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· Fachbeitrag · Insolvenzrecht

Zahlungen nach Insolvenzreife: Ein Dauerbrenner

von RA Dr. Jochen Blöse, FA f. Handels- und Gesellschaftsrecht, MBA, Mediator (CfM), Köln

| Für den GmbH-Geschäftsführer ist die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen, die nach Insolvenzreife geleistet wurden, die weitgehendste Haftungsbedrohung. Während die allgemeine Haftungsbestimmung des § 43 Abs. 2 GmbHG regelmäßig nur bei abgegrenzten Pflichtverletzungen zum Tragen kommt, ist der praktische Anwendungsbereich des § 64 S. 1 GmbHG zeitraumbezogen und führt fast immer zu erheblichen Ansprüchen. In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG München (17.1.19, 23 U 998/18) zu nahezu allen Aspekten einer solchen Haftungskonstellation Stellung genommen. |

1. Vorliegen einer (rechnerischen) Überschuldung

Insolvenzreife liegt dann vor, wenn Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) gegeben sind. Eine lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit i. S. v. §§ 18 InsO ist hingegen nicht ausreichend.

 

In der vorerwähnten Entscheidung hat sich das OLG München mit dem Aspekt der Zahlungsunfähigkeit nicht auseinandersetzen müssen, da nach seinen Feststellungen eine Überschuldung gegeben war. Instrument zur Feststellung einer Überschuldung ist gemeinhin ein Überschuldungsstatus. Es ist allerdings ständige Rechtsprechung, dass für die Zwecke der Darlegung einer Insolvenzreife im Zusammenhang von Ansprüchen aus § 64 S. 1 GmbHG der Handelsbilanz indizielle Bedeutung zukommt, wenn darin eine bilanzielle Überschuldung ausgewiesen wird.

 

Diese Indizwirkung ist deshalb von praktisch herausragender Bedeutung, weil sie im Prozess Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast hat. Nach der durchgängigen Rechtsprechung des BGH genügt der Insolvenz-verwalter seiner Darlegungslast, wenn er bei Vorliegen einer bilanziellen Überschuldung vorträgt, dass keine stillen Reserven und keine nicht aktivierten Vermögensgegenstände der Gesellschaft vorgelegen haben (so z. B. BGH 31.5.11, II ZR 106/10, DB 2011, 1685).

 

Trägt der Insolvenzverwalter so vor, muss der in Anspruch genommene Geschäftsführer konkret darlegen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind.

 

  • Beispiel 1

In der Handelsbilanz der A-GmbH wird eine bilanzielle Überschuldung in Höhe von 100.000 EUR ausgewiesen. Insolvenzverwalter I, der den Geschäftsführer G auf Erstattung von nach Eintritt der Insolvenzreife vorgenommenen Zahlungen in Anspruch nimmt, hat sich im Prozess auf diese Bilanz bezogen und das Fehlen stiller Reserven und nicht aktivierter Vermögensgegenstände vorgetragen.

Geschäftsführer G verteidigt sich damit, dass die fragliche Gesellschaft Eigentümerin eines Grundstücks sei, das mit den historischen Anschaffungskosten zu Buche stehe, mittlerweile aber einen deutlich höheren Wert habe.

 

Ein solcher Vortrag ist nicht ausreichend. Es ist zwar grundsätzlich plausibel, dass in Grund und Boden ein Wertzuwachs erzielt wird, jedoch ist eine pauschale Plausibilitätsüberlegung nicht ausreichend, um die G treffende Darlegungslast zu erfüllen. Erforderlich wäre vielmehr, dass G den tatsächlichen Wert des Grundstücks im relevanten Zeitpunkt vorträgt und damit die sich aus dem tatsächlichen Wert und dem Buchwert ergebende stille Reserve konkret mitteilt.

 

Würde G dieser Darlegungslast genügen, wird der Insolvenzverwalter wahrscheinlich den von G behaupteten Verkehrswert bestreiten. G müsste in diesem Fall Beweis dafür antreten, dass der von ihm angesetzte Wert tatsächlich realistisch ist. Im Regelfall wird dies durch ein Wertgutachten zu geschehen haben.

 

  • Beispiel 2

G trägt weiter vor, dass in einem Überschuldungsstatus seiner konkreten Gesellschaft auch Vermögensgegenstände zu berücksichtigen seien, die handelsrechtlich nicht aktivierbar sind. Die Gesellschaft verfüge nämlich über selbst geschaffene Marken, die nach § 248 Abs. 2 S. 2 HGB einem Aktivierungsverbot unterliegen.

