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Der richtige Umgang mit Spenden (Teil 1): Dies sind die Grundlagen des Spendenrechts
von Wolfgang Pfeffer, Drefahl
| Spenden sind bei vielen gemeinnützigen Einrichtungen eine unverzichtbare Finanzierungsquelle. Im Umgang mit Spenden gibt es aber viele mögliche Fehler, die zu steuerlich ungünstigen Ergebnissen oder gar zur Steuerhaftung führen oder gar den Spender betreffen können. SB erläutert in einer Beitragsreihe die Grundlagen des steuerlichen Spendenrechts und beschäftigt sich detailliert mit Einzelfällen wie Sach- und Aufwandsspenden oder neueren Verfahren des Online-Fundraisings, bei denen Fallen lauern können. Teil 1 hat die Grundlagen des Spendenrechts im Fokus. |
Spenden stehen im Fokus der Finanzämter
Spenden sind in gleich zweierlei Hinsicht steuerlich privilegiert:
- Auf Seiten des Spendenempfängers: Beim gemeinnützigen Spendenempfänger sind sie steuerfreie Einnahmen des ideellen Bereichs.
- Auf Seiten des Spenders: Der Spender hat den Sonderausgabenabzug und damit eine Steuerersparnis.
Wegen dieser doppelten Begünstigung gehört die Spendenthematik zu den häufigsten gemeinnützigkeitsbezogenen Prüfanlässen der Finanzämter. Mögliche Fehlerquellen sind:
- Spenden werden als Einnahmen dem ideellen Bereich zugeordnet, obwohl es sich tatsächlich um ertrag- und umsatzsteuerpflichtige Entgelte handelt. Das betrifft insbesondere Sponsorenzahlungen.
- Fehler bei der Ausstellung von Zuwendungsbescheinigungen. Das kann zur Spendenhaftung („Ausstellerhaftung“) führen, die hier aber nur die Stiftung trifft, nicht deren gesetzliche Vertreter.
- Spenden unterliegen wie alle Mittel der Zweckbindung. Eine Fehlverwendung führt hier aber neben einem eventuellen Entzug der Gemeinnützigkeit zusätzlich zur Spendenhaftung. Diese sog. Veranlasserhaftung erlaubt einen Haftungsdurchgriff auf die gesetzlichen Vertreter.
Voraussetzungen für den Spendenabzug
Der Gesetzgeber hat die Anforderungen an Spenden in § 10b EStG bzw. § 9 KStG nicht näher definiert. Rechtsprechung und Finanzverwaltung haben aber zwei zentrale Kriterien aufgestellt, die Voraussetzungen für den Spendenabzug sind. Als Spenden gelten demnach nur Ausgaben, die
- freiwillig und
- unentgeltlich geleistet werden.
Freiwilligkeit
Freiwilligkeit bedeutet, dass keine rechtliche oder sonstige Verpflichtung zur Leistung der Spende bestehen darf. Freiwilligkeit bedeutet nicht nur, dass keine Verpflichtung zur Zahlung besteht, sondern dass der Spender auch bezüglich der Spendenhöhe frei ist.
Abgrenzung der Freiwilligkeit von der Verpflichtung
Es spricht nicht per se gegen die Freiwilligkeit, dass zwischen Spender und gemeinnütziger Organisation eine Vereinbarung getroffen wurde, wonach sich der Spender (rechtlich) verpflichtet, freiwillig zu spenden. Auch dass der Betrag regelmäßig per Lastschrift eingezogen wird, spricht nicht per se gegen eine echte Spende. Das gilt z. B. für Patenschaften und andere laufend gezahlte Zuwendungen, die auf vertraglicher Basis erfolgen.
Wichtig | Die Freiwilligkeit der Zahlung ergibt sich schon aus den zivilrechtlichen Vorgaben für eine solche Dauerspende. Nach § 518 BGB ist ein Schenkungsversprechen nur in notarieller Form wirksam. Die Zusage einer künftigen Spende bindet den Spender also nicht, selbst wenn sie in Schriftform vorliegt.
Der Grad der Freiwilligkeit wird aber verlassen, wenn eine Einrichtung ‒ insbesondere in Zusammenhang mit bestimmten Angeboten oder Leistungen der Einrichtung ‒ viele Einzelspenden in gleicher Höhe einnimmt. Dies wertet das Finanzamt regelmäßig als faktische Verpflichtung und verdecktes Entgelt.
Die Freiwilligkeit fehlt auch bei Bußgeldzahlungen an eine gemeinnützige Organisation, die ein Verurteilter aufgrund einer gerichtlichen Auflage zu leisten hat. Denn auch der Verurteilte ist nicht in seiner Entscheidung frei.
