Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Unbeschwert in den Ruhestand

Unternehmensnachfolge als Altersvorsorge: Ratenzahlung, Nießbrauch, Pacht & Co.

von Rechtsanwältin und Datenschutzbeauftragter Anna Rehfeldt, LL.M.

| Bin ich im Alter abgesichert und wird mein Vermögen zum täglichen Leben reichen? Diese und weitere existenzielle Fragen stellen sich jedem selbstständigen Unternehmer früher oder später. Das gilt insbesondere dann, wenn die private Altersvorsorge bisher ins Hintertreffen geraten ist und keine Absicherungen veranlasst wurden. Im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge kann man dieses Problem aber angehen und sich, je nach Fallkonstellation, eine anhaltende Altersvorsorge schaffen. Als Schlagworte verdeutlichen insoweit Ratenzahlung, Nießbrauch oder Pacht einige der Möglichkeiten, die nachfolgend erläutert werden. |

1. Grundsätzliches zur Unternehmensnachfolge

Wer sein Leben lang Zeit, Engagement und Herzensblut in sein Unternehmen investiert hat, will im Zweifel sein Unternehmen und damit sein Lebenswerk nicht altersbedingt schließen müssen. Die Unternehmensnachfolge ist hier ein in der Praxis gern herangezogener Lösungsweg, um dies zu verhindern. Sei es in Form der Übergabe innerhalb der Familie, durch Verkauf an einen außenstehenden Dritten, verkauf an einen Mitarbeiter oder aber durch Verkauf oder Verpachtung.

 

Bei der Entscheidung über die Art und Weise der Unternehmensnachfolge sollte man neben seinen Emotionen auch rationale Gründe einbeziehen, namentlich die Altersvorsorge.

 

Folgende Checkliste kann als Grundlage zur Entscheidungsfindung herangezogen werden:

 

Checkliste / Unternehmensnachfolge als Altersvorsorge

Wer soll Nachfolger werden?

Warum wollen Sie genau diesen Nachfolger?

Wann wollen Sie die Übergabe Ihres Unternehmens durchführen?

  • ◻ … Jahre/Monate
  • ◻ kurzfristig bis zum …

Warum soll das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt übergeben werden?

Welche Art der Unternehmensnachfolge können Sie sich vorstellen?

  • ◻ Nachfolge innerhalb der Familie
  • ◻ Verkauf
  • ◻ Verpachtung
  • ◻ Sonstiges:

Warum soll es diese Art der Unternehmensnachfolge aus Ihrer Sicht werden?

Soll eine (übergangsweise) Weiterarbeit im Unternehmen durch Sie erfolgen? Und bejahendenfalls, wie lange und in welcher Position?

Wie hoch schätzen Sie den Wert Ihres Unternehmens ein und warum?

Dient der Betrag Ihrer Altersvorsorge?

  • ◻ Ja
  • ◻ Nein
 

Anhand dieser Checkliste lässt sich ein erster Überblick über den Zweck, die Dauer und die Beweggründe der Unternehmensnachfolge verschaffen. Hat man bei der Frage der Altersvorsorge das Ja angekreuzt, kommt man zu der Frage: Welche Möglichkeiten habe ich, die Unternehmensnachfolge (auch) als Altersvorsorge auszugestalten?

2. Unternehmensnachfolge als Altersvorsorge

Bevor die einzelnen Möglichkeiten der Unternehmensnachfolge erläutert werden, ist grundsätzlich festzuhalten, dass die Unternehmensnachfolge nicht die einzige Altersvorsorge sein sollte. Denn unabhängig davon, ob das Unternehmen an ein Familienmitglied übergeben oder an einen außenstehenden Dritten übertragen wird: Es bleibt immer ein Risikofaktor vorhanden, namentlich in Form von wirtschaftlichen Einflüssen, Liquiditätsschwierigkeiten beim Nachfolger bis hin zur Insolvenz. Diese Faktoren sollten bei der Planung der Altersvorsorge stets miteinbezogen werden.

 

Folgende (nicht abschließende) Fragen können hierbei helfen:

 

  • 1. Welche Maßnahmen zur Altersvorsorge habe ich zusätzlich zur Unternehmensnachfolge bereits ergriffen/werde ich noch ergreifen?
  • 2. Welche Zahlungen erhalte ich monatlich durch alle meine Maßnahmen zur Altersvorsorge?
  • 3. Welche Einkünfte habe ich neben der Altersvorsorge ggf. sonst noch monatlich?
  • 4. Welche Fixkosten habe ich monatlich zu begleichen?
  • 5. Wie hoch soll der Betrag sein, den ich jeden Monat zur freien Verfügung haben will?
  • 6. Reichen meine Einkünfte aus, um mein Leben im Alter abgesichert zu haben?
  • 7. Habe ich Rücklagen für unerwartete Belastungen?

