften führt mit insgesamt 2.786 EUR auch nicht zu einem deutlichen Missverhältnis zwischen den Beträgen, die den geschiedenen Ehegatten jeweils für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung stehen.

 

PRAXISHINWEIS | Soweit im Zeitpunkt der Geltendmachung von Elternunterhalt bereits ein Unterhaltstitel über den Ehegattenunterhalt besteht, ist dieser maßgebend. Existiert ein solcher nicht, wird aber tatsächlich Ehegattenunterhalt gezahlt, so ist der konkrete Zahlbetrag zugrunde zu legen, sofern dieser sich im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung hält. Das ist von dem zum Elternunterhalt verpflichteten Kind konkret darzulegen und ggf. zu beweisen.

 

b) Weitere Berechnungsunterschiede

Die Berechnungsansätze unterscheiden sich beim Familien- und Ehegattenunterhalt nicht nur hinsichtlich der Berechnungsmethode und der Berechnung des Bedarfs nach dem Halbteilungsgrundsatz bzw. der 3/7-Quote. Auch für die Frage einer fiktiven Einkommenszurechnung gelten im Verhältnis der getrennt lebenden bzw. geschiedenen Ehegatten zueinander andere Grundsätze als im Rahmen des Familienunterhalts. Der großzügige Maßstab für zusammen lebende Ehegatten gilt nicht mehr nach Trennung und Scheidung.

 

Abweichungen ergeben sich auch für die Beurteilung, ob tatsächlich erzieltes Einkommen der Ehegatten aus überobligationsmäßiger Tätigkeit stammt. Wird der berechtigte oder verpflichtete Ehegatte überobligationsmäßig tätig ‒ z. B. durch Berufstätigkeit nach der Trennung/Scheidung trotz Betreuung eines Kleinkindes unter drei Jahren, durch eine Zusatztätigkeit neben einer Vollzeitbeschäftigung oder durch eine Berufstätigkeit über die Regelaltersgrenze hinaus ‒ handelt es sich im Regelfall um eine sog. unzumutbare Erwerbstätigkeit. Derjenige, der eine solche ausübt, ist unterhaltsrechtlich nicht gehindert, die Tätigkeit jederzeit zu beenden, gleichgültig, ob er Unterhaltsschuldner ist (und dadurch seine Leistungsfähigkeit herabsetzt) oder ob er sich in der Rolle als Unterhaltsgläubiger befindet (und dadurch seine Bedürftigkeit erhöht).

 

Die Höhe einer unterhaltsrechtlichen Anrechnung des tatsächlich erzielten Einkommens aus einer überobligationsmäßigen Tätigkeit richtet sich nach der Vorschrift des § 1577 Abs. 2 BGB, die auch im Rahmen des Trennungsunterhalts angewendet wird. Wegen des Zusammenspiels von Ehegattenunterhalt und Elternunterhalt ergeben sich aus dem anrechnungsfreien Einkommensanteil nach § 1577 Abs. 2 BGB stets unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe des geschuldeten Elternunterhalts.

 

Weiterführender Hinweis

  • Zum Elternunterhalt, keine Gleichbehandlung von Verheirateten und nicht ehelichen Lebensgemeinschaften, SR 16, 83
Quelle: Sonderausgabe 02 / 2017 | Seite 39 | ID 44963795