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· Fachbeitrag · Umsatzsteuer

Vorsteuerabzug aus Rechnungen: Fallstricke bei der Leistungsbeschreibung kennen und meiden

von Steuerberaterin/Landwirtschaftliche Buchstelle Dipl.-Ing. agrar Beate Trinks, Eisenhüttenstadt, www.txt.de

| Aus den zahlreichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14 UStG sticht die Leistungsbeschreibung besonders hervor. Sie ist im Grunde das einzige Rechnungsmerkmal, das objektiv richtig sein kann, wegen Ungenauigkeit aber zur Versagung des Vorsteuerabzugs führt. SSP beleuchtet die Rechtsprechung und zeigt, worauf Sie achten müssen. |

Die Leistungsbeschreibung als Dauerbrenner

Die tägliche Abrechnungspraxis bringt immer wieder Spezialfälle hervor, in denen die Leistungsbeschreibung unzureichend ist und in Folge der Vorsteuerabzug versagt wird. Dabei sind auch vermeintliche Experten nicht vor Missgeschicken gefeit, wie ein Urteil des FG München vom 21.03.2013 (Az. 14 K 2862/10, Abruf-Nr. 213964) zeigt. Dort versuchte ein Mandant erfolglos, Vorsteuern aus der Rechnung seines Steuerberaters über „durchgeführte Leistungen“ geltend zu machen. Tatsächlich gilt es, für eine gesetzeskonforme Leistungsbeschreibung eine Reihe von Hürden zu überwinden.

Die gesetzlichen Grundlagen der Leistungsbeschreibung

Die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung sind in § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG normiert. Erforderlich ist danach die Angabe über „die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung“. Ohne gesetzeskonforme Leistungsbeschreibung fehlt es an einer ordnungsgemäßen Rechnung nach § 14 UStG. Für den Leistungsempfänger entfällt der Vorsteuerabzug. Der Leistende kann zur Rechnungsberichtigung verpflichtet werden.

 

Zweckbestimmung des Rechnungsmerkmals

Die Leistungsbeschreibung dient dazu, es der Finanzverwaltung leicht(er) zu machen, ausgeführte und bezogene Umsätze nachzuprüfen. Hintergrund sind vor allem zwei Aspekte:

 

  • 1. Die exakte Beschreibung des Umsatzes soll eine Mehrfachabrechnung (also einen mehrfachen Vorsteuerabzug) verhindern.
  • 2. Die exakte Beschreibung soll dem Nachweis dienen, dass der Leistungsempfänger den Rechnungsgegenstand unternehmerisch verwendet.

 

PRAXISTIPP | Gebot der Stunde ist es deshalb, die Formulierung so zu wählen, dass sie für Dritte verständlich ist. „Insiderwissen“ ist unzureichend. Deshalb reicht auch die Beschreibung „laut Absprache“ für den Vorsteuerabzug nicht aus. Damit kommt es häufig zu einem Spannungsverhältnis von Genauigkeit und Verständlichkeit ‒ der Rechnungsaussteller muss einen Mittelweg finden.

 

Wichtig | Der BFH kritisiert ‒ wohl zurecht ‒ Leistungsbeschreibungen auch, wenn der Ort der Leistung nicht hinreichend bestimmbar ist. Deshalb sollten z. B. „Arbeiten an einem Grundstück“ unter Angabe der Adresse abgerechnet werden. Sonst könnte die Finanzverwaltung auf die Idee kommen, dass das Grundstück im Ausland liegt und den Vorsteuerabzug versagen.

Die Leistungsbeschreibung bei Lieferungen

Bei Lieferungen müssen die Liefermenge und der Liefergegenstand aus der Rechnung hervorgehen.

 

Die Mengenangabe

Bei Rechnungen, die eine Lieferung betreffen, ist die Mengenangabe in der Regel unproblematisch. Es reicht, wenn eine Stückzahl der gelieferten Artikel angegeben ist. Daneben werden meist schon aus außersteuerlichen Gründen Abrechnungen unter Verwendung allgemein verständlicher Mengenmaße gefertigt, z. B. Meter, Kilogramm oder Liter.