3. Verkauf des Unternehmens gegen Einmalzahlung

Wird das Unternehmen an den Nachfolger, egal ob an ein Familienmitglied oder einen außenstehenden Dritten gegen Einmalzahlung verkauft, erhält der veräußernde Unternehmer den gesamten Verkaufspreis sofort und in einem Betrag. Der Unternehmer ist bei dieser Art des Verkaufs nicht vom zukünftigen (ungewissen) wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig und kann den Betrag ganz oder teilweise gut verzinst anlegen.

 

PRAXISTIPP | Ob eine gut verzinste Anlage möglich ist, sollte vorab genau geprüft werden und nicht erst nach Abschluss des Vertrags. Bei der Form der Unternehmensnachfolge durch Einmalzahlung mit anschließender verzinster Anlage hat man schließlich selbst in der Hand, ob man nur die Zinsen oder nur den Betrag verbraucht oder eine Mischform wählt. In jedem Fall sollte man bei dieser Form vorab genau berechnen, welchen (Mindest-)Betrag man monatlich zum Leben braucht.

 

4. Ratenzahlung

Hat man sich zum Verkauf als einer möglichen Form der Unternehmensnachfolge entschieden, steht neben der Einmalzahlung die Ratenzahlung als weitere Option zur Verfügung. In diesen Fällen hat der Erwerber die Chance, den vereinbarten Kaufpreis in Raten über einen vorab bestimmten Zeitraum zu begleichen. Die Ratenzahlung stellt mithin eine Art Darlehen dar, den man entweder

  • a) als zinsloses oder
  • b) als verzinstes Darlehen

 

gewähren kann. Sollte die Ratenzahlung verzinst werden, kommen die Zinsen also zum eigentlichen Kaufpreis noch hinzu.

 

PRAXISTIPP | Beim Verkauf mittels Ratenzahlung sollte im Kaufvertrag an die Wertsicherungsklausel gedacht werden. Dies hat den Hintergrund, dass man mit einer Wertsicherungsklausel die Möglichkeit hat, die Raten an die Lebenshaltungskosten anzupassen (sog. Lebenshaltungskostenindex).

 

5. Verkauf des Unternehmens gegen Zahlung einer Rente

Eine weitere Möglichkeit ist der Verkauf des Unternehmens gegen Zahlung einer (lebenslangen) Rente. Bei dieser Zahlungsmodalität wird dem Veräußerer (= ehemaliger Unternehmensinhaber) ein gleichbleibender Betrag zu einem fixen Termin regelmäßig und bis an sein Lebensende gezahlt. Für den veräußernden Unternehmer bedeutet dies, dass er zwar regelmäßig Leistungen in Form einer Rentenzahlung erhält. Bis zur vollständigen Tilgung des Kaufpreises vergehen allerdings einige Jahre.

 

PRAXISTIPP | Bei Rentenzahlungen ist der veräußernde Unternehmer immer auch abhängig davon, wie gut oder wie schlecht der Nachfolger wirtschaftet. Aus diesem Grund ist dringend zu empfehlen, sich die Forderungen absichern zu lassen, beispielsweise in Form einer dinglichen Sicherheit über ein Grundstück oder über einen Eigentumsvorbehalt. Sollte eine solche Sicherheit aus welchen Gründen auch immer nicht realisierbar sein, sollte zumindest eine Bankbürgschaft über die zukünftigen Leistungen gestellt werden.

 

6. Nießbrauch/Nießbrauchsvorbehalt

Wird ein Nießbrauchrecht vereinbart, bleibt der Unternehmensinhaber zwar Eigentümer, er überträgt dem Erwerber aber entgeltlich das Recht auf Nutzung, einschließlich der sog. Fruchtziehung an der Sache, dem Vermögen oder einem Recht. Die Verfügungsbefugnis bleibt hingegen beim Unternehmensinhaber. Der Nachfolger hat durch den Nießbrauch somit ein umfassendes Nutzungsrecht mit dinglicher Wirkung. Wird ein Nießbrauch vereinbart, hängt die Werthaltigkeit der Altersvorsorge allerdings, ähnlich wie bei der (schuldrechtlichen) Pacht, wieder von der Wirtschaftlichkeit bzw. von der Ertragskraft des Unternehmens ab. Beim Nießbrauch ist zudem zu beachten, dass das Gehalt des (neuen) Geschäftsführers vom jeweiligen Unternehmensgewinn abgezogen werden kann, sodass sich der Gewinn und die an den Gewinn geknüpfte Zahlung um eben diesen Betrag mindern kann.

