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· Fachbeitrag · Umsatzsteuer

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Sportanlagen: BFH klärt Rechenmethode

| Sportvereine nutzen ihre Sportanlagen häufig parallel für nichtunternehmerische, für nichtunternehmerische aber umsatzsteuerfreie und für steuerpflichtige Umsätze. Ein Vorsteuerabzug aus den Baukosten der Sportanlagen ist dann nur anteilig möglich. Der BFH hat jetzt Antwort auf die Frage gegeben, wie dieser Anteil ermittelt werden muss. |

Gemeinnützige Schule vermietet Sportanlage an Vereine

Eine gemeinnützige Ersatzschule, die als gGmbH organisiert war, errichtete eine Dreifachsporthalle mit Sportplatz. Die Anlage nutzte sie für den Schulsport. Außerhalb der Schulzeiten vermietete sie die Sportanlagen an Vereine. Während die Nutzung für den Unterricht in den nach § 4 Nr. 21a UStG umsatzsteuerfreien Bereich fiel, erfolgte die Vermietung steuerpflichtig. Die stundenweise Überlassung an Vereine ist keine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung, sondern nach der Rechtsprechung des BFH steuerpflichtig.

 

So berechnete die Schule den Vorsteuerschlüssel

Entsprechend nahm die Schule einen anteiligen Vorsteuerabzug aus den Baukosten der Halle vor, den sie mit 76 Prozent ansetzte. Diesen Anteil berechnete sie, indem sie einen täglichen Zeitraum von 8:00 bis 22:00 Uhr als Nutzungszeit zugrunde legte und die (vorsteuerschädliche) Eigennutzung in den Schulzeiten von 8:00 bis 15:00 Uhr ansetzte. Die verbleibende Zeit (15:00 Uhr bis 22:00 Uhr in der Schulzeit und 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr an Wochenenden und in den Ferien) rechnete sie der Vermietung zu.

 

So berechnete das Finanzamt den Vorsteuerschlüssel

Das Finanzamt legte dagegen die tatsächliche Auslastung durch die Vermietung zugrunde. Dass es keine Belegungspläne gab, schätzte das Amt den anteiligen Vorsteuerabzug auf 70 Prozent der für die Vermietung verfügbaren Zeit. Es sei ‒ so das Finanzamt ‒ nicht die theoretisch mögliche, sondern die realistisch zu erwartende Vermietungszeit zugrunde zu legen.

BFH entscheidet über Methode und Aufteilungsmaßstab

Der BFH folgte der Auffassung der Vorinstanz und gab dem Finanzamt recht. Die Vorsteueraufteilung nach den Zeitanteilen für die unterschiedliche Nutzung sei sachgerecht. Diese dürften nach § 15 Abs. 4 UStG auch geschätzt werden (BFH, Urteil vom 26.04.2018, Az. V R 23/16, Abruf-Nr. 204244).

 

Nach § 15 Abs. 4 UStG setzt die Aufteilung der Vorsteuer nach den steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Umsätzen voraus, dass keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Das sieht auch das Europarecht (Art. 17 Abs. 5 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) so. Im konkreten Fall gab es aber eine bessere ‒ präzisere ‒ Methode.

Der BFH: Wird dasselbe Gebäude zeitlich abwechselnd zu steuerfreien und steuerpflichtigen Zwecken genutzt, führt die Aufteilung der Vorsteuern nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung. In den unterschiedlichen Nutzungszeiten drückt sich aus, wie das Gebäude zu den mit ihm ausgeführten Umsätzen zuzuordnen ist. Diese Aufteilung ist damit verwendungsbezogen und führt zu sachgerechteren Ergebnissen als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.

 

Leerstandszeiten werden nicht berücksichtigt

Bei der wirtschaftlichen Zurechnung nach Zeitanteilen ‒ so der BFH ‒ kommt es auf die tatsächlichen Nutzungszeiten an. Eine Aufteilung nach Nutzungsblöcken, die für die steuerpflichtige Vermietung möglich wäre, kam hier nicht in Frage.

 

Denkbar wäre das nach Auffassung des BFH nur, wenn die sich unterschiedlich auswirkenden Nutzungen zeitlich strikt getrennt werden und dies anhand ausreichender Aufzeichnungen ‒ mindestens über einen repräsentativen Zeitraum ‒ nachgewiesen wird. An einer solchen strikten Trennung der Nutzungen fehlte es aber. Bereits im Planungs- und Baustadium beabsichtigte die Schule nämlich, die Sporthalle auch außerhalb der üblichen Unterrichtszeiten für schulische Zwecke zu nutzen (z. B. kulturelle Aufführungen, Sportwettbewerbe sowie die halbjährlichen Schulkonferenzen). Hier geht das Fehlen von Belegungsplänen für die Sportanlagen zulasten der Schule.