 

PRAXISTIPPS |

  • Gängige Abkürzungen sind unschädlich. Gleiches gilt für Mengenangaben, die wissenschaftlich ungenau sind, z. B.
    • zehn Fässer oder
    • fünf Kisten.
  • Schwierigkeiten können sich allenfalls ergeben, wenn in der Rechnung veraltete oder mehrdeutige Maße verwendet werden und der tatsächliche Umfang der Lieferung nicht ohne weiteres ermittelt werden kann.
  • Eine Strichliste wird dagegen generell nicht beanstandet. Sie wird vor allem in der Gastronomie eingesetzt.
 

Der Liefergegenstand

Auch zur Bezeichnung des Liefergegenstands existieren keine exakten Vorgaben. Der Begriff bzw. die Bezeichnung muss aber handelsüblich sein. Markennamen können verwendet werden. Eine genaue Typenbezeichnung ist möglich, aber nicht erforderlich. Probleme entstehen häufig, wenn Sammelbezeichnungen verwendet werden. So müssen Sachgesamtheiten prinzipiell aufgegliedert werden (unzulässig ist z. B. „Büroinventarw“). Gattungsbezeichnungen sind verwendbar, sofern sich der Steuersatz zweifelsfrei ableiten lässt. Zudem sollte die Bezeichnung keinen Zweifel an der unternehmerischen Verwendung lassen. Allgemeine Sammelbezeichnungen, die verschiedenste Gegenstände umfassen können, sind unzulässig.

 

  • Auswahl (un)zulässiger Gattungsbezeichnungen

Zulässig

Unzulässig

Büromöbel

Bücher

Obst

Geschenkartikel

Schnittblumen

Lebensmittel

Spirituosen

Möbel

Waschmittel

Werkzeug

 

Vereinfachungen bei Massenware?

Lange erwartet wurde die Entscheidung des BFH zu den Textilien im Niedrigpreissegment. Im konkreten Fall handelte ein Unternehmer mit solchen Textilien. Seine Einkaufsrechnungen wiesen nur Gattungsbeschreibungen wie T-Shirt, Bluse, Tops, Kleid, Hosen, etc. auf; ergänzt um Stückzahlen und Einzelpreise. Finanzamt und FG vertraten die Auffassung, dass es bei einer so groben Beschreibung ausgeschlossen sei, die Lieferung nachprüfen zu können. Damit scheide auch der Vorsteuerabzug aus. Zudem seien die Beschreibungen auch nicht handelsüblich. Dem schlossen sich auch einige Stimmen in der Fachliteratur an.

 

Der BFH sah dies jedoch ‒ jedenfalls auf abstrakter Ebene ‒ anders. Er forderte das FG auf, genau zu ermitteln, was im Textilhandel üblich sei. Notfalls müsse ein Sachverständiger bestellt werden. Seien allgemeine Gattungsangaben im Textilhandel üblich, reiche eine solche Leistungsbeschreibung für den Vorsteuerabzug aus. Da es sich nun um einen Streit auf Ebene des Sachverhalts handelt, lässt sich für den Verfahrensausgang keine Prognose abgeben (BFH, Urteil vom 10.07.2019, Az. XI R 28/18, Abruf-Nr. 213465).

 

Wichtig | Ansprechpartner für die Frage, was in der jeweiligen Branche üblich ist, sind am ehesten Branchenverbände oder Kammern.

 

Müssen Artikel- oder Seriennummern angegeben werden?

Auf der sicheren Seite in Bezug auf die Beschreibung des Liefergegenstands ist man durch Angaben der Artikel- bzw. Seriennummer. In der Praxis wird davon aber selten Gebrauch gemacht; schlicht, weil die Leistungsbeschreibung bis ins kleinste Detail zu aufwendig ist.

 

Muss man den Aufwand aber betreiben, um den Vorsteuerabzug zu sichern? Die BFH-Rechtsprechung (zur „IMEI“ von Handys) erscheint insoweit nicht abschließend klar (BFH, Urteil vom 19.04.2007, Az. V R 48/04, Abruf-Nr. 072814). Die Finanzverwaltung hat demgegenüber klargestellt, dass eine Vorsteuerversagung nicht allein auf der fehlenden Angabe von Seriennummern basieren kann (BMF, Schreiben vom 01.04.2009, Az. IV B 8 ‒ S 7280 a/07/10004, BStBl I 2009, 525). So sieht es wohl auch der EuGH (Urteil vom 18.07.2013, Rs. C-78/12, Abruf-Nr. 143647, Evita-K ‒ keine Aufzeichnung von Ohrmarken bei Rinderverkauf).

