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· Fachbeitrag · Kooperationen/Fusionen

Kooperationen und Fusionen im Autohaus (Teil 4): So stellen Sie strategische Weichen richtig

von Rechtsanwalt und Steuerberater Joachim Breithaupt, Kanzlei Osborne Clarke, Köln

| Der technologische Wandel, neue Geschäftsmodelle und Vertragskündigungen der Hersteller, veränderte Kundenbedürfnisse und die Corona-Pandemie haben den Konzentrationsprozess beschleunigt. Die Beitragsreihe gibt Hinweise und Empfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung von Kooperationen und Fusionen, um für Ihr Autohaus einen tragfähigen Weg in die Zukunft zu finden. In Teil vier stellt ASR strategische, wirtschaftliche und rechtliche Fragen vor, die Sie sich beantworten müssen. |

Wie findet man den richtigen Partner?

Kooperationen sollen lange Bestand haben, Fusionen sogar auf ewig. Die Wahl des richtigen Partners ist daher von entscheidender Bedeutung. Die Hersteller wünschen sich meist Zusammenschlüsse oder Übernahmen von Gebietsnachbarn, um eine starke lokale Händlergruppe zu schaffen. Der Gebietsnachbar ist aber oft Ihr ärgster Konkurrent im Intrabrand-Wettbewerb. Gleichwohl sollten Sie eine Zusammenarbeit mit Gebietsnachbarn nicht per se ausschließen. Hier lassen sich oft die meisten wirtschaftlichen Synergien heben, vor allem die Reduktion des Intrabrand-Wettbewerbs.

 

Der steinige Weg vom Konkurrenten zum vertrauensvollen Partner

Ohne eine hinreichende Vertrauensbasis zwischen den beteiligten Personen geht es aber nicht. Haben Sie sich mit Ihrem Gebietsnachbarn zum Teil über Jahrzehnte im Markt bekämpft, ist es schwer, eine gemeinsame Vertrauensbasis zu finden. Ein Generationenwechsel kann hier helfen, neue Impulse für unbelastete Kooperationsgespräche zu geben.

 

Gemeinsame Ziele finden und definieren

Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten über ihre Strategie im Klaren sind. Oft ist bei Beginn von Kooperationsgesprächen gar nicht klar, wer welche Ziele verfolgt. Müssen Sie Gespräche auf Druck des Herstellers führen, fehlt unter Umständen die Überzeugung, dass ein Zusammenschluss der richtige Weg in die Zukunft ist. Das birgt das Risiko, dass monatelange Gespräche am Ende ergebnislos abgebrochen werden. Zeit und Geld sind unnütz aufgewendet.

 

Wichtig | Stimmen Sie sich daher zu einem sehr frühen Stadium mit Ihrem Gesprächspartner über die strategische Ausrichtung seines und Ihres Unternehmens ab. Prüfen Sie dann, ob die Strategien zusammenpassen und ein Zusammenschluss einen Mehrwert für alle Beteiligten schafft. Dabei müssen nicht nur strategische Überlegungen auf den Tisch. Auch Bedenken müssen frühzeitig angesprochen werden. Haben Sie zwar den wirtschaftlichen Nutzen einer Kooperation oder Fusion erkannt, fehlt aber das Vertrauen, ist die Gefahr groß, dass die Gespräche scheitern.

 

PRAXISTIPP | Bei Kooperationsgesprächen muss alles auf den Tisch. Klammern Sie deshalb keine Themen aus. Auch persönliche Bedenken oder Vorbehalte gegenüber den beteiligten Personen müssen angesprochen werden. Dabei können auch Dritte helfen. Gegenüber einer Vertrauensperson, z. B. einem neutralen Berater, ist ein Beteiligter oft eher bereit, Bedenken und Sorgen zu offenbaren. Einzelgespräche des Beraters können dann helfen, Themen zu offenbaren, die im größeren Kreis nicht angesprochen werden. Die Vertrauensperson kann die weiteren Gespräche koordinieren. Prüfen Sie daher bei schwierigen Gesprächen, ob die Einbindung eines Beraters als neutrale Mittelsperson helfen kann.