7. Pacht

Bei der Unternehmensnachfolge im Wege einer Verpachtung wird der Gebrauch der Gesamtheit an Sachen und Rechten des Unternehmens entgeltlich an den Nachfolger überlassen. Im Unterschied zum Nießbrauch ist die Pacht ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft und wirkt somit nur zwischen den Parteien (= ehemaliger Unternehmensinhaber und Erwerber). Im Unterschied zur Miete wird bei der Pacht nicht nur eine Gebrauchsüberlassung vereinbart. Vielmehr ist der Erwerber auch berechtigt, die Früchte aus dem Unternehmen zu ziehen.

 

Soll nun die Unternehmensübergabe durch Verpachtung erfolgen, sollte sich die Höhe der Pacht an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens orientieren. Wie hoch die Pacht in der Praxis genau ist, hängt (wie auch beim Kaufpreis) vom jeweiligen Einzelfall, insbesondere auch dem Verhandlungsgeschick ab und kann nicht pauschal bestimmt werden.

 

PRAXISTIPP | Ist die Pacht allerdings zu hoch, kann das Unternehmen langfristig betrachtet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, was im Zweifel zur Insolvenz und damit auch zum Wegfall der Pachtzahlungen und zugleich der Altersvorsorge führen kann. Diesen Weitblick sollte man bei den Verhandlungen berücksichtigen.

 

Soll ein Pachtvertrag zwischen dem Unternehmensinhaber und dem Erwerber geschlossen werden, sollte folgende Checkliste von beiden Parteien durchgesprochen werden, um den Pachtvertrag in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.

 

Checkliste / Pachtvertrag

Praxistipp | Der Pachtvertrag kann grundsätzlich formlos geschlossen werden. Allerdings ist ein schriftlicher Vertrag dringend anzuempfehlen. Denn in einem Pachtvertrag wird genau festgehalten, was überhaupt verpachtet wird und zu welchen Konditionen die Verpachtung erfolgt, welche Rechte und Pflichten für Verpächter und Pächter bestehen, was bei Leistungsstörungen gilt und wie die Haftungsregelungen ausgestaltet sind. In dem Pachtvertrag wird im Rahmen der Unternehmensnachfolge zudem immer auch vereinbart, dass der Pächter dahin gehend verpflichtet ist, die einzelnen Wirtschaftsgüter des Unternehmens zu erhalten.

 

Folgende Fragen sollten zur Diskussion stehen und vor Abschluss des Pachtvertrags geklärt werden:

 

  • 1. Erfolgt die Unternehmensübergabe endgültig oder nur vorübergehend?
  • 2. Über welchen Zeitraum soll die Verpachtung andauern?
  • 3. Liegen bestimmte Gründe in der Person des Verpächters vor, die eine Fortführung des Unternehmens durch den Pächter ausschließen (z. B. besondere personenbezogene Qualifikationen wie z. B. einem Meisterbrief im Rahmen von zulassungspflichtigen Handwerksberufen)?
  • 4. Hat der Pächter eine entsprechende Qualifikation? Falls nicht, kann diese bis zur Verpachtung erlangt werden? Gibt es vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten, um die Qualifikation des Verpächters für den Pächter nutzbar zu machen?
  • 5. Ist der voraussichtliche Pächter befähigt, ein Unternehmen zu führen? Welche Hintergründe und Erfahrungen bringt der mögliche Pächter mit und passen diese auf das zu übergebende Unternehmen?
  • 6. Wurde der Pächter bereits mit dem Unternehmen vertraut gemacht und hat er ausreichend Einblicke erhalten?
  • 7. Welche Vorstellungen haben sowohl Verpächter als auch Pächter über die Höhe der Pacht und warum gerade diese Höhe?
  • 8. Soll die Pacht ggf. durch einen externen (neutralen) Dritten ermittelt werden?
  • 9. Soll die Pacht regelmäßig in gleicher Höhe gezahlt werden oder soll die Höhe der Pacht erfolgsabhängig ausgestaltet sein?
  • 10. Stehen absehbare hohe Investitionen an? Wer hat diese Investitionen ganz oder teilweise zu tragen und wurden die Investitionen bei der Pachthöhe ausreichend berücksichtigt?
  • 11. Soll in dem Pachtvertrag eine Erhaltungspflicht des Pächters aufgenommen werden?
  • 12. Wurden alle Mitarbeiter über die Verpachtung ausreichend informiert?
  • 13. Soll ggf. nach der Pachtdauer ein Eigentumsübergang erfolgen? Falls ja, wurden hierzu schon Regelungen im Pachtvertrag aufgenommen?
  • 14. Werden ausreichend werthaltige Sicherheiten gestellt?
  • 15. Welche Bestimmungen sollen im Hinblick auf die Fortführung der Firmierung gelten? Bestehen sonstige immaterielle Schutzrechte, die es zu berücksichtigen gilt?
 