 

Selbst wenn man die nicht ganz unstreitige Auffassung vertritt, dass selbst geschaffene Marken tatsächlich im Überschuldungsstatus zu berücksichtigen sind, ist ein solcher Vortrag des G nicht ausreichend, um die Indizwirkung der bilanziellen Überschuldung zu beseitigen. Auch hier muss G deutlich konkreter werden. Er hat nicht nur im Einzelnen zu bezeichnen, um welche Marken es sich handelt, sondern er muss weiterhin darlegen, dass diese überhaupt veräußerbar sind und welcher Verwertungserlös bei einer Übertragung bzw. der Einräumung eines Nutzungsrechts zu erzielen ist.

 

  • Beispiel 2 (Fortsetzung)

G erkennt, dass es ihm nicht gelingen wird, darzulegen und zu beweisen, dass das in der Handelsbilanz ausgewiesene Vermögen geringer ist als das in einem Überschuldungsstatus anzusetzende Vermögen. Er wendet sich daher der Passivseite der Bilanz zu und trägt vor, dass die Verbindlichkeiten gegenüber einer Schwestergesellschaft nicht in Ansatz zu bringen sind, weil insoweit ein Rang-rücktritt vereinbart worden wäre.

 

Nach § 19 Abs. 2 S. 2 InsO sind bei der Ermittlung einer Überschuldung tatsächlich solche Verbindlichkeiten außer Ansatz zu lassen, für die ein Nachrang im Insolvenzverfahren, also ein Rangrücktritt vereinbart wurde. Allerdings ist auch hier der Vortrag des G zu pauschal. Die Rechtsprechung stellt sehr konkrete Anforderungen daran, wie eine Rangrücktrittsvereinbarung auszugestalten und zu formulieren ist, damit sie überschuldungsentlastende Wirkung entfaltet (s. dazu insbesondere BGH 5.3.15, IX ZR 133/14, DB 2015, 732).

 

G müsste also den genauen Inhalt der angeblich getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung vortragen. Den Abschluss einer solchen Vereinbarung wird I dann wiederum mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestreiten, sodass G die Vereinbarung beweisen müsste. Da ein solcher Rechtsakt keiner besonderen Form bedarf, käme für den Abschluss der Vereinbarung als Beweismittel auch die Zeugenaussage des Vertretungsorgans der Schwestergesellschaft in Betracht. Jedoch ist es höchst unüblich, dass ein Rang-rücktritt tatsächlich so ausformuliert wird, dass er den Anforderungen des BGH genügt und dann doch nicht schriftlich fixiert wird. Kann also G keine schriftliche Vereinbarung vorlegen, spricht sehr viel dafür, dass ihm der Beweis des Abschlusses eines Rangrücktritts nicht gelingen wird.

2. Keine positive Fortführungsprognose

Neben der rechnerischen Überschuldung ist das Fehlen einer positiven Fortführungsprognose weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Überschuldung. Dafür, dass eine solche positive Prognose gegeben ist, ist wiederum der in Anspruch genommene Geschäftsführer darlegungs- und beweisbelastet. Wie eine solche Prognose auszusehen hat, ist immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen.

 

Keinesfalls ausreichend ist es, dass im Jahresabschluss der Hinweis erteilt wird, dass eine positive Fortführungsprognose besteht. Im Übrigen ist hier schon häufig nicht ganz klar, ob ein solcher Hinweis tatsächlich die Fortführungsprognose i. S. v. § 19 Abs. 2 S. 2 InsO meint oder ob es sich um einen Hinweis auf die Bewertungsprämisse i. S. v. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB handelt. Dabei ist zu beachten, dass die Going-Concern-Prämisse im handelsrechtlichen Sinne und die Fortführungsprognose i. S. d. Insolvenzrechts sich inhaltlich decken können, aber nicht zwingend müssen.

 

Die Aussage einer bei der Überschuldungsprüfung relevanten Fortführungsprognose ist die der Überlebensfähigkeit des Unternehmens, wobei diese Aussage aus einem aus Ertrags- und Finanzplan bestehenden aussagekräftigen Unternehmenskonzept herzuleiten ist (OLG München 17.1.19, 23 U 998/18, GmbHR 2019, 236, 238). Hinzukommen muss der Fortführungswille des Schuldnerunternehmens bzw. seiner Organe. Damit ist zwar noch keine Aussage zu formalen Anforderungen an ein solches Unternehmenskonzept verbunden, jedoch ist auch hier die prozessuale Frage der Darlegungs- und Beweislast relevant.

 

Das OLG München ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der beklagte Geschäftsführer einen umsetzbaren Finanzplan und ein schlüssiges und realisierbares Unternehmenskonzept nicht dargelegt habe. Der allgemeine Vortrag, der Geschäftsführer und sein Sanierungsteam seien jederzeit fähig gewesen, ein striktes Kostenmanagement zu betreiben und die Schuldnerin sei durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer für jeden denkbaren Liquiditätsbedarf gerüstet gewesen, sei jedenfalls nicht ausreichend, um eine positive Fortführungsprognose zu begründen (OLG München 17.1.19, 23 U 998/18, GmbHR 2019, 236, 238 f.).