Die OFD Berlin sieht die Rückspende von Arbeitslohn kritisch: Stehen die Arbeitnehmer einer steuerbegünstigten Körperschaft seitens des Arbeitgebers unter starkem Druck, diesem Gehaltsbestandteile als Spende zurückzuzahlen, so bestehen an der Freiwilligkeit der Rückzahlung und damit deren Spendencharakter erhebliche Zweifel (OFD Berlin, Verfügung vom 20.05.2003, Az. St 172 ‒ S 2223 ‒ 5/03).
Die Grenze der Freiwilligkeit ist erst überschritten, wenn das Nichtspenden mit konkreten Nachteilen verbunden ist. Das ist z. B. der Fall, wenn Leistungen nicht gewährt oder wieder entzogen werden, sofern eine erwartete Spende nicht erbracht wird (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.10.2020, Az. 8 K 8260/16, Abruf-Nr. 220019). Unbedenklich ist es, wenn wiederholt und nachdrücklich zur Leistung von Spenden aufgefordert wird und ein gewisser moralischer oder sozialer Druck zu Spenden erzeugt wird (BFH, Urteil vom 13.12.1978, Az. I R 64/77).
Schenkung unter Auflage
Ein Spezialfall ist die Schenkung unter der Auflage, einen Teil zu spenden. Nach Ansicht des BFH genügt für ein freiwilliges Handeln des Steuerzahlers, wenn die Zuwendung aufgrund einer freiwillig eingegangenen rechtlichen Verpflichtung geleistet wird. Diese Voraussetzung ist noch erfüllt, wenn der Ehemann in einem mit seiner Ehefrau geschlossenen Schenkungsvertrag die Auflage übernimmt, einen Teil des geschenkten Geldbetrags einer steuerbegünstigten Körperschaft zuzuwenden (BFH, Urteil vom 15.01.2019, Az. X R 6/17, Abruf-Nr. 207824).
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Eine Ehefrau hat von ihrem Ehemann eine Schenkung erhalten. Im Gegenzug soll die Frau nach dessen Tod drei Jahre lang einen monatlichen Betrag an die Deutsche Herzstiftung überweisen.
Ergebnis: Die Schenkung unter Auflage ist eine freiwillig eingegangene Rechtspflicht und steht einem Spendenabzug nicht entgegen. Es handelt sich um eine vollwertige Schenkung, auch wenn sich der Wert durch die Auflage mindern kann. Die Auflage begründet zwar eine Verpflichtung für die Frau. Sie ist aber nicht eine Gegenleistung, die erbracht wird, um die Schenkung zu erhalten. |
Vermächtniszuwendungen
Ein weiterer Spezialfall sind Aufwendungen von Erben an gemeinnützige Einrichtungen, um Vermächtniszuwendungen zu erfüllen. Diese Aufwendungen sind beim Erben steuerlich nicht als Spenden abziehbar. Denn Freiwilligkeit ‒ so der BFH ‒ bedeutet auch die Möglichkeit, eine eigene Ausgabenentscheidung zu treffen. Das ist aber bei einer Erbschaft, bei der die entsprechende Verpflichtung vom Erblasser „auferlegt“ wurde, nicht der Fall. Die Verpflichtung wird hier einseitig vom Erblasser aufgezwungen (BFH, Urteil vom 22.09.1993, Az. X R 107/91, Abruf-Nr. 220363).
Unentgeltlichkeit
Während die Freiwilligkeit einer Spende nur in den genannten Sonderfällen in Frage steht, sind Fälle, in denen eine Spende nicht unentgeltlich geleistet wird, häufiger. Der Grundsatz lautet aber: Der Spende darf keine nennenswerte Gegenleistung für den Spender gegenüberstehen. Symbolische Gegenleistungen, die keinen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil bedeuten, sind aber unschädlich, wie z. B. ein rein symbolisches „Dankeschön“.
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Eine Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar mildtätige, kirchliche, wissenschaftliche und gemeinnützige Zwecke. Im Rahmen der Förderung der Denkmalpflege verfolgt sie den Zweck der Erhaltung und Wiederherstellung von Bau- und Bodendenkmälern. Für die Erhaltung und Wiederherstellung eines denkmalgeschützten Hauses stellt die Stiftung 100.000 Euro zur Verfügung. Ein Spender überweist dafür 2.000 Euro an die Stiftung und erhält als als Dankeschön einen alten Dachziegel.
Ergebnis: Die Spende ist unentgeltlich, der Dachziegel zum Dank rein symbolisch. |
Spenden in Zusammenhang mit Gegenleistungen
Eine Gegenleistung liegt nicht nur bei einer vertraglichen Vereinbarung vor, sondern schon dann, wenn die vermeintliche Spende unmittelbar und ursächlich mit einem Vorteil für den Spender zusammenhängt.