 

PRAXISTIPP | Die fehlende Angabe eindeutiger Identifikationsnummern wird zum Problem, wenn Zweifel bestehen, dass die Lieferung tatsächlich durchgeführt worden war (Scheingeschäft). In typischerweise betrugsanfälligen Konstellationen sollten deshalb Seriennummer oder Ähnliches angegeben werden. Das betrifft z. B. die Fahrzeug-Identifizierungsnummer im Autohandel.

 

Die Leistungsbeschreibung bei sonstigen (Dienst-)Leistungen

Bei den sonstigen Leistungen muss in der Rechnung generell der Umfang der Arbeiten angegeben werden. Dies lässt sich meist nur über die Angabe der Arbeitsstunden realisieren. Entbehrlich ist eine solche Angabe, wenn sie aus der Art der Leistung ableitbar ist. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn als Leistungsbeschreibung nicht die Leistungshandlung, sondern (auch) der Leistungserfolg beschrieben wird. Beispiele sind „Reparatur Heizung Küche“ oder „Erstellung des Jahresabschlusses 2019“.

 

Wichtig | Die tägliche Abrechnungspraxis lehrt aber, dass die Beschreibungen meist zu ungenau sind. Dann sieht es mit dem Vorsteuerabzug schlecht aus. Das gilt vor allem für die folgenden ‒ von der Rechtsprechung bereits entschiedenen ‒ Fälle:

 

  • Unzulässige Beschreibungen für sonstige Leistungen

Außenputzarbeiten

Lagerarbeiten

Bauleistungen

Paletten umpacken

Beförderung (ohne Ortsangaben)

Qualitätskontrollen

Beratung

Renovierung

Container be- und entladen

Schreibarbeiten

Durchgeführte Leistungen

Technische Beratung

Entsorgung

Trockenbau

 

Die SSP-Handlungsempfehlung für Sie

Eine Rechnung kann aus mehreren Dokumenten bestehen. Daher ist in der Rechnung ein Verweis auf weitere Schriftstücke zulässig und häufig auch empfehlenswert. In Verträgen z. B. ist oft der Inhalt von Leistungsabsprachen so detailliert geregelt, dass daraus ohne Weiteres eine hinreichende Leistungsbeschreibung für Abrechnungszwecke entnommen werden kann.

 

Voraussetzung ist lediglich, dass die Unterlagen in der Rechnung eindeutig referenziert werden. Hierfür ist ein Nummerncode am besten geeignet. Die weiteren Unterlagen müssen der Rechnung nicht unmittelbar beigefügt werden (BFH, Urteil vom 16.01.2014, Az. V R 28/13, Abruf-Nr. 141110). Der Rechnungsempfänger trägt jedoch die Beweislast, dass er ursprünglich im Besitz aller notwendigen Dokumente war.

Das Thema „rückwirkende Rechnungskorrektur“

Das große Problem „Verzinsung nach einem in der Betriebsprüfung versagten Vorsteuerabzug“ ist durch die Anerkennung der rückwirkenden Rechnungsberichtigung erheblich entschärft worden. Der BFH macht hier inzwischen gar kein großes Aufsehen mehr (vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 05.09.2019, Az. V R 12/17, Abruf-Nr. 213879).

 

PRAXISTIPP | Eine Reaktion der Finanzverwaltung auf die Rechtsprechungsvorgaben steht noch aus. Allerdings hat die Finanzverwaltung bereits durchblicken lassen, dass gerade bei der Leistungsbeschreibung nur kleine Korrekturen für Zwecke der Rückwirkung akzeptiert werden könnten. Bis das BMF eindeutige Vorgaben gemacht hat, sollten wichtige Rechnungen daher bereits bei Erhalt genau auf eine ausreichende Leistungsbeschreibung hin geprüft werden.

 
Quelle: Seite 20 | ID 46348995