HINWEIS:

Aktuell sind wir wegen einer technischen Störung telefonisch nicht erreichbar.

Bei Fragen zu den IWW-Webinaren schicken Sie uns bitte eine E-Mail an seminare@iww.de.

Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Werkvertragsrecht

Lph 8: So können Sie trotz ungünstiger Urteilslage Termine vorausschauend steuern

| Viele Baustellen leiden darunter, dass Auftragnehmer weder ausreichendes Personal noch Gerät bereitstellen, Die Folgen können verheerend sein. Terminpläne müssen geändert, mit ausführenden Firmen muss nachverhandelt werden. Und dann kommt garantiert aus irgendeiner Ecke noch eine Schadenersatzforderung. Für Sie als objektüberwachender Koordinator ist das ein Horrorszenario. Das hat sich durch die aktuelle Rechtsprechung leider nicht geändert. Im Gegenteil, Sie müssen noch wachsamer sein. |

Der VOB/B-rechtliche Hintergrund

Nach VOB/B darf bei unzureichendem Einsatz von Arbeitskräften, Geräten, Gerüsten und Stoffen oder Bauteilen Abhilfe verlangt und bei fruchtlosem Fristablauf die Kündigung angedroht werden. Jahrelang galt dieses Instrument für die Bauüberwachung als probates Mittel, sich anbahnenden Terminverzug auf den letzten Drücker doch noch abzuwenden. Das ist durch eine Entscheidung des OLG Stuttgart schwieriger geworden.

Außerordentliche Kündigung wegen geringer Kapazitäten?

Im konkreten Fall hatte der Auftraggeber einen Bauvertrag aus wichtigem Grund gekündigt, weil das ausführende Abbruchunternehmen seiner Forderung, die Kapazitäten aufzustocken, nicht nachgekommen war. Der Unternehmer hatte noch nicht einmal seine Leistungsbereitschaft zur Aufstockung der Kapazitäten erklärt. Vor dem OLG Stuttgart ging es darum, ob die Kündigung berechtigt war. Das OLG hat das verneint (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.01.2018, Az. 10 U 84/17, Abruf-Nr. 214758).

 

OLG Stuttgart: Kündigung erfolgte zu Unrecht

Dazu hätte der Auftraggeber ‒ so das OLG ‒ konkret beweisen müssen, dass die vertraglich vereinbarten Ausführungsfristen zur Fertigstellung der Abbrucharbeiten (als Bedingung für den Beginn des nachfolgenden Rohbaus) offensichtlich nicht mehr hätten eingehalten werden können. Diese Rechtsprechung verschlechtert die Position des Auftraggebers aus zwei Gründen:

 

  • Es ist schwierig nachzuweisen, dass eine Situation eingetreten ist, die bereits zwingend einen Terminverzug zur Folge hat.
  • Es widerspricht dem Zweck der VOB/B-Vorschrift (Vorsorgeprinzip), dass man mit der Kündigung so lange warten muss, bis der Terminverzug bereits unabwendbar erscheint.

 

Handlungsspielraum für den Auftraggeber nach VOB/B wird enger

Der Handlungsspielrum für den Auftraggeber wird also enger. Es wird faktisch unmöglich, sich anbahnende Terminverzüge vorsorglich dadurch aufzufangen, dass man den ausführenden Betrieb auffordert, Kapazitäten zu erhöhen; geschweige denn diese Aufforderung auch durchzusetzen.

So gehen Sie mit dem Urteil professionell um

Es gibt nur eine Lösung: Empfehlen Sie Ihrem Auftraggeber, schon in den Leistungsbeschreibungen und Bauverträgen vertraglich für diese Fälle vorzusorgen. Nehmen Sie bereits in Leistungsbeschreibungen die Anforderungen an erforderliche Kapazitäten (Geräte, Arbeitskräfte, Lagerflächen, Baustellenlogistik) auf. Bei großen Projekten können Sie das mit dem Projektsteuerer abstimmen.

 

PRAXISTIPP | Die realistische Ermittlung erforderlicher Geräte- und Personalkapazitäten ist keine Grundleistung der jeweiligen Leistungsbilder. Wünscht Ihr Auftraggeber von Ihnen also besondere Steuerungsinstrumente und Möglichkeiten, vertraglich zu reagieren, muss er Ihnen Besondere Leistungen beauftragen. In der Praxis hat sich schon herumgesprochen, dass diese Regelungen und das damit verbundene Honorar im Ergebnis für den Bauherrn wirtschaftlicher ist, als „schwarze Teminschafe“ ohne Gegenwehr erdulden zu müssen.

 

In Bauverträgen auch etwas zum Einsatz von Kapazitäten regeln

Es ist deshalb gut, in Bauverträgen etwas zum Einsatz von Kapazitäten festzulegen, weil es sich dann um eine Vertragspflicht handelt. Auftragnehmer, die diese Pflicht verletzen, kann Ihr Bauherr viel besser an die Kandare nehmen (mangelhafte Vertragserfüllung). Sie bzw. Ihr Auftraggeber müssen nicht auf die allgemein gehaltene Regelung aus der VOB/B zurückgreifen.

 

Bautagesberichte als starkes Steuerungsinstrument nutzen

Um solche vertraglichen Verpflichtungen praxisgerecht prüfen und durchsetzen zu können, können Sie regeln, wie die von den ausführenden Unternehmen zu erstellenden Bautagesberichte aussehen sollen. Sie müssen die entsprechenden Angaben zu Kapazitäten (Personal, Geräte, Baumaschinen) enthalten und zeitnah bei der Bauüberwachung eingereicht werden. Damit ist eine schnelle Rückkopplung der Bauüberwachung und Plausibilitätskontrolle möglich.

 

Im digitalen Zeitalter können Bautagesberichte über spezielle Apps sogar alle zwei Tage an die Bauüberwachung überreicht werden. Prüfen Sie, ob es möglich ist, dass alle ausführenden Unternehmen die Bautagesberichte mit der gleichen App erstellen. Das hätte den Vorteil, dass Sie die Inhalte mit überschaubarem Aufwand nachprüfen und „Spitzbuben“ mit einfachen Suchfunktionen (Gewerke, Zeiträume, etc.) gut kontrollieren können.

 

FAZIT | Um der ungünstigen Rechtsprechung fachtechnisch zu begegnen, ist es für die Bauüberwachung wichtiger geworden, in Bauverträgen genaue Regelungen zur Einhaltung von Terminverpflichtungen (Bereitstellung von Kapazitäten) und zur Erstellung von Bautagesberichten zu treffen. Beraten Sie Ihren Auftraggeber entsprechend.

 

Weiterführender hinweis

  • Ein „Musterformular für einen Bautagesbericht“ finden Sie auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 44789891
Quelle: Seite 12 | ID 46411817