01.03.2007 | Qualitätsmanagement
Wie funktioniert das EFQM®-Modell im Krankenhaus?
KTQ, DIN ISO 9001, EFQM®: Viele Krankenhäuser wollen mit dem Qualitätsmanagement gegen den wachsenden Kostendruck ankämpfen. Nachdem in den vorangegangenen Teilen der Beitragsserie „Qualitätsmanagement im Krankenhaus“ („Chefärzte Brief“, Nrn. 6 bis 9/2006) reine Zertifizierungsverfahren dargestellt wurden, handelt es sich beim EFQM®-Modell um ein Modell, das auf einer Selbstbewertung der Organisation basiert und primär der Darstellung der erreichten Qualität dient.
Gegründet wurde die „European Foundation for Quality Management“, dafür steht die Abkürzung EFQM, im Jahre 1988 von 14 in Europa führenden Industriebetrieben. Den Beteiligten ging es um die Schaffung eines Standards, der über „normale“ Qualität weit hinausgehen sollte – Ziel war Business-Excellence. Im Rahmen der sich abzeichnenden Globalisierung wollten die Gründungsunternehmen das allgemeine Niveau weit übertreffen.
Für welche Klinik lohnt sich das Modell?
Für Kliniken bietet sich das dargestellte Modell vorwiegend an, wenn sie schon Erfahrungen im Qualitätsmanagement haben und sich deutlich von den anderen Krankenhäusern absetzen wollen – also Excellence anstreben.
Wie funktioniert das Modell?
Das Modell beurteilt insgesamt neun Kriterien. Hierbei handelt es sich um fünf „Befähiger-“ und vier „Ergebniskriterien“:
Kriterien des EFQM®-Modells und ihre Gewichtung
Gruppe | Kriterium | Gewichtung |
Befähiger | 1 Führung | 10 % |
2 Mitarbeiter | 9 % | |
3 Politik & Strategie | 8 % | |
4 Partnerschaft und Ressourcen | 9 % | |
5 Prozesse | 14 % | |
Ergebnisse | 6 Mitarbeiterbezogene Ergebnisse | 9 % |
7 Kundenbezogene Ergebnisse | 20 % | |
8 Gesellschaftsbezogene Ergebnisse | 6 % | |
9 Wichtige Ergebnisse in Schlüsselleistungen | 15 % |
Die Tabelle zeigt einige besondere Aspekte des EFQM®-Modells. Addiert man zum Beispiel die Anteile der beiden Kriterien „Mitarbeiter“ und „Mitarbeiterbezogene Ergebnisse“, kommt man auf 18 Prozent der möglichen Gesamt-Punktzahl. Vergleicht man diesen Wert mit den 15 Prozent der Punkte, die für die „wichtigen Ergebnisse in Schlüsselleistungen“ zu erreichen sind, in denen sich unter anderem auch das betriebswirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens widerspiegelt, zeigt sich, wie wichtig den Autoren des Modells die Mitarbeiter als Triebfeder der Unternehmensqualität waren.
Die Eigenschaft des Modells, nicht auf kurzfristige Gewinnoptimierung, sondern auf einen langfristig stabilen Geschäftserfolg zu setzen, hat wohl in den letzten Jahren dazu geführt, dass es seltener angewandt wurde. Im medizinischen Bereich haben nur wenige Kliniken und einzelne Klinikgruppen das Modell umgesetzt. Bei diesen handelt es sich aber meist um Krankenhäuser mit einer guten Marktposition.