 

Der Sinn und Zweck einer Absichtserklärung

Haben Sie Einvernehmen über eine gemeinsame strategische Ausrichtung erzielt, sollten Sie das Ergebnis in einer Absichtserklärung (Letter of Intent) festhalten. Diese wird von allen Kooperationsparteien unterzeichnet. Damit ist zwar noch keine Verpflichtung verbunden, die Zusammenarbeit tatsächlich umzusetzen. Das Aufschreiben der gemeinsamen Zielsetzungen hilft aber, Missverständnisse zu reduzieren und offene Themen aufzuzeigen, die noch geklärt werden müssen.

 

Checkliste / Mögliche Inhalte einer Absichtserklärung

Genaue Bezeichnung aller beteiligten Unternehmen

Möglichst umfassende Beschreibung des Zwecks der Kooperation

Darstellung der Art des Zusammenschlusses (z. B. Zusammenarbeit auf vertraglicher Basis, Gründung einer gemeinsamen Service- oder Vertriebsgesellschaft, Fusion)

Aufnahme aller bisherigen Gesprächsergebnisse

Darstellung sämtlicher offenen Punkte

Zeitplan zur Klärung aller offenen Punkte und zur Umsetzung der geplanten Kooperation

Vereinbarung, wann, von wem und in welchem Umfang der Hersteller informiert wird

Vertraulichkeitsvereinbarung

Ggfs. Regelung zur Teilung von Beraterkosten

Unterzeichnung durch alle beteiligten Parteien

 

Welche Vorgaben kommen von den Herstellern?

Oft geht der Wunsch zu einer Kooperation oder Fusion vom Hersteller aus. Er nimmt dann ggf. auch eine aktive Rolle bei den Gesprächen ein und versucht, als „ehrlicher Makler“ den Zusammenschluss zu fördern.

 

Hersteller kann selten „ehrlicher Makler“ sein

Hier ist aber Vorsicht geboten. Letztlich verfolgt der Hersteller seine eigenen Interessen. Diese mögen zwar mit den Ihren übereinstimmen, etwa die Schaffung einer stabilen und starken Gruppe in einer bestimmten Region oder die Lösung einer bisher ungeregelten Unternehmensnachfolge. Die Interessen können aber auch unterschiedlich sein. Sie können zudem auch nicht davon ausgehen, dass der Hersteller „neutral“ gegenüber allen beteiligten Händlern handelt.

 

Wichtig | Geht der Impuls zum Zusammenschluss vom Hersteller aus, sollten Sie immer auch kritisch prüfen, ob er neben den von ihm genannten Gründen noch weitere Absichten hat. Analysieren Sie auch die unterstellten Annahmen wie Planrechnungen genau und prüfen Sie diese auf Plausibilität.

 

Dem Hersteller auch Zugeständnisse abringen

Ringen Sie dem Hersteller Zugeständnisse ab, wenn er den Zusammenschluss wünscht. Er könnte einen Zuschuss zahlen, Ihnen niedrigere Finanzierungskonditionen bei der Herstellerbank gewähren oder erklären, dass er den Händlervertrag in den ersten Jahren nach dem Zusammenschluss nicht kündigt. Loten Sie im Detail aus, welche Vorteile Sie vom Hersteller erhalten können.

 

Wenn der Hersteller zunächst nicht eingebunden war

Erfolgt der Zusammenschluss auf Wunsch des Herstellers, ist die Überführung bestehender Vertragsverhältnisse, also Händler- und Werkstattverträge, auf die neue Unternehmensstruktur unproblematisch. Anders sieht es aus, wenn er zunächst nicht eingebunden war. Dann müssen Sie wissen, dass die Überführung von Händler- und Werkstattverträgen auf eine neue Unternehmensstruktur stets der Zustimmung des Herstellers bedarf. Solche Zustimmungspflichten sehen die meisten Händler- und Werkstattverträge vor. Das gilt selbst für den Fall, dass die Unternehmensstrukturen bestehen bleiben und es nur zu einem Gesellschafterwechsel kommt.

