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· Selbstorganisation

Work-Life-Balance in schwierigen Zeiten: Wie Sie Arbeit und Privatleben ins Gleichgewicht bringen

Bild: ©Gerd Altmann - pixabay.com

von Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

| Work-Life-Balance ‒ das ist längst nicht mehr nur ein Thema für karrierebewusste Manager, die einen Großteil ihrer Zeit auf Flughäfen und in Meetings verbringen. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch „ganz normale Berufstätige“ richtig viel leisten müssen. Nicht zuletzt die Coronapandemie hat diese Einsicht gefördert. Gleichzeitig und gerade in Krisenzeiten verlangen Familie, Haushalt und allerlei Verpflichtungen ihr Recht. Welche Möglichkeiten haben Sie, um aus diesem Hamsterrad wieder herauszukommen? |

„Work“ oder „Life“ ‒ was ist für Sie was?

Die Arbeit in der Zahnarztpraxis nimmt vermutlich einen großen Raum in Ihrem Leben ein, denn die meisten ZFA sind beruflich sehr engagiert. Doch selbst wenn die Arbeit Sie noch so sehr befriedigt: Der Berufsalltag gehört eindeutig in die Waagschale „Work“. Zu „Life“ hingegen gehören Entspannung, Hobbys, Freunde und Gesundheitspflege. Auch diese Zuordnung ist einfach.

 

Oft vergessen wird hingegen der Graubereich mittendrin. Gerade bei teilzeitbeschäftigten Frauen kann er eine schwierige Zwischenstellung einnehmen. Hierhinein gehören Beschäftigungen wie familiäre Verpflichtungen, Fortbildungen, ehrenamtliches Engagement und vieles andere mehr. Solche Tätigkeiten bedeuten zusätzliche Verantwortung und sind meist auch noch zeitgebunden. Das heißt, Sie können sie nicht einfach auf morgen oder nächste Woche verschieben. Die Einordnung fällt individuell sehr unterschiedlich aus: Was für die eine anstrengende Pflicht ist, empfindet die andere als willkommene Abwechslung.

 

PRAXISTIPP | Überlegen Sie zunächst, welche Dinge bei Ihnen auf welcher Seite der Work-Life-Waage stehen. Hat die „Work“-Seite starkes Übergewicht? Dann ist es entscheidend, dass Sie Ihrer persönlichen „Life“-Waagschale mehr Geltung verschaffen.

 

Der Anfang: innehalten und Rotstift ansetzen

Der erste Schritt zum Ausgleich ist ein kurzes Innehalten. Notieren Sie sich das am besten in Ihrem Terminplan, z. B.: Freitag, 19:00 bis 20:00 Uhr ‒ Zeit für mich. Telefon abschalten, offline gehen, Tür zu. Machen Sie dann eine Liste, wie Ihre aktuellen Tagesabläufe aussehen. Zur Einteilung Ihrer Aktivitäten bietet sich eine Abwandlung der sogenannten Eisenhower-Methode mit ihren vier Kategorien an. Das sieht dann so aus:

 

  • Einordnung einer Aktivität (Eisenhower-Methode ‒ Abwandlung)
Zufriedenheit

verschafft Befriedigung

verschafft keine Befriedigung

Notwendigkeit

ist notwendig

A ist weiterhin selbst zu erledigen

B „Streichliste“ (spätere Delegation)

ist nicht notwendig

C wird nur selbst erledigt, wenn Zeit frei ist

D wird komplett gestrichen

 

Organisation und Delegation

Stehen Tätigkeiten auf Ihrer Streichliste, die trotz allem notwendig sind ‒ in den aktuellen Coronazeiten z. B. die private Schulaufgabenbegleitung? Dann ist Fantasie gefragt, um einen Ausgleich zu finden. Überlassen Sie z. B. regelmäßig eine Stunde „Mathe-Unterricht“ Ihrem Mann und nutzen die ruhige Zeit zur Entspannung oder für Tätigkeiten der Kategorie A. Oder Sie holen die Zeit woanders wieder herein: Vielleicht mag der nette Rentner von nebenan einen Teil Ihrer Gartenarbeit übernehmen, wenn Sie ihm dafür samstags Brötchen mitbringen, sodass er um die Warteschlange vor der Backstube herumkommt?

 

Apropos Kinderbetreuung: Scheuen Sie sich nicht, die aktuellen Angebote zur (Not-)Betreuung anzunehmen bzw. ‒ je nach Stand der gesetzlichen Regelungen ‒ die Hilfe von Freunden und Verwandten zu erbitten. Jedes Bundesland hat dazu eigene Vorgaben. Seit Kurzem sind beispielsweise grundsätzlich wieder Treffen von Menschen aus zwei Haushalten erlaubt (selbstverständlich gelten die Vorsichtsmaßnahmen weiterhin); damit könnten sich Eltern gegenseitig in der Betreuung entlasten. Links zu den entsprechenden Informationen ‒ auch Ihres jeweiligen Bundeslandes ‒ finden Sie über die „Corona-Website“ der Bundesregierung (iww.de/s3691).

