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· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

Haushaltsführungsschaden bis zum Lebensende

| Der Haushaltsführungsschaden, auch Hausarbeitsschaden genannt, hat zur Zeit Hochkonjunktur ‒ in der OLG-Rechtsprechung, der Literatur und nicht zuletzt in der Fortbildung. Mit dem 14. ZS des OLG Celle hat sich jüngst einer der profiliertesten Schadenssenate zu Wort gemeldet (8.7.20, 14 U 27/20, Abruf-Nr. 217799 ). |

 

Das OLG hat die Kernaussagen zum Haushaltsführungsschaden in diesen Leitsätzen zusammengefasst:

 

  • Für den Haushaltsführungsschaden sind die konkreten Umstände des Falls maßgeblich. Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte daher im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können; ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht.

 

  • Der Haushaltsführungsschaden ist nicht anhand von Tabellenwerken, sondern auf der Basis der konkreten Lebensverhältnisse des Geschädigten zu ermitteln.

 

  • Eine zeitliche Begrenzung für den Ersatz des Haushaltsführungsschadens, z. B. bis zum 75. Lebensjahr, ist nicht vorzunehmen, sofern keine konkreten Umstände in der Person des Geschädigten vorliegen, die eine Begrenzung rechtfertigen würden. Eine Tenorierung, nach der die Zahlungen „auf Lebenszeit“ zu erbringen seien, ist unbedenklich und steht insbesondere einem etwaigen späteren Vorgehen des Schädigers nach § 323 ZPO (Abänderungsklage) nicht entgegen.

 

Mit dem ersten der drei Leitsätze bekräftigt der Senat seine bisherige Spruchpraxis (14.12.06, 14 U 73/06, VA 07, 25, Abruf-Nr. 070171; 26.6.19, 14 U 154/18, VersR 19, 1157). Zum Dauerthema „Darlegungslast/Substanziierungsanforderungen“ s. auch OLG Brandenburg 17.6.19, 12 U 179/18, VA 19, 151 (Abruf-Nr. 210338); OLG Dresden 20.4.20, 4 U 137/20 (Feststellungsantrag); ferner Ernst, VA 17, 174 Punkt 7 ff.; Wessel, DAR 20, 429. Zur Tauglichkeit von statistischen Tabellen ‒ Leitsatz Nr. 2 ‒ OLG Frankfurt a. M. 16.7.20, 22 U 205/19.

 

Leitsatz Nr. 3 betrifft die umstrittene Frage der zeitlichen Begrenzung des Haushaltsführungsschadens, etwa auf das 75. Lebensjahr. Mit der inzwischen h. M. in Rspr. und Lit. wird ein Zeitlimit für den Regelfall abgelehnt (so auch aktuell OLG Frankfurt a. M. 24.3.20, 22 U 82/18).

 

Weiterführender Hinweis

  • Von Interesse ist die Entscheidung des OLG Celle auch in zwei weiteren Punkten: Zulässigkeit eines Grund- bzw. eines Teilurteils; Bemessung des Schmerzensgelds bei Dauerschäden vor dem Hintergrund der Kontroverse um die „taggenaue“ Berechnung (zuletzt OLG Frankfurt a. M. 16.7.20, 22 U 205/19; 4.6.20, 22 U 34/19 und 22 U 244/19, VA 20, 139).
Quelle: Seite 171 | ID 46850981