8. Wiederkehrende Leistungen als Altersvorsorge

Mit Ausnahme der Unternehmensveräußerung gegen Einmalzahlung haben alle Finanzierungsmöglichkeiten die Gemeinsamkeit, dass es sich um wiederkehrende Leistungen handelt. Zieht man eine dieser Formen für sich als Altersvorsorge in Betracht, sollte man sich über folgende Fragen zuvor Klarheit verschaffen:

 

Checkliste / Wiederkehrende Leistungen als Altersvorsorge

  • 1. Habe ich meine Altersvorsorge auf verschiedene Maßnahmen verteilt?
  • 2. Wie hoch ist mein voraussichtlicher monatlicher Bedarf an finanziellen Mitteln?
  • 3. Welchen Verkehrswert hat mein Unternehmen zum Zeitpunkt der Übertragung?
  • 4. Wie wird sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zukünftig aller Voraussicht nach entwickeln? Werden die Erträge ausreichen, um neben den laufenden Kosten auch Zahlungen an den übergebenden Unternehmensinhaber leisten zu können?
  • 5. Sind Zahlungen in gleicher Höhe sinnvoll oder sollte sich die Höhe der Zahlung am jeweiligen Unternehmensgewinn ausrichten?
  • 6. Wenn gleichbleibende Zahlungen vereinbart werden: Ist eine Anpassung der Höhe an die Inflation oder einen sonstigen Parameter sinnvoll?
  • 7. Werden ausreichende und werthaltige Sicherheiten für den Fall von Zahlungsausfällen und/oder von Zahlungsverzögerungen gestellt?
  • 8. Bei der Vereinbarung der Zahlung einer Rente: Ist die Rentenzahlung steuerlich vorteilhafter als eine der anderen Zahlungsmodalitäten?
  • 9. Bei der Vereinbarung der Zahlung einer Rente: Sollen die Rentenzahlungen im Todesfall an den überlebenden Ehegatten/die Erben weitergezahlt werden? Falls ja, wurden entsprechende Vereinbarungen vertraglich festgehalten?
 

FAZIT | Unabhängig davon, ob das Unternehmen an ein Familienmitglied übergeben oder an einen externen Dritten veräußert werden soll, sollte man sich vorab genau über die einzelnen Zahlungsmodalitäten Klarheit verschaffen und alle Vor- und Nachteile, insbesondere auch aus steuerlicher Sicht, abwägen.

 

Dient die Unternehmensnachfolge zugleich als Altersvorsorge, ist darauf zu achten, dass dies

  • a) nie die einzige Vorsorgemaßnahme sein sollte und
  • b) dass man ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, um seinen Lebensunterhalt sorglos bestreiten zu können.

 

Hierbei sollte auch immer ein Puffer für unerwartete Forderungen eingeplant werden. Bei den Verhandlungen über die Höhe des Kaufpreises oder der wiederkehrenden Leistungen sollte man die wirtschaftliche Situation des Unternehmens berücksichtigen. Denn wenn die Zahlungen im Ergebnis dazu führen, dass das Unternehmen hierdurch in Zahlungsschwierigkeiten gerät, ist die Altersvorsorge auf lange Sicht nichts wert. Sowohl der Umfang als auch die Art der Zahlung sollten somit den goldenen Mittelweg zwischen auskömmlicher Altersvorsorge einerseits und rentabilitäts-, liquiditäts- und substanzschonender Belastung andererseits darstellen. Diesen gilt es im Rahmen einer umfassenden Beratung im Einzelfall herauszufinden.

 
Quelle: Seite 76 | ID 46637693