 

Dass die eine objektive Überlebensfähigkeit ausweisende Ertrags- und Finanzplanung auch nicht schriftlich erstellt worden sein könnte, ist zudem eine höchst theoretische Überlegung. Jedenfalls bei mittleren und größeren Unternehmen wird eine Verarbeitung des erforderlichen Daten- und Zahlenmaterials den Einsatz von Planungswerkzeugen erforderlich machen, sodass schon daraus eine Dokumentation des Unternehmenskonzepts herstellbar ist. Ist dies nicht möglich, spricht sehr viel dafür, dass es ein solches Konzept tatsächlich nicht gegeben hat.

3. Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns

Nach § 64 S. 2 GmbHG sind solche Zahlungen nicht zu erstatten, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Auch mit den Voraussetzungen dafür hat sich das OLG München auseinandergesetzt und zunächst festgehalten, dass der anzulegende Maßstab nicht aus den allgemeinen Verhaltenspflichten eines Geschäftsführers ableitbar ist (OLG München 17.1.19, 23 U 998/18, GmbHR 2019, 236, 239).

 

Eine trotz vorliegender Insolvenzreife zulässige Zahlung kann vielmehr nur dann bejaht werden, wenn durch sie größere Nachteile für die (spätere) Insolvenzmasse abgewendet werden. Ein solcher Fall kann insbesondere dann vorliegen, wenn ohne die Zahlung der Geschäftsbetrieb sofort hätte eingestellt werden müssen und dadurch die Möglichkeit einer Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren entfallen wäre (BGH 5.11.07, II ZR 262/06, DB 2008, 52).

 

  • Beispiel 3

Die A-GmbH ist insolvenzreif. Geschäftsführer G bemüht sich um die Sanierung des Unternehmens und führt in diesem Zusammenhang Gespräche mit den Gesellschaftern über die Zurverfügungstellung weiteren Eigenkapitals, mit der Hausbank über ein Zinsmoratorium und mit dem Hauptgläubiger über eine Stundung. In dieser Situation teilt der Energieversorger des Unternehmens mit, dass die Stromlieferung innerhalb von drei Tagen eingestellt werde, wenn die bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Versorger nicht ausgeglichen werden. Eine Beendigung der Stromlieferung hätte die unmittelbare Einstellung der Unternehmenstätigkeit zur Folge. G kommt daher dem Verlangen des Versorgers nach und bezahlt dessen offenstehende Rechnung.

 

Diese Zahlung ist nach den vom BGH formulierten Maßstäben mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar, da durch sie das sofortige Ende der Unternehmenstätigkeit vermieden werden konnte.

 

Allerdings ist auch im Zusammenhang mit den ausnahmsweise zulässigen Zahlungen ein Zeitmoment zu beachten. Abstrakt betrachtet können nur solche Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sein, die dazu dienen, bestehende Sanierungschancen zu erhalten. Zur Konkretisierung des dafür relevanten Zeitraums hat sich das OLG München in seiner Entscheidung der Auffassung des OLG Hamburg angeschlossen, das davon ausgeht, dass die Sanierungsbemühungen regelmäßig innerhalb einer Frist von drei Wochen abgeschlossen sein müssen. Das OLG Hamburg hat jedoch betont, dass ausnahmsweise auch eine Verlängerung dieser Frist denkbar ist und als Beispiel für eine solche Situation benannt, dass alle Mitgesellschafter an dem Sanierungskonzept mitgearbeitet haben und diesem bereits mündlich zugestimmt hatten, dann jedoch einer der Gesellschafter überraschend eine endgültige Absage erteilt hat. In diesem Fall sei eine maßvolle Verlängerung der Frist für die Sanierungsbemühungen denkbar, jedoch wohl nicht über vier Wochen hinaus (OLG Hamburg 25.6.10, 11 U 133/06, GmbHR 2011, 371, 374).

4. Informationsverschaffungspflicht des Geschäftsführers

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass man von einem GmbH-Geschäftsführer nicht verlangen kann, dass er die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die mitunter schwierige Prüfung einer Insolvenzreife selbst durchzuführen. Daraus folgt allerdings, dass der Geschäftsführer verpflichtet ist, sich die erforderlichen Informationen und Kenntnisse rechtzeitig zu verschaffen. Dazu hat er sich von einer fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen und dieser die Verhältnisse der Gesellschaft umfassend darzustellen und die erforderlichen Unterlagen offenzulegen. Das Ergebnis der Prüfung durch den beauftragten Berater hat er sodann einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (so grundlegend BGH 27.3.12, II ZR 171/10, DB 2012, 1320).

 

Wie das OLG München ausdrücklich klarstellt, darf sich der Geschäftsführer insoweit nicht darauf verlassen, dass seine ständigen Berater ihn auf eine ggf. vorliegende Insolvenzreife hinweisen.

