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· Fachbeitrag · Teambesprechung (Teil 3)

Wie Sie unterschiedliche Mitarbeitertypen in der Teambesprechung zum Reden bekommen

von Anna Schmiedel, Dortmund, www.coaching-schmiedel.de

| Die Teambesprechung ist optimal vorbereitet, die Tagesordnungspunkte klar und dann reden doch wieder nur die Teammitglieder, die es auch sonst tun? Viele Teams beklagen diese Dynamik und wünschen sich, dass auch die stilleren Kolleginnen und Kollegen den Mut haben, ihre Ideen, Meinungen und Kritikpunkte offener zu äußern. Wahrscheinlich haben Sie auch schon die Erfahrung gemacht, dass Ermahnungen in Richtung dieser Mitarbeitenden wenig bewirken. Wir stellen Ihnen daher einfache Methoden vor, die es den stilleren Menschen einfacher machen, ihre Meinung zu äußern und sich einzubringen. |

1. Vielleicht haben die einfach keine Meinung?

Mit einer verbreiteten falschen Annahme müssen wir schon vorab aufräumen: Menschen, die ihre Meinung zurückhalten, werden von anderen, die ihre Meinung schnell äußern, oft falsch eingeschätzt. Da heißt es: „Die haben einfach keine Meinung!“ oder „Die sehen die Probleme nicht“. Oder ‒ vor allem dann, wenn die Stimmung nicht zum Besten steht: „Die haben nicht den Hintern in der Hose, zu ihrer Meinung zu stehen!“ oder „Die engagieren sich nicht für die Kanzlei!“

 

Natürlich gibt es Menschen, denen der Mut fehlt, zu ihrer Meinung zu stehen. Die meisten anderen haben es schlicht nicht gelernt, sich konstruktiv in ein Gruppengespräch einzubringen. Viele bringen schlechte Erfahrungen aus der Schule mit (z. B. für etwas, was man gesagt hat, wird man vor der Klasse lächerlich gemacht). Andere sind eher introvertiert und beteiligen sich deswegen nicht.

 

PRAXISTIPP | Die klassische Teambesprechung, in der jeder im freien Gespräch seine Meinung einbringt, entspricht von der Methode am ehesten selbstbewussten, extrovertierten Menschen. Wenn Sie alle „mitnehmen“ möchten, dann werden Sie erfolgreicher sein, wenn Sie die Methodik anpassen, statt zu versuchen, die Menschen zu verändern.

 

2. Förderung angeregter Diskussion per „Sprechball“

Der Sprechball ist äußerst wirkungsvoll und effektiv, wenn es darum geht, eine anregende Diskussion in Gang zu bringen, in der Sie sicherstellen, dass sich jedes Teammitglied äußert. Schaffen Sie sich einen Softball von ca. 15 cm Durchmesser an. Erklären Sie den Teammitgliedern beim ersten Einsatz, dass derjenige, der den Ball in der Hand hat, zum Sprechen aufgefordert ist. Legen Sie fest, ob der Ball nach dem Redebeitrag zu Ihnen als Moderator zurückgeworfen werden soll, oder ob das Teammitglied den Ball einem anderen zuwirft, der noch nicht gesprochen hat.

 

Ein positiver Effekt gegenüber der „Kreis-Methode“ (entsprechend der Sitzordnung redet einer nach dem anderen) ist, dass die Teilnehmer aufmerksamer zuhören. Beim Kreis weiß jeder, wann er an der Reihe ist und ist, wenn das Teammitglied vor ihm redet, innerlich schon recht stark damit beschäftigt, den eigenen Redebeitrag vorzubereiten.

3. Stimmungsbild/Zustimmung abfragen

Gerade wenn es um Entscheidungen geht, möchten Sie als Leitung sicherstellen, dass alle im Team das besprochene Vorgehen verstanden und akzeptiert haben. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass einige Kolleginnen oder Kollegen häufig hinter verschlossener Tür ihre Bedenken äußern. Zuvor in der Teambesprechung wurde ihr Schweigen als Zustimmung gewertet.

