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· Fachbeitrag · Mitarbeitergewinnung

Mehr Erfolg mit Storytelling in der Stellenanzeige

von Marion Ketteler, Münster, kanzleiprofiling.de

| Der Bewerbungsmarkt hat sich für Rechtsanwaltskanzleien umgekehrt: Wo früher Anwälte und Mitarbeiter hofften, eine Anstellung zu finden, gibt es heute ein Überangebot an Stellen und Bewerber können sich ihre Arbeitgeber aussuchen. Dennoch nutzen nur wenige Kanzleien das Instrument der Stellenanzeige voll aus, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und gute Mitarbeiter zu gewinnen. |

1. Haben Sie schon die richtigen Konsequenzen gezogen?

Es ist merkwürdig ‒ aber bisher passen offensichtlich nur wenige Stellenanbieter ihr Verhalten an die veränderte Jobsuche an. Das kann ganz unterschiedliche Ursachen haben:

 

  • Sie suchen die gleichen Mitarbeiter wie früher und sehen deshalb keine Veranlassung, anders zu suchen.
  • Sie haben verstanden, dass der Markt sich verändert, aber nicht den Schluss daraus gezogen, dass auch sie sich ändern müssen.
  • Sie wissen nicht, was und wie sie es anders machen können.

 

Bei einem Überangebot an Stellen reicht es jedoch nicht aus, im Bewerbungsprozess nur eine Kleinigkeit zu verändern. Sie müssen quasi der Leuchtturm in stürmischer See sein, der auffällt. Dazu gehört Folgendes:

 

  • Sie müssen dafür sorgen, dass Ihr Angebot sichtbar ist und an den richtigen Stellen auffällt.
  • Der Bewerber sollte eine positive Assoziation zur Anzeige entwickeln können, damit er den Impuls bekommt, sich dort zu bewerben.
  • Der Bewerbungsprozess selbst muss möglichst leicht und einfach sein, damit der Bewerber aktiv wird (siehe dazu Karrierewebsite: AK 20, 174).

2. So positionieren Sie sich als attraktiver Arbeitgeber

Mit Storytelling können Sie sich für Bewerber ins rechte Licht rücken. Damit ist nicht gemeint, dass Sie dem Bewerber Märchen über tolle Arbeitsbedingungen erzählen, die Sie hinterher nicht einhalten. Vielmehr sollen Sie Ihre potenziellen Bewerber einerseits neugierig auf Ihre Kanzlei und die Stelle machen, andererseits ihnen so konkret wie möglich erzählen, was sie erwartet.

 

Eine traditionelle Stellenanzeige wird dem nur bedingt gerecht. Gerade wenn es sich um gut eingeführte Berufsbilder (Fachanwalt/Fachanwältin für ..., Rechtsanwaltsfachangestellte/r etc.) handelt, gleichen sich Stellenanzeigen wie ein Ei dem anderen: Überall wird zum nächstmöglichen Termin, ganztags oder halbtags jemand gesucht, der diese und jene Aufgaben übernehmen soll und dafür dies und das mitbringt. Natürlich muss er/sie zudem teamfähig, stressresistent und leistungsbereit sein. Das Arbeitsumfeld ist selbstverständlich modern und der Job krisensicher. Und es wird um „aussagefähige Bewerbungsunterlagen unter Angabe von Eintrittstermin und Gehaltsvorstellung“ gebeten.

 

Wo ist das Problem, werden Sie denken. Das gehört doch alles in eine Stellenanzeige. Aber bekommen die Bewerber auf diese Weise eine Idee, wie diese Kanzlei tickt? Und worin sie sich von anderen Kanzleien unterscheidet? Lesen Sie einmal die folgende Anzeige und schauen Sie, was Ihnen dabei auffällt:

 

  • Beispiel: Eine etwas andere Stellenanzeige

Wir, die Kanzlei XY, haben uns für einen Standort in der Innenstadt entschieden: So können Sie uns schnell und komfortabel erreichen, in Ihrer Mittagspause den einen oder anderen Italiener ausprobieren oder noch eben Ihre Einkäufe erledigen. (Oder Sie stellen die Vorteile des Landlebens heraus, wenn Ihre Kanzlei dort ist.)

 

Ihre Aufgabe

Da wir als Kanzlei unseren Erfolg nur gemeinsam erreichen können, suchen wir einen Rechtsanwaltsfachangestellten (m/w/d), der gut zu unserem Team passt. Sie haben nicht nur Ihr Handwerk von der Pike auf gelernt (bewerben Sie sich bitte auch, wenn Sie Rechtsfachwirt sind oder diese Weiterbildung anstreben), sondern sind kommunikativ und können sich schnell auf unterschiedliche Kollegen einstellen.

 

Sie werden einen persönlichen Ansprechpartner an Ihrer Seite haben, der für alle Fragen während der Einarbeitung zur Verfügung steht. Freuen Sie sich auf einen Platz in einem schönen Zweierbüro mit moderner technischer Ausstattung. Damit Sie in Ruhe arbeiten können und dennoch Kontakt zu Kollegen haben.

 

Das Arbeitsumfeld

Weil wir wissen, dass sich Lebensumstände ändern, haben wir für Sie gleitende Arbeitszeiten eingeführt: Wenn Sie morgens Ihre Kinder in Ruhe in die Kita begleiten möchten, ist das kein Problem. Fangen Sie doch einfach später an, reduzieren Sie Ihre Arbeitszeit nach Ihren Lebensumständen oder erledigen Sie einen Teil Ihrer Arbeit im Homeoffice. Natürlich stellen wir Ihnen die geeigneten Arbeitsmittel zu Verfügung. Wenn Sie aber lieber schon früh aufstehen und arbeiten wollen, bekommen Sie auch dafür bei uns die Gelegenheit.

