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· Qualitätsmanagement

Gefährdungsbeurteilungen in der Zahnarztpraxis ‒ wichtig auch für das Team

Bild: ©Gerd Altmann - pixabay.com

von Ute Thelen, Fachwirtin für Zahnärztliches Praxismanagement und Betriebswirtin im Gesundheitswesen, Sassenberg

| Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet alle Arbeitgeber, die Gefährdungen der Beschäftigten bei der Arbeit zu beurteilen, ggf. Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen sowie das Ergebnis zu dokumentieren. Dazu zählt seit Anfang 2019 auch zwingend eine „Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz“, ansonsten drohen Bußgelder. Arbeitsschutz ist zwar Chefsache, aber mit Eigenverantwortung und Eigeninitiative kann die Praxis alle Mitarbeiter miteinbeziehen, sich aktiv am Arbeitsschutz zu beteiligen. Nachfolgend erfahren Sie, worauf dabei zu achten ist. |

Gefährdungsbeurteilung stärkt Arbeitsschutz

Arbeitgeber sind gemäß § 18 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verpflichtet, den Arbeitsplatz so einzurichten, dass hinreichender Schutz vor Gefahren besteht ‒ und von dieser Pflicht lässt sich die Gefährdungsbeurteilung nicht trennen. So lässt sich feststellen, welche Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich sind. Wie der Arbeitgeber die Beurteilung vorzunehmen hat, regelt das Gesetz jedoch nicht.

 

Arbeitsschutz lohnt sich

Arbeitsschutz sollte nicht nur als eine lästige Pflicht gesehen werden. Letztlich lohnt er sich immer, denn

  • die Mitarbeiter fühlen sich sicherer,
  • er dient der Unfallvorbeugung und
  • bringt Rechtssicherheit im Schadensfall.

 

BuS-Dienst der Kammern eine wertvolle Hilfe

Wer an BuS-Dienst seiner Zahnärztekammer teilnimmt, hat leichtes Spiel. BuS-Dienst bedeutet: Betriebsärztliche und Sicherheitstechnische Betreuung. Wenn Sie die hinterlegten Fragenkataloge der jeweiligen Kammer beantworten, werden die notwenigen Gefährdungsbeurteilungen ‒ so auch die zum Mutterschutz (dazu gibt es gute und umfangreiche Formulare) ‒ automatisch durch die Software erstellt. Wer nicht am BuS-Dienst teilnimmt, wird seine individuell praxisbezogene Gefährdungsbeurteilung selbst erstellen und hat dadurch persönlich etwas für den Arbeitsschutz in der Praxis getan.

Die sieben Schritte der Gefährdungsbeurteilung

Wie auch für andere Bereiche des Qualitätsmanagements kann auch für Gefährdungsbeurteilungen der bereits bekannte PDCA-Zyklus (PDCA = Plan, Do, Check, Act) zum Zuge kommen. In der grafischen Aufbereitung stellt sich dieser Zyklus wie folgt dar:

 

Bild: IWW Institut

1. Arbeitsbereiche festlegen

Schauen Sie in ihrer Praxis, welche Arbeitsbereiche bei Ihnen anfallen. Die Arbeitsbereiche können je nach Schwerpunkt der Praxis unterschiedlich ausfallen. Sie können Bereiche auch zusammenfassen wie z. B. die zahnärztliche Assistenz. Hier wäre auch eine Unterteilung möglich (wie nachfolgend unter a.), das ist aber nicht vorgeschrieben.

 

  • Mögliche Arbeitsbereiche
  • a. Zahnärztliche Assistenz
    • Untersuchung
    • Konservierende Behandlung
    • Chirurgische Behandlung
  • b. Prophylaxe-Assistentin
  • c. Aufbereitung
  • d. Röntgen/Laser
  • e. Rezeption/Verwaltung
  • f. Labortätigkeiten
  • g. Pause/Fahrten zur Arbeit und nach Hause
  • h. Hausbesuche
 

2. Gefährdungen ermitteln

Gehen Sie mit den Kolleginnen durch die Praxis und ermitteln Sie die Gefährdungen in den einzelnen Arbeitsbereichen. Hier werden sich die Gefährdungen überschneiden. Sie werden die Gefährdungen in folgenden Bereichen finden:

 

  • Mögliche Bereiche von Gefährdungen

a. Physische Gefährdung

    • Arbeitsplatzausstattung
    • Temperatur
    • Licht

 

b. Psychische Gefährdung

    • Arbeitsbelastung
    • Überforderung
    • Unterforderung
    • Fehlende Wertschätzung

 

c. Soziale Gefährdung

    • Betriebsklima
    • Familie
    • Kollegen
    • Chef
  • d. Infektionsgefährdung
  • e. Infektionsgefahr durch spitze und scharfe Instrumente
  • f. Gefährdung der Haut und Atemwege
  • g. Gefährdung durch Gefahrstoffe
  • h. Gefährdung durch UV-Strahlung
  • i. Gefährdung durch Laserstrahlung
  • j. Gefährdung durch Hf-Chirurgie
  • k. Gefährdung des Rückens und der Wirbelsäule
  • l. Gefährdung durch elektrischen Strom
  • m. Gefährdung durch Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle
  • n. Gefährdung durch Wegeunfälle
  • o. Gefährdung durch Brände
  • p. Gefährdungen in der Pause
 

3. Gefährdungen beurteilen, Risikoeinstufung, Schutzziele setzen

Die Gefährdungen zu beschreiben und zu beurteilen sowie bestimmten Risikoklassen zuzuordnen, fällt keinem leicht.

 

  • Beispiele zur Gefährdungsbeurteilung
Gefährdungen ermitteln
Gefährdungen, Belastungen
Maßnahmen festlegen / Bemerkungen (siehe 4.)
Risikoklasse
Schutzziele

Unterforderung

1

  • Zu wenig Aufgaben
  • Zu leichte Aufgaben
  • Arbeitsbereich durch zusätzliche Aufgaben aufwerten

Überforderung

3

  • Kein Laptop zur Verfügung
  • Zu viele Tätigkeiten auf einmal
  • Zu schwierige Aufgaben
  • Laptop anschaffen
  • Aufgaben umverteilen

Physische Belastung

3

  • Bildschirmarbeit
  • Überbeanspruchung des Augen-, Hals-, Arm,- und Schulterbereichs sowie des Rückens und der Füße
  • Vermeidung der ständigen Bildschirmarbeit durch Arbeitsorganisation (Pausen, Wechsel der Tätigkeiten)
 

Die entsprechenden Schutzziele werden kurz, konkret und messbar nach der SMART-Regel (SMART = Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert) formuliert, damit sie später überprüft werden können. Die Risikoeinstufung erfolgt über eine Risikomatrix:

 

Bild: IWW Institut

Der helle Bereich entspricht dann der Risikoklasse 1, der mittlere der Risikoklasse 2 und der dunkle der Risikoklasse 3. Wurden Gefährdungen dieser Klasse zugeordnet, besteht unmittelbarer Handlungsbedarf.

 

4. Maßnahmen festlegen

Die Tabelle zur Gefährdungsbeurteilung wird dann um die vorzunehmenden Maßnahmen aus den einzelnen Bereichen ergänzt (Beispiele siehe oben). Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei der Mutterschutz.

 

5., 6. und 7. Maßnahmen durchführen, Wirksamkeit prüfen und Gefährdungsbeurteilungen fortschreiben

Diese Punkte des PDCA-Zyklus sind selbsterklärend. Gleichwohl kommt Ihnen selbstverständlich eine hohe Bedeutung zu!

Quelle: Seite 9 | ID 46554039