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· Fachbeitrag · Interview

„Botendienste könnten für das Überleben einer Apotheke entscheidend sein“

| Während der Corona-Pandemie zeigt sich ein besonderer Vorteil des Botendiensts: Persönliche Kontakte können damit so gering wie möglich gehalten werden. Doch schon davor zeichnete sich ab, dass E-Rezept sowie Telemedizin und -pharmazie die Nachfrage steigen lassen. Um Botendienste zu optimieren, hat das Unternehmen apomap eine Software entwickelt. Ursula Katthöfer ( textwiese.com ) sprach mit Barbara End und Jens Krautscheid, die als Apothekeninhaber beide apomap nutzen, über ihre Erfahrungen mit der Software und die grundsätzliche Bedeutung des Botendiensts. |

 

REDAKTION: Frau End, Ihre Apotheke liegt mitten im Frankfurter Stadtteil Bornheim. Wie weit haben es Ihre Boten?

 

BARBARA END: Wir liefern nach 17 Uhr in einem Radius von drei Kilometern. Unsere Boten sind zu Fuß, per Fahrrad oder Roller unterwegs. Das Auto nutzen wir nur selten bei großen Lieferungen mit Kisten und Kartons. Je nach Verkehrsmittel plant apomap die Route. Das ist für uns ganz ohne Aufwand. Auch Aktualisierungen funktionieren super.

 

REDAKTION: Wie haben Sie die Routen vorher geplant?

 

B. END: Vorher haben wir die Routen tabellarisch per Hand auf einem DIN-A4-Blatt geplant. Wir hatten dafür eine Formatvorlage. Der Bote hat sich daran orientiert und ist losgefahren. Ich hatte immer Boten, die die Stadtviertel rund um unsere Apotheke wie ihre Westentasche kennen. Doch während der Coronazeit setzte ein Bote aus. Ein Schüler, der Bornheim kaum kennt, sprang für ihn ein. Auch das ging problemlos. Er hatte die App auf seinem Smartphone, es gab weder Suchereien noch Wartezeiten. Er wusste immer, wo er welchen Kunden antrifft.

 

REDAKTION: Warum haben Sie sich für den Umstieg auf ein digitales Tool entschieden?

 

B. END: Wir haben nicht nur Präsenzkunden. Gerade während der Coronazeit haben telefonische Beratung und Botendienst zugenommen. Schon vorher wollte ich den Botendienst modernisieren. Wir arbeiten in den Apotheken noch häufig mit handgeschriebenen Listen und Zettelchen. Doch die Welt funktioniert heute anders. Lieferanten haben mobile Endgeräte, um Routen zu planen und sich Lieferung oder Betrag quittieren zu lassen. Ich wollte unsere Apotheke der heutigen Zeit anpassen und professioneller auftreten.

 

REDAKTION: Wie lief Ihr Start mit der unbekannten Software?

 

B. END: Wir konnten sofort einsteigen. Das Programm ist selbsterklärend. Wir haben die App auf das Diensthandy geladen und es ging los. Sobald wir einen Botendienst annehmen, geben wir ihn bei apomap ein. Diese papierlose Planung spart viel Zeit und bringt alle Mitarbeiter gleichzeitig auf den denselben Informationsstand. Wenn ein Kunde noch einmal anruft, um eine weitere Bestellung aufzugeben, sehen das alle sofort auf einen Blick.

 

REDAKTION: Halten Sie die Kosten des Abos von 99 Euro monatlich für angemessen?

 

B. END: Das ist schon ein gewisser Betrag. Doch ich kaufe eine Dienstleistung ein. Es ist klar, dass ich sie nicht umsonst bekomme. Die App erleichtert unsere Arbeit. Sie ist ein Fortschritt.

 

REDAKTION: Herr Krautscheid, Ihre Apotheke liegt in Dorfen im oberbayerischen Landkreis Erding. Ihre Boten haben seit ihrer Gründung 2003 etwa 45.000 mal etwas ausgeliefert. Wie haben sie das gemacht, bevor Sie apomap nutzten?

 

JENS KRAUTSCHEID: Ich hatte selbst eine Software programmiert. Darin wurde die Adresse des Kunden automatisch in Google Maps angezeigt. Die Boten fuhren zu mehreren Kunden, die in einer Richtung lagen. Die erste Tour ging in diesen Ort, die zweite Tour in jenen.

 

REDAKTION: Dann waren Sie Vorreiter. Warum sind Sie auf eine Software umgestiegen, die Sie bezahlen müssen?