 

Laminieren Sie grünes und rotes DIN-A4-Papier und schneiden Sie es in vier gleich große Teile. Jedes Teammitglied bekommt eine rote und eine grüne Karte. Fragen Sie bei jeder Entscheidung und/oder Veränderung ab, ob jeder/jede mit dem besprochenen Vorgehen einverstanden ist und genau weiß, wie er oder sie ab sofort handeln soll. Sie werden erstaunt sein, wie oft Sie die rote Karte sehen werden. Denn häufig gibt es doch noch Unklarheiten. Jedoch tut sich die entsprechende Person schwer damit nachzufragen ‒ oft in der Annahme, sie sei die einzige, die es nicht verstanden hat. Muss jeder „Farbe bekennen“, wird man ein wenig gezwungen, zunächst selbst zu reflektieren, ob man verstanden hat und einverstanden ist ‒ und es auch zu äußern.

4. Metaplankarten und Punkte

Schaffen Sie sich selbstklebende Metaplankarten an. Diese sollten Sie bei jeder Teambesprechung griffbereit haben, um sie auch spontan einsetzen zu können.

 

Es gibt in jeder Kanzlei Themen, die alle nerven und für die doch über einen langen Zeitraum keine funktionierende Lösung gefunden wird. Über diese Themen zum 99. Mal zu sprechen, raubt Motivation und bringt keinen weiter.

 

  • Beispiel: Verschwundene Akten

In der Kanzlei Müller gibt es immer wieder Ärger über verschwundene Akten. Die finden sich später falsch abgehängt oder in falschen Arbeitsstapeln wieder. Einzelne Mitarbeiterinnen haben das Gefühl, immer diejenigen zu sein, die hinter den Akten hersuchen müssen. Das führt zu Vorwürfen und drückt die Stimmung.

 

Statt über das Problem zu reden, bitten Sie jedes Teammitglied, mindestens eine Lösungsidee auf eine Metaplankarte zu schreiben. Bitten Sie darum, pro Idee eine Karte zu nehmen. Jede Idee ist willkommen und soll aufgeschrieben werden. Geben Sie für diesen Schritt ca. 3 bis 5 Minuten Zeit (stoppen Sie diese mit Ihrem Smartphone). Anschließend liest jedes Teammitglied seine eigenen Ideen vor und legt diese in die Mitte bzw. klebt sie auf die Wand.

 

Wenn Sie sicher sind, dass alle Ideen verstanden wurden, verteilen Sie an jedes Teammitglied einen Klebepunkt (gibt es im Geschäft für Moderationsbedarf in verschiedenen Größen und Farben). Jeder soll seinen Punkt auf die Karte kleben, die aus seiner Sicht die beste Lösung beschreibt. Auf diese Weise konzentrieren Sie die Energie des Teams auf Lösungen und schaffen in kürzester Zeit Klarheit darüber, ob eine gemeinsame Lösung schon da ist. Sollten die Punkte an vielen verschiedenen Karten hängen, braucht das Thema nicht unbedingt die Zeit Ihrer Teambesprechung zu strapazieren. Bilden Sie ein Team, das bis zur nächsten Teambesprechung eine Lösung erarbeiten soll und zur Abstimmung in die Teambesprechung einbringt.

5. Umgang mit schwierigen Charakteren

Trotz guter Leitung schafft es ein einziger Mitarbeiter, die Teambesprechung in eine ganz andere Richtung zu lenken. Beobachten und erkennen Sie die Regeln und Muster in der Kommunikation/Interaktion in Ihrem Team, um diesem entgegenwirken zu können. Wir zeigen Ihnen einige mögliche Mitarbeitertypen und wie Sie damit umgehen können.

 

Typ 1: Der Einzelgänger

Der Einzelgänger schlägt sich am liebsten allein durch. Er verfügt über wenig Gemeinschaftssinn und hat Schwierigkeiten, seinen Kollegen zu vertrauen. Seine sozialen Kompetenzen sind häufig eher schwach ausgeprägt. Oft äußert er seine Ansichten zu direkt, was nicht immer gut bei den Kollegen ankommt. In einer Teamsitzung kann er schnell demotivierend auf die anderen wirken.

 

PRAXISTIPP | Geben Sie ihm klar abgegrenzte Aufgaben, die er für die Gruppe erledigen kann. So kann er sein fachliches Potenzial entfalten und nützliche Beiträge leisten. Er ist zufrieden, da er ganz allein arbeiten kann.

 

Typ 2: Der Demotivator

Er hat immer ein „Aber…!“ beizutragen, aber selten Lösungsvorschläge, ist unflexibel und nur schwer dazu zu bewegen, den gewohnten Arbeitspfad zu verlassen. So sind Optimierung und Anpassung mit ihm kaum möglich. Mit seiner überkritischen Haltung kann der Demotivator einem Team schnell den Wind aus den Segeln nehmen und es frustrieren. Man kommt mit ihm zu keiner schnellen Lösung.