Spendenaufrufe in Zusammenhang mit angebotenen Leistungen sind aber nicht grundsätzlich schädlich für den Spendenabzug. Ein Leistungsaustausch liegt nur vor, wenn Nichtspendern die Dienstleistungen bzw. die Mitgliedschaft anschließend wieder entzogen würde. Der Hinweis eines Vereins z. B. darauf, dass eine Leistung kostenfrei in Anspruch genommen werden könne, jedoch eine Spende wünschenswert sei, schließt den Spendenabzug noch nicht aus (FG Hessen, Urteil vom 12.09.2005, Az. 6 K 3097/00, Abruf-Nr. 220020).
Nicht als Gegenleistung gilt die öffentliche Nennung und Ehrung des Spenders (z. B. auf der Homepage der Stiftung, in eine Publikation oder bei einer Veranstaltung). Wird für die Spende allerdings eine aktive Werbeleistung für den Spender erbracht (Sponsoring), liegt eine Gegenleistung vor.
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Eine gemeinnützige Stiftung fördert ein Projekt mit einem Volumen von 15.000 Euro. Ein Spender gibt dafür 3.000 Euro. Dafür wird er auf der Homepage der Stiftung unter der Rubrik „Unser Dank geht an folgende Spender“ genannt.
Ergebnis: Die Nennung zum Dank ist mit Blick auf die Unentgeltlichkeit unschädlich. |
Eintrittsspenden
Statt bei Veranstaltungen Eintrittsgelder zu nehmen, bitten gemeinnützige Veranstalter oft um Spenden. Das ist unproblematisch, wenn der Zutritt auch ohne Spenden möglich ist.
PRAXISTIPP | Veranstalter können verhindern, dass das Finanzamt die Spenden als Entgelte behandelt:
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Fremdnützigkeit
Das Entgeltlichkeitsverbot bei Spenden geht über konkrete materielle Gegenleistungen hinaus. Ein Spendenabzug ist nicht nur dann ausgeschlossen,
- wenn die Ausgabe direkt auf eine Gegenleistung des Empfängers zielt,
- sondern schon dann, wenn die Zuwendungen an den Empfänger unmittelbar und ursächlich mit einem von diesem oder einem Dritten gewährten Vorteil zusammenhängen, ohne dass dieser Vorteil unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein muss.
Nach der Rechtsprechung des BFH muss eine Spende ohne die Erwartung eines besonderen Vorteils gegeben werden. Unentgeltlich ist eine Spende nur dann, wenn sie „weder privat- noch gruppennützig, sondern ausschließlich fremdnützig, d. h. zur Förderung des Gemeinwohls verwendet wird“ (BFH, Urteil vom 02.08.2006, Az. XI R 6/03, Abruf-Nr. 063232).
Ein Spendenabzug ist deswegen nicht nur ausgeschlossen, wenn die Ausgaben erbracht werden, um eine Gegenleistung des Empfängers zu erhalten. Es fehlt schon dann an der Unentgeltlichkeit, wenn die Zuwendung unmittelbar und ursächlich mit einem vom Empfänger oder einem Dritten gewährten Vorteil zusammenhängt. Dieser Vorteil muss nicht unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein muss. Es genügt, wenn die Zuwendung (zumindest teilweise) im eigenen Interesse des Zahlenden erfolgt (FG Münster, Urteil vom 13.12.2010, Az. 14 K 1789/08 E, Abruf-Nr. 110398).
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Der Käufer zahlt dafür, dass er den Zuschlag für einen Grundstückskauf erhält, eine Spende an eine eng mit dem Verkäufer verbundene gemeinnützige Organisation. Ein Preisnachlass oder Ähnliches wird im Gegenzug nicht gewährt.
Ergebnis: Bereits dieser Zusammenhang genügt, um anzunehmen, die Zahlung sei nicht unentgeltlich i. S. v. fremdnützig geleistet worden. Die Spende kann auch nicht in eine Art „Provision“ und eine den Nutzen übersteigende „unentgeltliche“ Leistung aufgeteilt werden. Auch im Fall einer Teilentgeltlichkeit fehlt der Zuwendung nämlich insgesamt die geforderte Uneigennützigkeit. |
Ebenfalls unzulässig ist die Aufteilung einer Zahlung in einen Spendenanteil und einen Entgeltanteil, z. B. bei Eintrittsgeldern zu kulturellen Veranstaltungen. Es sei denn der Spendenanteil ist klar ausgewiesen und der Eintritt ist auch ohne Zahlung möglich, also zu einem gesonderten Betrag.
Weiterführender Hinweis
- Der häufigste Fall, bei dem Spenden mit Gegenleistungen verbunden sind, betrifft das Sponsoring. Die Abgrenzungen zu echten Spenden und die eventuellen steuerlichen Folgen sind Thema des nächsten Beitragsteils.