 

J. KRAUTSCHEID: Die Wartung einer eigenen Software bindet unglaublich viel Zeit. Die habe ich nun frei, um mich um die Belange meiner Kunden zu kümmern. Außerdem schonen wir die Umwelt und unseren Geldbeutel: Wir sparen durch die strategische Routenplanung von apomap Benzin, Autoverschleiß und Lohnkosten. Die Zahl der belieferten Kunden pro Kilometer ist gestiegen. Unter dem Strich fahren wir effektiver als der Kunde, der sich seine zweite Fahrt spart. Es handelt sich also um eine klassische Win-win-Situation.

 

REDAKTION: Wie lang sind die Strecken, die Ihre Boten pro Lieferung fahren?

 

J. KRAUTSCHEID: Der Durchschnitt liegt bei 6,2 Kilometern. Wir haben eine sehr starke Schwankung. Die kürzeste Strecke ist 800 Meter lang. Die längste beträgt inzwischen 35 Kilometer, da ein Kunde in ein Pflegeheim umgezogen ist. Er wollte uns treu bleiben.

 

REDAKTION: Wie bezahlen Ihre Kunden die Lieferungen?

 

J. KRAUTSCHEID: Wer das Rezept zu uns in die Apotheke bringt, zahlt auch in der Apotheke. In den anderen Fällen akzeptieren die Boten Bargeld und EC-Karte, für die sie ein handynetzfähiges Internetterminal dabeihaben.

 

REDAKTION: Wie ist Ihr Kassensystem angebunden?

 

J. KRAUTSCHEID: Über eine Schnittstelle ist die Kasse direkt bei apomap angeschlossen. Wir drücken an der Kasse eine Taste mit dem Wort „Botendienst“. Dadurch werden Adresse und Zahlbetrag direkt an die Software übertragen. Wir können auch die vom Kunden gewünschte Lieferzeit eingeben. Das ist wirklich super.

 

REDAKTION: Kunden sind es durch den Expressversand großer Internethändler gewohnt, schnell an ihre Bestellung zu kommen. Muss die Apotheke noch schneller sein als früher?

 

J. KRAUTSCHEID: Nein. Wir waren schon immer schneller. Was ein bestimmtes Versandhaus als „Same Day Delivery“ anpreist, ist bei uns seit 2003 Standard. Der Löwenanteil aller Lieferungen wird am selben Tag ausgefahren. Wenn es richtig brennt, fahren wir Medikamente sofort aus. Doch wir achten darauf, dass Notlieferungen nur maximal einmal pro Kunde vorkommen. Dann weisen wir darauf hin, das Rezept in Zukunft rechtzeitig zu holen.

 

REDAKTION: Sie könnten Ihren Boten Push-Nachrichten senden. Tun Sie das?

 

J. KRAUTSCHEID: Ja, z. B. wenn ein Kunde nach der Lieferung anruft, weil er meint, dass ein Medikament fehlt. Dann dreht der Bote um und vergleicht das Rezept mit der Lieferung. In den allermeisten Fällen ist alles da bzw. der Kunde dachte, der Arzt habe ein weiteres Medikament verordnet, das aber gar nicht auf dem Rezept steht. Wir haben ein Sechs-Augen-Prinzip, wenn wir Pakete packen. Alles wird dreimal geprüft.

 

REDAKTION: Gehört der Botendienst für Sie bereits zur Standardversorgung?

 

J. KRAUTSCHEID: Bei uns schon, doch grundsätzlich sind die Apotheken auf dem Land noch nicht so weit. Viele haben eingeschränkte Botendienste. Sie fahren dienstags in ein Dorf und mittwochs in ein anderes. Wir hingegen liefern fast jedes Medikament noch am selben Tag aus. Das ist eher selten.

 

REDAKTION: Werfen Sie einen Blick in die Zukunft: Wird der Botendienst auf dem Land zum Standard?

 

J. KRAUTSCHEID: Ja, schon in wenigen Jahren. Durch die Telemedizin gibt es weniger persönliche Arztbesuche. Wer ein E-Rezept erhält, wendet sich an die Apotheke, von der er weiß, dass die Lieferung noch am selben Tag kommt. Das macht den Botendienst zu einem digitalen Standortvorteil. Vielleicht ist er sogar entscheidend für das Überleben einer Apotheke.

 

REDAKTION: Frau End, Herr Krautscheid, vielen Dank für das Gespräch.

 

Weiterführende Hinweise

  • „Personalanforderungen und Temperaturkontrolle im Botendienst“, in AH 03/2020, Seite 1
  • „Abgrenzung Arzneimittelversand und Botendienst durch Apotheken ‒ ein wieder aktuelles Thema“, in AH 09/2018, Seite 10
Quelle: Seite 10 | ID 46684948