Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Konzernverbund

Junge Finanzmittel und Schuldenverrechnung im Verbund ‒ weiterhin eine gefährliche „Stolperfalle“

von StB Hans Günter Christoffel, Bornheim

| Trotz der ErbStR 2019 und der jüngst dazu im BStBl veröffentlichten Hinweise (Sonder-Nr. 1/2019 des BStBl) kommt es in der Praxis bei der Schuldenverrechnung im Verbund nach § 13b Abs. 9 ErbStG zu Fragen, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz und den dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen beantworten lassen. Der folgende Musterfall zeigt die Gefahren auf und gibt eine erste Handlungsanleitung mit auf den Weg. |

1. Ausgangssachverhalt

A ist zu 100 % Kommanditist der A-GmbH & Co. KG. Die Komplementärin, nämlich die C-GmbH, ist weder am Vermögen noch am Ergebnis der GmbH & Co. KG beteiligt. Alleingesellschafter der C-GmbH ist A. Es handelt sich also um eine Ein-Personen-GmbH & Co. KG. Zum Betriebsvermögen der GmbH & Co. KG rechnet ein Grundstück, das die KG an die B-GmbH ‒ alleiniger Gesellschafter ist hier die A-GmbH & Co. KG ‒ verpachtet hat; es liegt also eine Betriebsaufspaltung zwischen der A-GmbH & Co. KG und der B-GmbH vor. Neben dem Grundstück befinden sich die Anteile an der B-GmbH im Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG. Die Ehefrau des A hat der B-GmbH ein Darlehen in Höhe von 500.000 EUR gewährt.

 

 

Die Ehefrau ist verstorben und wird aufgrund des Berliner Testaments allein von ihrem Ehemann beerbt. Dieser legt die geerbte Forderung in das Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG ein, um danach seinem Sohn das Gebilde „Betriebsaufspaltung“ unentgeltlich zuzuwenden. Hier stellt sich nun die Frage, wie mit der Forderung, die A in die A-GmbH & Co. KG einlegt, schenkungsteuerlich zu verfahren ist.

2. Lösung

Bei dieser Sachverhaltsgestaltung stellen sich gleich mehrere Fragen. Wie ist der Vorgang in der Buchhaltung zu erfassen? Dürfen die jungen Finanzmittel mit Schulden der GmbH & Co. KG verrechnet werden? Würde es einen Unterschied machen, wenn sich die Anteile an der B-GmbH im Sonder-BV des A bei der GmbH & Co. KG befinden würden? All diesen Fragen muss sich der Steuerberater nun stellen.

 

  • 1. A überträgt seine Forderung gegenüber der B-GmbH, die sich bisher im Privatvermögen befand, in das Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG. Die Buchung lautet hier: „Forderung 500.000 EUR an Einlage über das Kapitalkonto II als Eigenkapitalkonto oder über das Rücklagenkonton“.
  •  
  • 2. Erfolgt die Einlage innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren, gerechnet ab dem Besteuerungszeitpunkt „Schenkung an den Sohn“, führt sie nach Verrechnung mit Entnahmen innerhalb dieses 2-Jahreszeitraums bei einem Einlagenüberschuss zu jungen Finanzmitteln (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG). Dies hätte zur Folge, dass die jungen Finanzmittel nicht mit Schulden in der GmbH & Co. KG verrechnet werden dürfen, nicht am Sockelbetrag von 15 % teilnehmen und nicht an der Umgliederung von Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen teilhaben.

 

  • 3. Sollte es jedoch zu einer vorrangigen Verrechnung der Forderung im Verbund kommen, und zwar nach § 13b Abs. 9 S. 3 ErbStG, fallen die jungen Finanzmittel durch diese Verrechnung ersatzlos weg. Denn im Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG ist die Forderung zu streichen und in der B-GmbH die Verbindlichkeit, die als solche im Rahmen des Feststellungsverfahrens der B-GmbH nicht angesetzt werden darf. Dies ergibt sich aus R E 13b.29 Abs. 5 S. 1 und 2 ErbStR 2019. Um die Saldierung sicherzustellen, tauschen sich das Betriebsfinanzamt der A-GmbH & Co. KG und das der B-GmbH aus.