 

Wir legen Wert auf guten kollegialen Austausch: Deswegen haben wir einen modernen Besprechungsraum eingerichtet, in den Sie sich gerne zurückziehen können, um miteinander zu reden ‒ in Ruhe und ohne Unterbrechungen durch Anrufe.

 

Da wir wertschätzen, dass Sie einen Großteil Ihrer Lebenszeit in unseren Räumen verbringen, ist es uns sehr wichtig, dass Sie sich wohlfühlen. Deswegen besprechen wir gemeinsam, was wir dazu beitragen können, damit Sie Ihr Bestes geben können. Für den einen ist es der höhenverstellbare Schreibtisch oder eine ergonomische Maus und für den anderen ein schönes Bild an der Wand.

 

Das Miteinander

Uns ist es wichtig, Sie umfassend über alle Belange der Kanzlei und der Mandanten zu unterrichten. Deshalb finden regelmäßige Besprechungen statt. So halten wir uns gegenseitig auf dem Laufenden und sichern die Qualität unserer Arbeit.

Das Büro ist immer nur so gut wie die Stimmung! Damit Sie in Stimmung bleiben, tun wir einiges: Unsere sozialen Räume sind gemütlich eingerichtet. So können Sie in den Pausen abschalten. Mehrmals im Jahr sind wir gemeinsam unterwegs und feiern uns auf Betriebsausflügen. Und für die tägliche gute Stimmung gibt es eine gut eingerichtete Küche (in der Sie gern gemeinsam in der Mittagspause kochen können), eine Kaffeemaschine und Wasser, so viel Sie mögen.

 

Die Fortbildung

Selbstverständlich wissen wir, dass das nicht ausreicht: Deswegen bilden wir jeden Mitarbeiter individuell weiter. Fachlich und persönlich. Natürlich in gemeinsamer Abstimmung und mit einem genauen Plan. Wir freuen uns, wenn Sie mit und bei uns Karriere machen oder zum Spezialisten werden. Selbstverständlich unterstützen wir Sie zeitlich und finanziell auf Ihrem Weg. Damit sichern Sie unseren Kanzleierfolg und Ihren Berufsweg heute und in der Zukunft.

Ihr Weg zu uns

Weil wir nur die Mitarbeiter beschäftigen wollen, die gut zu uns passen, ist uns jeder Einstellungstermin recht. Wir wissen, dass sich gerade sehr gute Mitarbeiter hoch verantwortlich für ihren Arbeitsbereich fühlen. Wir möchten, dass Sie in Ruhe zu uns wechseln und Ihren alten Verantwortungsbereich gut übergeben können.

 

Wir freuen uns, wenn Sie sich dann schon bei uns melden, wenn Sie das Gefühl haben, Sie passen zu uns. Alles andere bekommen wir hin. Rufen Sie doch einfach bei uns an und wir machen einen Termin aus, zu dem wir uns bei einer Tasse Kaffee kennenlernen. Wir, die Kanzlei XY und 15 neugierige Kollegen, freuen uns auf Sie.

 

PRAXISTIPP | Das Beispiel zeigt: Sie können alles in den Fokus Ihrer Anzeige stellen, was bei Ihnen besonders ist oder worauf Sie besonders hinweisen wollen. Erzählen Sie die Geschichte Ihrer Kanzlei. Seien Sie überraschend. Seien Sie der Leuchtturm. Und bitte: Verlangen Sie keine „aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen“. Denn was ist das? Genau: Zeugnisse und Zertifikate! Schreiben Sie das doch auch so. Oder wenn Sie ein tolles Anschreiben möchten, sollten Sie genau das fordern ‒ vielleicht mit dem Hinweis, wieso Ihnen das so wichtig ist. Dann bekommt der potenzielle Bewerber eine genauere Idee, mit wem er es zu tun haben könnte.

 

3. Holen Sie die künftigen Mitarbeiter dort ab, wo sie sind

Sie werden einwenden, dass so viel Text für eine Stellenanzeige in den Printmedien unbezahlbar ist. Das stimmt. Printmedien sind allerdings auch gar nicht das geeignete Portal, um Bewerbungen zu erhalten. Sie können vielmehr die Chance nutzen, sich dort gut aufzustellen, wo Buchstaben keine Kosten verursachen: auf Ihrer Website, in Ihrem Unternehmensprofil bei Xing, mit einem Link in jeder E-Mail, die Sie versenden.

 

Zusätzlich können Sie überlegen, wo sich Ihr Mitarbeiter von morgen aufhält:

  • Vielleicht gehen fast alle Ihre Mitarbeiter in ein Fitness-Studio bei Ihnen um die Ecke? Dann können Sie vielleicht dort einen Flyer auslegen.
  • Denken Sie daran: Gerade jüngere Menschen sind in den sozialen Medien unterwegs. Auch hier können Sie Annoncen schalten. Denn es nützt Ihnen herzlich wenig, wenn Sie viel Geld in eine Print-Stellenanzeige stecken, die niemand liest. Erfolgversprechender ist es, eine Agentur damit zu beauftragen, Ihre Stellenanzeige zu posten.
Quelle: Seite 194 | ID 46828919