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FG Berlin: Wann liegen für den Verein problematische „Pflichtspenden“ vor?
| Bei Sportvereinen und Vereinen, die die in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO genannten Freizeitbetätigungen fördern, sind die Mitgliedsbeträge steuerlich nicht abzugsfähig. Deswegen liegt es nahe, verpflichtende Zahlungen durch Spenden zu ersetzen. Das wird von der Finanzverwaltung aber kritisch betrachtet und ist jetzt auch von der Rechtsprechung „begutachtet“ worden. VB stellt Ihnen die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg vor und nennt die Auswirkungen für die Vereinspraxis. |
Die Auffassung der Finanzverwaltung
„Pflichtspenden“ (erwartete Spenden) sind bei Vereinen ein Thema, bei denen die Mitgliedsbeiträge nicht als Spenden steuerlich abzugsfähig sind. Das betrifft neben Sportvereinen z. B. auch Vereine mit den Zwecken Kleingärtnerei, Karneval oder Modellbau.
Prüfregelung in der AEAO soll Missbrauch vorbeugen
Die Finanzverwaltung nimmt Pflichtspenden vor allem beim Vereinsbeitritt in den Fokus. Leisten Mitglieder im Zusammenhang mit der Aufnahme in einen Sportverein als Spenden bezeichnete Zahlungen, „ist zu prüfen, ob es sich dabei um freiwillige unentgeltliche Zuwendungen, d. h. um Spenden, oder um Sonderzahlungen handelt, zu deren Leistung die neu eintretenden Mitglieder verpflichtet sind“ (AEAO, Ziffer 1.3.1.7 zu § 52). Da eine Verpflichtung zu spenden schwer nachzuweisen ist, folgt die Finanzverwaltung dem Anschein: Eine faktische Verpflichtung nimmt sie an, wenn mehr als 75 Prozent der Neumitglieder neben der Aufnahmegebühr eine gleich oder ähnlich hohe Sonderzahlung leisten (AEAO, Ziffer 1.3.1.7 zu § 52).
Falschbehandlung durch den Verein hat zwei unschöne Folgen
Faktische Pflichtzahlungen als Spenden zu deklarieren, ist für den Verein doppelt problematisch. Denn es
- 1. liegt ein Verstoß gegen Spendenrecht vor, weil Spenden freiwillig geleistet werden müssen (= Risiko der Spendenhaftung);
- 2. ist die Gemeinnützigkeit gefährdet, wenn die Zahlungen mit den regulären Beiträgen über 1.023 Euro im Jahr liegen, weil der Verein gegen den Grundsatz der Förderung der Allgemeinheit verstößt (AEAO, Ziffer 1.1 zu § 52).
FG Berlin verwirft Maßstab der Finanzverwaltung
Das FG Berlin-Brandenburg hält die von der Finanzverwaltung aufgestellte 75-Prozent-Grenze weder für einschlägig noch für einen tauglichen Maßstab. Die Annahme einer „faktischen“ Verpflichtung bei Überschreiten der 75-Prozent-Grenze könne nur ein Indiz für die weitere Prüfung des Einzelfalls darstellen. Sie dürfe aber nicht als Vermutung aufgestellt werden, die der Verein widerlegen müsse. Das Zahlungsverhalten der Mitglieder lässt nur dann auf eine Verpflichtung schließen, wenn sich nahezu alle Mitglieder tatsächlich und nachweisbar entsprechend verhalten (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.10.2020, Az. 8 K 8260/16, Abruf-Nr. 220019).
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Problematisch ist es also z. B., wenn
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Wichtig | Nach Ansicht des FG muss das Finanzamt aber nachweisen, dass
- der Verein „Eintrittsspenden“ tatsächlich verlangt und
- die Nichtzahlung mit Nachteilen (verzögerte Aufnahme in den Verein, keine Spielberechtigung etc.) verbunden ist.
Ein bloß statistischer Zusammenhang zwischen Beitritt und Spende genügt nicht.
Spenden in gleicher Höhe
Gegen eine freiwillige Zahlung kann auch sprechen, wenn Spenden in immer gleicher Höhe fließen. Freiwillig bedeutet nämlich, dass der Spender nicht nur entscheiden kann, ob er spendet, sondern auch wieviel. Eine fehlende Freiwilligkeit darf das Finanzamt aber nach Auffassung des FG nur annehmen, wenn eine bestimmte Höhe des Spendenbetrags der Regelfall ist oder zumindest die überwiegende Mehrheit der Zahlungen betrifft.
Wie viel Druck darf der Verein ausüben?
Die Freiwilligkeit wird auch nicht dadurch in Abrede gestellt, dass auf die Mitglieder ein persönlicher oder sozialer Druck zum Spenden ausgeübt wird. Von einem Erwachsenen kann erwartet werden, „der ständigen Spendenaufforderung in besonnener Selbstbehauptung standzuhalten“. Erst tatsächliche Sanktionen würden zu einer anderen Bewertung führen. Das müssen nicht unbedingt Nachteile beim Zugang zu den Anlagen oder Ähnliches sein. Es würde z. B. auch genügen, dass der Vorstand die Namen der „Nichtspender“ den anderen Mitgliedern bekannt gibt.
FAZIT | Das FG Berlin-Brandenburg setzt höhere Anforderungen als die Finanzverwaltung, um eine Spende als unfreiwillig zu qualifizieren. Das Urteil betrifft nicht nur Zahlungen, die ein Verein von seinen Mitgliedern erwartet. Das Gleiche gilt, wenn gemeinnützige Einrichtungen in Zusammenhang mit angebotenen Leistungen, die eigentlich kostenlos sind, nachdrücklich um Spenden bitten. Erst wenn die ganz überwiegende Mehrheit der Nutznießer zahlt und das zudem in gleicher Höhe, darf das Finanzamt ein Angebot annehmen, das tatsächlich entgeltlich ist. Mann darf gespannt sein, ob und wie sich der BFH in der Sache positioniert. Bei ihm ist unter dem Az. V R 43/20 nämlich die Revision anhängig. |