 

PRAXISTIPP | Bitten Sie ihn, sich während des Einstiegs zurückzuhalten, wenn kreative Ideen gefragt sind. In der Phase der Vorschlagsprüfung und Entscheidungsfindung kann er jedoch sehr hilfreich sein, wenn es ihm gelingt, wertschätzend zu bleiben und einmal gefundene Ergebnisse letztlich akzeptierend mitzutragen. Unterstützen Sie ihn dabei!

 

Typ 3: Der Held der Arbeit

Er neigt dazu, sich mehr aufzuladen als er bewältigen kann. Entweder aufgrund der schlichten Menge ‒ manchmal aber auch, weil er nicht die notwendige Kompetenz für bestimmte Aufgaben mitbringt. Das würde er jedoch niemals zugeben ‒ nicht einmal vor sich selbst, da er davon überzeugt ist, der wichtigste Mitarbeiter im Team zu sein.

 

PRAXISTIPP | Achten Sie darauf, dass die Dinge, die dieser Mitarbeiter erledigen soll, zu seinen Kompetenzen und dem zeitlichen Rahmen passen. Wertschätzen Sie ihn für seine Erfolge.

 

Typ 4: Der Überflieger

Er möchte im Mittelpunkt stehen, die Führung übernehmen, Entscheidungen treffen. Zuarbeiten liegt ihm nicht. Da er viel Aufmerksamkeit einfordert, lenkt er Kollegen häufig ab. Er spricht gerne über sich und seine Erfolge und fühlt sich oftmals den anderen Kollegen gegenüber überlegen.

 

PRAXISTIPP | Fordern Sie von solchen Mitarbeitern ein, auch einen fairen Aufgabenanteil an Dingen zu übernehmen, die wenig prestigeträchtig sind.

 

Typ 5: Der Besserwisser

Er kann selbst schwer mit Kritik umgehen, diese jedoch schnell und häufig bei seinen Kollegen anbringen. Er könnte schnell auf Konfrontationskurs gehen oder sich zurückziehen. Solche Mitarbeitertypen sind teilweise manipulativ und wälzen unliebsame Aufgaben auf andere ab, indem sie es denen überlassen, die sie vorher kritisiert haben.

 

PRAXISTIPP | Vermeiden Sie Diskussionen und lassen Sie diesem Mitarbeiter den nötigen Freiraum, für den er eigenständig verantwortlich ist. Oft verfügen diese leicht irritierbaren Mitarbeiter über viel Wissen, das sie für das Team hilfreich macht.

 

Typ 6: Der Sozialarbeiter

Er ist sehr hilfsbereit. Das kann jedoch dazu führen, dass er nicht am eigentlichen Thema arbeitet. Dieser Mitarbeitertyp ist sehr harmoniebedürftig. Er übernimmt zu viele oder unpassende Aufgaben, versucht Kollegen zu entlasten und vernachlässigt dadurch mitunter seine eigenen Aufgaben. Kritik bewertet er als Angriff auf seine Person, zweifelt schnell an seinen Fähigkeiten.

 

Dieser Mitarbeiter ist eine große Bereicherung für Ihr Team ‒ allerdings nur, wenn er das arbeitsbezogene Ziel nicht aus den Augen verliert und in der Lage ist, seine Arbeitskraft sinnvoll einzuteilen. Legen Sie mit diesem Mitarbeiter genau fest, welche Aufgaben er übernehmen wird. Nutzen Sie seine unterstützende und motivierende Art.

 

FAZIT | Leistungsstarke und wichtige Mitarbeiter bringen nicht immer den Charakter mit, wie es sich die vorgesetzten Mitarbeiter bzw. die Kanzleileitung wünschen. Reagieren Sie darauf flexibel, indem Sie die Rahmenbedingungen schaffen, die jedes einzelne Teammitglied braucht, um optimal arbeiten und sich mit seinen individuellen und kreativen Ideen einbringen zu können.

 

Weiterführender Hinweis

  • Im nächsten Teil geht es um Methoden, die Ihnen helfen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anerkennung und Kritik in der Teambesprechung zu schaffen
Quelle: Seite 106 | ID 45897589