· Nachricht · Wahlanfechtung
Keine Briefwahl bei 2 km auseinanderliegenden Betriebsbereichen
| Betriebsbereiche, die sich auf einem Betriebsgelände voneinander 2 km entfernt befinden, sind keine Betriebsteile nach § 24 Abs. 3 S. 1 WO. Die Anordnung der Briefwahl ist daher unzulässig. Sie ist geeignet, einen Wahlanfechtungsgrund zu bilden. |
Die ersten Verfahren gegen die Betriebsratswahlen 2018 gehen ein. So auch vor dem Arbeitsgericht Krefeld (1.8.18, 3 BV 8/18, Abruf-Nr. 203044). 4 ArbN hatten die Wahl angefochten. Sie machten geltend, dass es zu verschiedenen Verstößen gegen wesentliche Wahlvorschriften gekommen sei. Hintergrund war die Wahl in den Bereichen Werksfeuerwehr, Werkschutz und Betriebsärztlicher Dienst, die als Briefwahl durchgeführt worden war. Der Wahlvorstand hatte dies unter Berufung auf § 24 Abs. 3 S. 1 WO zum BetrVG beschlossen. Danach gilt: Für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, kann der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe beschließen.
Das Arbeitsgericht verneinte die Voraussetzungen für die Anordnung der Briefwahl. Die betroffenen Bereiche seien keine Betriebsteile. Auch das Kriterium der räumlichen Entfernung sei nicht erfüllt, weil das Betriebsgelände in Krefeld eine maximale Ausdehnung von nur etwa 2 Kilometern habe. Nach den unvollständig verfügbaren Zahlenangaben sei auch eine Auswirkung auf das Wahlergebnis nicht ausgeschlossen, zumal 2 der 8 Wahlvorschlagslisten nur um 6 Stimmen auseinanderliegen. Eine Auswirkung dieses Fehlers auf das Wahlergebnis könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Für diese Prüfung gelte ein strenger Maßstab. Lediglich theoretische Möglichkeiten, die nach der Lebenserfahrung ganz unwahrscheinlich sind, können unberücksichtigt bleiben.
Entscheidend sei, dass die Wahlbeteiligung in den betroffenen Bereichen deutlich geringer gewesen sei als im restlichen Betrieb. Zudem sei die Anzahl der ungültigen Stimmen bei der Briefwahl deutlich erhöht. Deshalb bestehe die Möglichkeit, dass ohne Anordnung der Briefwahl in den genannten Bereichen bis zu 21 Beschäftigte zusätzlich gewählt hätten und bis zu 9 zusätzliche gültige Stimmen abgegeben worden wären. Nach dem Wahlergebnis hätten bereits 6 Stimmen mehr für eine Liste zu einer Veränderung in der Zusammensetzung des Betriebsrats führen können. Daher kam das Arbeitsgericht Krefeld zum Ergebnis der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl. Die Anfechtung der Wahl war damit nach § 19 Abs. 1 BetrVG erfolgreich.
PRAXISTIPP | Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Betriebsratswahl wegen Verstoßes gegen wesentliche Vorschriften des BetrVG oder der WO binnen 2 Wochen nach Bekanntgabe des Ergebnisses angefochten werden. Nach § 19 Abs. 2 BetrVG sind mindestens 3 wahlberechtigte ArbN, der ArbG oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft anfechtungsberechtigt. |