 

PRAXISTIPP | Sollten Sie sich durch die Doppelbelastung Beruf und Kinderbetreuung überfordert fühlen und konkreten Rat brauchen, bietet das Elterntelefon der Organisation „Nummer gegen Kummer e. V.“ bewährten Beistand ‒ kostenlos, unkompliziert und anonym. Das Bundesfamilienministerium unterstützt das Beratungsangebot, das montags bis freitags von 9:00 bis 17:00 Uhr und zusätzlich dienstags und donnerstags von 17:00 bis 19:00 Uhr unter 0800 111 0550 erreichbar ist.

 

Zeit gewinnen und richtig einteilen

Manchmal sind es einfache Veränderungen, die viel Erleichterung bringen. Wenn Sie z. B. die Mittagspause bei der Arbeit bisher dazu genutzt haben, schnell nach Hause zu fahren, sich etwas zu essen zu machen und wieder zurückzueilen, könnten Sie das System umstellen: Nehmen Sie sich einen gesunden Snack mit in die Praxis und nutzen Sie die gesparte Fahrtzeit z. B. für einen Spaziergang. Lassen Sie auch ungewöhnliche oder „verrückte“ Ideen zu!

 

PRAXISTIPP | Vielleicht können Sie in der Praxis einen freien Nachmittag vereinbaren, sofern das organisatorisch möglich ist und Sie finanziell trotzdem hinkommen. Manchmal machen kleine Arbeitszeitreduktionen schon sehr viel aus.

 

Möglicherweise benötigen Sie gar nicht „mehr Zeit“, sondern nur eine bessere Zeitplanung, um die „Life“-Waagschale zu füllen. Dann kann ein einfacher Stundenplan sinnvoll sein. Ganz wichtig ist es, auch die Zeit für sich selbst fest einzutragen ‒ und wenn es nur eine einzige ungestörte, positive Stunde in der Woche ist. Informieren Sie Ihre Lieben, dass diese Auszeit unantastbar ist.

Offline ‒ online: beides mit Bedacht!

Handy, Telefon, E-Mail, Smartphone ‒ heutzutage sind wir immer erreichbar. Die meisten Menschen finden das in Ordnung. Für eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist es aber wie gesagt durchaus sinnvoll, völlig ungestörte Zeiten zu definieren. In diesen Zeiten können Sie dann entweder ganz konsequent notwendige Aufgaben erledigen, um sich anderweitig Freiheiten zu verschaffen. Oder Sie nutzen die ruhige Zeit für einen Leseabend, den Austausch mit der Familie, einen Spaziergang oder zum gemütlichen Hören eines spannenden Hörbuchs.

 

Andererseits stärkt der Umgang mit Freunden nachgewiesenermaßen die Gesundheit, hilft gegen depressive Verstimmungen und baut Stress ab. Falls Live-Treffen nicht machbar sind, bietet das Internet willkommene Ersatz-Kontaktmöglichkeiten. In den letzten, pandemiegeprägten Monaten hat sich gezeigt, dass man online sogar zusammen kochen, musizieren oder Gesellschaftsspiele spielen kann. Oder Sie „treffen“ sich ganz einfach per Videochat nach Feierabend zum Aperitif mit Ihrer besten Freundin.

Kurz mal Kraft tanken

Zwischendurch immer mal wieder bewusst aus dem Stress-Karussell auszusteigen, gibt Kraft für den Alltag und ist die Basis für neue Ideen. In Zeiten hoher Beanspruchung sind Kurzübungen bestens geeignet, mit denen sich ohne viel Aufwand gute Effekte erzielen lassen. Prima Anregungen für Entspannungsübungen finden Sie z. B. bei „Vigo ‒ gesund leben“ (iww.de/s3693).

Umstellungen brauchen Zeit

Das Wichtigste zuletzt: Verlangen Sie nicht von sich, in einem einzigen großen Kraftakt von heute auf morgen eine optimale Work-Life-Balance herzustellen. Wie so oft im Leben sind es auch hier die kleinen Schritte, die letztlich zum Erfolg führen. Schon eine einzige kleine Verbesserung wird Ihnen das Gefühl geben, das Zünglein an der Waage ein klein wenig in die richtige Richtung gelenkt zu haben. Dadurch bekommen Sie mehr Energie und können sich besser dem nächsten Schritt zuwenden ‒ hin zu einer guten Work-Life-Balance.

 

Weiterführender Hinweis

  • Kurz-Test der AOK: Wie steht es um Ihre Work-Life-Balance? (iww.de/s3692).
Quelle: Seite 16 | ID 46575462