· Fachbeitrag · Mitbestimmungsrecht
Die Hürden einer Nichtzulassungsbeschwerde sind hoch
| Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist darauf gerichtet, ArbN vor Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts durch Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren. |
Sachverhalt
Anwesenheitszeiten der ArbN wurden beim ArbG bisher händisch erfasst. Nun streiten die Beteiligten darüber, ob der Betriebsrat mitbestimmungspflichtig ist beim Einsatz von Microsoft Excel, um die Anwesenheitszeiten der ArbN zu registrieren. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag des Betriebsrats statt, den ArbG zu verpflichten, es zu unterlassen, ohne seine Zustimmung oder den Spruch der Einigungsstelle in einer näher bezeichneten Excel-Tabelle näher bezeichneter Einträge mit näher bezeichneten Kürzeln vorzunehmen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des ArbG wies das LAG im Wesentlichen zurück und ließ die Rechtsbeschwerde nicht zu. Hiergegen wandte sich der ArbG mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Er berief sich auf die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage und auf Divergenz.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BAG (23.10.18, 1 ABN 36/18, Abruf-Nr. 205682) war erfolglos. Der ArbG formulierte folgende Frage: „Ist § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dahingehend auszulegen, dass selbst bei der Verwendung alltäglicher Standardsoftware, wie etwa dem Programm Microsoft Excel, bereits die bloße Erleichterung schlichter Additionsvorgänge oder die bloße Möglichkeit der Verwendung von Funktionen, die allenfalls eine ebenso händisch mögliche Auswertung erleichtern, für die Annahme ausreicht, dass diese Standardsoftware zur Überwachung bestimmt ist, ohne dass hier zumindest eine gewisse Geringfügigkeitsschwelle überschritten werden muss?“
Bei dieser Frage könne nach Ansicht des BAG zwar trotz der Interpretationsbedürftigkeit der einzelnen Begriffe („alltägliche Standardsoftware“; „gewisse Geringfügigkeitsschwelle“) von einer hinreichend konkret verfassten Rechtsfrage ausgegangen werden. Diese sei aber nicht klärungsbedürftig.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG habe der Betriebsrat unter anderem mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt seien, das Verhalten oder die Leistung der ArbN zu überwachen. Ein datenverarbeitendes System sei zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der ArbN bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebe und aufzeichne. Dies gelte unabhängig davon, ob der ArbG die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden wolle. Überwachung in diesem Sinn sei sowohl das Sammeln von Informationen, als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen. Hier sei geklärt, dass etwa die Nutzung und der Einsatz des Datenverarbeitungssystems SAP ERP zur Personalverwaltung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliege. Es sei offenkundig, dass für andere softwarebasierte Personalverwaltungssysteme nichts Abweichendes gelte. Das gelte auch, wenn diesen „alltägliche Standardsoftware“ (hier das Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel als Bestandteil des Office-Pakets) zugrunde liegen ‒ zumal es sich bei einem SAP-Programm ebenso um ein Standardsoftwareprodukt handele.
Ebenso liege auf der Hand, dass es für die „Bestimmung zur Überwachung“ nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht auf eine „Geringfügigkeitsschwelle“ ankomme. Das Mitbestimmungsrecht sei darauf gerichtet, ArbN vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des ArbG gerechtfertigt und unverhältnismäßig seien. Die auf technischem Weg erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über ArbN bei ihrer Arbeitsleistung würden die Gefahr in sich bergen, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht würden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebe, speichere, verknüpfe und sichtbar mache. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von ArbN solle das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken. Danach scheide die Annahme des Überschreitens einer „Erheblichkeits- oder Üblichkeitsschwelle“ als Voraussetzung für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG aus. Es sei offenkundig, dass im Zusammenhang mit digitaler Personalverwaltung erfasste Daten ‒ unabhängig von der Software ‒ für Verarbeitungsvorgänge zur Verfügung ständen, die für eine Überwachung genutzt werden könnten.
Auch die weiter angebrachte Divergenzbeschwerde genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen an ihre Begründung.
Relevanz für die Praxis
Die Hürden einer Nichtzulassungsbeschwerde sind hoch.
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