 

PRAXISTIPP | Prüfen Sie frühzeitig, welche vertraglichen Regelungen über Zustimmungspflichten durch den Hersteller bestehen, die bei einer Kooperation oder Fusion zu beachten sind. Die Regelungen sehen zum Teil unterschiedliche Zustimmungsvorbehalte vor, abhängig davon, ob die Kooperanten bereits Mitglieder des Händlernetzes sind. Zum Teil sind die Bestimmungen in den Händlerverträgen auch unwirksam. Die Möglichkeit der Ablehnung einer Kooperation durch den Hersteller ohne sachlichen Grund ist rechtlich kritisch, weil er dadurch tiefgreifend in die unternehmerische Freiheit der beteiligten Händler eingriffe. Prüfen Sie auch, ob noch weitere Geschäftspartner vor Umsetzung einer Kooperation oder Fusion eingebunden oder um Zustimmung gebeten werden müssen, z. B. die Banken oder Altgesellschafter mit laufenden Zahlungsansprüchen.

 

Weitere rechtliche und steuerliche Fragestellungen

In Deutschland gibt es eine große Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen. Bei den Gesellschaftsformen ist zwischen Personengesellschaften (etwa die GmbH & Co. KG) und Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH oder AG) zu unterscheiden. Die Grundstrukturen dieser Gesellschaftsformen sind sehr unterschiedlich und haben weitreichende Konsequenzen für die Rechte und Pflichten der Gesellschafter und der Geschäftsführung.

 

Gravierende Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft

Die Personengesellschaft ist vom Grundgedanken der Selbstorganschaft geprägt: Die Gesellschafter sind aktiv im Unternehmen tätig und übernehmen Geschäftsführungsaufgaben.

 

Bei der Kapitalgesellschaft besteht der Grundsatz der Fremdorganschaft: Gesellschafterkreis und Geschäftsführung sind getrennt und stehen nebeneinander. Gesellschafter brauchen keine aktive Funktion im Unternehmen zu übernehmen, und es können Fremdgeschäftsführer eingesetzt werden, die selber keine Gesellschafter sind. Die vorstehenden Grundsätze können aber auch vermischt werden, wobei Personengesellschaften vor allem in der Rechtsform der GmbH & Co. KG die größte Flexibilität bieten.

 

Das gilt es steuerlich zu beachten

Auch steuerliche Aspekte dürfen Sie bei der Planung und Umsetzung einer Kooperation oder Fusion nicht außer Acht lassen. Bei der Personengesellschaft werden die Gewinne und Verluste den Gesellschaftern für steuerliche Zwecke zugewiesen und dort mit dem jeweiligen persönlichen Steuersatz der Besteuerung unterworfen.

 

Bei den Kapitalgesellschaften gilt dagegen das Trennungsprinzip. Die Besteuerung findet auf der Ebene der GmbH oder AG statt. Nur wenn es zu Ausschüttungen kommt, werden auch die Gesellschafter mit der erhaltenen Gewinnbeteiligung besteuert.

 

PRAXISTIPP | Prüfen Sie, welche steuerlichen Konsequenzen eine Kooperation oder Fusion für Ihr Unternehmen und die Gesellschafter hat. Gerade im Mittelstand existieren Betriebsaufspaltungen oder Sonderbetriebsvermögen, wenn etwa Betriebsimmobilien nicht im Eigentum des Händlerbetriebs stehen, sondern von den Gesellschaftern überlassen werden. Wird bei Umsetzung einer Kooperation ein falscher Weg gewählt, kann es zur Aufdeckung stiller Reserven und einer hohen ‒ unbeabsichtigten ‒ Steuerpflicht kommen. Steuerplanung ist deshalb unerlässlich.

 

 

Checkliste / Typische rechtliche und steuerliche Fragestellungen

Behindert oder fördert die aktuelle rechtliche Unternehmensstruktur eine Kooperation oder Fusion?

Liegt eine Betriebsaufspaltung vor und gibt es Sonderbetriebsvermögen?