 

  • Beispiel 4

Die B-GmbH entwickelt Software, die sie ihren Kunden gegen Zahlung einer Lizenzgebühr zur Nutzung überlässt. Vor dem Hintergrund dieses Geschäftsmodells hat die Gesellschaft regelmäßig Beratungsbedarf im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Es besteht daher seit Jahren ein Mandatsverhältnis mit RA R, der auf dieses Rechtsgebiet spezialisiert ist. Soweit die Gesellschaft weiteren Beratungsbedarf hat, wird dieser regelmäßig ebenfalls von R gedeckt, so z. B. bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen oder vertraglichen Gestaltungen. Nachdem die Gesellschaft in Insolvenz geraten ist und G vom Insolvenzverwalter wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommen wurde, beruft G sich darauf, dass er ganz selbstverständlich davon ausgegangen sei, dass R vor dem Hintergrund seines umfänglichen Mandates auch verpflichtet gewesen sei, ihn auf den Eintritt einer Insolvenzreife hinzuweisen.

 

Zu einer solchen Auffassung eines Geschäftsführers vertritt das OLG München eine klare Meinung, wenn es ausführt, dass ein Geschäftsführer, der „völlig selbstverständlich“ davon ausgeht, der beratende Rechtsanwalt werde ihn auf den Eintritt einer Insolvenzreife hinweisen, fahrlässig handelt (OLG München 17.1.19, 23 U 998/18, GmbHR 2019, 236, 240).

 

Unabhängig davon, ob der im gewerblichen Rechtsschutz spezialisierte RA, der auch arbeits- und allgemein zivilrechtlich tätig ist, überhaupt die Expertise besitzt, eine Insolvenzreife zu beurteilen, mangelt es jedenfalls schon an einem klaren Auftrag an den Rechtsanwalt und der zur Erfüllung des Auftrags notwendigen Mitteilung der relevanten Daten über die wirtschaftliche Verfassung der Gesellschaft.

 

Da die Rechtsprechung ausdrücklich und richtigerweise der Auffassung ist, dass die Insolvenzreife von einer fachlich qualifizierten Person zu erfolgen hat, beginnt der Pflichtverstoß eines Geschäftsführers bereits dann, wenn er sich nicht hinreichend kundig macht, ob der von ihm beauftragte Berater die erforderliche fachliche Qualifikation besitzt. Der „Haus- und Hofanwalt“ muss gerade nicht der geeignete Berater für die Sondersituation der Unternehmenskrise sein. Gleiches gilt aber auch für den Steuerberater, der zwar in vielen Fällen das erforderliche Datenmaterial zur Beurteilung einer Zahlungsunfähigkeit und insbesondere einer Überschuldung haben wird, aber nicht per se und auf jeden Fall in der Lage sein muss, die spezielle Beurteilung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung vorzunehmen.

5. Zusammenfassung

  • Für den GmbH-Geschäftsführer ist und bleibt die Haftung wegen Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 S. 1 GmbHG eine der gefährlichsten Haftungskonstellationen überhaupt.

 

  • Die Rechtsprechung gewährt dem Insolvenzverwalter bei der Darlegung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung wesentliche Erleichterungen hinsichtlich seiner Darlegungslast. Weist die handelsrechtliche Bilanz eine bilanzielle Überschuldung aus, so genügt der Insolvenzverwalter seiner Darlegungslast, wenn er vorträgt, dass stille Reserven im Vermögen der Gesellschaft nicht vorhanden sind und diese nicht über nicht aktivierte Vermögensgegenstände verfügt.

 

  • Es ist konkret darzulegen, warum und in welcher Höhe stille Reserven vorhanden sind oder welche nicht aktivierten Vermögensgegenstände bestehen und welchen Wert diese haben.

 

  • Eine die insolvenzrechtliche Überschuldung ausschließende positive Fortführungsprognose wird der Geschäftsführer regelmäßig nur dann beweisen können, wenn diese schriftlich fixiert ist.

 

  • Mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind auch nach Eintritt der Insolvenzreife solche Zahlungen, die die sofortige Einstellung der Unternehmenstätigkeit vermeiden. Ein Beispiel dafür ist die Bezahlung des Energielieferanten.

 

  • Ein Geschäftsführer muss nicht in eigener Person die Kompetenz besitzen, das Vorliegen einer Insolvenzreife zu beurteilen. Er handelt jedoch schuldhaft, wenn er es unterlässt, einen geeigneten Berater mit der Prüfung zu beauftragen und kann sich nicht darauf verlassen, dass die ständigen Berater des Unternehmens eine Beurteilung der Insolvenzreife vornehmen, wenn sie dazu nicht gesondert beauftragt werden.
Quelle: Seite 163 | ID 45796340