 

Aufteilungsmaßstab gilt auch für die Bau- und Planungsphase

Für die Bau- und Planungsphase der Anlage ‒ wo noch keine Daten zur tatsächlichen Verwendung vorliegen ‒ kann nach Auffassung des BFH die spätere Verwendungsabsicht zugrunde gelegt werden. Diese Prognose der zukünftigen Verwendung richtet sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach den Nutzungszeiten, die nach dem gewöhnlichen Ablauf zu erwarten sind.

 

Es kommt dabei aber nicht auf erwünschte, baurechtlich maximal erlaubte und unter günstigen Umständen theoretisch erreichbare Vermietungszeiten an. Es fehlt ‒ so der BFH ‒ an einer ernsthaften Vermietungsabsicht, wenn der Leerstand in den Randzeiten nicht nur vorübergehend, z. B. durch Mieterwechsel, entsteht, sondern durch ein fehlendes Interesse am Markt und damit ein dauerhafter Leerstand zu erwarten ist.

 

Es spricht aber für die bei wirtschaftlicher Betrachtung erwartbaren Umsätze des Unternehmers und damit für die durch objektive Anhaltspunkte belegbare Verwendungsabsicht, wenn der Verein nach einer Anlaufphase tatsächlich Umsätze erzielt.

 

Wichtig | Stellt sich heraus, dass die Prognose falsch war, muss der Vorsteuerabzug rückwirkend berichtigt werden (§ 15a UStG). Für Gebäude gilt hier ein Zeitraum von 10 Jahren ‒ ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung.

 

Belegungspläne sind nicht erforderlich

Nach § 15 Abs. 4 UStG ist für die wirtschaftliche Zuordnung der Kosten zu den steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Umsätzen eine Schätzung zulässig. Es müssen also keine Belegungspläne vorgelegt werden. Die sind nur dann erforderlich, wenn die Einrichtung einen größeren zeitlichen Nutzungsanteil für steuerpflichtige Umsätze nachweisen kann als das Finanzamt per Schätzung unterlegt.

Beispiel macht das Ganze nachvollziehbar

  • Beispiel

Ein Tennisverein errichtet für 900.000 Euro eine neue Sporthalle. Aus der geplanten Nutzung ergibt sich folgende Aufteilung mit Zuordnung zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen.

 

Nutzungsart

Umsatzsteuerpflicht/Vorsteuerabzug

  • 1. Nutzung durch die Mitglieder ohne zusätzliche Gebühren zu vorgegebenen Zeiten (Übungsstunden)

Nein, weil die Mitgliedsbeiträge nicht steuerpflichtig sind

  • 2. Überlassung an Mitglieder oder Nichtmitglieder gegen gesondertes Entgelt zur sportlichen Benutzung

Ja. In beiden Fällen ist die Überlassung steuerpflichtig (mit 7 bzw. 19 %)

  • 3. Überlassung an andere Vereine

Ja. Die stundenweise Überlassung an Nichtunternehmer ist keine steuerfreie Immobilienvermietung

  • 4. Nutzung für den Turnierbetrieb und andere Wettkämpfe mit Eintrittsgeld

Ja. Die Eintrittsgelder sind umsatzsteuerpflichtig

 

 

Der anteilige Vorsteuerabzug kann dann nach der BFH-Rechtsprechung so erfolgen: Der Verein legt für jede Nutzungsform ein entsprechendes Zeitfenster fest. Dafür schätzt er dann die Auslastung.

 

Nutzungsart

Zeitfenster

max. Std pro Woche

realistische Aus-lastung pro Woche

realistische Auslastung in %

  • 1. Nutzung durch die Mitglieder

Mo, Mi, Fr

  • 17.00 ‒ 22.00 Uhr

21

15

27 % (= 15/56)

  • 2. Überlassung Einzelpersonen

Mo u‒ Fr

  • 8.00 ‒ 16.00 Uhr

40

25

45 % (= 25/56)

  • 3. Überlassung an andere Vereine

Di, Do

16.00 ‒ 22.00 Uhr

12

8

14 % (= 8/56)

4. Turnierbetrieb

Sa ‒ So

14.00 ‒ 18.00 Uhr

8

8

14 % (= 8/56)

gesamt

81

56

100 %

davon für steuerpflichtige Umsätze (2 + 3 + 4)

73 %

 

 

Es ergibt sich eine Nutzung für steuerpflichtige Umsätze zu 73 Prozent. Die in den 900.000 Euro Baukosten enthaltene Vorsteuer (= 143.697,48 Euro) kann zu 73 Prozent (= 104.899,16 Euro) geltend gemacht werden. Das gilt auch für die laufenden Betriebskosten der Halle.

 
Quelle: Seite 6 | ID 45561929