Werden Beteiligungen im Privatvermögen oder im steuerlichen Betriebsvermögen gehalten?

Sollen Unternehmensgewinne reinvestiert werden und in welchem Umfang sind die Gesellschafter auf Gewinnausschüttungen angewiesen?

Wurden steuerbegünstige Nachfolgeregelungen bereits umgesetzt, sind Haltefristen und weitere steuerliche Vorgaben bei der Umsetzung einer Kooperation oder Fusion zu beachten?

Welchen Einfluss sollen die Gesellschafter auf die Geschäftsführung haben?

Sollen die Gesellschafter ihre Beteiligungen frei übertragen können oder sind Einschränkungen gewünscht?

Wie soll die Kapitalausstattung in der Kooperation erfolgen?

 

 

PRAXISTIPP | Aufgrund der hohen Flexibilität des deutschen Unternehmensrechts können Unternehmensstrukturen im Vorfeld einer Kooperation optimiert und bei entsprechender Planung auch steuerneutral angepasst werden. Um steuerliche Nachteile auszuschließen, wird es unter Umständen erforderlich sein, vor Durchführung einer Kooperation oder Fusion bei der Finanzverwaltung eine sog. Verbindliche Auskunft über die Folgen des Vorhabens einzuholen. Eine solche Auskunft kann bis zu sechs Monate dauern. Planen Sie daher ausreichend Zeit auch für diese wichtigen Themen ein.

 

Wie sichert man seine Beteiligung ab?

Um keine bösen Überraschungen zu erleben, müssen Sie Ihren künftigen Partner auf „Herz und Nieren“ überprüfen (bzw. diese Prüfung über sich ergehen lassen). Nur so vermeiden Sie, dass die berühmt-berüchtigten „Leichen im Keller“ in eine Kooperation eingebracht werden, für die am Ende alle Beteiligten mithaften.

 

Solche Risiken können in allen Unternehmensbereichen bestehen. Typische Beispiele sind Scheinselbstständigkeiten bei Dienstleistern, Bodenverunreinigungen, fehlerhafte Umsatzsteuererklärungen bis hin zu bewussten oder unbewussten Falschabrechnungen von Garantiearbeiten oder unzulässigen Wiederverkäufergeschäften. Den Geschädigten ist es meist egal, ob die Schäden bereits vor Durchführung der Kooperation verursacht wurden. Sie werden sich im Zweifel an die Kooperation oder das fusionierte Unternehmen halten. Zwar mag es dann im Einzelfall eine Rückgriffsmöglichkeit auf den eigentlichen Schadensverursacher geben. Ob dieser dann leisten kann, steht auf einem anderen Blatt.

 

PRAXISTIPP | Führen Sie vor Abschluss einer Kooperation oder Fusion eine Prüfung der beteiligten Unternehmen durch („Due Diligence). Typische Prüfungsbereiche sind

  • vertriebsrechtliche Themen (Einhaltung der Vorgaben des Herstellers, etwa für Wiederverkäufergeschäfte oder Garantiearbeiten),
  • arbeitsrechtliche Themen (welche Betriebsvereinbarungen gibt es und wurden diese eingehalten),
  • umweltrechtliche Themen (insbesondere Bodenverunreinigungen und Genehmigungen),
  • steuerliche Risiken und die
  • Einhaltung der wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen (Compliance).

Im Kooperationsvertrag sollten ferner alle Beteiligten versichern, dass keine versteckten Risiken bestehen, verbunden mit einer Freistellung der Partner, sollte doch ein Schaden auftreten. Dadurch lassen sich Risiken weiter minimieren.

 

Weiterführende Hinweise

  • Beitrag „Kooperationen und Fusionen im Autohandel: Darum sollten Sie sich jetzt mit dem Thema befassen“, ASR 4/2021, Seite 16 → Abruf-Nr. 47277202
  • Im letzten Beitrag der Reihe zeigt ASR Ihnen in der August-Ausgabe, wie Sie die Beteiligungsverhältnisse in einer Kooperation richtig gestalten.
Quelle: Seite 7 | ID 47467377