Jedes der genannten neun Kriterien hat wieder Teilkriterien. Diese sind beispielsweise beim Kriterium 1 „Führung“:
Teilkriterien des EFQM®-Kriteriums 1 „Führung“
1a | Führungskräfte entwickeln die Vision, Mission, Werte und ethischen Grundsätze und sind Vorbilder für die Kultur der Excellence |
1b | Führungskräfte sichern durch ihre persönliche Mitwirkung die Entwicklung, Umsetzung und kontinuierliche Verbesserung des Managementsystems der Organisation |
1c | Führungskräfte arbeiten mit Kunden, Partnern und Vertretern der Gesellschaft zusammen |
1d | Führungskräfte verankern in der Organisation zusammen mit den Mitarbeitern eine Kultur der Excellence |
1e | Führungskräfte erkennen und meistern den Wandel der Organisation |
An diesen Teilkriterien lässt sich erkennen, wie detailliert in diesem QM-Modell die einzelnen Anforderungen abgebildet sind. Es wird auch deutlich, wie hoch die Forderungen sind, die gestellt werden, was die EFQM® also unter Excellence versteht. Führungskräfte, also auch die Chefärzte, müssen die Vorgaben für die Organisation entwickeln und Vorbilder in der Umsetzung dieser Vorgaben sein. Sie bringen sich persönlich ein und arbeiten mit Kunden, Partnern und Vertretern der Gesellschaft zusammen. Diese Teilkriterien-Kataloge existieren für jedes der neun Hauptkriterien.
Wie können Krankenhäuser hohe Punktzahlen erreichen?
Die meisten Krankenhäuser erreichen bei ihrer ersten Selbsteinschätzung zwischen 250 und 350 Punkten von den maximal erreichbaren 1.000 Punkten. Zum Vergleich: Die Gewinner (Unternehmen und Kliniken) des Ludwig-Erhard-Preises bewegen sich im Allgemeinen zwischen 700 und 750 Punkten. Auch ist bekannt, dass die ersten Selbsteinschätzungen in aller Regel zu hoch erfolgen. Ein Assessoren-Team bewertet das Krankenhaus meist niedriger. Die relativ geringen Punktzahlen, die Krankenhäuser zu Beginn in EFQM®-Bewertungen erhalten, sind nicht nur auf ihren tatsächlichen QM-Standard zurückzuführen. Hohe Punktzahlen sind nur durch mehrjährige positive Trends in den Ergebnissen zu erlangen. Diese kann zum Beispiel eine Klinik, die bisher keine Mitarbeiterbefragungen durchgeführt hat, nicht vorlegen.
Die Zertifizierungsstufen
Da sich bisher die wenigsten Kliniken um den nationalen Qualitätspreis beworben haben, fehlte ein Marketinginstrument in Form eines Zertifikats. Dieser Mangel wurde von den Kunden der EFQM® zunehmend beklagt und diese reagierte vor einigen Jahren darauf mit der Schaffung von Qualitätsstufen, die sich ein Krankenhaus von ernannten Zertifizierungsstellen verleihen lassen kann.
1. Committed to Excellence/Verpflichtung zu Excellence
Für Krankenhäuser am Anfang ihres Weges zur Excellence. Gefordert werden eine Selbstbewertung sowie die erfolgreiche und planmäßige Umsetzung ausgewählter Verbesserungsprojekte. Geprüft wird dies durch den Besuch eines Assessors, die Gültigkeit des Zertifikats beträgt zwei Jahre.
2. Recognized for Excellence/Anerkennung von Excellence
Für Krankenhäuser, die bereits zwei bis drei Selbstbewertungen durchgeführt und daraus resultierende Verbesserungsprojekte umgesetzt haben. Sie müssen mehr als 400 Punkte in der Bewertung erreichen und einen entsprechenden Bericht verfassen. Die Prüfung erfolgt durch ein Team von Assessoren. Auch dieses Zertifikat hat eine Gültigkeit von zwei Jahren.
Fazit
Das EFQM®-Modell ist breit angelegt und für alle Bereiche anwendbar, wird aber von vielen Chefärzten als weniger technokratisch und einfacher zu verstehen angesehen als die anderen Modelle KTQ und DIN ISO 9001. Im Vergleich zu den etablierten Zertifizierungssystemen sind die Kosten für die oben genannnten Beurteilungen als gering einzustufen.
Das EFQM®-Modell beschreibt den umfassendsten Ansatz, der in praktisch alle Bereiche des Unternehmens eingreift. Das hat bei der zur Zeit bestehenden Ressourcenknappheit dazu geführt, dass dieses Modell deutlich an Bedeutung verlor. Weitere Informationen zum EFQM®-Modell erhalten Sie unter www.deutsche-efqm.de