 

Beachten Sie | Forderungen und Verbindlichkeiten, die sich zwischen Gesamthandsvermögen und Sonder-BV einer Personengesellschaft gegenüberstehen, sind nicht zu kürzen. Dies gilt auch für Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften im Gesamthandsvermögen und im Sonder-BV untereinander. Bezogen auf den vorliegenden Fall wäre es also nicht möglich, eine Verbindlichkeit der B-GmbH, deren Anteile sich im Gesamthandsvermögen der A-GmbH & Co. KG befinden, mit einer Forderung zu verrechnen, die zum Betriebsvermögen einer GmbH im Sonder-BV rechnen würde, deren Anteile sich im Sonder-BV der GmbH & Co. KG befinden. Denken Sie z. B. an den Fall, dass die C-GmbH als Komplementärin der B-GmbH ein Darlehen gewährt hätte. Die Anteile an der Komplementär-GmbH befinden sich im Sonder-BV, die Anteile an der B-GmbH im Gesamthandsvermögen bei der A-GmbH & Co. KG.

 

Eine Verrechnung wäre auch dann nicht möglich, wenn sich die Anteile an der B-GmbH im Sonder-BV des A bei der GmbH & Co. KG befinden würden, genauso wie die Anteile an der Komplementär-GmbH (R E 13b.29 Abs. 5 S. 8 ErbStR 2019).

 

PRAXISTIPP | Hätte A die Forderung gegenüber der B-GmbH in sein Sonder-BV eingebracht, wäre eine Verrechnung zwischen Forderung und Schulden wegen § 13b Abs. 9 S. 3 ErbStG nicht möglich gewesen.

 

§ 13b Abs. 9 S. 4 ErbStG regelt, dass

  • die Schuldenverrechnung und der Abzug des Sockelbetrags bei den Finanzmitteln,
  • der Abzug der anteilig verbleibenden Schulden zur Ermittlung des Nettowerts des Verwaltungsvermögens,
  • die Berücksichtigung des Werts des unschädlichen Verwaltungsvermögens
  • und das Saldierungsverbot von Schulden mit jungen Finanzmitteln und jungem Verwaltungsvermögen

nicht Teil der Berechnungen im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung und des Feststellungsverfahrens sind. Diese Berechnungen erfolgen bei der Veranlagung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer (R E 13b.29 Abs. 7 ErbStR 2019).

 

§ 13b Abs. 9 S. 3 ErbStG geht dem Satz 4 in dieser Vorschrift vor. Erst findet die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten im Verbund statt und anschließend werden die übrigen Vorschriften des § 13b ErbStG auf die danach im Verbund verbleibenden Aktiva und Passiva angewandt ‒ so auch die Umschreibung in den ErbStR 2019. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass es in der Praxis von erheblicher Bedeutung ist, in welches Betriebsvermögen der GmbH & Co. KG die Forderung übertragen wird, ob in das Gesamthandsvermögen (dann Verrechnung und keine jungen Finanzmittel) oder in das Sonder-BV (dann Ansatz junger Finanzmittel).

 

PRAXISTIPP | Die vorstehenden Ausführungen zur Schuldenverrechnung lassen sich in der Erbfolgeplanung einsetzen, um Widersprüche abzumildern, die sich insbesondere durch den 90 %-Test ergeben. In § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG hat der Gesetzgeber angeordnet, dass nicht nur Verwaltungsvermögen, sondern auch Finanzmittel dem Unternehmenswert gegenüberzustellen sind, um begünstigungsfähiges Produktivvermögen von nicht begünstigungsfähigem zu trennen. Dass diese Vorschrift misslungen ist, zeigt z. B. die Entscheidung des FG Münster vom 3.6.19 (3 V 3697/18 Erb), nach der ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des 90 %-Tests bestehen; die im Aussetzungsverfahren ergangene Entscheidung ist rechtskräftig.

 

Vor diesem Hintergrund der Ungewissheit ist es nicht verwunderlich, dass in der Praxis Wege gesucht werden, den 90 %-Test zu überstehen. Hier hilft die Saldierung von Forderungen und Verbindlichkeiten im Verbund, wobei darauf zu achten ist, dass die Finanzverwaltung hierzu in R E 13b.29 Abs. 5 ErbStR 2019 restriktive Regeln aufgestellt hat. So können Forderungen und Schulden zwischen einer Gesellschaft im Sonder-BV und einer Gesellschaft im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft nicht saldiert werden. Werden allerdings die Anteile der Gesellschaft im Sonder-BV in das Gesamthandsvermögen unter Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG übertragen, ist eine Saldierung zulässig, und zwar hier unter Schwestergesellschaften. Der Steuerberater ist also gefordert, nach solchen Lösungen zu suchen.

 
Quelle: Seite 92 | ID 46413930